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Oestricher Lenchen

Mit dieser weisen Einsicht war er nicht der erste - und nicht der letzte: Spuren des Weinbaus sind im Rheingau ähnlich wie an der Mosel bis in die Römerzeit nachweisbar. Im 12. Jahrhundert waren es die Zisterzienser, die die einmalige klimatische Lage des Rheingaus erkannten. Unter ihrer Anleitung wurden Südhänge mit ihrer optimalen Sonnenorientierung gerodet und mit Reben bepflanzt. Zusätzlich reflektiert die Wasserfläche des Rheins die Sonnenstrahlen. Diese Faktoren bieten der Rieslingrebe zusammen mit der geologischen Beschaffenheit des Bodens beste Wachstumsbedingungen.

Einer der Orte im Rheingau, der gleich über mehrere Spitzenlagen verfügt, ist die Weinbaugemeinde Oestrich-Winkel. Sie wurde im Jahr 850 erstmals urkundlich erwähnt. Einer ihrer renommiertesten Weinberge ist das Oestricher Lenchen. Seine Böden sind geprägt durch tiefgründige Lösse, die sich mit Lösslehmen und schweren tertiären Mergelböden (ein tonhaltiges Karbonatgestein) abwechseln. Der Name Lenchen ist wahrscheinlich von dem Wort Lehen abgeleitet.

Die Lage umfasst heute etwa 130 Hektar. Früher war sie in die Kleinparzellen Eiserberg, Eiserweg, Hölle, Pfaffenpfad und Rosengarten unterteilt. Noch heute sind Teile des Rosengartens von Mauern umgeben, die das Kleinklima der hier wachsenden Reben überaus positiv beeinflussen. Große Teile des Rosengartens werden vom Weingut Spreitzer kultiviert. Es ist eines der ältesten in Oestrich und besteht seit dem Jahr 1641. Seit 1997 wird es von den Brüdern Andreas und Bernd Spreitzer geführt. Ihre Rebflächen von 17 Hektar sind fast ausschließlich mit Riesling bestockt. Mit dem Ziel, die Weinberge weitgehend naturnah zu bearbeiten, begrünt das Weingut jede zweite Zeile und sät im Winter Korn ein. Die Reben werden nur gering angeschnitten, um eine kleinere Erntemenge mit weit überdurchschnittlicher Qualität zu gewinnen.

Für das Erste Gewächs im Rosengarten wird ein Ertrag von lediglich 35 Hektolitern pro Hektar erzielt - ein klares Qualitätsbekenntnis, da nur die besten Trauben an den Reben bleiben dürfen. Die Trauben für die Prädikatsweine lesen die Brüder Spreitzer und ihre Mitarbeiter von Hand. Nur reifes Lesegut kommt auf die Kelter. Einhergehend mit einer scharfen Vorklärung des Mosts verspricht diese Methode auch ein Minimum an Trüb- und Bitterstoffen. Danach wird der Most unter der Zugabe von Reinzuchthefen im Holzfass oder im Edelstahltank zur Gärung gebracht. Durch die langsame und gleichmäßige Gärung wird das natürliche Aroma des Traubenmaterials erhalten.

Es ist nicht gestattet, auf den Flaschenetiketten des Oestricher Lenchen Riesling Erstes Gewächs aus dem Jahr 2005 den "Rosengarten" anzugeben. Aber der Wein aus dem Rosengarten besticht auf einzigartige Weise durch seinen fruchtigen und floralen Duft, der an Weinbergpfirsich und reife Zitrusfrüchte erinnert. Auf der Zunge begeistert seine fast prickelnde Mineralität, seine animierende Frische und sein Aromenbündel aus Minze, reifen Zitrusfrüchten, Ananas und Mandarinen. Ein großer Riesling mit einer großen Zukunft.

Weintipp aus dem Buch: 100 Meisterwerke des Weines - Deutschland

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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