Standortwettbewerb

Ein starker Finanzplatz braucht kompetente Berichterstattung

Wie funktioniert die Private Altersvorsorge? Wozu werden Banken gebraucht, und wie funktioniert ein Aktienfonds? Oft überfordern bereits einfache finanzwirtschaftliche Fragen den durchschnittlichen Bundesbürger. Dies gilt umso mehr für komplexere Sachverhalte wie etwa Ursachen und Folgen der Finanzmarktkrise. Geht es um die ökonomische und finanzwirtschaftliche Allgemeinbildung, ist das Wissensniveau der Deutschen nicht ausreichend, sogar mangelhaft, wie Studien leider gezeigt haben.

Steigendes Wissensniveau erforderlich

Dabei ist gerade seit der Finanzkrise die Forderung nach besseren Kenntnissen der Verbraucher stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Viele Privatanleger mussten in der Finanzkrise schmerzhafte Vermögensverluste hinnehmen, nicht zuletzt deshalb, weil sie die komplexen Produktstrukturen, die ihnen seitens der Banken vermittelt wurden, nicht wirklich verstanden hatten. Selbst junge Erwachsene mit guter Ausbildung sind überfordert, wenn sie die richtigen Produkte für ihre Vermögensanlage oder ihre private Altersvorsorge auswählen müssen.

Einer der Gründe ist vermutlich, dass die Themen Ökonomie und Finanzmärkte in der Schulbildung mit anderen wichtigen Lehrinhalten konkurrieren müssen. Kann es aber - darüber hinaus - auch daran liegen, dass Finanzwissen in den Medien schlecht vermittelt wird? Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz haben in ihrer Studie der Otto Brenner Stiftung "Wirtschaftsjournalismus in der Krise - Zum massenmedialen Umgang mit der Finanzkrise" eindrucksvoll gezeigt, dass die Qualität des Wirtschafts- und Finanzjournalismus schon vor der Krise gesunken ist. Eines der wichtigsten Ergebnisse ist, dass der tagesaktuelle deutsche Wirtschaftsjournalismus als Beobachter, Berichterstatter und Kommentator des Finanzmarktes und der Finanzpolitik bis zum offenen Ausbruch der Krise schlecht gearbeitet hat. Dem Befund der Studie zufolge sind auch die besten Tageszeitungen erst mit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise publizistisch und journalistisch "erwacht". In den regionalen Zeitungen spielt die Auseinandersetzung mit Finanzthemen ohnehin eine untergeordnete Rolle. In ihren Schlussfolgerungen betonen die Autoren, dass in der Aus- und Weiterbildung von Finanzjournalisten stärker als bisher das Herstellen von Zusammenhängen trainiert werden muss.

Das nötige Fachwissen hierzu konzentriert sich am Finanzplatz Frankfurt. Mehr als 75 000 Menschen arbeiten für die hier ansässigen Kreditinstitute; zudem verfügt die Rhein-Main-Region über renommierte Universitäten mit hoher Forschungs- und Lehrkompetenz im Bereich Wirtschaftswissenschaften. Dieses Wissen muss der Bevölkerung aber auch zugänglich gemacht werden. Es ist eine wichtige Aufgabe der Wirtschafts- und Finanzjournalisten, den Verbrauchern das relevante Finanzwissen verständlich zu vermitteln.

Konzentriertes Wissen am Finanzplatz umsetzen

Genau diese Zielsetzung verfolgt der im Jahr 2007 gemeinsam von der Frankfurt School of Finance & Management und der Hessischen Landesregierung initiierte einjährige berufsbegleitende Weiterbildungsstudiengang "Finance Journalism": Studierende sollen sowohl fachlich im Bereich Wirtschaft und Finanzen weitergebildet werden als auch kompakte praxisnahe und finanzjournalistische Kompetenzen vermittelt bekommen. Darüber hinaus fördert der Studiengang den Dialog zwischen Finanzjournalisten und Öffentlichkeitsabteilungen von Unternehmen. Denn Untersuchungen haben gezeigt, dass Finanzjournalisten die Meldungen und Präsentationen von Unternehmen nur zu 66 Prozent als präzise und nachvollziehbar bewerten. Der Studiengang leistet einen Beitrag, diese Diskrepanz zu verringern.

Wer professionell und kompetent über Finanzthemen berichten und dem Leser einen Nutzen stiften will, muss tiefgehende Kenntnisse der Finanzmärkte, der Verbindungen zwischen Finanzwelt und realer Ökonomie sowie komplexer Finanzprodukte haben. Erforderlich ist aber nicht nur die intellektuelle Durchdringung der komplizierten Materie, sondern auch die Fähigkeit, dies dann transparent und verständlich zu kommunizieren. In mehreren Unterrichtseinheiten wie zum Beispiel der Berichterstattung zu Unternehmen, Banken und Finanzmärkten lehren Fachleute des Finanzplatzes, wie Finanzthemen aufgearbeitet werden müssen, damit Leser sie verstehen und einen Nutzen daraus ziehen können.

Gleichzeitiger Mehrwert für den Finanzplatz

Seit jeher besteht am Finanzplatz Frankfurt eine enge Verbindung zwischen der Real- und der Finanzwirtschaft. Für dieses Beziehungsgefüge fehlt vielen Menschen das Verständnis. Für eine gute Zukunft des Finanzstandorts Frankfurt ist es wichtig, dass die Bürger diese Zusammenhänge verstehen. An dieser Stelle stehen die wesentlichen Akteure des Finanzplatzes in der Pflicht, Kompetenz und Wissen zur Verfügung zu stellen sowie für eine offene und transparente Kommunikation zu sorgen.

Für einen starken Finanzplatz sind Akzeptanz und Verständnis der Bevölkerung für die komplexen Vorgänge unerlässlich. Doch die Krise hat das Vertrauen der Menschen in die Finanzbranche erschüttert. Die Folgen haben nicht nur die Finanzbranche, sondern auch Politik und die Gesellschaft zu tragen. Wir sind auf funktionierende Finanzmärkte und eine stabile Wirtschaft angewiesen. Auch am Finanzplatz muss das Vertrauen in das Finanzsystem wieder hergestellt werden. Dies beginnt mit einer offenen und transparenten Kommunikation. Der Finanzplatz Frankfurt braucht daher sowohl eine glaubwürdige Berichterstattung von Unternehmen und Banken als auch einen guten Wirtschafts- und Finanzjournalismus.

Für das Land Hessen ist die Förderung dieses zwölfmonatigen berufsbegleitenden Studienprogramms folglich Teil seiner Finanzplatzstrategie; die Vergabe von Leistungsstipendien soll nun weitere Anreize setzen und die Kandidaten ansprechen, die am Ende in der Lage sein werden, die Brücke zwischen Finanzdienstleistern und der Öffentlichkeit zu bauen. Denn eine qualifizierte Berichterstattung über Akteure und Ereignisse in der Finanzwirtschaft sowie über finanzpolitische Themen trägt maßgeblich dazu bei, den Finanzplatz Frankfurt insgesamt zu stärken und im internationalen Wettbewerb zu positionieren.

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