Gespräch des Tages

Auslandsbanken - Mit Vernunft und Kalkül

Dass der Verband der Auslandsbanken in Deutschland (VAB) den hiesigen Standort nach wie vor als gut bezeichnet und die Mitgliedsinstitute ihre Geschäftsaussichten in der obligatorischen Umfrage aktuell immer noch zu mehr als 60 Prozent als eher positiv oder positiv einstufen, ist nicht zuletzt der Anziehungskraft der Europäischen Zentralbank und künftig auch der europäischen Bankenaufsicht geschuldet. Allen spürbaren Tendenzen einer Wiederbelebung lokalen Denkens und Handelns zum Trotz melden immerhin zwei Drittel der aktuell 210 VAB-Institute aus 29 Ländern für das Berichtsjahr 2012 eine positive Entwicklung ihrer Ertragslage und haben hierzulande ihre Mitarbeiterzahlen weitgehend stabil gehalten. Und bei allen Zwängen zur Neuausrichtung einzelner Geschäftsbereiche im Zuge der fortschreitenden Regulierung will der Verband die anhaltend hohen Aktivitäten als Bekenntnis zum Standort Deutschland gewertet wissen.

So stellen die Ausländer nach wie vor knapp 86 Prozent der Eurex-Teilnehmer und bestreiten gemessen an den Kontrakten 91,2 Prozent des Umsatzes. Unter den Mitgliedern der Bietergruppe Bundesemissionen finden sich auch im Jahr 2012 bis zu Rang 20 lediglich drei deutsche Institute. Beim Volumen der Aktienemissionen in Deutschland schafft es neben der Deutschen Bank auf Rang 1 mit der Commerzbank (Rang 8) nur ein weiteres deutsches Institut unter die ersten zehn. Gleiches gilt für die Provisionseinnahmen im Investment Banking in Deutschland. Im Geschäft mit derivativen Wertpapieren gesellt sich lediglich die DZ Bank als drittes deutsches Institut zu der Gruppe der ersten zehn. Und die Depotbankfunktion im Fondsgeschäft liegt gemessen am Fondsvermögen ebenfalls zu weit mehr als der Hälfte in der Hand der Auslandsbanken.

All diese Aktivitäten will der VAB durch die spürbare Disharmonie bei der Bewältigung der Staatsschuldenkrise und der Umsetzung der geplanten Regulierungsmaßnahmen naturgemäß nicht gefährden. Als besonders irritierend - wenn nicht gar kontraproduktiv - wird es empfunden, wenn große Mitgliedstaaten wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit nationalen Regelungen vorpreschen und diese dann häufig als Blaupause für den gemeinsamen europäischen Weg verstehen.

Einen gangbaren Weg, dem spürbaren Misstrauen der nationalen Aufsichtsbehörden untereinander entgegenzuwirken, wie es sich etwa in der Behandlung der Intragruppenforderungen im Geldhandel bemerkbar macht, sieht der Verband in einer praxisgerechten Übertragung der Bankenaufsicht über größere Institute auf eine bei der Europäischen Zentralbank angesiedelten Instanz (siehe Beitrag in diesem Heft). Konsequenterweise zeigt der VAB auch mit seiner Kritik an der Ungleichbehandlung deutscher Institute bei der diskutierten Eigenkapitalausstattung der US-Einheiten einen guten Sensor.

Bei den laufenden Debatten über Trennbanken und besonders der Einführung einer Finanztransaktionssteuer registriert der VAB hingegen sehr realistisch die Zwänge der hiesigen Bundesregierung in Wahlkampfzeiten und beschränkt seine Forderungen zumindest auf eine möglichst einfache und effektive Implementierung. Als Moderator mit Blick für das Machbare hält er es aller Anstrengungen wert, auf dem Weg zu einer Weiterentwicklung des europäischen Finanzmarktes voranzuschreiten, dabei Doppelbelastungen, Wettbewerbsverzerrungen und Arbitrage zu vermeiden und letztlich alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union in einem demokratischen Prozess mitzunehmen. Was irgendwie fehlt sind freilich die überzeugenden politischen Visionen für Europa.

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