Gespräch des Tages

Bundesbank - Gefragter Orientierungsgeber

Das Medieninteresse erinnerte an alte Zeiten. Als die Deutsche Bundesbank dieser Tage ihren Jahresabschluss 2008 erläuterte, stand freilich weniger der recht üppige Bundesbankgewinn von 6,261 (4,285) Milliarden Euro im Blickpunkt, mit dem umgehend der Bundeshaushalt beglückt wurde. Sondern in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten mit ihren besonderen Herausforderungen an die Geldpolitik und den weltweit unterschiedlichen Reaktionen der wichtigen Notenbanken galt zumindest für die zahlreichen Beobachter aus dem Ausland das besondere Interesse den geldpolitischen Grundpositionen des Bundesbankpräsidenten. Denn mit ihrem starken Gewicht im Eurosystem ist die deutsche Notenbank und somit die Stimme von Axel A. Weber im EZB-Rat von unverändert großer Bedeutung für die Gesamtrichtung der europäischen Geldpolitik. Und die ist naturgemäß gerade in turbulenten Zeiten besonders spannend. Wo immer der Bundesbankpräsident derzeit auftritt, erhofft sich eine große Medienschar Aufschlüsse oder zumindest Andeutungen über mögliche Um- oder Neuorientierungen im geldpolitischen Instrumentenkasten der EZB.

Als mittlerweile schon langjährig geübtes Ratsmitglied kann und darf sich der Bundesbankpräsident natürlich keine Festlegung auf konkrete Schritte entlocken lassen, die den Entscheidungsspielraum des obersten geldpolitischen EZB-Gremiums in irgendeiner Weise einengen würden. Aber in der Beurteilung möglicher Handlungslinien hat er doch klare Orientierung gegeben. So stuft er die deutschen und europäischen Programme zur Konjunkturankurbelung zwar durchaus als vertretbare oder gar angebrachte Maßnahmen ein, um den massiven Auswirkungen der Einbrüche in der Exportwirtschaft durch Impulse für die Binnennachfrage entgegenzutreten. Die negativen Effekte des weltweiten Abschwungs auf Deutschland völlig abfedern zu wollen, hält er hingegen für illusorisch und tendiert derzeit zu einem Abwarten der entfachten Wirkungen. Als deutlich unterschätzt bewertet er darüber hinaus das Ausmaß der expansiven Impulse der ohnehin bereits möglichen und dann im Zuge der Finanzkrise noch ausgeweiteten Akzeptanz von eingereichten Sicherheiten von Banken bei der EZB speziell im Vergleich zu den Maßnahmen in den angelsächsischen Ländern. Und den Pool möglicher Sicherheiten sieht er längst noch nicht so umfassend ausgeschöpft, um ganz dringlich über den Einsatz des Instrumentes des Credit easing entscheiden zu müssen. In seiner Grundeinstellung tendiert er zu der Devise vertrauensbildende Regulation vor Stimulation. Das entspricht der Tendenz nach jener Position, wie sie auch in der deutschen und europäischen Politik im Vorfeld des Londoner G20-Gipfels die Oberhand behalten hat.

Als überaus klug erweist sich in diesem Zusammenhang übrigens die frühere Entscheidung zur Stärkung des Forschungssektors der Bundesbank. Mochte man es seinerzeit für Spielerei eines aus der Wissenschaft kommenden Präsidenten halten, den volkswirtschaftlichen Stab seines Hauses kräftig auszuweiten, um mehr qualitativ hochwertige, praxisnahe geldmarktpolitische Forschung betreiben zu können, so sieht man schon heute den enormen Nutzen schlagkräftiger wissenschaftlicher Argumente im geldpolitischen Entscheidungsprozess. Im Lichte der momentanen Krise und den in der Politik zutage tretenden und von der Wissenschaft massiv flankierten Interessenunterschieden, etwa zwischen den USA und den europäischen Ländern, ist es enorm wichtig, anerkannten Sachverstand hinter sich zu versammeln. In diese Linie passt auch eine anstehende organisatorische Änderung in der Deutschen Bundesbank. Um die hohe Bedeutung der Stabilität des Finanzsystems besser zu erfassen, bündelt sie ihre Expertise auf dem Gebiet ab 1. Mai 2009 in einem neuen Zentralbereich "Finanzstabilität". Gerade Krisenzeiten zeigen, wie wichtig es ist, der Politik wie auch der Öffentlichkeit eine Orientierung zu geben. In der Sache mag das schon gelungen sein, um die personelle Verantwortung für diese Schlüsselposition im Vorstand wird freilich noch gerungen. Die Bedeutung der Bundesbank mag deutlich anders sein als in den Zeiten ihrer eigenständigen Geldpolitik für Deutschland. Aber eine möglichst unabhängige Notenbank, die einen stabilitätspolitisch gangbaren Weg weist, ist wertvoll wie eh und je.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X