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BGH-Urteil - Keine Gebühren ohne Kundennutzen

Sollten Finanzdienstleister nach dem Urteil des Bundesgerichtshofts über die Zulässigkeit von Abschlussgebühren für Bausparverträge (siehe bank und markt 1/2011, Seite 9) auf eine Trendwende in der Rechtsprechung zugunsten der Anbieter gehofft haben, wurden sie jetzt eines Besseren belehrt. Denn am 7. Juni hat der Bundesgerichtshof wieder einmal ein Urteil zu den Gebühren von Finanzdienstleistern im Sinne der Verbraucherschützer gefällt.

Unter dem Aktenzeichen XI ZR 388/10 entschied der XI. Zivilsenat des BGH, dass eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen über die Zahlung einer monatlichen Gebühr für die Führung eines Darlehenskontos unwirksam ist. Damit gaben die Bundesrichter abweichend von den beiden Vorinstanzen einer Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen recht. Stellvertretend für die Branche verklagt worden war das Internationale Bankhaus Bodensee AG.

Die Begründung: Bei der strittigen Gebührenklausel handelt es sich nicht um eine nach § 307 Absatz 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle von vornherein entzogene Preisklausel. Denn eine solche liegt nur dann vor, wenn es sich um den Preis für eine angebotene Leistung handelt. Der Kontoführungsgebühr für das Darlehenskonto steht aber nach Auffassung der Richter keine vertragliche Gegenleistung oder Sonderleistung der Bank gegenüber. Vielmehr diene das Darlehenskonto ausschließlich eigenen buchhalterischen beziehungsweise Abrechnungszwecken des Anbieters. Die gerichtliche Inhaltskontrolle, so der BGH, ist damit zulässig.

Und eben dieser Inhaltskontrolle hält die Klausel nicht stand. Denn während die Bundesrichter bei den Abschlussgebühren für Bausparverträge zu dem Schluss kamen, dass die damit finanzierte Werbung neuer Kunden letztlich dem Bausparkollektiv zugrunde komme, fehlt es bei den Gebühren für Darlehenskonten an einem Nutzen für den Kunden. Klauseln aber, mit denen Kreditinstitute Entgelte für Tätigkeiten erheben, die nur im eigenen Interesse erbracht werden, sind gemäß der ständigen Rechtsprechung des obersten Gerichts unwirksam, weil sie den Kunden unangemessen benachteiligen. Diesem Grundsatz zufolge wurden etwa auch Entgelte für Rücklastschriften (Aktenzeichen Xa ZR 40/80) gekippt.

Die Verbraucherschützer reagieren auf das Urteil verständlicherweise mit Genugtuung - wenn auch noch offen ist, wann die Verjährungsfrist beginnt, wer also gezahlte Gebühren zurückverlangen kann. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW beginnt die dreijährige Frist erst mit Beendigung des Darlehensverhältnisses. Dann könnten alle Kunden, deren Darlehensverhältnis 2008 oder später beendet wurde, entsprechende Gebühren zurückverlangen, gleich ob es sich nun um einen Konsumentenkredit oder um eine Immobilienfinanzierung handelt. Der konkrete Nutzen für die Kunden ist freilich noch in anderer Hinsicht zweifelhaft. Billiger wird es für den Kunden dadurch wohl kaum. Angesichts des harten Preiswettbewerbs werden die Anbieter die entsprechenden Beträge vermutlich in den Zinssatz mit einkalkulieren. Das mag bei den vergleichsweise wenig komplexen Konsumentenkreditverträgen die Vergleichbarkeit der Angebote durchaus verbessern. Bei anderen Krediten aber hält sich der Fortschritt in Sachen Transparenz vermutlich in Grenzen. So ist etwa bei den Bausparkassen die Bandbreite der Varianten in den Verträgen so groß, dass der Wegfall einer einzelnen Gebühr kaum ins Gewicht fällt. Langfristig könnte das Bemühen der Verbraucherschützer, einzelne Gebührenkomponenten der Finanzdienstleister gerichtlich verbieten zu lassen, vielleicht doch einen positiven Effekt haben. Denn nach dem Fingerzeig der Bundesrichter, dass all diejenigen Entgelte, denen kein Kundennutzen gegenübersteht, der Inhaltskontrolle nicht standhalten werden, dürfte die Branche so noch nicht geschehen - daran gehen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf solche Klauseln hin zu durchforsten und ihre Konditionen anfechtungssicher zu kalkulieren. Die daraus resultierende Lichtung des Gebührendschungels kann dem Bemühen der Branche um das Vertrauen des Kunden nur dienlich sein. sb

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