Privatkundengeschäft

Genossenschaftsbank 2.0: wettbewerbsfähig durch variable Kosten

Getrieben durch die Folgen der Finanzmarktkrise erhöhte die Regulierung in den vergangenen Jahren die Anforderungen an Banken. Dabei beschränkten sich deutsche und europäische Gesetzgeber nicht nur auf primäre Aspekte des Verbraucherschutzes, sondern regulierten unter anderem auch Eigenkapitalanforderung und Einlagensicherung neu.

Im Ergebnis wurde damit der aus ordnungspolitischer Sicht nachvollziehbare Wunsch, Anlegerschutz in den Fokus der Überwachung von Kreditinstituten der staatlichen Institutionen zu rücken, um den Schutz der Geldanleger zu gewährleis ten, immer weiter gefasst. Beispielsweise wird unter der Überschrift "Anlegerund Verbraucherschutz" in die Preisfindung an Geldautomaten eingegriffen.

Der Druck nimmt zu

Das Ergebnis ist eine Summe zahlreicher neuer Gesetze, Verordnungen und Umsetzungserfordernisse europäischer Leitfäden, die die Banken an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit führen. Dies, in Kombination mit dem aufgrund der Zinsstruktur anhaltend schwierigen Geschäftsumfeld, sind die Herausforderungen einer Genossenschaftsbank.

So zeigt sich, dass ein Großteil der deutschen Genossenschaftsbanken in den kommenden Jahren im Bereich der Zinsspannenentwicklung unter enormen Druck kommen könnte. In allen definierten Szenarien verlieren die Genossenschaftsbanken in den Jahren 2013/2014 in der Zinsspanne Boden. Bleibt man bei der Zukunftsbetrachtung und berücksichtigt neben der Einkommensseite auch die Kos tenseite einer Genossenschaftsbank, so stellen sich zahlreiche Herausforderungen, die in den kommenden Jahren bewältigt werden müssen.

In diesem Kontext muss die Frage diskutiert werden, ob trotz nachhaltigen Zuspruchs zum Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken und des damit verbundenen deutlich steigenden Geschäftsvolumens, Kosteneinsparungsnotwendigkeiten gegeben sind.

So müssen wir davon ausgehen, dass bei allem Zuspruch, die das Geschäftsmodell aktuell erfährt, die bereits heute bekannten demographischen Effekte Volks- und Raiffeisenbanken ganz erheblich in der Kundenstruktur treffen werden.

Ebenso wird der sich zusehends etablierende Vertriebskanal Internet, durch Volks- und Raiffeisenbanken zunehmend professionell besetzt, das traditionelle Geschäftsmodell angreifen.

Geschäftsmodellbelastende Effekte verschärfen sich

Diese geschäftsmodellbelastenden Effekte werden durch nur marginal beeinflussbare Kostensteigerungstrends aufgrund der inflationären Effekte sowie der steigenden Kundenansprüche weiter verschärft. Der Zusammenbruch des gesamten Geschäftsmodells kann durchaus drohen, sofern es nicht gelingt, die sich kompensierenden Effekte im Einklang zu halten und das Geschäftsmodell nachhaltig mit positiven Wachstumsraten zu positionieren. Es erfordert also eine Auseinandersetzung mit den Alleinstellungsmerkmalen einer Genossenschaftsbank, mit denen tatsächlich eine nachhaltige Positionierung im Wettbewerb mit positiven Wachstumsraten gelingen kann.

Alleinstellungsmerkmale einer Genossenschaftsbank: Mitgliedschaft ...

Genossenschaftsbanken beziehen vor allem aus zwei wesentlichen Säulen ihre strategische und damit auch vertriebliche Stärke. Zum einen bildet die Mitgliedschaft ein wesentliches Differenzierungsmerkmal gegenüber allen anderen Anbietern im Markt für Finanzdienstleistungen.

So haben Banken erfolgreich die Mitgliedschaft genutzt, um Geschäftsbeziehungen zu intensivieren, zu aktivieren und in der betriebswirtschaftlichen Durchdringung zu optimieren. Weiter dienen Mehrwertprogramme von Veranstaltungen über Sonderprodukte und Mitgliederzeitungen bis hin zu Mitgliederreisen dazu, die bestehenden Mitglieder besser an die Häuser zu binden.

... und Qualitätsführerschaft

Die zweite wesentliche Säule bildet eine als strategisches Ziel definierte Qualitätsführerschaft, die basierend auf einer Nullfehlermindestqualität und auf einer erlebbaren Erfahrungsqualität beruht. Konzentrierten sich Banken in der Vergangenheit vor allem auf eine Nullfehlerqualität, also die Mindestanforderung, so gelingt es gerade Genossenschaftsbanken zunehmend, Begeisterungsmerkmale im Rahmen des betrieblichen Qualitätsmanagements aufzugreifen.

Zudem gewinnen Auszeichnungen und Zertifizierungen im Rahmen einer konsequenten Verbraucherausrichtung zunehmend an Bedeutung. Die Volksbank Dreieich konnte hierbei bereits zwei wesentliche Zertifizierungen erreichen.

Zum einen gelang es 2008 erstmals, den eigenen Servicebereich für Kunden zu zertifizieren und

zum anderen seit 2011 die eigene Baufinanzierung im Rahmen einer Prozessauditierung ebenso dem Qualitätssiegel des TÜV zu unterwerfen.

Betrachtet man dabei die wesentlichen Qualitätstreiber, so werden diese mit der Zuverlässigkeit der Bank, dem Vertrauen zum Berater, der Beratungskompetenz, der individuellen Freundlichkeit und der Zuverlässigkeit der Automaten beschrieben.

Hier können gerade Genossenschaftsbanken mit ihrer dezentralen Struktur wesentliche Vorteile gegenüber Großbanken und anderen Wettbewerbern erringen. Von besonderer Bedeutung ist dabei das dichte regionale Filialnetz, das flächendeckenden und damit qualitativ hochwertigen Service ermöglicht.

Einzelne Analysen zu Preisschwellen und Preisobergrenzen zeigen, dass Genossenschaftsbanken gerade im lange geschmähten Zahlungsverkehr den gebotenen Service entsprechend fakturieren können und teilweise beträchtliche Preisspielräume nach oben haben.

Zukunftsfähigkeit durch Dezentralität: Kosten variabilisieren

Die Dezentralität zahlreicher regionaler Banken wurde in der Vergangenheit immer wieder als Schwäche beschrieben. Lohnt es nicht vielmehr, einmal die Frage zu beleuchten, wie die Zukunftsfähigkeit gerade durch die Dezentralität erreicht werden kann?

Selbstverständlich kommt hier eine besondere Rolle der Variabilisierung der Kosten zu, da festzustellen ist, dass Banken, denen es gelungen ist die eigenen Produktionskosten zu variabilisieren, auch ihre Gesamtkosten deutlich reduzieren konnten. Strategisch bedeutet dies für die Volksbank Dreieich, dass bis 2014 der Anteil der variablen Kosten an den Gesamtkosten von zehn auf 25 Prozent erhöht werden wird. Im gleichen Zeitraum werden sich dann die Gesamtkosten um 15 Prozent reduzieren können.

Im Wesentlichen dient der Volksbank Dreieich eG als Kostensenkungsansatz dabei die enge Zusammenarbeit mit einem regionalen Servicecenter. Hier gelingt es, dieser und anderer Genossenschaftsbanken Skaleneffekte, die sonst nur durch eine Fusion erreicht werden können, mit den Effekten einer Prozessoptimierung zu verbinden. Durch die gemeinsame Produktion mehrerer Banken, die dabei ihre volle rechtliche Selbstständigkeit behalten, gelingt beides, was wiederum durch variabilisierte Kosten deutlich zu einer Entlastung der beteiligten Institute beiträgt.

Kooperation mit Verbunddienstleistern

Kooperationen mit F-Call und der Fiducia IT AG ermöglichen optimierte Anwendungen und Prozesse, die unmittelbar in den Marktbereichen der Bank gestartet werden und direkt zur Produktion in das regionale Servicecenter geroutet werden. Auch kleinere Partner, wie die Voba Solutions oder die AWADO Deutsche Audit GmbH finden sich im Portfolio der Kooperationspartner.

Insgesamt finden sich mittlerweile 17 Genossenschaftsbanken im Kundenkreis des Regionalen Service-Centers VR-Banken Rhein-Main eG. Diese aggregieren gemeinsam eine Bilanzsumme von rund zwölf Milliarden Euro. Dazu zählen namhafte Banken wie die PSD Bank Hessen Thüringen, die Vereinigte Volksbank Limburg und die Volksbank Modau.

Kosten für Immobilienfinanzierung mehr als halbiert

Betrachtet man noch einmal die Variabilisierung der Kosten genauer, erkennt man, dass bezogen auf Stückzahlen in einem Produkt wie zum Beispiel der privaten Immobilienbaufinanzierung eine Volatilität von bis zu 43 Prozent bestehen kann.

Diese Volatilität fangen alle Kreditinstitute im Wesentlichen durch Fixkosten ab, da sie ihre eigenen Bearbeitungs- und Produktionsressourcen an einem Wert orientieren, der sich in der Regel dem hier beschriebenen Peak nähert.

Durch die Variabilisierung dieser Kosten gelingt es, Kosten ausschließlich dann zu produzieren, wenn entsprechende wertschöpfende Tätigkeiten in Form von Baufinanzierungsanträgen vorliegen. Die Volksbank Dreieich konnte mit dieser Variabilisierung der Kosten beispielsweise den Preis für eine private Immobilienfinanzierung von 2007 bis 2011 von 736 Euro pro Stück auf insgesamt 350 Euro reduzieren.

Diesen enormen Produktionsvorteil kann die Bank in Form von Kosten- oder Preisvorteilen sowie einem verbreiteten Marketing in den Markt abgeben und damit eigene Marktanteile verteidigen und sogar erfolgreich ausbauen - denn nicht nur, dass der hier beschriebene Prozess eine verbesserte Prozessqualität darstellt und die Stückkosten signifikant gesenkt werden, auch die Bearbeitungszeiten verkürzen sich in der Regel dramatisch.

So gelingt es heute den Baufinanzierungsberatern der Volksbank Dreieich, mit vollständigen Unterlagen innerhalb von einer halben Stunde fertig produzierte Kreditverträge an den Kunden weitergeben zu können. Ein Qualitätsmerkmal, das auch der TÜV Saarland in seiner Auditierung als bemerkenswert befand.

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