Personalpolitik

"Schwackeliste" für den Personalbestand

In der aktuellen Wettbewerbssituation müssen die Kreditinstitute ihre Kosten im Griff haben. Um die Bewertung der Personalausstattung als größten Kostenblock kommt hierbei keine Bank vorbei. Ein gruppenweiter Personalvergleich kann helfen.

Die Mitarbeiter einer Bank vereinigen in sich zwei unterschiedliche Eigenschaften. Zum einen stellen sie den größten Kostenblock dar. Zum anderen sind sie aber auch das quantitative Leistungsvermögen, also die Kapazität, einer Bank. Trotz des technischen Fortschritts und der Produktivitätssteigerungen der vergangenen Jahre kommt ein Dienstleister nicht ohne Mitarbeiter für die manuelle Aufgabenbewältigung aus. Die verfügbare Personalressource beschränkt somit das bewältigbare Geschäftsaufkommen einer Bank. Reicht die zur Verfügung gestellte Personalressource nicht aus, kommt es zu Verzögerungen einhergehend mit langen Durchlaufzeiten, unter denen die Kundenzufriedenheit leiden kann.

Gleichzeitig stellen die Mitarbeiter auch das qualitative Leistungsvermögen dar. Die Übertragung neuer Ideen und Konzepte auf ein Unternehmen ist ohne die Mitarbeiter, in der Regel spezielle Fachkräfte aus den Stabs- und Steuerungsbereichen, nicht denkbar. Die Anpassungsfähigkeit und die Innovationsfähigkeit einer Bank werden im Wesentlichen über die Kapazität und die Qualifikation dieser Personalressource determiniert.

Ziel einer jeden Personalbemessung sollte es sein, eine angemessene Personalausstattung zu ermitteln, die den Kosten- und den Kapazitätsgedanken gerecht wird. Der manchmal in der Praxis anzutreffende, einseitige Blickwinkel auf die Kostenorientierung muss hierfür erweitert werden. Die Bestimmung der adäquaten Personalausstattung gelingt in der Bankpraxis häufig nicht. So lässt sich in Banken die Tendenz beobachten, Personalüberhänge - resultierend aus verschlankten Prozessen oder rückläufigem Geschäft - dauerhaft nicht zu erkennen und beizubehalten. Ebenso kann oft festgestellt werden, dass einzelne Funktionsbereiche einer Bank über zu wenig Personal verfügen. Zur gleichen Zeit weisen andere Funktionsbereiche zu viel Personal auf, ohne dass ein abteilungsübergreifender Personalausgleich herbeigeführt wird.

Weniger aufwendige Methoden oft mit geringer Aussagekraft

Die Gründe für solche Entwicklungen sind vielfältig. Sicherlich liegt es auch daran, dass die Methoden zur Personalbemessung mit genauen und nachvollziehbaren Ergebnissen, wie zum Beispiel die aufgabenbezogene Personalbedarfsplanung, sehr kosten- und zeitaufwendig sind und ein hohes Maß an Fachwissen erfordern. Einfache Methoden der Personalbemessung, wie beispielsweise das technische Leistungsvermögen (beispielsweise Stück pro Tag), sind zwar weniger aufwendig, verfügen aber nur über eine relativ geringe Aussagekraft.

Mit dem neuen gruppenweiten Personalvergleich soll mit überschaubarem Aufwand ein schneller Überblick über eine potentielle Personalüberdeckung beziehungsweise -unterdeckung einzelner Funktionsbereiche erreicht werden. Diese Transparenz soll helfen, dauerhafte Personalüberhänge zulasten der Kosteneffizienz zu vermeiden sowie eine verbesserte Personalallokation in den einzelnen Häusern zu ermöglichen. Zusätzlich kann der Einsatz anderer kostenintensiver Bemessungsmethoden somit wirtschaftlicher erfolgen, da man sich auf die Funktionsbereiche mit hohen Abweichungen beschränken kann.

Datenbasis für den hier vorgestellten Personalvergleich bilden die tatsächlichen Personalbestände von 14 teilnehmenden Banken, unterteilt in 22 banktypische Funktionen. In der Regel stimmen die Funktionen mit den Abteilungen in den Banken überein. Manchmal sind in einer Abteilung mehrere Funktionen untergebracht, zum Beispiel die Funktionen "Marktfolge Personalkredit" und "Marktfolge Baufinanzierung" in einer Abteilung "Marktfolge Aktiv". Die Bilanzsummen der Banken liegen zwischen 380 Millionen Euro und 1 800 Millionen Euro. Damit liegen erhebliche Größenunterschiede zwischen den Häusern vor.

Der neu konzipierte Personalvergleich basiert auf drei aufeinander folgenden Schritten: eine Mittelwertbetrachtung, eine spezielle Quantilermittlung der jeweiligen Funktion und eine Bewertung durch einen Spezialisten. Aus dem Aufbau dieser Methode ergibt sich auch ihr Name: Mittel-wert-Quantil-Personalvergleich oder abgekürzt MQ-Personalvergleich.

Mittelwertberechnung ist alleine unzureichend

Die Mittelwertberechnung ermittelt aus den Personaldaten der beteiligten Banken einen Durchschnittswert für die Personalausstattung. Diese Vorgehensweise vernachlässigt, dass der Personalbedarf sich aus einem konstanten und einem variablen Aufwand zusammensetzt (siehe Abbildung 1). Durch die Durchschnittsrechnung wird der konstante Personalaufwand proportional zur Bankgröße verteilt. Dies führt zu verzerrten Ergebnissen. Tendenziell wird hierdurch bei kleinen Banken der Vergleichsgruppe ein zu geringer Personalbedarf angezeigt, der nicht ausreichen dürfte, auch die größenunabhängigen Aufgaben in Gänze zu erfüllen. Auf der anderen Seite wird bei großen Banken der Vergleichsgruppe ein zu hoher Soll-Personalbedarf ausgewiesen. An dieser Stelle bleibt für die spätere Interpretation festzuhalten, dass ein sinnvoller Personalbedarf bei kleinen Banken höher sein sollte als der Durchschnittswert und bei großen Banken dementsprechend kleiner. Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass die Mittelwertberechnung nur eine unzureichende Aussage zu einer sachgerechten Personalausstattung ermöglicht.

Quantilermittlung relativiert Verzerrungen

Eine besondere Aufwertung erhält der MQ-Personalvergleich über die Quantilermittlung. Sie berücksichtigt die Ausführungsvarianten und relativiert die Verzerrungen aus der erwähnten Durchschnittsproblematik. Wie bei jedem Vergleich muss auch im Rahmen dieses Personalvergleichs der Frage der Gleichartigkeit nachgegangen werden, in diesem Falle der Übereinstimmung der Funktionen zwischen den Banken. Das ist erforderlich, damit nicht "Äpfel mit Birnen verglichen werden". Hierbei stellt man fest, dass gleichlautenden Funktionen, wie beispielsweise Controlling, Organisation oder Marktfolge Aktiv, oftmals ganz unterschiedliche Aufgaben beinhalten. Exemplarisch wird das in Abbildung 2 dargestellt. Der Leistungsumfang der Funktion Organisation der Banken 1 bis 3 setzt sich aus unterschiedlichen Teilleistungen zusammen. Damit ist eine Vergleichbarkeit nur bedingt vorhanden.

Diese differenzierte Zusammensetzung der Leistungspakete einer Funktion wird durch eine unterschiedliche Ausführung der einzelnen Leistungen noch verstärkt. So kann eine bestimmte Leistung einer Funktion unter anderem mit unterschiedlichen Verfahren, unterschiedlichem Detaillierungsgrad und verschiedenartiger DV-Unterstützung in einer Bank ausgeführt werden. Dadurch können Unterschiede in der Marktfolge Aktiv zwischen den Banken unter anderem durch abweichende Kredit-Kompetenzsysteme, Tiefe der Marktbearbeitung und dem Umgang mit risikoarmen Aktivgeschäft entstehen. In Abhängigkeit von der jeweils gewählten Ausführung einer Leistung variiert auch der Personalbedarf. An diesem zweiten Beispiel ist erkennbar, dass die dargestellten Zusammenhänge auch für Markt- und Marktfolgeeinheiten gelten.

Die Auswahl einer Ausführungsvariante erfolgt dabei nicht immer bewusst. Teilweise ergibt sie sich indirekt aus hausinternen Vorgaben, Präferenzen oder Strukturen. Insbesondere in Stabs- und Steuerungsbereichen findet zunehmend eine bewusstere Gestaltung des eigenen Leistungsumfanges statt.

Unterschiedlicher Leistungsumfang der Funktionen

Dieser Sachverhalt wird in der Praxis bestätigt. In unserer Stichprobe weisen die Ränge der Bilanzsummen und der Mitarbeiterausstattung der Banken Abweichungen voneinander auf (siehe Abbildung 3). Beispielsweise hat die nach Bilanzsumme siebtgrößte Bank den elfgrößten Personalbestand. Weitere Rangabweichungen finden sich bei zehn von 14 Banken. Daher muss man bei den Funktionen von einem unterschiedlichen Leistungsumfang beziehungsweise von abweichenden Ausführungen ausgehen.

Der sachgerechte Umgang mit der Ausführungsvielfalt der Funktionen stellt eine besondere Herausforderung beim Personalvergleich dar. Um eine Vergleichbarkeit der Funktionen herbeizuführen, wird von drei unterschiedlich komfortablen Leistungsumfängen der Funktionen ausgegangen: einem kleinen, einem mittleren und einem umfassenden Leistungsumfang einer Funktion. Zusätzlich werden drei Quantile aus dem unteren, dem mittleren und dem oberen Bereich der Spannweite der Personalausstattung einer Funktion ermittelt. Die Quantile stellen den MAK-Wert eines bestimmten Punktes innerhalb der Spannweite dar. Diese Quantile werden anschließend den kategorisierten Leistungsumfang (klein, mittel, groß) zugeordnet. Hierdurch entsteht eine standardisierte Personal-Dimensionierung der Leistungspakete einer Funktion (siehe Abbildung 4). Die Zuordnung einer Bank zu den kategorisierten Leistungspakten ist abhängig von der Personalausstattung der konkreten Funktion und variiert somit in Abhängigkeit der betrachteten Funktion.

Teilergebnisse sind interpretierbar

Als dritter Schritt folgt die Interpretation der Teilergebnisse aus der Mittelwertbetrachtung und der Quantilermittlung durch einen Personalbemessungsspezialisten. Für die Bestimmung des Soll-Personalbedarfs berücksichtigt dieser die Beschränkungen der Mittelwertbetrachtung und achtet dar auf, dass ein sachgerechter Zusammenhang zwischen dem angezeigten Leistungsumfang aus der Quantilermittlung und der Größe der ausgewerteten Bank besteht.

Daneben sollte ein Überblick über in der Bankpraxis realistisch aufzufindende Leistungspakete vorhanden sein. Die Interpretation durch den Spezialisten hat Ähnlichkeit mit der Autowertermittlung mit Hilfe einer sogenannten "Schwacke-liste". Die Teilergebnisse stellen im gewissen Sinne Orientierungsgrößen und eine Spannweite möglicher Personalausstattungen dar. Zur Verdeutlichung soll die Autowertermittlung gedanklich kurz skizziert werden (siehe Abbildung 5). Aus der Schwacke-Liste erhält man den Händler-ankaufpreis (7 850 Euro) und den Händlerverkaufspreis (9 750 Euro). Der Verkaufspreis für einen privaten Verkauf kann den Angaben nicht gleich entnommen werden.

Trotzdem kann festgestellt werden, dass der private Verkaufspreis innerhalb der Spannweite der Händler-Preise liegen muss. Unterstellt man eine gleichmäßige Aufteilung der Händlermarge zwischen privatem Käufer und Verkäufer, müsste sich der private Verkaufspreis aus dem Mittelwert der beiden Händlerpreise (8 800 Euro) ergeben. Auf ähnliche Weise tastet man sich bei der Interpretation der Personaldaten über favorisierte Quantilen und Begrenzungen durch den Mittelwert an einem sinnvollen Soll-Personalbedarf heran. Besonderheiten beim Auto (zum Beispiel Beule, seltenes Modell, überdurchschnittliche Abnutzung) können darüber hinaus zu einer Verschiebung des Preises in Richtung des Händlerankaufspreises oder -verkaufspreises führen. Solche Besonderheiten im übertragenen Sinne muss auch der Spezialist im Rahmen des MQ-Personalvergleichs berücksichtigen.

Personalüberdeckung kann gerechtfertigt sein

Soll-Ist-Abweichungen deuten auf unter- oder überdimensionierte Leistungspakte beziehungsweise auf eine suboptimale Personalausstattung hin. Im Rahmen der ersten Beurteilung des Soll-Personalbedarfs sollten die einleitend erläuterten Eigenschaften der Personalressource mit einbezogen werden. Eine Personalüberdeckung betrifft den Kostenaspekt der Personalressource und sollte grundsätzlich vermieden werden. In seltenen Fällen kann bei Vorliegen einer Personalüberdeckung auch eine besonders mehrwertstiftende Leistung durch die betroffene Funktion erbracht werden und somit in ihrem Umfang berechtigt sein.

Liegt eine Personalunterdeckung vor, muss der Kapazitätsaspekt berücksichtigt und die Abweichung sollte zur Vermeidung von Qualitätseinbußen grundsätzlich ausgeglichen werden. Bei einer unzureichenden Personalausstattung, insbesondere in den Stabs- und Steuerungsbereichen, können wichtige Leistungen nicht beziehungsweise nicht ausreichend erbracht werden. Das kann zu negativen Auswirkungen auf die Anpassungs- und Innovationsfähigkeit einer Bank führen, die sich gegebenenfalls erst mittelfristig zeigen.

Der MQ-Personalvergleich dient als Indikator für eine angemessene Personalausstattung. In ähnlicher Art und Weise, wie der Schwacke-Preis nicht die Begutachtung durch einen Sachverständigen ersetzen kann, können festgestellte Personalabweichungen nicht unreflektiert realisiert werden, sondern sind sinnvollerweise durch weiterführende Detailanalysen zu konkretisieren.

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