Banken und Medien

Change-Kommunikation für Regionalbanken

Die deutschen Banken befinden sich in einem Dilemma. So kommt das New Yorker Reputation Institute in seiner jährlichen Studie "Reptrak Pulse", in der das Ansehen der deutschen Dax-30-Unternehmen untersucht wird, zu folgendem Ergebnis: Deutsche Bank und Commerzbank haben das geringste Ansehen, nur die Atomstromproduzenten Eon und RWE sind ähnlich schlecht positioniert.1) Sparkassen und Volksbanken schneiden im Branchenvergleich noch mit am besten ab, aber auch ihr Ansehen ist in letzter Zeit deutlich gesunken.2)

Banken und Regionalbanken haben aber nicht nur ein Imageproblem. Der zunehmende Einsatz von modernen Kommunikations- und Netzwerktechnologien verändert nicht nur den sozialen und wirtschaftlichen Alltag, sondern auch das Verhalten der Kunden ihrer Bank gegenüber. Ihr teures Filialnetz wird von den Kunden immer weniger genutzt, und auch die ebenso teuren Selbstbedienungsgeräte rentieren sich angesichts der Konkurrenz von Internetkäufen und Bargeldauszahlungen im Supermarkt immer weniger. Nach den Projekterfahrungen der auf Finanzdienstleister spezialisierten Schweizer Unternehmensberatung Confidum werden nur noch fünf bis acht Prozent aller Transaktionen der Kunden im persönlichen Kontakt in der Filiale abgewickelt. 2012 lagen die Vergleichswerte um 20 Prozent unter denen von 2010, was die Dynamik der Entwicklung allein in den vergangenen zwei Jahren zeigt.

Insbesondere die Regionalbanken sind betroffen. Mit den aktuell verwendeten Multikanalsystemen besitzen die Sparkassen und VR-Banken heute schon das Erfolgsmodell für die Zukunft. Aber eines ist auch klar: Das kostenintensive Filialnetz ist auf Dauer in strukturschwachen oder ländlichen Regionen nicht mehr in der heutigen Dichte zu finanzieren. Der demografische Wandel in Deutschland, der insbesondere in den neuen Bundesländern für einen Bevölkerungsschwund und eine Abwanderung in Ballungsräume sorgt, gepaart mit der zunehmenden Bedeutung von Online-Banking macht eine strategische Neuausrichtung des bisherigen Geschäftsmodells notwendig.

Anpassung der Geschäftsmodelle

Confidum hat in ihrem Thesenpapier "Die Zukunft der Regionalbanken" errechnet, dass die deutschen Regionalbanken bis 2025 rund 40 Prozent der vorhandenen Standorte schließen und die Mitarbeiterzahl um rund ein Viertel reduzieren müssen, wenn sie langfristig wettbewerbsfähig bleiben wollen. In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet dies einen Verlust von rund 12 000 Standorten und rund 100 000 Arbeitsplätzen.3)

Mehr und mehr Regionalbanken erkennen die Zeichen der Zeit und beginnen, ihre Geschäftsmodelle an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Parallel zu der Zusammenlegung von Filialen und SB-Stationen und dem Herunterfahren von Personalkapazitäten bedeutet dies auch einen gezielten Ausbau der Servicefunktionen für die Kunden. Neben verbesserten Online-Angeboten zählen dazu beispielsweise auch individuelle Beratungsangebote bei den Kunden zu Hause.

Gerade für Regionalbanken, die eng mit der regionalen Wirtschaft und Politik verbunden sind und die auf langjährige Kundenbeziehungen bauen können, ist eine solche Neuausrichtung besonders erfolgreich zu gestalten, wenn von Anfang an eine strategische Kommunikationsarbeit die geplanten Veränderungen begleitet.

Fünf Regeln für eine erfolgreiche Kommunikation

Bei der Kommunikation gilt der Grundsatz: je früher desto besser. Institute, die das Thema Kommunikation frühzeitig in ihre strategischen Planungen integrieren, tun sich erfahrungsgemäß leichter als jene, die erst in letzter Sekunde oder gar erst auf öffentlichen Druck hin eine aktive Kommunikation mit den unterschiedlichen Zielgruppen starten.

Ein weiterer Grundsatz lautet: Eine Veränderung oder gar eine Krise beinhaltet immer auch die Chance, gestärkt aus ihr hervorzugehen. Entscheidend für erfolgreiche Change-Kommunikation ist, dass Kommunikationsverantwortliche der Krise den Beigeschmack der Katastrophe nehmen. Natürlich ist die Zusammenlegung von Filialen für die betroffenen Kunden ein Einschnitt. Umso wichtiger ist es, Alternativen aufzuzeigen. Rund-um-die-Uhr-Service im Internet, mobile Beratungsstationen oder persönliche Hausbesuche durch Mitarbeiter der Bank können sinnvolle Instrumente sein. Wenn es gelingt, diese Angebote herauszustellen, lassen sich daraus kommunikative Erfolgsgeschichten stricken.

Regel Nummer drei: Der frühzeitige Aufbau und die Pflege eines Beziehungsnetzwerks zu allen wesentlichen Entscheidungsträgern - seien es Verwaltungsratsmitglieder, Politiker, Gewerkschaftsvertreter, Interessensverbände oder die Medien - sind wichtig, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, das im Ernstfall belastungsfähig ist. Hier sind nicht nur der Pressesprecher, sondern auch Führungskräfte und vor allem das Top-Management gefordert. Gerade sie können im Vorfeld einer Veränderung vertrauensvolle Beziehungen aufbauen, die nicht bei der ersten Belastung zerreißen. Kurzum: Erfolgreiche Change-Kommunikation ist vorausschauend angelegt, hat viel mit persönlicher Reputation zu tun und ist vor allem eine Aufgabe des Managements. Dabei ist aber die Asymmetrie der Kommunikation zu berücksichtigen: Was Betriebsräte, Mitarbeiter oder Kunden in ihrer Kommunikation dürfen, beispielsweise sich bewusst emotional zu äußern, dürfen Vorstände und Führungskräfte von Sparkassen oder Volksbanken noch lange nicht.

Regel Nummer vier: Ohne Handwerkszeug geht es nicht. Das beste Konzept nützt nichts, wenn es an der Umsetzung mangelt. Ein aktueller Presseverteiler ist in der Krise Gold wert. Fehlt er, wird es schwierig. Handschriftliche Overheadfolien auf der Betriebsversammlung sind bestenfalls originell, professionelle Vorbereitung sieht anders aus.

Last but not least: Ehrlich währt am längsten. Glaubwürdigkeit ist gerade im Fall einer Veränderungskommunikation von herausragender Bedeutung. Die "Salamitaktik", also scheibchenweise mit unangenehmen Fakten vor die Mitarbeiter oder an die Öffentlichkeit zu treten, führt mit Sicherheit zu einem massiven Vertrauensverlust. Grundsätzlich gilt: alle Informationen so umfassend wie nötig und so frühzeitig wie möglich.

Freund oder Feind?

Bei jeder Veränderung gibt es Verlierer, aber auch mögliche Verbündete. Die Kunst besteht darin, eine detaillierte Stakeholder-Analyse an den Anfang der Kommunikationsplanung zu stellen. Dieses Modell, das die unterschiedlichen Stakeholder in vier Hauptgruppen unterteilt, hat sich auch bei der Wartburg-Sparkasse als zielführend erwiesen.

Bei den Befürwortern eines Veränderungsprozesses geht es zunächst darum, diese überhaupt zu identifizieren und im weiteren Verlauf des Prozesses als Verbündete zu nutzen. In der Regel gibt es mehr Verbündete, als man im ersten Moment glaubt. Im Fall der Wartburg-Sparkasse hatten sich zum Beispiel Mitglieder des Verwaltungsrats frühzeitig bereit erklärt, den Veränderungsprozess aktiv zu unterstützen. So nahmen auch der Landrat und die Oberbürgermeisterin an der Pressekonferenz der Sparkasse teil, auf der die geplanten Veränderungen erstmalig extern kommuniziert wurden. Dabei wurde unter anderem bekannt gegeben, dass die Wartburg-Sparkasse fünf Filialen mit anderen Filialen zusammenlegt und fünf Filialen in Selbstbedienungsstandorte umwandelt. Gleichzeitig wurde der Ausbau der Online-Angebote im Detail vorgestellt. Solche öffentlichen Fürsprecher sind ungemein wertvoll, weil sie in der Öffentlichkeit in der Regel über eine große Glaubwürdigkeit verfügen.

Die zweite Gruppe sind die sogenannten Besorgten, also Personen oder Institutionen, die konkrete Nachteile aufgrund der geplanten Veränderungen vermuten, ohne alle Fakten zu kennen. Bei dieser Gruppe ist es in der Regel möglich, Bedenken über gezielte Informationen zu zerstreuen und sie im Idealfall zu Befürwortern des Veränderungsprozesses zu machen. Der Seniorenbeirat der Stadt Bad Salzungen konnte beispielsweise durch eine gezielte Vor-Ort-Veranstaltung mit dem Vorstand der Sparkasse gesondert informiert werden.

Die Gruppe der Betroffenen ist von der Neuausrichtung dagegen objektiv negativ betroffen, beispielsweise durch Sorge um den Arbeitsplatz oder längere Anfahrtswege zu den Filialen. Bei dieser Gruppe geht es darum, soweit wie möglich für Ausgleiche zu sorgen, also die erwähnten verbesserten Online-Angebote oder eine persönliche Beratung außerhalb der Filialräume anzubieten und aktiv zu kommunizieren. Anders verhält es sich mit den sogenannten Blockierern. Mitglieder dieser Gruppe verfolgen eigene, persönliche Ziele und sind Sachargumenten gegenüber verschlossen. Wenn solche Einzelpersonen identifiziert sind, sollte man in der Kommunikationsarbeit versuchen, diese möglichst zu isolieren.

Diese Einteilung der relevanten Stakeholder in vier Gruppen ist in der Realität natürlich nicht immer so trennscharf zu leisten. Vielfach sind die Übergänge fließend, auch kann es "Wanderungen" innerhalb der vier Felder geben. Die Einteilung in vier Hauptgruppen hat aber den Vorteil, den Kommunikationsprozess klarer strukturieren zu können und den Kommunikationsfahrplan zielgerichteter auszurichten.

Dieser Kommunikationsfahrplan sollte im Übrigen nicht nur die einzelnen Maßnahmen und Verantwortlichkeiten, sondern auch das exakte Timing beinhalten. Außerdem haben sich Frage- und-Antwort-Kataloge bewährt, die sicherstellen, dass Fakten und Botschaften einheitlich sind und das Unternehmen mit einer Stimme nach außen wie nach innen spricht.

Auch telefonische Info-Hotlines sind insbesondere in der Anfangsphase der Kommunikation von Kunden gern genutzte Kanäle, um sich zu informieren. Wichtig ist dabei, dass die Ansprechpartner der Bank auch über die notwendigen Detailinformationen verfügen. Von daher macht es Sinn, eigene, speziell geschulte Mitarbeiter für diese Aufgabe zu nehmen.

Klassische Pressearbeit weiterhin wichtig

Auch in Zeiten von Web 2.0 kommt der klassischen Pressearbeit nach wie vor eine große Bedeutung zu, zumal es sich bei den Ansprechpartnern der Regionalbanken überwiegend um Journalisten aus den jeweiligen Lokalredaktionen handelt, also nicht um Online-Redakteure überregionaler Medien und Portale. Wenn es bei dieser Gruppe gelingt, die positiven Aspekte der geplanten Neuausrichtung deutlich zu machen, hat dies einen starken Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung.

Ein gutes Beispiel für einen aus Sicht der Bank gelungenen Transfer ist beispielsweise der Kommentar in der Sächsischen Zeitung zu den geplanten Filialschließungen der Volksbank Bautzen: "Ein dichtes Filialnetz - das klingt zwar nach Service. Doch wenn der Kunde längst auf anderem Wege zur Bank findet, dann steht dieser Service letztlich nur auf dem Papier. Die Entscheidung der Volksbank, drei Zweigstellen zu schließen, ist daher nachvollziehbar. Mehr noch: Sie ist sogar überlebensnotwendig. Denn Geld, das in den Filialen steckt, fehlt zugleich bei der Entwicklung des digitalen Geschäfts."6) Ungeachtet dessen sollten sich die Kommunikationsverantwortlichen bei den Regionalbanken frühzeitig ihre Strategie in puncto Web 2.0 überlegen. Viele Institute verfügen heute noch über keinen eigenen Auftritt bei Facebook und Co. und wenn doch, wird dieser Kanal in erster Linie unter Marketinggesichtspunkten bespielt. Im Fall einer Veränderungskommunikation kann sich aber im Web schnell ein regionaler Shitstorm entwickeln. Hier heißt es sorgfältig zu beobachten und gegebenenfalls kurzfristig gegenzusteuern.

Timing entscheidend

Ein Wort noch zum Timing: Wer ist wann über die anstehende Veränderung zu informieren? Wer kann frühzeitig ins Vertrauen gezogen werden und wer nicht? Welche Führungskräfte sollten frühzeitig involviert werden, wer ist im Umfeld gegebenenfalls vorab zu informieren? Diese Gratwanderung ist schwierig und muss immer wieder im Einzelfall abgewogen werden. Bewährt hat sich, die Gremienvertreter sehr frühzeitig zu involvieren. Aber auch die übrigen politischen Entscheidungsträger sowie wesentliche Meinungsmultiplikatoren und natürlich auch die Mitarbeiter sollten so rechtzeitig informiert sein, dass sie die Neuigkeiten nicht aus der Presse erfahren müssen, sondern vor der breiten Öffentlichkeit ins Bild gesetzt sind.

Und: Die direkte Kommunikation - sei es mit Kunden, Mitarbeitern oder Entscheidungsträgern - ist gerade in der Anfangsphase des Veränderungsprozesses entscheidend. Es gilt: Lieber ein Gespräch oder ein Telefonat zu viel als eins zu wenig.

Anmerkungen

1) Quelle: Reputation Institute, Reputation Report on Germany, Dax Stock Market Index, May 2013.

2) Quelle: Reputation Institute, The German RepTrak Pulse, 2012, Dax-30 Companies und Selected Financial Service Providers, May 2012.

3) Confidum Financial Management Consultants, Thesenpapier "Privatkundengeschäft 2025: Die Zukunft der Regionalbanken", März 2012.

4) Quelle: "Marktstudie ausgewählter Regionalbanken" Confidum Financial Management Consultants, Oktober 2012.

5) Workshop Change-Kommunikation bei der Wartburg-Sparkasse in Eisenach, Präsentation der Marc Cyrus Vogel Kommunikationsberatung, April 2013.

6) Kommentar "Abstimmung mit den Füßen" von Ulli Schönbach. Sächsische Zeitung vom 3. Dezember 2012.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X