Gespräch des Tages

Fondsgesellschaften - Überzeugungsarbeit im Verbund

Trotz 250 Millionen Euro an Mittelabflüssen aus Publikumsfonds im Berichtsjahr 2010 konnte sich der Vorstandsvorsitzende Hans Joachim Reinke bei der Präsentation der Jahresergebnisse 2010 der Union Investment sehr entspannt geben. Denn dank dem um 6,15 Milliarden Euro gestiegenen Neugeschäft im Spezialfondsbereich sowie dem Zuwachs von 3 Milliarden Euro im Segment Advisory und Vermögensverwaltung stehen in Summe Nettomittelzuflüsse von 8,7 Milliarden Euro und ein neuer Höchststand des verwalteten Vermögens von 177,4 Milliarden Euro zu Buche. Wenn man so will hat die Gesellschaft die Schwäche im Publikumsfondsgeschäft (die BVI-Zahlen zeigen für die Branche insgesamt ein Plus von 19,3 Milliarden Euro) durch ein gestiegenes Direktgeschäft, sprich Spezialfonds sowie Advisory und Vermögensverwaltung (Branche plus 67,9 Milliarden Euro) recht gut kompensiert.

Es lohnt sich allerdings zu betrachten, in welchem Umfeld das besagte Minus des genossenschaftlichen Asset Managers im Publikumsfondsbereich zustande kam. Die Abflüsse der Geldmarktfonds fielen bei der Union mit minus 98 Millionen Euro zwar noch sehr überschaubar aus. Aber wenn allein das frühere Flaggschiff Uni-Opti-4 Abflüsse von 5,8 Milliarden Euro zu verkraften hatte und damit die Rentenfonds insgesamt mit 4,974 Milliarden Euro ins Minus zog, muss es auch starke Gegengewichte gegeben haben, die die Nettomittelabflüsse bei den Publikumsfonds insgesamt bei 250 Millionen Euro noch einigermaßen in Grenzen gehalten haben. In die Lücke gesprungen sind vor allem die Wertgesicherten Fonds mit einem Mittelzufluss von 2,38 Milliarden Euro und die Offenen Immobilienfonds mit 1,49 Milliarden Euro. Aber auch die Aktienfonds (plus 407 Millionen Euro), die Hybridfonds (plus 162 Millionen Euro) und die Sonstigen Fonds (plus 382 Mill. Euro) haben Neugeschäft generiert.

Dass das anfänglich weit verbreitete Konkurrenzdenken zwischen Fonds- und Einlagengeschäft der Vergangenheit angehört, ist kein Spezifikum der Union Investment. Es lässt sich vielmehr in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten bei vielen Fondsgesellschaften an den enormen Zuwächsen beim Fondsvolumen ablesen. Wenn es aber gelingt einen enormen Abfluss von knapp 6 Milliarden Euro aus einer Fondskategorie binnen eines Jahres mit anderen Fondsprodukten auszugleichen, so ist das unter den Fondsgesellschaften am deutschen Markt auch heute noch bemerkenswert. Es bedarf dazu ohne Frage einer gewaltigen und auch gut abgestimmten Vertriebsleistung, wie sie der genossenschaftliche Verbund auch in der Vergangenheit schon mehrfach zustande gebracht hat.

In der gemeinsamen Marktpflege für Publikumsfonds hat die Union Investment längst ihren Frieden mit den Ortsbanken geschlossen, und umgekehrt. Der turnusmäßige Dialog mit allen genossenschaftlichen Primärbanken gehören inzwischen zum Pflichtprogramm der Vorstandsvorsitzenden der Union. Zweimal im Jahr nehmen sie den Marathon durch alle Regionen Deutschlands in Kauf, um in gut zwei Dutzend Veranstaltungen den Vorständen der Ortsbanken die aktuellen Entwicklungen im Fondsgeschäft zu erläutern und sich nicht zuletzt deren Fragen zu stellen und deren Anregungen aufzunehmen. Angefangen bei einer allgemeinen Marktsicht über neue Produktentwicklungen der ganzen Branche und das spezielle Angebot der Union Investment bis hin zu den Wünschen der Ortsbanken reichen die Inhalte des Dialogs. Bei allen eigenen Interessenlagen von Primären und Verbundunternehmen scheint dieses Verfahren der gegenseitigen Information und Kommunikation offenbar zu fruchten. Dass bei der Umsetzung je nach Marktlage einmal das Investmentgeschäft und ein anderes Mal das Einlagengeschäft der Banken profitieren kann, nehmen beide Seiten inzwischen jedenfalls viel sportlicher als früher. Hauptsache die Gelder bleiben im Verbund.

Übrigens: Die Union hat im Berichtsjahr dank der guten Bedingungen an den Wertpapiermärkten ein Ergebnis vor Steuern von 372 (204) Millionen Euro erzielt. Das sind satte 81 Prozent mehr als im Vorjahr. Ob eine solche Ertragslage ähnlich wie ein konkurrenzfähiges Produkt- und Dienstleistungsangebot ihres Fondsdienstleisters zur Besänftigung der Ortsbanken beiträgt, ist freilich nicht von vornherein ausgemacht. Denn sie macht bei den Primären Lust auf höhere Vertriebsprovisionen.

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