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Zentralbanken - Financial Stability Review

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Mitte Dezember 2006 ihren Finanzstabilitätsbericht (Financial Stability Review) Dezember 2006 veröffentlicht. Der Bericht erscheint seit Dezember 2004 halbjährlich und enthält eine Beurteilung der Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet. Dabei wird zum einen auf die Rolle des Finanzsystems bei der Erleichterung wirtschaftlicher Prozesse eingegangen und zum anderen auf die Frage, inwieweit das System Störungen auffangen und verhindern kann, dass daraus übermäßig negative Folgen erwachsen.

Die im Finanzstabilitätsbericht enthaltene Analyse wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Ausschuss für Bankenaufsicht (Banking Supervision Committee), einem Forum der Zusammenarbeit zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken sowie den Aufsichtsbehörden in der EU, erstellt. Ziel des Berichts ist es, das Bewusstsein der Finanzwelt und der Öffentlichkeit für Themen zu schärfen, die zur Wahrung der Finanzstabilität im Euroraum von Bedeutung sind. Der Bericht bietet einen Überblick über die Risikoquellen und die möglichen Schwachstellen in Bezug auf die Finanzstabilität und soll damit einen Beitrag zur Vorbeugung gegen Finanzkrisen leisten.

Wie bereits in der Vergangenheit betont, wird nicht beabsichtigt, das wahrscheinlichste Szenario aufzuzeigen. Vielmehr geht es aus Sicht der EZB um eine Betrachtung aller potenziellen und plausiblen Risiken für die Finanzstabilität. Die wichtigsten Ergebnisse der in dem Bericht enthaltenen Gesamtbeurteilung der Finanzmarktstabilität im Euroraum werden von der EZB wie folgt zusammengefasst: Das Finanzsystem im Eurogebiet hat sich in den sechs Monaten bis zum 3. November 2006, dem Redaktionsschluss des Berichts, erneut als robust und widerstandsfähig erwiesen. Störungen wurden gut verkraftet. Zwar war in den Monaten Mai und Juni 2006 an vielen Finanzmärkten eine starke Volatilität zu verzeichnen, doch konnten die Märkte die Störungen problemlos abfedern, so dass kein größeres Finanzinstitut ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Die zuvor gehegte Besorgnis, dass der Zusammenbruch eines großen Hedgefonds eine negative Kettenreaktion bei den Vermögenspreisen nach sich ziehen könnte, wurde laut EZB dadurch abgeschwächt, dass die im September 2006 bei Amaranth Advisors aufgetretenen finanziellen Schwierigkeiten kaum nennenswerte Folgewirkungen an den Märkten hatten. Im Euro-Währungsgebiet seien die Bedingungen für die Mittelbeschaffung an den Kredit- und Aktienmärkten günstig geblieben; es sei zu einer weiteren breit angelegten Stärkung der Ertragslage der Banken gekommen, und die Bilanzen der Versicherungsgesellschaften hätten sich anhaltend verbessert. Auch die wichtigsten Finanzmarktinfrastrukturen - darunter Zahlungsverkehrssysteme wie Target sowie die Wertpapierverrechnungs- und Abwicklungssysteme - seien robust geblieben, und ihr Betrieb sei nach wie vor reibungslos verlaufen.

Allerdings bestanden in diesem Zeitraum aus Sicht der EZB verschiedene potenzielle Risikoquellen und Schwachstellen für die Stabilität der Finanzmärkte im Euroraum fort, andere gewannen an Bedeutung oder ergaben sich neu. Insoweit an einigen Finanzmärkten im Eurogebiet und weltweit zu niedrige Langfristzinsen und Risikoprämien vorherrschten, könnten die Vermögenspreise anfällig für verschiedene potenzielle Störungen sein, durch die sich die Risiken der Banken über das Normalmaß hinaus erhöhen könnten. Dies wäre insbesondere dann gegeben, wenn die Fähigkeit ihrer Geschäftspartner, Verluste aufzufangen, aufgrund der Marktlage nachließe. Auch das Ausmaß des Kreditrisikotransfers zu Stellen außerhalb des Bankensystems hat laut Bericht zunehmend Anlass zu Besorgnis gegeben.

Was Risikoquellen und Schwachstellen angeht, deren Ursache außerhalb des Eurogebiets zu sehen sind, so gehen laut Bericht von globalen finanziellen Ungleichgewichten großen Umfangs auf mittlere Sicht weltweit Risiken für die Stabilität von Finanzsystemen aus, obwohl das Weltwirtschaftswachstum etwas ausgewogener geworden sei und die Ölpreise in letzter Zeit nachgegeben hätten. Im Euroraum gelte es in nächster Zeit, die in einigen Teilen des Unternehmenssektors wieder rasch ansteigende Fremdfinanzierung (die teilweise durch eine starke Zunahme der kreditfinanzierten, mit Hilfe von Private-Equity-Fonds ermöglichten Unternehmensübernahmen ausgelöst worden sei) sowie die höheren finanziellen Ungleichgewichte im Sektor der privaten Haushalte genau zu beobachten.

In näherer Zukunft, so der Bericht, könnte die Dauerhaftigkeit der momentan sehr hohen Ertragskraft des Bankensektors im Euro-Währungsgebiet auf die Probe gestellt werden. In den letzten Jahren konnten die Großbanken des Euroraums dem Bericht zufolge ihre Ertragslage in einem schwierigen Geschäftsumfeld, das von einer sich abflachenden Renditestrukturkurve, schrumpfenden Margen und scharfem Wettbewerb gekennzeichnet war, verbessern. Gleichzeitig sei die Eigenkapitalausstattung der betroffenen Banken recht gut geblieben. Allerdings bestünden dahingehend einige Bedenken, dass der intensive Wettbewerb die Banken zu einer Lockerung ihrer Kreditrichtlinien veranlasst haben könnte, sodass eine erhöhte Gefahr von Kreditausfällen bestehen könnte.

Zwar dürften laut Bericht die unmittelbaren Marktrisiken die Großbanken im Euroraum nicht vor größere Probleme stellen, doch könnten sich für die Banken Risiken aus anderen marktbezogenen Aktivitäten sowie in Form von Geschäftspartnerrisiken gegenüber nichtfinanziellen Unternehmen wie auch Finanzunternehmen außerhalb des Bankensektors ergeben, deren Risikomanagement möglicherweise weniger ausgefeilt sei.

Insgesamt werden die Bedingungen für die Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet im Kern nach wie vor als günstig eingestuft, doch wird kein Anlass gesehen, mit dem Status quo zufrieden zu sein, da verschiedene Risikoquellen und Schwachstellen zu erkennen seien. Positiv hervorgehoben wird, dass die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystem erneut dadurch unter Beweis gestellt wurde, dass es in den vergangenen sechs Monaten Störungen problemlos auffangen konnte. Darüber hinaus vollziehe sich das Weltwirtschaftswachstum zunehmend ausgewogener, der allmähliche Übergang zu einer weniger akkommodierenden Geldpolitik gehe reibungslos vonstatten, und die Bonität der wichtigsten Geschäftspartner von Banken, nämlich der Privathaushalte und Unternehmen, bleibe insgesamt hoch.

Zudem wird die Ertragslage der Großbanken im Euroraum als sehr gut eingestuft, ihr Solvabilitätskoeffizient liege deutlich über den Mindestanforderungen, und ihr Risikomanagement verbessere sich weiter. Allerdings ergebe sich aus den großen globalen Ungleichgewichten nach wie vor eine Risikoquelle für die mittelfristige Finanzstabilität. An den Finanzmärkten des Euroraums und weltweit sind laut Bericht die langfristigen Renditen und Zinsspreads nach wie vor sehr niedrig und damit anfällig für Risikoneubewertungen. Gleichzeitig könnten sich große, wenngleich sehr schwer quantifizierbare Risiken im Zusammenhang mit den Märkten für Kreditrisikotransfer ergeben, an denen zunehmend Hedgefonds tätig sind.

Darüber hinaus werde in einigen Teilen des Unternehmenssektors wieder verstärkt auf die Fremdfinanzierung zugegriffen, wofür teilweise eine merklich erhöhte kreditfinanzierte Übernahmeaktivität (Leveraged-Buy-Outs) verantwortlich sei. Auch die finanziellen Ungleichgewichte im Sektor der Privathaushalte nehmen laut Bericht weiter zu; in einigen Ländern seien sie besonders stark ausgeprägt.

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