Titel: Wettbewerb im Retail

Lehre und Forschung Herausforderungen - Ideen - Engagement - Tempo

Wulf von Schimmelmann tritt in den Ruhestand. Das ist nicht nur eine Herausforderung für ihn, sondern auch für diejenigen, die ihn gut kennen. Sich den Ruhestand eines Mannes vorzustellen, der stets aktiv ist, stets neue Ideen entwickelt, der Herausforderung zu seinem Lebenselixier gemacht hat, das bereitet schon Mühe. Zweifellos wäre es zu kurz gedacht, ihm zu unterstellen, er würde nun vor allem der Muße frönen. Er wird sich neue Herausforderungen suchen.

Der Lebensweg von Wulf von Schimmelmann durchläuft rasch zahlreiche Phasen. Nach dem Wehrdienst in einem Fallschirmjägerbataillon studierte er Wirtschaftswissenschaften in Hamburg und Zürich und schloss dieses Studium nach drei Jahren mit der Note "Sehr gut" ab.

Man brauche gewöhnliche Worte und sage ungewöhnliche Dinge

Schon im darauf folgenden Jahr promovierte er in Zürich mit "Summa cum laude". Thema seiner Dissertation war das Sparverhalten der Haushalte. Unter dem Titel "Ein aktivitätsanalytisches Sparmodell" schrieb er eine Arbeit mit quantitativer Ausrichtung. So kann man darin lesen: "Die Spartechnologie ist ein konvexer polyeder Kegel, der seinen Scheitel enthält, spitz ist und echt in einem Teilraum des n-dimensionalen Raumes liegt." Heute würde man von Wulf von Schimmelmann Derartiges sicher nicht hören. Vielleicht hat er sich an Arthur Schopenhauer orientiert, der einmal gesagt hat: "Den deutschen Schriftstellern würde durchgängig die Einsicht zustatten kommen, dass man zwar, womöglich, denken solle wie ein großer Geist, hingegen dieselbe Sprache reden wie jeder andere. Man brauche gewöhnliche Worte und sage ungewöhnliche Dinge."

Heute sagt Wulf von Schimmelmann ungewöhnliche Dinge in gewöhnlichen Worten. Vielleicht hat die quantitative Ausrichtung seiner Dissertation dazu beigetragen, dass auch seine späteren Veröffentlichungen eine wohltuende Klarheit aufweisen.

Vorstandsmitglied mit 31 Jahren

Das Tempo, das Wulf von Schimmelmann an den Tag legt, zeigt sich nicht nur beim Autofahren, sondern auch bei seiner beruflichen Karriere. Bereits 1972 ging er mit 25 Jahren in die Praxis zu Mc-Kinsey und wurde dort mit 30 Jahren Teilhaber und Geschäftsführer. Mit 31 Jahren wechselte er in den Vorstand der Landesgirokasse Stuttgart und war damit eines der jüngsten Vorstandsmitglieder der Bundesrepublik Deutschland. Mit 37 Jahren packte er wieder die Koffer und verlegte seinen Arbeitsplatz nach Frankfurt zur DG Bank.

1991 wurde er Geschäftsinhaber der BHF-Bank, und seit acht Jahren leitet er die Deutsche Postbank. Diese umzubauen war vielleicht die größte Herausforderung in seinem Leben. Über seinen Erfolg bei der Postbank ist viel geschrieben worden. Der überzeugendste Maßstab für seinen Erfolg ist der Börsenkurs der Postbank, der sich seit dem Börsengang im Juni 2004 mehr als verdoppelt hat und damit eine Entwicklung gezeigt hat, die weit über der des Dax liegt.

Eine Karriere, die reibungslos immer bergauf geht, ist vielleicht eine Bilderbuchkarriere, aber sie überzeugt nur zur Hälfte. Viel überzeugender ist sie, wenn es zwischendurch auch einmal zu Schwierigkeiten kommt, die erfolgreich gemeistert werden. Wulf von Schimmelmann beherrscht dieses Meisterhandwerk perfekt. Nur so ist es zu erklären, dass er bei jedem beruflichen Wechsel einen Aufstieg verbuchen konnte.

Erfolgsfaktor Mitarbeiterführung

Fragt man nach den Erfolgsfaktoren, so ist es nach meiner Einschätzung das Zusammenwirken von neuen Ideen, absolutem beruflichem Engagement und Tempo in der Umsetzung. Ohne neue Ideen wäre die Postbank heute nicht eine Großbank, die zum Dax gehört. Die Umsetzung der Ideen hat Wulf von Schimmelmann mit aller Kraft vorangetrieben. Er hat es stets verstanden, sich die besten Mitarbeiter auszusuchen, Aufgaben an diese vertrauensvoll zu delegieren und sich selbst wieder neuen Ideen zuzuwenden. Das alles mit hohem Tempo.

Sein straffes Zeitmanagement ermöglichte ihm nicht nur eine Karriere in der Praxis, sondern auch die Pflege seiner akademischen Seite. So war er zunächst Lehrbeauftragter an der Universität Zürich, dann an der Universität Münster. 1987 stieß er als Lehrbeauftragter zur Universität Konstanz und hielt dort 19 Jahre lang Vorlesungen zum Bankmanagement und zur Bankpolitik. Er hat damit eine stabile Brücke zwischen Theorie und Praxis geschlagen und den Studierenden seine Erfahrungen aus der Bankpraxis hautnah vermittelt.

Trotz beruflicher Belastung - Lehrauftrag stets wahrgenommen

Selbst im Sommer 2004, als der Börsengang der Postbank sehr viel Einsatz und gute Nerven beansprucht hat, hat Wulf von Schimmelmann seine Lehrveranstaltung gehalten. Außerdem hat er intensiv an Vortragsreihen hochrangiger Praxisvertreter an der Universität Konstanz mitgewirkt, in denen es um spannende Themen wie Bankstrategie ging. Darüber hinaus ist er auf wissenschaftlichen Konferenzen als Redner aufgetreten und hat wissenschaftlich publiziert.

In Anerkennung seiner Verdienste hat die Universität Konstanz Wulf von Schimmelmann im Jahre 1989 zum Honorarprofessor ernannt. Im Jahre 2006 erhielt er zum Abschluss seiner Lehrtätigkeit die Ehrendoktorwürde.

"Postbank Award" motiviert Studierende zur Forschung an aktuellen Themen

Seine Verbindung zur Hochschule hat Wulf von Schimmelmann im Jahr 2003 mit einer neuen Idee unterstrichen, der Einrichtung des "Postbank Award". Im Gegensatz zu anderen Preisen werden hier nicht Diplomarbeiten oder Doktorarbeiten honoriert, sondern Studierende von Hochschulen werden aufgefordert, unter der Leitung eines Professors ihrer Hochschule eine Ausarbeitung zu einem aktuellen Thema aus dem Finanzbereich vorzulegen. Das Thema wird jährlich neu festgelegt. Diese Ausarbeitungen werden von einer Jury beurteilt, die drei besten Ausarbeitungen erhalten hochdotierte Preise.

Bei den bisherigen Wettbewerben beteiligten sich im Durchschnitt mehr als 40 Teams. Das ist eine erstaunlich hohe Resonanz, bedenkt man den großen Aufwand, der mit der Erstellung einer gründlichen Arbeit verbunden ist. Offenbar hat Wulf von Schimmelmann auch in diesem Bereich eine wegweisende neue Idee entwickelt.

Kreditwirtschaftliche Ausbildung fördern

Abschließend ist es mir ein besonderes Vergnügen, auf eine weitere Idee hinzuweisen. Anlässlich seines 60. Geburtstages bat Wulf von Schimmelmann nicht um eine karitative Spende, sondern um eine Spende zur Förderung der kreditwirtschaftlichen Ausbildung und Forschung an der Universität Konstanz. Die Resonanz auf diese Bitte war sehr beeindruckend.

So haben wir an der Universität Konstanz nun die Möglichkeit, die Ausbildung der Studierenden durch Einbindung hochkarätiger Praxisvertreter zu fördern sowie die heute unumgängliche Beschaffung von Finanzmarktdaten auf eine breitere Basis zu stellen. Die Universität Konstanz ist Wulf von Schimmelmann hierfür sehr dankbar.

Gespannt bin ich, mit welchen Ideen, welchem Engagement und welchem Tempo Wulf von Schimmelmann die neue Phase seines Lebens gestalten wird. Es wird ein Vergnügen sein, dies miterleben zu dürfen.

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