Herausforderung Zweigstelle

Diskretion in der offenen Filiale

In den letzten 15 Jahren hat sich in der Gestaltung von Bankfilialen vieles verändert. Die oftmals meterlangen geschlossenen Schalter- oder Servicetheken wurden ersetzt durch offene und freistehende Dialogpulte, Kassenboxen reduziert und dafür eine Vielzahl an SB-Automaten in Foyers platziert. "3-Zonen-Modell" und "BSB-Betreute Selbstbedienung" sind zu festen Bestandteilen in der Raumgestaltung geworden. Ein Trend, dem sich nahezu niemand verschließen wollte oder konnte. Grundlage all dieser Entwicklungen ist die Meinung der Bank, zu wissen und zu bestimmen, bei welchen Geschäftsfällen ein Kunde schnell und im offenen Umfeld edient wird und wann er einen diskreteren Beratungsraum zugestanden bekommt. Doch ob sich diese Meinung auch immer so mit dem Wunsch und Diskretionsempfinden der Kunden deckt, ist mehr als fraglich.

Erst die dramatischen Auswirkungen durch sinkende Kundenfrequenzen in Bankfilialen beziehungsweise Verlagerung dieser Kontakte auf die Automaten außerhalb der Mitarbeiterzonen führt jetzt zu einem verstärkten kritischen Hinterfragen dieser Konzepte und zu neuen Entwicklungen und Lösungen.

Diskretion als wesentliche Anforderung der Kunden

Die Diskretion stellt sich dabei als eine wesentliche Anforderung von Kundenseite dar. Denn die Diskretion ist und war immer ein besonderer Wert, der unmittelbar verbunden mit dem Vertrauen in eine Bank einhergeht und ein wichtiger Faktor für die Entscheidung des Kunden, mit welcher Bank er seine Geschäfte lieber abwickelt. Viele Banken mit zu offenen Lösungen mussten dies schmerzhaft zur Kenntnis nehmen, und die nachträgliche Aufrüstung mit Trennwänden und Hydrokulturen zwischen den Servicepoints und an Automatenwänden sind Zeugen der Trendwende. Als im Jahre 2005 in der Sparkassen- Hauptstelle in Gengenbach ein Umbau des Schalterbereiches notwendig wurde, setzten sich der Vorstand und Führungskräfte gemeinsam mit diesen Entwicklungen und bis dato üblichen Konzepten auseinander.

Auch bei Standardgeschäften

Die besondere Intensität der Kundenbeziehungen in unserer Stadt und mit der Sparkasse stellen sehr hohe Anforderungen an die Diskretion, und dies war auch eine eindeutige Anforderung an die Neugestaltung der Filiale. Vor allem ältere und vermögendere Kunden wünschten sich Diskretion auch bereits bei Standard-Servicegeschäftsfällen. Und genau an dieser Stelle wollte sich die Sparkasse auch klar zu anderen Mitbewerbern differenzieren und neue Wege beschreiten.

Durch die Zusammenarbeit mit dem Beratungshaus 4P Consulting aus Stuttgart ist man auf ein Konzept des österreichischen Partners Raumkonzept plus Graf+Jenewein OG aufmerksam geworden, der unter der Marke Diskret-Banking ein damals noch vollkommen neuartiges Schalterkonzept gezielt bei Banken in Österreich und Südtirol umgesetzt hat.

Nach einer Besichtigungstour in Tirol bei der Raiffeisenbank Längenfeld im Ötztal und der RB Pitztal i. T. konnten sich die Vorstände und Marktverantwortlichen selbst von den Vorzügen dieses neuen Konzepts überzeugen, und so wurde der Entschluss gefasst, als erste Sparkasse in Deutschland Diskret-Banking in der Schalterkonzeption umzusetzen. Ein Entschluss, der sich auch nach fünf Jahren noch als absolut richtig herausgestellt hat.

Die ursprüngliche Konzeption stammt von der Südtiroler Firma Dreika, dem größten Bankenplanungs- und Generalunternehmerbüro Italiens. Diese Art von Schaltern wurde bei den Kunden in Südtirol sehr positiv angenommen, und die Mitarbeiter erreichten wesentlich mehr Beratungs- und Verkaufsgespräche als mit den in Österreich und Deutschland bekannten offenen Systemen. Die Kundenzufriedenheitswerte waren enorm hoch. Jedoch hatte dieses Konzept damals weder einen Namen noch wurde es in der restlichen Bankenwelt besonders beachtet oder ernst genommen.

Andreas Jenewein, CMC, Inhaber und Geschäftsführer der Branch Consult AJC GmbH, arbeitete ab 2001 sehr intensiv mit seinem Partner Leo Graf (Leo Graf GmbH Bankenplanung) an verschiedensten Organisationsentwicklungsprojekten und Geschäftsstellenumbauten mit Raumkonzepten in Südtirol und Österreich. Dabei entwickelten sie gemeinsam die gesammelten Eindrücke aus Südtirol weiter und schufen ein komplettes Raum-Organisations- und Vertriebskonzept unter der geschützten Marke Diskret-Banking, das mit der gemeinsamen Firma Raumkonzept plus europaweit Banken und Sparkassen angeboten wird.

Erste vorsichtige Einsätze erfolgten bei einer Raiffeisenbank in Kärnten. Erst die mutige Entscheidung der Raiffeisenbank Längenfeld im Ötztal i. T. im Jahr 2003, das Konzept ganzheitlich und unter der neuen Marke Diskret-Banking umzusetzen, brachte den Durchbruch auch in Österreich. Seither wurden zahlreiche weitere Projekte mit Banken in Österreich, Deutschland und in der Schweiz realisiert.

Insgesamt dürften derzeit bereits über 500 Bankstellen mit solchen Schaltersystemen ausgestattet sein.

Die Philosophie von Diskret-Banking

Technischer Fortschritt und geänderte Wertvorstellungen an Diskretion und Transparenz sind auch an der Bankenwelt nicht spurlos vorübergegangen. Diskret-Banking verbindet modernste Technik mit personenbezogenen Beratungseinheiten und trägt somit den modernen, gewandelten Kundenbedürfnissen Rechnung. Das Konzept basiert auf der Idee, dass auch im Geschäftsstellenvertrieb - insbesondere im Servicebereich - die alten Werte des Vertrauens und der Diskretion ein wesentlicher Bestandteil in der Kundenbeziehung sind.

Die Sparkasse Gengenbach berücksich tigt diese geänderten Rahmenbedingungen auf der Basis eines Multikanalvertriebskonzeptes, dessen wichtigstes Standbein weiter die Filialpräsenz vor Ort ist. Mit der Einführung des Sparkassen-Diskret-Bankings stärkt die Sparkasse den Vertriebsweg Geschäftsstelle und verfolgt damit bewusst die Strategie hin zum persönlichen Kundenkontakt.

Mit Unterstützung der Unternehmensberatung Branch Consult AJC GmbH (vormals 4P Consulting Österreich) wurde - unter Einbeziehung der Führungskräfte und Mitarbeiter - dieses individuelle Konzept entwickelt und durch Organisationsworkshops, Teambildungsmaßnahmen sowie Trainings begleitet.

Mit dem Architekten Leo Graf aus Pöchlarn in Niederösterreich, der sich auf ästhetische Raumgestaltungskonzepte von Banken spezialisiert hat, wurde nach umfangreicher Planungs- und Konzeptphase das Umbauprojekt in der Rekordzeit von nur vier Monaten umgesetzt. Dabei wurden die Bauausführungen weitestgehend mit örtlichen Handwerkern getätigt, um der Verpflichtung gegenüber den Kunden und der Region gerecht zu werden. Verbindung von Diskretion und Offenheit

Das Sparkassen-Diskret-Banking verbindet die Anforderungen der Diskretion und des Wohlfühlens als wesentliche Elemente räumlich und inhaltlich an den drei wichtigen Positionen SB-Automaten, Serviceberatungsplätze und Beratungsräume. Das neuartige Raumkonzept, das in einzigartiger Weise Diskretion, Offenheit und Transparenz verbindet und bereits mehr fach in Österreich und Italien erfolgreich umgesetzt wurde, bietet eine einladende, freundliche Wohlfühl-Atmosphäre. Unangenehme Schalter- und Kassensituationen durch nachdrängende Kunden gehören der Vergangenheit an. Diskret-Banking bietet den Kunden viel Platz für unkomplizierte, informative Gespräche ohne Bank-schalter-Charakter. Telefonate finden in einem abgeschirmten Backoffice statt, Beratungen in schalldichten Beratungsräumen.

Geschlossener Raum auf Knopfdruck

Bei den Diskret-Banking-Serviceeinheiten handelt es sich um eine Kombination aus Stehdialogpult mit anschließendem Sitzberatungsplatz, ausgestattet mit modernster Technik. Die Entscheidung, ob die Beratung stehend oder sitzend er folgen soll, liegt beim Kunden und/oder Berater.

Die Räume sind durch blick- und schalldichte Glaswände voneinander getrennt. Bei sehr persönlichen Fragen rund um Finanzdienstleistungsangelegenheiten ist ein Höchstmaß an Diskretion möglich. Per Knopfdruck auf den gut sichtbar auf dem Tresen platzierten "Buzzer" schließen sich die Glaswände und einem Gespräch "unter vier Augen" steht nichts mehr im Wege. Diskretion in Reinkultur!

Durch die Integration der modernen und leistungsfähigen Automaten mitten in der Geschäftsstelle haben die Kunden stets die Möglichkeit, bei Bedarf die kompetente Unterstützung der Sparkassen-Finanzberater in Anspruch zu nehmen.

Modernste Technik ermöglicht während den standardisierten Öffnungszeiten bei Bedarf bedienten Bargeldzugriff über integrierte Automaten. Nach Schalterschluss steht dem Kunden ein großzügig gestaltetes SB-Foyer mit Kontoauszugsdrucker, Geldauszahlungsgerät, Münzwechsler sowie Einzahlungs- und Auszahlungsautomaten mit Nachttresoreinzahlungen und SB-Sparbuchsafes zur Verfügung.

An den Automaten wurde mit Versenkung und Trennwänden eine klare Abgrenzung geschaffen, unterstützt durch Bodendisplays, die nachfolgende Kunden von zu wenig Abstand abhalten. Servicekontakte in Beratung wandeln

Die Vorteile für Kunden, Mitarbeiter und Bank liegen deutlich auf der Hand. Den Kunden wird eine wesentlich höhere Diskretion - bewusst auch bei Standardgeschäften - geboten. Zusätzliche Wege vom Service zur Beratung entfallen. Für die Mitarbeiter hat sich als vorteilhaft erwiesen, dass jeder Servicekontakt sofort in eine Beratung gewandelt werden kann - der Kunde "steht" ja bereits im Beratungsbüro. Auch der Mitarbeiter hat keinen "Druck" mehr durch wartende Kunden und kann so leichter Beratungsansprachen umsetzen. Durch die positive Resonanz aus dem Konzept können viele Anspracheanlässe für Beratungen generiert werden. Alle Vorteile der "Betreuten Selbstbedienung" beziehungsweise des Kundenempfanges können selbstverständlich voll identisch umgesetzt werden.

Das platzsparende Konzept "Dialogplatz und Beratung gemeinsam" stellt einen Vorteil für die Banken dar. In Kleingeschäftsstellen kann so auf engem Platz trotzdem absolute Diskretion gewährleistet werden. Es werden weniger EDV-Arbeitsplätze gebraucht und somit können Kosten eingespart werden.

Auch für Kleingeschäftsstellen

Das Konzept des Diskret-Banking sorgt auch für mehr Kunden in der Kundenhalle, vor allem aber in der Beratung. Das Ziel der Erhöhung der Vertriebsergebnisse konnte die Sparkasse Gengenbach in den vergangenen Jahren dauerhaft erreichen. Seit Einführung des Konzepts im Jahr 2006 erhielt die Sparkasse den "1 Voraus"-Award" des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes als beste Ver triebssparkasse in Baden-Württemberg in den Jahren 2007, 2008 und 2009. Maßgebend für den Erfolg sind in vorderster Linie die Mitarbeiter im Diskret-Banking mit ihrem Verhalten und ihrer Kompetenz. Vertrauen, Diskretion, Offenheit und Transparenz ergänzen in Verbindung mit modernster Technik den von den Kunden geschätzten serviceorientierten und ganzheitlichen Vertriebsansatz im Retailgeschäft.

Das Konzept wurde 2007 auch mit einer Preisnominierung zur "Geschäftsstelle des Jahres" bestätigt. Der große Erfolg des neuen Schalterkonzepts bei den Kunden der Hauptstelle führt jetzt dazu, dass die weiteren Filialen in das Sparkassen-Dis-kret-Banking eingebunden werden.

Insgesamt hat sich für die Sparkasse die Entscheidung, gegen den Trend der klassischen Raumkonzepte einen eigenständigen Weg zu gehen, eindeutig bewährt. Die Philosophie, in der Kundenbedienung und -beratung mit Diskretion und Qualität die Kunden zu begeistern, hat sich sowohl in den Vertriebsergebnissen als auch in der Kundenzufriedenheit bestätigt und so eine Differenzierung am Bankenmarkt ermöglicht.

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