Aufsätze

Top-Managementvergütung - Status quo, regulatorisches Umfeld und notwendige Evolutionen

Im Kontext der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise steht die Vergütung des Top-Managements stärker denn je im Fokus der öffentlichen Diskussion. Neben den absoluten Vergütungshöhen stehen die Ausgestaltung der grundlegenden Systeme wie auch die Abfindungsregelungen in der Kritik, werden doch hier Zusammenhänge mit dem Versagen der internationalen Finanzsysteme gesehen. Die Wiederherstellung von Glaubwürdigkeit und Vertrauen in den Märkten hängt somit auch von der zukünftigen Ausgestaltung der Vergütungssysteme ab - und dies nicht nur bei Banken.

Neue Vorgaben und Richtlinien

Vor diesem Hintergrund erarbeiten Regulatoren weltweit umfassende neue Vorgaben und Richtlinien in Bezug auf Ausgestaltung, Transparenz und Festlegung der Vergütung des Top-Managements. In Deutschland schließen diese Aktivitäten bislang das geplante Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) sowie mit Blick auf Banken die Überarbeitung der Richtlinien für Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) ein.

Eine Analyse der in den Geschäftsberichten der führenden Unternehmen in Deutschland veröffentlichten Informationen zur Vergütung der Vorstandsmitglieder belegt, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise bereits im Jahr 2008 erste deutliche Spuren hinterlassen hat. So sind die Bezüge des Top-Managements im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Angesichts der Entwicklung zentraler Performance-Kennzahlen ist dies auch konsequent. So ist im Dax-Durchschnitt das Ergebnis pro Aktie für 2008 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 58 Prozent gefallen, die Aktionärsrendite (Total Shareholder Return) um 41 Prozent. Der Abschwung traf die Unternehmen allerdings noch sehr unterschiedlich. Neben heftigen Ergebniseinbrüchen bei Banken oder Automobilfirmen waren in anderen Branchen teils sogar Rekordergebnisse zu verbuchen.

Insgesamt sank die durchschnittliche Direktvergütung eines Dax-Vorstandsvorsitzenden, die sich aus Festgehalt plus Jahresbonus und zugeteilter Langfristvergütung zusammensetzt, in 2008 um ein Fünftel auf 3,30 Millionen Euro.1) Der performanceabhängige Jahresbonus sank sogar um 27 Prozent. Für ein Ordentliches Vorstandsmitglied reduzierte sich die durchschnittliche Vergütung ebenfalls um ein Fünftel auf jetzt 1,92 Millionen Euro. Hier sank der Jahresbonus um 31 Prozent. Diese Zahlen beinhalten bereits Effekte durch freiwilligen Verzicht auf Gehaltsbestandteile wie Boni oder durch die Erfüllung von Auflagen im Rahmen staatlicher Finanzhilfen. Generell stehen einer negativen Entwicklung bei wichtigen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen deutlich reduzierte Top-Management-Bezüge gegenüber.

Im Gleichschritt mit großen europäischen Unternehmen

Dass die Dynamik dabei insbesondere aus den variablen Vergütungskomponenten kommt, ist evident, stellen diese Vergütungsbestandteile doch den überwiegenden Teil der Gesamtvergütung dar. Letztlich wird auf Top-Managementebene der unternehmerische Erfolg verantwortet und geschuldet. Wer diesen in guten Zeiten für sich reklamiert, muss in schlechten Zeiten auch den Misserfolg gegen sich gelten lassen. Entgegen den im aktuellen Vorwahlkampf vielfach geäußerten populistischen Vorwürfen belegt die skizzierte Entwicklung aber augenfällig, dass die Vergütung des Top-Managements in Deutschland dem Prinzip des "Pay for Performance" folgt und im Wesentlichen professionellen Anforderungen gerecht wird.

Im internationalen Vergleich laufen die Dax-Vergütungswerte im Gleichschritt mit anderen großen europäischen Unternehmen. So ist die durchschnittliche Direktvergütung eines CEO im DJ Stoxx-50 um 34 Prozent gesunken. Dabei liegt der Anteil der Tantieme international unterhalb der deutschen Niveaus, während der Anteil der Langfristvergütung - insbesondere der aktienbasierten Vergütung - deutsche Niveaus deutlich übersteigt. Dagegen haben sich die US-amerikanischen Unternehmen von der Performance-Orientierung weiter abgekoppelt. So wurden 2008 sinkende Boni durch eine höhere aktienbasierte Vergütung kompensiert. Die durchschnittlichen CEO-Vergütungen (Dow Jones) fallen mit etwa minus zwei Prozent nur minimal, obwohl die Geschäftsentwicklung der Unternehmen ähnlich negativ verlief wie in Europa.

Im Spiegel regulatorischer Maßnahmen

Als Auslöser der Finanz- und Wirtschaftskrise wird in der Öffentlichkeit plakativ "die Managervergütung bei Banken" dargestellt. Notwendige Differenzierungen verhallen dabei oft ungehört. Ein unstrittiger Kritikpunkt ist zweifelsohne die Tatsache, dass die langfristige Entwicklung und Performance von Banken zu einem großen Teil davon abhängt, wie erfolgreich Risiken gemanagt werden und dass genau dieser Faktor eine untergewichtete Bedeutung bei der Incentivierung gespielt hat. Teilweise extrem hohe variable Anteile basierend auf einer kurzfristigen Performance führten - verstärkt durch ein verbesserungsfähiges Risikomanagement - zu falschen Anreizen.

Das Top-Management in Banken war über Jahre fokussiert auf Gewinnwachstum und/oder Profitabilität, sei es über Kenngrößen wie Gewinn pro Aktie, Return on Equity oder Gewinn vor Steuern und Abschreibungen. Die von den Banken und ihren Eigentümern gesetzten Maßstäbe für die eigene Eigenkapitalrendite haben erkennbar die Neigung zum Eingehen risikobehafteter Geschäfte erhöht. Risiko war dabei jedoch nur ein impliziter, selten aber auch ein expliziter Faktor bei der Gestaltung der Vergütungspakete der Bankmanager. Dies bestätigt nicht zuletzt auch eine Umfrage vom September 2008 unter Finanzverantwortlichen in den USA, in der fast zwei Drittel der Teilnehmer das Risiko-Management in Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen als eine Hauptursache der Kapitalmarktkrise bewerteten. 44 Prozent der CFOs sahen ganz speziell die Vergütungspraktiken als hauptsächlichen Auslöser für die bis heute währenden Marktturbulenzen, ein weiteres Drittel hat dem Vergütungsaspekt in diesem Zusammenhang eine relevante Bedeutung beigemessen.2)

Auch in Europa wurden in den vergangenen Jahren bei den größten Banken nur in ungenügendem Ausmaß Risiko-Kenngrößen in der Vergütung des Top-Managements berücksichtigt.3) Die Kennzahlen zur Bemessung von kurzfristigen variablen Vergütungskomponenten umfassten typischerweise Größen wie Gewinn vor Steuern, Gewinn je Aktie und Eigenkapitalrendite. Üblich war hier eine Kombination dieser Kennzahlen, wobei oft auch nicht näher spezifizierte persönliche und/oder qualitative Ziele vereinbart wurden. Bei langfristigen Vergütungselementen wurden im Regelfall die Aktionärsrendite (Total Shareholder Return), der Gewinn je Aktie und die Eigenkapitalrendite berücksichtigt.

Ein globaler Alleingang

Nur jede vierte Bank gab an, dass risikoadjustierte Größen für die Bemessung der variablen Vergütung ihrer Vorstandsvorsitzenden überhaupt in irgendeiner Form verwendet werden. Das hat dazu geführt, dass Regulierungsbehörden neue Vorschriften zur Vergütung des Top-Managements erlassen haben beziehungsweise diese derzeit entwickeln. Ihren Ursprung haben diese Regelungen in staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für die Banken.

Im Kontext staatlicher Garantien oder Eigenkapitalhilfen wurden unmittelbare Konsequenzen für die Vergütung der Bankmanager in diesen Instituten geknüpft. In Deutschland wurde im Rahmen des im Oktober 2008 in Kraft gesetzten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes (FMStG) und der korrespondierenden Rechtsverordnung unter anderem festgelegt, dass eine Gesamtvergütung für den einzelnen Bankvorstand von über 500 000 Euro grundsätzlich unangemessen ist, wenn Banken auf staatliche Hilfen zurückgreifen müssen. Dies stellt einen globalen Alleingang dar.

Andere bedeutende Regulatoren haben unisono klargestellt, dass Eingriffe in In-centive-Gestaltungen den Vergütungsstrukturen und Governance-Prozessen geschuldet sind, aber nicht den marktwirtschaftlichen Gesetzen gehorchenden Vergütungshöhen. Auch international wird dieses Thema von vielen Regulierungsbehörden aufgegriffen. An den großen Finanzplätzen New York und London wurden oder werden durch das US-Finanzministerium und der Financial Services Authority (FSA) die regulatorischen Anforderungen an Banken in Bezug auf die Vergütung des Top-Managements deutlich verschärft.

Auch die europäische Bankenaufsicht hat ihr Augenmerk nachdrücklich auf das Vergütungsmanagement gelenkt. Ausgehend vom Committee of European Banking Supervisory (CEBS) wurden im April 2009 Vorschläge zur Ausgestaltung der Vergütung bei Banken vorgestellt. In Deutschland finden diese ihren Niederschlag in der geplanten Neufassung der MaRisk.

Neben speziell auf Banken und deren Geschäftsmodell zugeschnittenen Regelungen, hat die EU-Kommission im gleichen Monat grundsätzliche Empfehlungen zur Ausgestaltung der Vergütung von Vorstandsmitgliedern gemacht. In Deutschland plant der Gesetzgeber mit dem VorstAG ebenfalls weit reichende Vorgaben zur Vergütung von Vorstandsmitgliedern aller Aktiengesellschaften.

Augenmerk auf das Vergütungsmanagement gelenkt

Die geplanten Anforderungen durch VorstAG und MaRisk werden zu deutlichen Änderungen bei der Festsetzung, der Angemessenheit und Ausgestaltung sowie der Transparenz der Vergütung des Top-Managements führen (Abbildung 3). In Bezug auf die Ausgestaltung der variablen Vergütungsinstrumente sowie auf die Leistungen bei Beendigung der Vertragstätigkeit von Vorstandsmitgliedern ergeben sich dadurch folgende Konsequenzen:

Konsequenzen für die erfolgsorientierte

Vergütung: Sowohl VorstAG als auch MaRisk4) fordern eine verstärkte Berücksichtigung der individuellen Leistung der einzelnen Vorstandsmitglieder bei der Festlegung der variablen Vergütung. Dies steht im Gegensatz zur aktuellen Marktpraxis, den Gesamtvorstand über den gemeinsam verantworteten Unternehmenserfolg zu incentivieren und maximal messbare Bereichsergebnisse bei entsprechendem Verantwortungszuschnitt mit einfließen zu lassen.

Nur wenige Unternehmen folgen aktuell in diesem Punkt der Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) und verwenden individuelle Erfolgsziele. Eine Herausforderung ist in diesem Zusammenhang die geplante Zuständigkeit für die Leistungsbeurteilung, inklusive Festsetzung individueller Ziele, durch das Gesamtplenum des Aufsichtsrats.

Nachhaltigere Ausgestaltung der erfolgsorientierten Vergütung

Beide Regularien fordern eine nachhaltigere Ausgestaltung der erfolgsorientierten Vergütung. Dies wird zu einer höheren Strategiekompatibilität der finanziellen Bemessungsgrundlagen und insbesondere deren Bemessungszeiträume führen. So werden künftig zum Beispiel in Banken Kennzahlen aus der Risiko- und Geschäftssteuerung auch in Vergütungssystemen Verwendung finden. Um die geforderte Langfristigkeit zu erreichen, bestehen mehrere Möglichkeiten. Statt auf den Erfolg eines Geschäftsjahres abzustellen, könnte sich die variable Vergütung beispielsweise an mehrjährigen Bemessungszeiträumen orientieren.

Daneben bieten sich alternative Auszahlungsmodelle an. Anstatt einer Auszahlung in bar könnten Bonusansprüche ganz oder teilweise in Bonusbankkonstrukte überführt werden, die basierend auf der zukünftigen nachhaltigen Performance zu Auf- oder Abschlägen führen können (Bo-nus/Malus-Effekte). Vor dem Hintergrund arbeitsrechtlicher Probleme ist es hier aber wichtig, dass der Bonus erst dann als "verdient" gelten darf, wenn die aufschiebenden Bedingungen erfüllt sind.

Viele börsennotierte Unternehmen erwägen auch, Boni ganz oder teilweise in gesperrten Aktien zu bedienen - eine Forderung, die sich in Textvorschlägen unterschiedlicher Regulatoren findet. Bei einer freiwilligen Auszahlung in Aktien werden heute international oft über einen sogenannten Share Matching Plan als Anreiz Gratisaktien auf die gehaltenen Aktien gewährt.

Bei Banken wird das Risikomanagement zu einem integralen Bestandteil des Performance- Management-Prozesses, und zwar auf allen Hierarchieebenen. Wurde das Augenmerk bislang vor allem auf Werttreiber gelegt, so sind zukünftig auch Risikotreiber zu definieren, zu kommunizieren und der Umgang mit ihnen zu kontrollieren und zu incentivieren. Nach MaRisk sind risikoadjustierte Bemessungsgrundlagen sowie die Kapitalkosten verpflichtend zu berücksichtigen. Unternehmen müssen für sich entscheiden, wie genau bestimmte Risiken ihren Niederschlag in den Vergütungssystemen finden. Und sie sollten diese Regelungen in ihren Jahresabschlussberichten verständlich darlegen. Nicht nur Aktionäre, sondern auch Finanzbehörden werden zukünftig ein größeres Augenmerk darauf lenken, ob es funktionierende Risikomanagement-Systeme gibt, wie diese in einzelnen Bereichen mit welchen Kenngrößen hinterlegt sind und in den Vergütungssystemen abgebildet werden.

Wirtschaftliche Situation und Leistung widerspiegeln Vor dem Hintergrund der deutlich verschärften Angemessenheitskriterien wird es für alle Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften von entscheidender Bedeutung sein, die Bonussystematiken so zu gestalten, dass die Auszahlungshöhen, die sich aus diesen Systemen ergeben, auch die

wirtschaftliche Situation der Unternehmen und die Leistungen der einzelnen Vorstandsmitglieder angemessen widerspiegeln. Dies bedeutet laut Gesetzesbegründung auch, dass die verwendeten Bemessungsgrundlagen um positive Sondereffekte bereinigt werden müssen. Um eine angemessene Tantieme gewährleisten zu können, denken derzeit viele Unternehmen auch über einen größeren diskretionären Spielraum des Aufsichtsrats nach, um so sowohl die individuelle Leistung einzelner Vorstandsmitglieder als auch die Lage der Gesellschaft adäquat berücksichtigen zu können.

Konsequenzen für die Langfristvergütung: Aufgrund der geforderten Fokussierung auf langfristige und nachhaltige Unternehmensführung, gewinnen langfristige Vergütungsbestandteile erheblich an Bedeutung, auch bei nicht-börsennotierten Banken. Bezüglich der verwendeten Plantypen werden Aktienoptionen und vergleichbare Konstrukte zugunsten anderer Systeme - zum Beispiel performanceabhängige Überlassung von Aktien oder längerfristige Bonuspläne - weiter an Bedeutung verlieren. Gerade in der Krise hat sich gezeigt, dass Plantypen mit einem ausgeglichenerem Chancen-/Risiko-Profil deutlich höhere Anreizwirkungen entfalten, als Plantypen mit Optionscharakter und somit in der Krise besser geeignet sind, eine nachhaltige Strategie zu unterstützen.

Mit der Änderung der gesetzlichen Sperrfrist für Aktienoptionen (§ 193 (2) Nr. 4 AktG) auf vier Jahre, die auch als grundsätzliche Auslegungshilfe für die Formulierung langfristiger Verhaltensanreize im Sinne des § 87 (1) AktG gelten soll, werden sich Laufzeiten und Sperrfristen deutlich verlängern. Sind derzeit drei Jahre marktüblich, werden zukünftig vier bis sechs Jahre verwendet werden. Es ist beispielsweise auch eine Kombination aus Sperr-frist/Performance-Zeitraum von vier Jahren plus anschließender Haltefrist der Aktien denkbar.

Als Erfolgsziele wurden bisher meist interne Kennzahlen wie beispielsweise Gewinn je Aktie und Economic Profit oder externe Kennzahlen wie Aktienkurs und Total Shareholder Return verwendet. In Zukunft sind vermehrt Kombinationen solcher Kennzahlen zu erwarten, da so sowohl eine nachhaltige interne Performance als auch eine angemessene nachhaltige Aktionärsrendite incentiviert werden kann. Auch relative Erfolgsziele wie Vergleiche mit einem Branchenindex oder einer unternehmensindividuellen Peer Group werden im Design verstärkt berücksichtigt, da sich Managementleistungen durch einen Branchenvergleich deutlich besser abbilden lassen. Bei nicht börsennotierten Banken ist beispielsweise ein Mehrjahresbonus auf Basis des Economic Profit denkbar. Auch bei der Langfristvergütung wird eine anspruchsvolle Kalibrierung der Erfolgsziele entscheidend sein, um angemessene Auszahlungshöhen zu garantieren.

Verpflichtender Aktienbesitz im Trend

Auch ein weiteres, bereits seit Jahren diskutiertes Thema hat durch die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise und die deutlich gesunkenen Aktienkurse wieder an Aktualität gewonnen: Der verpflichtende Besitz von Aktien des eigenen Unternehmens. Vorstände und Führungskräfte börsennotierter deutscher Gesellschaften halten im internationalen Vergleich deutlich weniger Aktien ihres Unternehmens. Dadurch profitieren sie zwar in guten Zeiten an steigenden Aktienkursen über ihre Langfristvergütung, machen aber im Gegensatz zu den Aktionären keine Verluste bei sinkenden Aktienkursen. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die meisten deutschen Unternehmen aus bilanziellen, steuerlichen und administrativen Gründen ihre langfristigen Vergütungsbestandteile in bar bedienen. Daher ist zu erwarten, dass das Thema "Share Ownership" - auch auf Druck der Aktionäre - zukünftig zu einem integralen Bestandteil der Langfristvergütung wird. Dies kann prinzipiell über drei Alternativen geschehen:

- Bedienung der Pläne in Aktien,

- Eigeninvestments in Aktien des Unternehmens als Voraussetzung zur Teilnahme an der Langfristvergütung und

- Einführung von sogenannten "Share Ownership Guidelines" nach angelsächsischem Vorbild.

Ein Eigeninvestment wird derzeit von 30 Prozent der Dax-Unternehmen als Teilnahmevoraussetzung für die Langfristvergütung gefordert. In den letzten Jahren hat sich zudem ein Trend bei großen deutschen und europäischen Unternehmen hin zu sogenannten "Share Ownership Guidelines" (SOGs) gezeigt. Mit diesen werden Vorstände und Top-Führungskräfte - unabhängig von der Gewährung einer Langfristvergütung - dazu verpflichtet, Aktien am eigenen Unternehmen zu erwerben und dauerhaft zu halten. In den USA bereits Marktpraxis, wird dieses Instrument auch bei europäischen Unternehmen beliebter. Mit Daimler und Siemens greifen aktuell zwei Dax-Unternehmen auf SOGs zurück, andere Unternehmen denken intensiv über deren Einführung nach.

In der Regel fallen SOGs betragsmäßig deutlich höher aus als "normale" Eigeninvestments und können innerhalb von drei bis fünf Jahren aufgebaut werden. Üblicherweise werden sie in Prozent des Grundgehalts abgebildet. In den USA ist beispielsweise für den Vorstandsvorsitzenden das Fünffache seiner Grundvergütung üblich. In Deutschland liegt dies deutlich darunter, da auch die aktienbasierte Vergütung eine geringere Rolle spielt.

Aufgrund der beschriebenen Situation, dass langfristige Vergütungsinstrumente in Deutschland hauptsächlich in bar und nicht in Aktien bedient werden, kann es sinnvoll sein, die Akzeptanz und den Aufbau von SOGs durch weitere Maßnahmen zu unterstützen, unter anderem mit der Einführung sogenannter "Share Matching"-Pläne. Im Rahmen eines solchen Plans wird zum Beispiel für über einen bestimmten Zeitraum gehaltene Aktien, eine Gratisaktie als Gegenleistung des Unternehmens (Match) ausgegeben. Ein solcher Plan kann sich zudem als sinnvolles Instrument zur Bindung von Führungskräften erweisen.

Über den beschriebenen verpflichtenden Besitz von Aktien des eigenen Unternehmens, unter Umständen auch über die Betriebszugehörigkeit hinaus, lässt sich auch sehr elegant die derzeit in der Öffentlichkeit diskutierte Haftungsfrage adressieren. Dieser wichtige Aspekt ist rechtlich nur schwierig in den Griff zu bekommen müssen sich doch Ansprüche immer an den hohen schadenrechtlichen Hürden messen lassen. Vermögenshaftung könnte hier anstelle der Schadenshaftung treten. Managern wird ein substanzieller Aktienbesitz im eigenen Unternehmen vorgeschrieben, der zum Beispiel auch noch nach dem Ende des Anstellungsverhältnisses einen gewissen Zeitraum Bestand hat. So wirkt sich nachhaltige Performance direkt im individuellen Vermögen aus.

Konsequenzen für Leistungen bei Beendigung des Vertragsverhältnisses

Bei der Ausweitung der Transparenz für Leistungen bei der Beendigung des Vertragsverhältnisses unterscheidet der Gesetzgeber nach einer regulären und einer vorzeitigen Beendigung. Im Falle der regulären Beendigung des Vertragsverhältnisses - laut VorstAG entspricht dies der Altersversorgung - soll der individuelle Ausweis deutlich erweitert und somit die Lücke geschlossen werden, die HGB und DRS 17 in diesem Punkt hinterlassen haben. Mit der Verpflichtung zum individuellen Ausweis des Periodenaufwands wird auch ein sinnvoller Schritt zur Verbesserung der Transparenz gemacht. Allerdings ist der Gesetzgeber mit der zusätzlichen Forderung zum individuellen Ausweis des Barwerts der Altersversorgung deutlich über das international übliche Niveau hinausgegangen und hat das System der periodengerechten Zuordnung des Vergütungsausweises verlassen. Insbesondere bei langjährigen Vorstandsmitgliedern, die kurz vor Renteneintritt stehen, wären so unter Umständen Volumina in Millionenhöhe auszuweisen, die nicht mit den anderen Vergütungselementen vergleichbar sind und für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar sind. Die veränderten Vorschriften für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses schließen ebenfalls Lücken, die der DRS 17 gelassen hat. Es wird sich an der Marktpraxis deswegen allerdings wenig ändern. Wenn der Gesetzgeber kürzere Vorstandsverträge mit den entsprechenden Konsequenzen für kurzfristigeres unternehmerisches Handeln möchte, dann soll er aktienrechtliche Vorgaben machen. Die gesetzlich bedenklichen Vorschriften zur Begrenzung von fälschlicherweise als Abfindung bezeichneten Auszahlungen der Restlaufzeit von befristeten Verträgen sind der falsche Weg.

Stärkere Mitsprache der Aktionäre

Die Entwicklungen im Jahr 2008 haben gezeigt, dass die Vergütungssysteme für das Top-Management in Deutschland grundsätzlich funktionieren und speziell bei den Dax-Unternehmen bereits eine hohe Per-formance-Orientierung in den Incentive-Systemen verankert ist. Gleichzeitig zeigt ein Blick auf die Vergütung der großen Banken aber auch, dass zentrale Aspekte ihres Geschäfts, und hier speziell die langfristige Übernahme von Risiken, bisher nicht oder nicht ausreichend in den Vergütungssystemen abgebildet waren. Dies wird sich entscheidend ändern.

Die neuen regulatorischen Anforderungen führen dazu, dass sowohl die Tantieme- Systematiken als auch die Langfristvergütungen fast aller deutschen Unternehmen angepasst werden müssen. Langfristigkeit und Nachhaltigkeit gewinnen in diesem Kontext deutlich an Gewicht. Bei Banken wird dabei insbesondere die stringente Verknüpfung der Vergütungssysteme mit relevanten Performance- und Risiko-Kenngrößen deutlich verstärkt. Auch wird der verpflichtende Aktienbesitz zu einem integralen Bestandteil der Vergütung börsennotierter Gesellschaften. Aus der Ära des "Wieviel?" in der Vergütung wird somit eine Ära des "Wie?", in der schließlich auch die Aktionäre als Eigentümer eines Unternehmens ein stärkeres Stimmrecht in Fragen der Vergütung erhalten.

Werner Klein , Inhaber und Managing Consultant , compgovernance, Düsseldorf
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