Gespräch des Tages

Verbände - Leblose Lobby

Es ist verflixt. Derzeit scheinen die großen Bankenverbände einfach keinen Zusammenhalt zu finden, zumindest wenn es "gegen" die Politik geht. Denn wenn, zum Beispiel, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken als eines der bestimmenden Themen für das Jahr 2011 die jüngste Fassung des Gesetzes zur Bankenabgabe kritisiert, dann macht er das ausschließlich für "seine" Banken. Der Hintergrund: Institute, die keinen oder zu wenig Gewinn machen, so geht es nämlich aus dem jüngsten Entwurf für die Rechtsverordnung hervor, sollen zwar erst einmal nicht die volle Abgabe zahlen, den Differenzbetrag aber in späteren Jahren nachentrichten müssen. So will die Politik dafür sorgen, dass solche Banken, die ein eher volatiles Geschäftsmodell betreiben, bei dem reichhaltige Gewinne auch einmal in Verluste umschwenken können, nicht unterdurchschnittlich an der Abgabe beteiligt werden.

Zahlen sind plakativ, deshalb hatte der BdB für die Last der anstehenden Regulierungsvorhaben allein auf die privaten Banken auch gleich welche parat: Basierend auf den durchschnittlichen vergangenen Jahresüberschüssen seit 1998 von 7,6 Milliarden Euro, so hat der BdB-Hauptgeschäftsführer ausgerechnet, stünde eine Belastung von fast 70 Prozent der gesamten Gewinne zu Buche. Darin enthalten sind die im Sparprogramm der Bundesregierung angekündigte Finanzaktivitätssteuer mit einer Milliarde Euro (entsprechend einem Anteil der privaten Institute von 50 Prozent an der jährlichen Gesamtbelastung von zwei Milliarden Euro), die Bankenabgabe selbst mit 900 Millionen Euro sowie eine Nettobelastung nach Steuern von 1,2 Milliarden Euro für die in Brüssel geplante Aufstockung der Einlagensicherung. Dass der BdB zudem noch reguläre Steuerzahlungen von 2,3 Milliarden Euro in seine Rechnung einbezieht ist zwar etwas unorthodox, aber die Dramatik erhöht es ungemein. Die Gesamtbelastung würde sich so in der Hochrechnung nämlich auf rund 5,4 Milliarden Euro belaufen. Das entspricht immerhin in etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Malta.

Und was sagen die anderen Verbände? Dass man zunächst beim Bundesverband Öffentlicher Banken in Sachen Nachzahlpflicht voll auf BdB-Linie schwimmt, kann angesichts der mitunter sehr holprigen Geschäfts-"Modelle" einiger Landesbanken nicht verwundern. Ebenso leicht ist nachzuvollziehen, dass der Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken wie auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband die Neuregelung gutheißen. Immerhin haben die dezentralen Primärbanken selbst in der Krisenzeit wenig Unregelmäßiges zu verzeichnen gehabt - zumindest solange man bei den Sparkassen eindreiviertel Augen zudrückt und ihnen die Abgrenzung zu den Landesbanken zugesteht. Anders als private und öffentliche Banken sind die dezentralen Verbünde also ohnehin nicht so stark betroffen - und können sich für das Fairness-Argument der Bundesregierung dementsprechend erwärmen, zumindest in weiten Teilen. Eine wirklich aussagekräftige Erklärung des derzeit mitunter leblosen Zentralen Kreditausschusses und damit eine zeitnahe, starke Stellungnahme gegenüber der Politik gab es daher nicht.

Schaut man auf die To-do-Liste des BdB wird allerdings auch deutlich, dass es im Jahr 2011 in der bundesdeutschen Kreditwirtschaft, trotz allem, Gemeinsamkeiten geben wird. Zum Beispiel die im Entwurf des Anlegerschutzgesetzes vorgesehene Regulierungspflicht für alle 300000 Bankberater, in der man eine unsinnige Belastung für Banken und Aufsicht gleichermaßen sieht. Oder die obligatorischen Produktinformationsblätter für Kunden ("Beipackzettel"), deren Aufbereitung doch bitte den Emittenten aufzuerlegen sei. Und auch bei Basel III ist man sich einig - zumindest dahingehend, dass man die Anforderungen umsetzen kann und besonders dass es wichtig wäre, die neuen Eigenkapitalregeln international koordiniert und vor allem auch in den USA einzuführen. Es gibt also doch noch Themen, bei denen die deutsche Kreditwirtschaft ihre Standpunkte gemeinsam vortragen kann. Das ist auch dringend notwendig. Denn noch nie war die Finanzwirtschaft so stark von der Politik bestimmt wie heute. Die Branche braucht also einen starken, gemeinsamen Spitzenverband, entweder wiederbelebt in seinem gegenwärtigen Dasein als ZKA oder in anderer Form. Wenn sie nicht zu allen relevanten Themen konkret Stellung beziehen kann, dann führt dies nur zu einem: eine für alle Banken geschwächte Lobby.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X