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Betriebliche Altersvorsorge: Mittelstand braucht Beratung

Für bAV-Verantwortliche in Unternehmen ist das dritte Quartal 2013 erfreulich ruhig verlaufen, so resümiert Towers Watson. Insgesamt hat sich der Ausfinanzierungsgrad der Pensionsverpflichtungen als Quotient aus Planvermögen und Pensionsverpflichtungen im Jahresverlauf leicht verbessert. Als Planvermögen gelten dabei solche Vermögenswerte, die explizit für die Zahlung von Pensionsverpflichtungen reserviert und insolvenzgeschützt vom Vermögen des Unternehmens getrennt sind.

Bei Unternehmen des Dax100 lag der Ausfinanzierungsgrad Ende des dritten Quartals bei 88,7 Prozent, bei Dax-Unternehmen bei 62,9 und bei MDax-Unternehmen bei 45,0 Prozent. Mit anderen Worten: Gerade mittelständische Unternehmen sind in Sachen bAV trotz einer zuletzt leichten Verbesserung keineswegs optimal aufgestellt.

Kosten für Festzinszusagen um 20 bis 50 Prozent gestiegen

Namentlich Unternehmen, die eine betriebliche Altersvorsorge im Rahmen einer "unmittelbaren Versorgungszusage" durchführen, sehen die betrieblichen Vorsorgesysteme mit wachsender Besorgnis. Denn sie müssen davon ausgehen, in den kommenden Geschäftsjahren außerordentliche Erhöhungen ihrer Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz verkraften zu müssen. Dieser Anstieg kann bis zu 35 Prozent betragen, so die Longial GmbH, Düsseldorf. In einer Umfrage von Towers Watson beklagten 60 Prozent der Unternehmen, dass die Niedrigzinsphase die Kosten für Festzinszusagen um 20 bis 50 Prozent erhöhe.

Dass der den Rückstellungen zugrunde liegende Rechnungszins, der sich an der Umlaufrendite von Anleihen guter Bonität orientiert, im Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben ist, ist dabei kein nennenswerter Trost. Schließlich liegt er damit immer noch um 2,5 Prozentpunkte niedriger als vor fünf Jahren.

Unter dem Strich sorgt also das Niedrigzinsumfeld dafür, dass Pensionsverpflichtungen mit einem derzeit schnell steigenden Wert in den Bilanzen zu erfassen sind, während die Pensionsvermögen nur langsam wachsen. Im Extremfall könnte Unternehmen mit dünner Eigenkapitaldecke aufgrund von Direktzusagen die Gefahr der Überschuldung drohen.

Grund zur Panik besteht vermutlich derzeit dennoch nicht. Denn bei so langfristig laufenden Verpflichtungen wie Betriebsrenten steht den Unternehmen ein sehr langfristiger Anlagehorizont zur Verfügung, um die gewünschte Zielrendite auf die Pensionsvermögen zu erwirtschaften. Das momentane Zinsniveau allein ist also nicht unbedingt ein Grund zur Sorge. Gerade bei mittelständischen Unternehmen dürfte hier gleichwohl ein beträchtlicher Beratungsbedarf hinsichtlich der Handlungsoptionen bestehen.

Belastungen durch Finanztransaktionssteuer

Das gilt nicht zuletzt im Hinblick auf die geplante Finanztransaktionssteuer. Die dadurch zu erwartenden Mehrkosten für die bAV könnten sich laut Towers Watson in der Summe auf etwa 600 Millionen bis eine Milliarde Euro pro Jahr summieren - und damit deutlich höher ausfallen, als Unternehmen es heute eingeplant haben. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass auch neuere Pensionszusagen, die eher auf eine kapitalmarktnahe Verzinsung als auf Festzinsmodelle abstellen und damit gegen Niedrigzinsphasen gleichsam "immunisiert" sind, von diesen Belastungen betroffen werden.

Zum Auslaufmodell werden dürfte die bAV trotz all dieser Schwierigkeiten nicht. Denn vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung haben Unternehmen erkannt, dass entsprechende Arbeitgeberleistungen auch die Attraktivität für potenzielle Fachkräfte erhöhen. Es geht also weniger darum, sich von der betrieblichen Altersvorsorge zu verabschieden, als darum, sie auf zukunftssichere Füße zu stellen.

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