Aufsätze

Vergütung in Banken - sicherer Hafen erreicht oder nur Ruhe vor dem Sturm?

Die Regulierungsspirale für die Vergütung in Banken hat in den letzten Jahren immer wieder neue und erweiterte Auflagen für das Design und die Governance der Vergütung gebracht. Den vorläufigen Schlusspunkt in der nationalen Regulatorik für Banken hatte der deutsche Gesetzgeber mit der neuen Fassung der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) im Dezember 2013 gesetzt. Bereits auf Basis der vorhergehenden Ausführung dieser Regelungen hatten insbesondere die bedeutenden Institute in Deutschland ihre Vergütungssysteme seit 2011 überarbeitet und sich spätestens im Verlauf des Jahres 2013 in einem "eingeschwungenen Zustand" befunden, einschließlich der Umsetzung der Vorgaben für die sogenannten Risk Taker.

Die Analyse der Vergütungspraxis des zurückliegenden Jahres offenbart dabei, dass sich die Ausgestaltung der Erfolgsmessung und der Auszahlungsmodelle deutlich verändert hat - allerdings ohne erkennbare Auswirkungen auf die Gesamtvergütungshöhen.

Vergütung im Zeichen der Regulierungswellen

Die im vorliegenden Artikel veröffentlichten Vergütungsdaten basieren auf den aggregierten Ergebnissen einer branchenspezifischen Studie, dem hkp/// Top Banken Survey Deutschland 2013. Dieser umfasst in der aktuellen Ausführung die Angaben von insgesamt 38 in Deutschland agierenden Top Banken - über wiegend von bedeutenden Instituten im Sinne der InstitutsVergV. Die Analyse fokussiert neben einer quantitativen Auswertung der generellen Vergütungshöhen und -strukturen insbesondere die Ausgestaltung der variablen Vergütung von Vorständen, des Top- und Middle-Managements, Experten sowie von Risk Takern. Die Unzufriedenheit der Bankenaufsicht mit dem Umsetzungsstand der Instituts-VergV und die neue europäische Capital Requirements Directive (CRD) IV haben eine Weiterentwicklung der Regulatorik induziert: CRD IV bringt nicht nur strengere Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit der Banken durch schärfere Vorgaben für die Liquiditäts- und Eigenkapitalausstattung, sondern auch wieder erweiterte Regeln für die Vergütung in den Kreis der betroffenen Institute.

Die neuen Anforderungen sind durch ein Bündel von Normen (Novellen von Kreditwesengesetz, InstitutsVergV sowie ergänzende Umsetzungsstandards der Europäischen Bankenaufsicht) umgesetzt und ab 2014 in Kraft getreten. Damit ist das Vergütungsjahr 2014 zum ersten Mal von den neuen Regelungsansätzen betroffen, zum Beispiel der veränderten Einstufungssystematik für die bedeutenden Institute, den geschärften Kriterien für die Risk-Taker-Selektion und insbesondere von der gesetzlichen Obergrenze für die variable Vergütung.

Anpassungsdruck

Die Umsetzung dieser neuen Regelungen wird das Performance- und Vergütungsmanagement in den Instituten vor große Herausforderungen stellen. Insbesondere die Bonusobergrenze wird unter Wettbewerbsgesichtspunkten eine große Bedeutung haben und in ihrer Umsetzung zu einem Anpassungsdruck auf die zugrunde gelegte Fixvergütung führen.

Das alles gilt für eine weiterhin wettbewerbsintensive und unter hohem Anpassungsdruck stehende Branche. Wenngleich sich die Geschäftsergebnisse in Teilen der Branche gut stabilisieren konnten, stellen doch verschiedene Risikofaktoren wie die Staatsschuldenkrise, Verwerfungen in einzelnen Industriesektoren et cetera weiterhin Unsicherheiten für die weitere Entwicklung dar. Und die Vergütung ist nur ein Handlungsfeld neben vielen im gesamten Feld der Bankenregulierung.

Leicht rückläufige Niveaus beim Vorstand

Die umfangreichen Vorgaben zur Ausgestaltung von Vergütungssystemen haben die Marktpraxis in den Instituten deutlich beeinflusst. Insgesamt wurden die Vergütungssysteme durch die Verbesserung der in die Erfolgsmessung einbezogenen Bemessungsgrundlagen und Streckung der Auszahlung von höheren variablen Vergütungsanteilen nachhaltiger. Im Vordergrund dieser Veränderungen stehen die Geschäftsleiter und die Risk Taker, also die Mitarbeiter, die durch ihre Aufgabenstellung in wesentlichem Maße Risiken beeinflussen.

Nachdem etliche Banken die individualvertraglichen Regelungen zur Vergütung erst sukzessive umstellen konnten, wurden die verbesserten Bemessungsgrundlagen und aufgeschobenen Auszahlungsmodelle für die Vorstände im zurückliegenden Vergütungsjahr weitgehend umgesetzt.

Im Ergebnis hat sich die Marktpraxis in der variablen Vergütung für Vorstände verändert. Dies betrifft insbesondere die Top-30-Banken, aus denen sich im Hinblick auf die Größenmerkmale die bedeutenden Institute rekrutieren (Abbildung 1).

Bei einem um 2,1 Prozent angestiegenen Grundvergütungsniveau lagen die Direktvergütungen der Vorstandsvorsitzenden, die sich aus der Grundvergütung und der einjährigen sowie mehrjährigen variablen Vergütung (Bonus) zusammensetzen, mit 933 000 Euro um 5,7 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Für ein ordentliches Vorstandsmitglied lag die Direktvergütung durch geringere variable Bezüge mit 673 000 Euro um 1,6 Prozent unter dem Vorjahreswert.

Tendenziell beläuft sich die Grundvergütung bei Bankvorständen durchschnittlich auf 50 Prozent bis 60 Prozent der Direktvergütung. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass bei einigen Instituten die variablen Bezüge aufgrund institutsindividueller regulatorischer Begrenzungen suspendiert und Direktvergütungen dadurch auf einen maximalen Betrag begrenzt sind. Im Vergleich zum vergangenen Jahr sind die Direktvergütungen im Top-Management der betrachteten Banken im Durchschnitt um 2,9 Prozent gestiegen, die Grundvergütungen insgesamt um zirka 2,6 Prozent. Die Ebene der Bereichsleiter verzeichnet dabei im Marktmittel eine Grundvergütung von 237 000 Euro (plus 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr) und eine Direktvergütung von 367 000 Euro (plus 2,5 Prozent). Für die Ebene der Abteilungsleiter zeigt sich bei den Grundgehältern ein vergleichbares Niveau, wobei die Direktvergütungen bei einem Anstieg um 3,5 Prozent auf 223 000 Euro leicht höher ausgefallen sind als bei Bereichsleitern (Abbildung 2).

Stabile Vergütung im Top-, im mittleren Management sowie auf Expertenebene

Insgesamt beträgt der Abstand zwischen den beiden Managementebenen unterhalb des Vorstands das 1,5-fache in der Grund- beziehungsweise das 1,7-fache in der Direktvergütung. Der Anteil der variablen Bezüge an der Direktvergütung streut im Top-Management in 2013 im Durchschnitt von zirka zehn Prozent bis 70 Prozent. Bei den am höchsten vergüteten Einzelfunktionen dominieren weiterhin die Business-Funktionen im Investment Banking, Capital Markets und Asset Management.

Auf den Ebenen unterhalb der Abteilungsleiter haben die regulatorischen Anforderungen an die Vergütung geringere Auswirkungen gezeigt. Bei den betreffenden Führungs- und Fachfunktionen im AT-Bereich haben die Top-Banken insgesamt nur einen deutlich geringeren Anteil an Risk-Taker-Funktionen. Dadurch sind die Vergütungskonzepte weniger komplex. Auch fallen die variablen Anteile vergleichsweise geringer aus als im Top-Management. Sie betragen im Mittel 15 Prozent und reichen bis maximal 35 Prozent (Abbildung 3).

Während die Senior Professionals im Median eine Direktvergütung von 159 000 Euro erreichen, beträgt der Wert für die Einsteiger im AT-Bereich etwa die Hälfte. Das Gewicht der Grundvergütungen auf dem AT-Einstiegsniveau (91 Prozent der Direktvergütung) reduziert sich mit zunehmender AT-Stufe.

Risk-Taker-Vergütung im Wandel

Der regulatorische Fokus auf sogenannten risikobeeinflussenden Funktionen (Risk Taker) ist vor dem Hintergrund der gewollten Einbettung der Vergütungsgrundsätze in das Risikomanagement zwar nachvollziehbar, gleichwohl stellt die bisherige Praxis der Bestimmung dieser relevanten Funktionen bislang weder die Institute noch die Aufsicht zufrieden.

Die Neufassung der Selektionskriterien zielt im Wesentlichen auf zusätzliche quantitative Kriterien, die aus einem Mix an verschiedenen Vergütungshürden bestehen, die eine erneute und grundsätzliche Überarbeitung der bisherigen Selektion erfordern (Abbildung 4).

Im Ergebnis wird die Anwendung der zukünftigen Selektionskriterien ein Ansteigen der Risk-Taker-Mengengerüste bewirken. Da auf der Bereichsleiterebene bereits der Großteil der Positionen nach den bisherigen Kriterien zur Gruppe der Risk Taker zählt, werden sich die Risk-Taker-Zahlen insbesondere auf der Ebene der Abteilungsleiter sowie bei den darunter angesiedelten Middle-Management-Positionen und bei den Senior Professionals erhöhen.

Die bankenspezifischen regulatorischen Anforderungen an die Aufschiebungsquoten für die variable Vergütung von Risk Takern werden mittlerweile von allen bedeutenden Instituten umgesetzt. Als Folge wird nur noch maximal ein Fünftel der Risk-Taker-Vergütung auf Bereichsleiterebene (beziehungsweise 30 Prozent darunter) sofort ausbezahlt. Drei von vier Ins tituten verwenden für die Auszahlung spezielle Deferral-Modelle.

Hohe Heterogenität in den Lösungen

Die den Risk Takern in 2013 gewährten Bezüge zeigen in den verschiedenen Geschäftsbereichen (Corporate & Institutional Banking, Retail & Private Banking, Capital Markets und Investment Banking) deutliche Unterschiede zu Nicht-Risk-Takern in identischer Funktion. Die Differenz kann sich in der Direktvergütung auf einen Abstand in Höhe des 1,3- bis 1,5-fachen belaufen. Demgegenüber sind die Risk-Taker-Vergütungen in Corporate Center, Risk Management und Infrastructure & Support vergleichbar mit dem Vergütungsniveau der Nicht-Risk-Taker.

Die bisherige Regulatorik hat die Vergütungspraxis von Banken deutlich verändert - ist aber auch durch eine hohe Heterogenität in den Lösungen gekennzeichnet, die die Institute implementiert haben. Hierfür sind neben der Unschärfe in einzelnen Vorgaben auch die vom Gesetzgeber bewusst eingeräumten Gestaltungsräume verantwortlich, die von den Instituten in legi timer Weise zu ihren Gunsten genutzt wurden. Diesem Umstand versucht die Aufsicht mit den im ersten Halbjahr 2013 durchgeführten Sonderprüfungen gemäß § 44 KWG ebenso Rechnung zu tragen wie bei der Umsetzung der CRD-IV-Anforderungen in nationales Recht. Auch die neue InstitutsVergV ist als ein Schritt in diese Richtung zu sehen.

Ende der Regulierungsspirale erwünscht

Eine der Hoffnungen, die die Institute und ihre Mitarbeiter mit der neuen Regulierung verbinden, ist sicherlich ein vor läufiges Ende der Regulierungsspirale. Zur Nachhaltigkeit der Vergütung zählt aber auch die Nachhaltigkeit der Systeme und der sie prägenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. Diesbezüglich wird es auch in Zukunft weiteren Handlungsbedarf geben.

Werner Klein , Inhaber und Managing Consultant , compgovernance, Düsseldorf
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