Technik im Retail

Magellan: Effizienz plus Kundennutzen gleich Qualität

Mit der Übernahme der Postbank leistete die Deutsche Bank einen wichtigen Beitrag zur Angebotsstruktur des deutschen Bankenmarkts. Das Privat- und Geschäftskundengeschäft der Deutschen Bank (Private & Business Clients - PBC) umfasst seitdem drei Propositionen: Das Advisory Banking Deutschland und das Advisory Banking International unter der Hauptmarke Deutsche Bank sowie das Consumer Banking Deutschland unter der Hauptmarke Postbank. Rund 28 Millionen Kunden innerhalb PBC bedeuten: Jetzt hat der Unternehmensbereich die notwendige Größe, um entsprechende Skaleneffekte zu nutzen und in Sachen Effizienz zum europäischen Wettbewerb aufzuschließen.

240 Milliarden Euro an Kundeneinlagen, 130 Milliarden Euro verwaltetes Vermögen, 210 Milliarden Euro Kreditvolumen, etwa 42 000 Mitarbeiter und 2 800 Filialen sind eine kritische Größe, mit der sich neue Wachstums- und Effizienzziele erzielen lassen. PBC ist so eine tragende Säule der Strategie 2015+ des Deutsche Bank Konzerns. Der Bereich Privat- und Geschäftskunden soll binnen der kommenden drei Jahre auf einen Umsatz von mehr als zehn Milliarden Euro wachsen, rund drei Milliarden Euro Ertrag bringen und eine Cost Income Ratio von rund 60 Prozent erzielen. Das Ziel im Markt heißt: Etablierung unter den Top 5 im Einlagengeschäft mit Privatkunden in Europa.

Magellan: Eine Milliarde Euro Investitionen bis 2015

Die Kosten- und Ertragsvorteile liegen für PBC nicht nur in der Kundenberatung, sondern auch im gemeinsamen Backoffice und auf einer gemeinsamen IT-Plattform. Dafür werden im Wesentlichen zwei Hebel genutzt: Erstens wurden Synergien in der Steuerung gehoben und in den Zentralfunktionen Schritt für Schritt ein gemeinsames Management-Team geschaffen, das am Ende das Privat- und Geschäftskundensegment der Deutschen Bank und der Postbank steuert.

Zweitens wird mit "Magellan" eine gemeinsame Service- und IT-Plattform für Deutsche Bank und Postbank gebaut. Alleine hier investiert die Deutsche Bank bis 2015 eine Milliarde Euro. In Zukunft werden für diese Plattform gut 10 000 der insgesamt 42 000 Mitarbeiter arbeiten und beide Marken mit Produkten und Services bedienen. Mit Magellan können schon jetzt jährlich acht Milliarden Transaktionen, 40 Millionen Anrufe in Call-Centern und 32 Millionen Geschäftsvorfälle abgewickelt werden. Letztlich wird hier ein Prinzip im Finanzdienstleistungssektor etabliert, das in anderen Industrien längst gängiges Erfolgsrezept ist: Große Automobilkonzerne etwa setzen seit Jahren auf Plattformen, die Produkte und Services für mehrere Marken zur Verfügung stellen.

Für PBC ergeben sich aus der Anwendung dieses Prinzips zwei zentrale Vorteile:

Erstens verfügt die Bank mit Magellan zukünftig über die modernste IT aller europäischen Banken. Auf diese IT setzen dann nicht nur etwa 2 800 Filialen in Deutschland und Europa auf, sondern auch die Online-Vertriebswege von Deutscher Bank, Postbank und Norisbank.

Zweitens bringt Magellan erhebliche Kostensynergien. Es wird eine dringend notwendige Skalierung erreicht, um die Effizienz von PBC deutlich zu steigern. Diese Effizienzsteigerung im Heimatmarkt wiederum ist die Voraussetzung dafür, um im internationalen Geschäft weiter zu wachsen.

Weniger Fehlerquellen, geringere Kosten, kundenorientierte Produkte

Die Logik der Plattform Magellan ist bestechend einfach: Standardisierte Bauteile und Arbeitsprozesse machen die Produktion schlanker, weniger fehleranfällig und gleichzeitig kostengünstiger. Auf veränderte Marktbedingungen kann PBC fortan schneller und flexibler reagieren. Und auch die Kunden profitieren, denn die Produktpalette wird durch die Plattformstrategie flexibler. Und zwar in einer so hohen Qualität und Verlässlichkeit, die ohne die Plattform nicht realisierbar wäre.

Magellan nutzt die aktuellen technischen Möglichkeiten, um über industrialisierte - das heißt vor allem über skalierbare Prozesse - eine neue Dimension in Kundennutzen und Effizienz zu erreichen. Für den Kunden spielt es dabei keine Rolle, durch welche Tür er seine Bank betritt, denn auf allen Wegen, ganz gleich ob bei der Deutschen Bank oder der Postbank, wird das Service- und Produktversprechen konsistent eingehalten.

Magellan ist das Produkt eines Marken- und bereichsübergreifenden Entwicklungsprozesses innerhalb des Unternehmensbereichs. Die Informationstechnik, das Produkt Management, Einheiten aus dem Advisory und Consumer Banking sowie Teams aus den Serviceeinheiten arbeiten seit vielen Monaten am Aufbau und Betrieb der Plattform. Erster großer Meilenstein war im Juli 2012 der Start des neuen Kernbankensystems, das auf der neuesten SAP x86-Technologie basiert und den Namen "Magellan Core" trägt. Das Prinzip: SAP integriert einzelne Systembausteine, sodass Vertriebsmitarbeiter alle anfallenden Aufgaben ohne ständiges Ein- und Ausloggen in einem Gesamtsystem erledigen können.

SAP als Basis

Magellan Core sorgt für schnelle und effiziente Produkt- und Serviceinnovationen. Mit der SAP-Technologie und einer grundsätzlichen Überarbeitung vor allem der End-to-end-Prozesse konnte die Anzahl der Schnittstellen stark reduziert werden. Damit kann auch die Zeit der Produktentwicklung auf sechs Wochen erheblich verkürzt werden. Ergebnis: Mehr als 28 Millionen Kunden profitieren von schnelleren Produkteinführungen.

Im Bankensektor wegweisend ist auch der zweite Baustein von Magellan, "Magellan Face". Die neue, einfache Benutzeroberfläche für alle Beratungs- und Banking-Aktivitäten, das für Berater oder Kunden sichtbare Frontend. "Magellan Face" führt bereits seit dem ersten Release im Juli 2012 zu deutlich kürzeren Bearbeitungszeiten und einer damit verbundenen Kostenreduktion bei Transaktionen. Die Benutzeroberfläche ist für Kunden (etwa am SB-Automaten oder beim Online-Banking) und Mitarbeiter leicht zu bedienen. Weniger Aufwand für Administration und die 360-Grad-Kundenübersicht verschaffen den Beratern mehr Zeit für individuelle Beratung.

Automobil-Industrie als Vorbild

Um die Effizienz zu erhöhen, benötigen Finanzdienstleister zudem wirtschaftliche und verlässliche End-to-End-Prozesse. Toyota und Volkswagen zeigen, wie es geht: Das auf dem Total-Quality-Management-Ansatz basierende Produktionssystem setzt auf schlanke und optimal ineinandergreifende Prozesse. Diese Systeme gelten weltweit als Benchmark für effiziente und gleichzeitig kundenorientierte Fertigung. Dieser Idee folgt der dritte Baustein von Magellan: "Magellan Flow". Die Berater in den Filialen werden weitestgehend von administrativen Tätigkeiten befreit - unter anderem sollen zahlreiche überflüssige Transaktionsprozesse abgeschafft werden. So wird die Effizienz nachhaltig gesteigert, damit Kunden von einer höheren Verlässlichkeit und Beratungsqualität profitieren können.

Um den Kundennutzen zu erhöhen, braucht es neben optimierten Systemen und Top-Produkten vor allem Services, die sich konsequent an Kundenbedürfnissen ausrichten. Dafür steht der vierte Baustein der Plattform, "Magellan Solutions": ganzheitliche Lösungsansätze, die etwa die Kontoführung oder die Weiterentwicklung von Kreditsystemen umfassen. Flexibel, schnell, zuverlässig ist der Anspruch an "Magellan Solutions" - ob es um Kontoführung, Zahlungsverkehr, Antragsbearbeitungen, Call- Center- oder Kartenservices geht.

PBC Banking Services mit vier Servicebereichen

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, führt die Bank derzeit rund 9 000 Mitarbeiter unterschiedlicher Bereiche von Postbank und Deutscher Bank unter einer Führung zusammen. Die neue Einheit trägt den Namen "PBC Banking Services", seit dem 1. Januar 2013 arbeitet sie. PBC Banking Services ist eine eigenständige Managementeinheit, was die Bedeutung der Bereitstellung von Serviceleistungen für das Geschäft von PBC unterstreicht.

Bislang sind diese Serviceeinheiten von Deutscher Bank und Postbank für "ihre" Vertriebe komplett aufgestellt, abgestimmt auf deren spezifische Bedürfnisse. Nun wird aus beiden eine einzige Servicelandschaft geschaffen, die alle Retail-Propositionen von PBC bedient. Dazu müssen beispielsweise die Kreditbearbeitung bei Postbank und Deutscher Bank, zusammengelegt werden. Diese neue Aufstellung und klare Kostenstrukturen sollen Synergien und Effizienzvorteile bringen.

Das Herz von PBC Banking Services sind vier sogenannte Domains, die den Vertrieben von Postbank und Deutscher Bank alle notwendigen Produkte und Dienstleistungen liefern. Der Bereich "Payments" bearbeitet Euro- und internationale Zahlungsaufträge, Nachforschung, Kontoabstimmung, Logistics und Added allgemeine Serviceleistungen rund ums Konto. Die Domain ist also ganzheitlicher Serviceanbieter für die gesamte Zahlungsverkehrsabwicklung sowohl national als auch global.

"Banking & Cards" bündelt die Geschäftsabwicklung von PBC rund um Konten, Karten und Depots. Das Leistungsspektrum umfasst nahezu den gesamten Kundenlebenszyklus: von Kontoeröffnungen, der Pflege von Partner- und Produktdaten über die Disposition und Bearbeitung von Dispositionskrediten bis hin zur Nachlassbearbeitung. "Lending & Collections" bündelt mandanten- und markenübergreifend die Tätigkeiten für die gesamte Wertschöpfungskette Kredit, von der Kreditentscheidung im standardisierten Geschäft über die Auszahlung, die Bestandsbearbeitung bis hin zur Beleihungswertermittlung.

Die Abwicklung von Krediten und die Verwertung von Sicherheiten sowie die Beitreibung von Forderungen sind weitere Aufgaben. Die Domain "Call Center" schließlich ist der Telefon-Ansprechpartner für Privat- und Geschäftskunden von Deutscher Bank und Postbank. Der Servicebereich ist Spezialist für Direktvertrieb, Vertriebsunterstützung und Kundenservice.

Volle Unterstützung der Advisory und Consumer Bank

Die Strategie und das operative Geschäft der Domain liegen jeweils in der Verantwortung eines Domain-Head. Die Gesamtverantwortung für die Servicebereiche und ihre Koordination liegt beim Head of Services. Alle vier Serviceeinheiten sollen sich voll auf die Unterstützung der Advisory und Consumer Bank konzentrieren. Dafür gibt es in PBC Banking Services einen COO-Bereich, in dem sich alle notwendigen Querschnitts- und Supportfunktionen organisieren. Er umfasst Key Account-, Prozess- und Business-Management, Change & Communications sowie ein Chief Production Office.

Ebenfalls zum COO-Bereich gehört das Projektmanagement der PBC Banking Services. Dort liegt - gemeinsam mit dem Produktmanagement - die Fachkompetenz für die Umsetzung der Projekte für Payments, Banking, Lending, Multichannel sowie Investments. Ein HR Business Partner verantwortet alle Personalthemen. Der COO, zuständig für die strategische Ausrichtung von Plattform und PBC Banking Services, berichtet - gemeinsam mit dem Head of Services - direkt an Christian Ricken, der dem erweiterten Vorstand, dem sogenannten Group Executive Committee der Deutschen Bank angehört.

Umbau und Geschäft laufen parallel

Zwar stehen diese Governance- und Managementstrukturen von PBC Banking Services, doch die vollständige Integration wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Jeder der vier Servicebereiche will aus zwei Welten eine schaffen. 2015 soll das Ziel erreicht sein. Der Prozess beginnt mit einer Analyse, der Identifizierung von Stärken und Schwächen sowie Potenzialen. Anschließend entwickeln die Servicebereiche ein Konzept zur künftigen Aufstellung, dem Leistungsumfang und den Arbeitsprozessen. Schließlich erfolgt die sukzessive Zusammenführung der Einheiten aus Postbank und Deutscher Bank. Dabei werden alle Schritte in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern gegangen. Mit Start der PBC Banking Services nahmen die vier Servicebereiche diese konzeptionelle Arbeit auf, an deren Ende detaillierte Roadmaps bis ins Jahr 2015 stehen.

Diese Veränderungen sind eine Managementaufgabe für sich. Zusätzliche Komplexität erfährt das Projekt, weil es bei laufendem Tagesgeschäft abgearbeitet wird. Die Geschäftsvorgänge in Postbank und Deutscher Bank dürfen nicht gestört werden. Hinzu kommen im Gefolge der Finanzkrise neue Regularien für das Bankengeschäft, die immer wieder neue Arbeits- und Kontrollprozesse verlangen, die erprobt und implementiert werden müssen.

Ein wichtiges Projekt ist Sepa (Single Euro Payments Area), das umfangreiche, neue Regelwerk für den nationalen Zahlungsverkehr. Von den Änderungen durch Sepa sind insbesondere Zahlungsverkehrsprodukte betroffen, etwa die Zahlungen von Löhnen und Gehältern. Außerdem werden Lastschriftmandate, die für Unternehmen bisher ein gängiges Verfahren darstellten, durch Sepa nun deutlich komplexer. Das heißt: Zahlungsverkehrsprodukte müssen angepasst und Prozesse auf Sepa vorbereitet werden. Dafür arbeitet ein komplettes Team eng mit dem Produktmanagement, den IT- und Service-Einheiten zusammen - neben dem Tagesgeschäft und neben der laufenden Integration!

Eindeutige Prinzipien

Damit ein solches Programm gelingt, hat PBC Banking Services eindeutige Prinzipien festgeschrieben. Klare Managementverantwortung soll Komplexität reduzieren und Doppelarbeiten vermeiden. Entsprechend schlank ist die Governance-Struktur der neuen Einheit. Außerdem sollen sich die Servicebereiche zu 100 Prozent auf ihre Leistungen für die Advisory und Consumer Bank konzentrieren können. Alles andere wird vom COO-Bereich erledigt. Entscheidend für das Zusammenwachsen der beiden Häuser sind jedoch der respektvolle Umgang mit der jeweils anderen Kultur und das Entstehen einer gemeinsamen Identität.

Neue Identitäten lassen sich jedoch nicht auf dem Reißbrett entwerfen wie Prozesse und Abläufe. Deshalb ist bereits vor dem Start von PBC Banking Services ein intensiver Dialog- und Kommunikationsprozess mit Führungskräften und Mitarbeitern in Gang gesetzt worden, der nun von Monat zu Monat intensiviert wird. Alle Beteiligten sollen sich kennen- und schätzen lernen, aufeinander zugehen, voneinander lernen und gemeinsam das Beste beider Welten zusammenführen zu einem neuen Ganzen.

Wenn der Zeitplan eingehalten wird, dann steht 2015 mit Magellan die modernste und leistungsstärkste Services- und IT-Plattform für Bankdienstleistungen in Europa. Es wird ein einmaliges Servicemodell sein, skalierbar für 28 Millionen Kunden und ausgelegt für weiteres Wachstum. Magellan macht deutlich, wie viel Potenzial zur Steigerung von Banking-Qualität in den Backoffice-Einheiten steckt. PBC erhöht damit Schnelligkeit und Flexibilität in der Produktentwicklung, schafft mehr Zeit für die Beratung der Kunden und realisiert Synergien.

Im nächsten Schritt soll auch das Europageschäft des Advisory Banking der Deutschen Bank PBC auf die Plattform Magellan aufgeschaltet werden, um somit von den Vorteilen von Magellan zu profitieren. Der Weg bis 2015 ist klar abgesteckt: Auf technologischer Seite steht die weitere Implementierung des Kernbanksystems auf der Agenda. 2014 sollen dann alle zugehörigen Serviceeinheiten mit ihren Mitarbeitern in PBC Banking Services angekommen sein. Weitere Schritte bis 2015 sind die kontinuierliche Prozessoptimierung, Abschalten der Altsysteme, Bereitstellen der gemeinsamen Retail-Plattform und Realisieren der Skaleneffekte. Das Jahr 2015 markiert mit der Umstellung sämtlicher Konten und Geschäftsprozesse von PBC auf Magellan den Abschluss der Transformation. Bis heute ist das Projekt nach Zeit und Budget voll im Plan.

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