Gespräch des Tages

Zahlungsverkehr - Girocard-Verfahren in der Krise

Im Vorwort der Polizeilichen Kriminalstatistik 2009 wird das PIN-gestützte Girocard-Verfahren (früher electronic cash) im Vergleich zum "wilden" ELV als das sicherere Debitverfahren bezeichnet. Der genauere Blick in das Zahlenwerk scheint diese Einschätzung jedoch wenig zu stützen. Der Betrug mit Debitkarten im Elektronischen Lastschriftverfahren ging 2009 zum zweiten Mal zweistellig zurück. Und die Fallzahl blieb mit insgesamt 18795 noch deutlicher unter dem Betrug im Girocard-Verfahren als im Vorjahr, obwohl auch dort die Betrugszahlen leicht rückläufig waren. Angesichts dieser Entwicklung lassen sich Akzeptanten mit dem Argument der Sicherheit kaum noch überzeugen.

Neben dem Betrug spielen für die Akzeptanten freilich auch die Ausfälle infolge mangelnder Bonität des Kunden eine Rolle - einst das zentrale Argument der Kreditwirtschaft für electronic cash, dessen Gebühren mit der Zahlungsgarantie gerechtfertigt wurden. Doch selbst beim leidigen Thema der Rücklastschriften hat sich die Lage entschärft. Viele Netzbetreiber bieten Dienstleistungen mit Ausfallschutz an - und zwar zu Preisen, die selbst für kleinere Händler spürbar unter Konditionen des Girocard-Verfahrens liegen. Namentlich bei den mittelständischen Händlern war ELV im vergangenen Jahr deshalb wieder kräftig auf dem Vormarsch. Prominentes Beispiel: Die Deutsche BP kassiert seit September 2009 an allen deutschen Aral-Tankstellen wieder im Lastschriftverfahren. Als Reaktion hat der DSGV als erster der kreditwirtschaftlichen Verbände ein Modell vorgestellt, den Forderungen des Handels nach mehr Flexibilität entgegenzukommen. Händler sollen in Zukunft die Wahl haben, ob sie nur die Basisleistung Transaktion (zum Festpreis) in Anspruch nehmen oder Zusatzleistungen wie die Zahlungsgarantie dazukaufen wollen. Für diese soll künftig jeder Kartenherausgeber das Entgelt individuell festlegen. Um Preissenkungen wird die Kreditwirtschaft aber wohl nicht herumkommen. Längst geht es jedoch nicht mehr nur ums Geld. Zunehmend stellt der Handel Fragen nach der unbefriedigenden Systemverfügbarkeit. Auch die Beschwerden über verlangsamte Abwicklung haben kräftig zugenommen, wodurch das Argument der Schnelligkeit von Girocard im Vergleich zu ELV an Glanz verliert. Und die Chipkartenpanne zu Jahresbeginn hat die Forderung nach einer Verfügbarkeitsgarantie lauter und das Bestreben, ELV Sepa-fähig zu machen, dringlicher werden lassen.

Das Bundeskriminalamt fordert unterdessen, den Magnetstreifen (und damit die Grundlage für Skimming, aber eben auch von ELV) von der Karte zu nehmen. Dies aber ist derzeit noch mit Vorsicht zu genießen. Denn dann müssten alle Kunden, die ihre Karte auch im außereuropäischen Ausland einsetzen, mit zusätzlichen Karten ausgestattet werden. Und: Ein "Backup-System", wie es Magnetstreifen und ELV zu Jahresbeginn bei der Chipkartenpanne waren, gäbe es dann nicht mehr, worauf man es wohl nicht ankommen lassen will. Vorläufig wird sich Girocard also noch mit ELV messen müssen (Näheres siehe Karten 3-2010 vom 1. August).

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