Aufsätze

Getrennt und doch gemeinsam - Kooperation von Sparkassen und öffentlichen Versicherern in der bAV

Die öffentlichen Lebensversicherer werden zusammen mit den Sparkassen künftig mehr betriebliche Altersversorgung (bAV) zeichnen als in den vergangenen Jahren. Gemeinsam stellen sie sich dem Wettbewerb mit den großen Playern im bAV-Geschäft. Dass dies überhaupt möglich werden konnte, liegt an der engen Kooperation innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe. Bisher konnten die öffentlichen Versicherer die bAV nur kleineren Firmen in ihrem regional begrenzten Geschäftsgebiet anbieten. Über die notwendigen überregionalen Strukturen, um sich auch um große Unternehmen kümmern zu können, verfügten sie noch nicht. Aber genau solcher Strukturen bedarf es, denn betriebliche Altersversorgung in größeren, standortübergreifend arbeitenden Firmen lässt sich nicht regional begrenzen. Das gilt vor allem auch im Hinblick auf Tarifparteien und Arbeitgeberverbände. Deshalb haben sich die öffentlichen Versicherer in der bAV neu aufgestellt und die erforderlichen zentralen Strukturen geschaffen.

Neue Möglichkeiten bei größeren Unternehmen

Im Jahr 2007 gründeten sie zusammen mit der Deka-Bank unter dem Dach ihres Gemeinschaftsunternehmens Sparkassen Pensions-Management GmbH (SPM) ein zentrales Kompetenzcenter, die Sparkassen Pensions-Beratung GmbH (SPB). Die SPB verfügt über einen qualifizierten Kreis von Mitarbeitern mit umfassender Berufserfahrung. Vor allem in den Bereichen Betriebswirtschaft und Recht konnten Persönlichkeiten mit anerkannt herausragender Kompetenz gewonnen werden. Sie ist bundesweit zuständig für die bAV- Vertriebsunterstützung aller Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe. Als zentrale Beratungsgesellschaft übernimmt sie im Kundensegment "Arbeitgeber mit mehr als 200 Arbeitnehmern, Tarifparteien und Arbeitgeberverbände" die Beratung und Vermittlung im gesamten bAV-Geschäft, die Auslagerung von Pensionsrückstellungen sowie die verschiedenen Plattformen und Ausprägungen von Wertkonten.

Das Geschäftsfeld der Unternehmen mit weniger als 200 Mitarbeitern bleibt wie bisher in der Obhut der Landesdirektionen, also im Regelfall der zuständigen regionalen öffentlichen Versicherer. Sie sind in diesem Geschäftssegment auch weiterhin für die Vertriebsunterstützung der Sparkassen verantwortlich. Bei Bedarf können sie aber jederzeit für das qualifizierte Geschäft - also beispielsweise für Arbeitgeberfinanzierungen oder Ausfinanzierung und Auslagerung von Direktzusagen - die SPB als Berater hinzuziehen. Die Sparkas-sen-Finanzgruppe hat damit einzigartige Strukturen im bAV-Geschäftsfeld geschaffen: Die öffentlichen Versicherer sind weiterhin regional, und damit unabhängig voneinander tätig, überregional jedoch gemeinsam aktiv.

Beteiligung am Traditionsunternehmen Heubeck

Damit die SPB alle Kunden der Sparkassen-Finanzgruppe auch im Hinblick auf aktuelle Dienstleistungen und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen in einer fachlichen Tiefe beraten kann, die im Markt ihresgleichen sucht, hat sich die SPM außerdem einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen bAV-Anbietern im Markt verschafft: Sie hat eine 50-Prozent-Beteiligung an dem Traditionsunternehmen Heubeck AG gekauft, die in den nächsten Jahren auf bis zu 90 Prozent ausgebaut werden soll.

Das auf betriebliche Altersvorsorge spezialisierte Unternehmen verfügt über ein hervorragendes Renommee und enorme Erfahrung im qualifizierten bAV-Geschäft. Damit bietet SPB den Sparkassenkunden über diese neue Gesellschaft auch Gutachten für Pensionsrückstellungen und sonstige versicherungsmathematische Berechnungen und Analysen sowie die Möglichkeit des Outsourcing der Verwaltung der betrieblichen Altersversorgung für den Arbeitgeber. Ziel der Beteiligung ist es, mit dem Dienstleistungsspektrum und der Kompetenz von Heubeck die SPB als Full-Service-Berater in der betrieblichen Altersversorgung und bei Zeitwertkonten zu etablieren, und mit der Bekanntheit und dem exzellenten Ruf in der Fachwelt dafür zu sorgen, dass die Sparkassen-Finanzgruppe im bAV-Markt als relevanter Wettbewerber wahrgenommen wird.

Enorme Wachstumspotenziale im Mittelstand

Mit der neuen Struktur ist die Sparkassen-Finanzgruppe in der Lage, sämtlichen Firmenkunden die komplette bAV-Palette anzubieten. Die öffentlichen Versicherer wollen sich mit den etablierten bAV-Versicherern im Markt nicht nur messen, sondern auch - sofern sie ihre Wettbewerbsvorteile weiterhin geschickt nutzen - im Markt tonangebend werden. Um dies zu erreichen nutzen sie die Schlagkraft des Sparkassen-Vertriebs. Kein Wettbewerber im Markt verfügt über ein derart dichtes Vertriebsnetz wie die Sparkassen-Finanzgruppe mit ihren 446 Sparkassen und den rund 16 000 Geschäftsstellen. Die Sparkassen und Landesbanken sind klassischer Partner des Mittelstands. Die Firmenkundenberater können gezielt Kunden auswählen, ansprechen und den Kontakt zur SPB herstellen.

Die Strukturen sind geschaffen, die Prozesse in der neuen Gesellschaft haben sich eingespielt und auch schon bewährt. Jetzt gilt es für die Sparkassen-Finanzgruppe, sich auf das Firmenkundensegment zu konzentrieren und die Wachstumspotenziale zu heben. Denn diese sind größer denn je. Vor allem das Thema Pensionsrückstellungen und ihre Bewertung wird die Unternehmen in den nächsten Jahren weiter stark beschäftigen. Schätzungsweise mehr als 420 Milliarden Euro Pensionsrückstellungen schlummern in den Bilanzen deutscher Unternehmen. Die Auslagerung oder Ausfinanzierung dieser Pensionsrückstellungen auf die Pensionsfonds wird für Unternehmen also zunehmend wichtig, da sie einen wesentlichen Teil ihrer Passiva ausmachen können.

Noch mehr Bedeutung bekommt das Thema vor allem vor dem Hintergrund des geplanten Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG). Mit dem Gesetz soll die Bewertung der Pensionsrückstellungen neuen, realistischeren Regelungen unterworfen werden. Ursprünglich als Steuerstundungsmodell gedacht, werden Pensionsrückstellungen inzwischen zu betriebswirtschaftlich relevanten Lasten, die ein Unternehmen durchaus in die Krise führen können. Genau hier setzen die Firmenkundenberater der Sparkassen an. Sie müssen ihre Kunden auf die möglichen Risiken und Auswirkungen der bestehenden Versorgungsverpflichtungen hinweisen und bei deren Bewältigung unterstützen. Dies spielt auch im Rahmen von Kreditgewährungen sowie bei Unternehmenskäufen und -verkäufen eine wichtige Rolle. Die Komplexität des Themas stellt hohe Anforderungen an den Firmenkundenberater der Sparkasse, die er alleine kaum mehr bewältigen kann. Genau hier kommt das Kompetenzcenter SPB ins Spiel. Es steht den Sparkassen und Landesbanken mit seinen Spezialisten zur Seite und erarbeitet die Konzepte und Lösungen für deren Kunden.

Entscheidet sich ein Unternehmen für einen Durchführungsweg und einen Partner zur betrieblichen Altersversorgung, so bindet es sich langfristig. Von großer Wichtigkeit ist es deshalb, dass es nicht nur einen Berater findet, der sämtliche Themenfelder abdeckt, sondern auch produktneutral berät. Das Konzept der SPB entspricht offenbar dieser Erwartungshaltung der Kunden. Dies belegen die mehr als 150 Beratungsangebote, die allein 2008 für Firmenkunden der Sparkassen und Landesbanken erstellt wurden. Von vier Angeboten der SPB werden drei von den Unternehmenskunden der Sparkassen angenommen. Das zeigt, dass die Angebote wettbewerbsfähig sind.

bAV auch im Privatkundengeschäft

Die öffentlichen Versicherer setzen beim Thema bAV aber nicht nur auf die engen Kontakte der Sparkassen zu ihren Firmenkunden, sondern nutzen auch deren breiten Zugang zu den Privatkunden. Ein Großteil derer sind rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer und haben Anspruch, Teile ihres Entgelts für die bAV zu nutzen. Allein in der Privatwirtschaft sind aber noch 44 Prozent der Beschäftigten ohne bAV. Und nur 40 Prozent der deutschen Betriebsstätten haben eine Zusatzversorgung für ihre Arbeitnehmer etabliert.

Arbeitnehmer können über die bAV Steuern und Sozialabgaben sparen, haben also ein berechtigtes Interesse an dem Produkt. Zudem haben sie offensichtlich auch einen beträchtlichen Einfluss auf die Etablierung der bAV bei ihrem Arbeitgeber. So gaben laut einer Studie von Infratest im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 40 Prozent der Arbeitgeber die Anfrage oder den Wunsch ihrer Beschäftigten an. Schon jetzt initiieren deshalb viele Sparkassen die bAV-Rahmenverträge mit Arbeitgebern über deren Arbeitnehmer.

Trotz der besonderen Struktur der Spar-kassen-Finanzgruppe mit ihren regional eigenständigen Sparkassen und Versicherern - oder vielleicht sogar wegen ihrer besonderen Struktur - haben die öffentlichen Lebensversicherer in der bAV einen klaren Wettbewerbsvorteil. Ihre oft als Hindernis wahrgenommene regionale Zuständigkeit ist durchaus ein Vorteil. Denn die Öffentlichen und die Sparkassen haben so den direkten Zugang zu den Privat- und Firmenkunden. Die Kundenbeziehungen sind oft über lange Jahre gewachsen und gründen in der Verankerung in der Region. Und für das komplexe bAV-Geschäft ist dies kein Nachteil. Neu ist dieses Vorgehen nicht.

Denn obwohl dezentral organisiert und rechtlich wie wirtschaftlich eigenständig, arbeiten die Öffentlichen über die Grenzen ihrer Geschäftsgebiete hinweg schon seit Jahren erfolgreich zusammen. Wenn es neue Märkte zu erschließen oder Synergien zu heben gilt, gründen sie gemeinsame Unternehmen als zentrale Produktgeber, ohne dabei ihre regionale Verankerung aufzugeben. So geschehen auch in der bAV. Eine getrennte und gleichzeitig gemeinsame Bearbeitung des bAV-Geschäftsfelds ist demnach durchaus funktional und die adäquate Lösung.

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