Multikanalstrategien

Direktbanken und Social Media: Neue Chancen in der Kundenbindung

Das Engagement in den sozialen Medien bietet Direktbanken die Möglichkeit, die Anonymität gegenüber dem Kunden zu überwinden. Speziell für sie ist das Web 2.0 deshalb mit besonderen Chancen verbunden. Ein echtes Social-Media-Geschäftsmodell hat zwar auch die Netbank noch nicht gefunden. Doch auch ohne die sozialen Medien als Absatzkanal zu nutzen, sieht sie gute Chancen, durch Abbildung der Unternehmenskultur potenzielle Kunden zu überzeugen. Deshalb rät Peer Michael Teske allen Kreditinstituten, ihre Zurückhaltung beim Thema aufzugeben. Red.25 Millionen Facebook-Profile und eine Million Google-Nutzer nach nur vier Wochen in Deutschland lassen keinen Zweifel - Social Media ist kein temporäres Phänomen. Ganz im Gegenteil: Das Web 2.0 ist bereits fest im täglichen Leben der Verbraucher verankert. Soziale Netzwerke, Bewertungsplattformen, Ratgeber-Communitys verändern dabei das Konsumentenverhalten und die Erwartungshaltung der Menschen radikal. Das gilt generell für die Bankenbranche, im Besonderen aber für die Direktbanken. Der aktive Onliner zeichnet sich durch ein enorm selbstbestimmtes Handeln aus: Er informiert sich im Internet über Produkte, bezieht Erfahrungsberichte anderer User mit in seine Kaufentscheidung ein und will zudem bei Fragen schnell und direkt in den persönlichen Dialog mit Anbietern treten können. Ein Social-Media-Angebot ist für ihn bereits heute ein gelernter Kommunikationskanal und diesen erwartet er von seiner Bank. Das birgt Herausforderungen für die Branche, aber auch enorme Potenziale. Anonymität überwinden und Vertrauen gewinnen Durch die nahezu ausschließliche Kommunikation mit dem Kunden über digitale Kanäle bleiben Direktbanken relativ anonym. Während der Filialbankkunde seinen Berater persönlich kennt und vielleicht sogar beim Einkauf im Supermarkt trifft, kontaktiert der Onlinekunde seine Direktbank per E-Mail oder über das Call-Center. Da Onlinebanken keine Filialen eröffnen wollen und können, sind gerade die sozialen Medieneine sehr gute Option, diese Anonymität zu überwinden. Über einen Twitter-Kanal oder eine Face-book-Fanpage - wie bei der Netbank seit Anfang 2009 - können auch Online-Unternehmen sich ein Gesicht geben und damit persönlichere Kundenbeziehungen aufbauen. Unsere wichtigste Erfahrung dabei: Die User im Social Web wollen auf keinen Fall als anonyme Gruppe angesprochen werden, vielleicht sogar noch mit vorgefertigten Textbausteinen. Ganz im Gegenteil, hier ist eine ehrliche, authentische, einbindende und weniger formelle Kommunikation gefragt. Nur das ermöglicht die Basis für Vertrauen und entfaltet damit letztendlich ein stärkeres Kundenbindungspotenzial. Unzufriedenheit erkennen und rechtzeitig gegensteuern Im sogenannten Mitmach-Web kann jeder seine Meinung - ob zu Unternehmen oder Produkten, ob positiv oder negativ - zu jeder Zeit und für jedermann sichtbar äußern. Diese Möglichkeit wird von immer mehr Verbrauchern auf Portalen wie ciao.de, gutefrage.net oder dooyoo.de wahrgenommen. Sich auf diesen Trend nicht einzustellen, ist für zukunftsorientierte Unternehmen nahezu fahrlässig. Unzufriedene Kunden finden auf jeden Fall einen Weg, um sich Luft zu verschaffen. Unternehmen können sich davor nicht verstecken. Aber nur mit einem eigenen Kommunikationsangebot kann gegengesteuert werden. Entsprechend sollten eigene Plattformen wie ein Forum, ein Blog oder eine Face-book-Seite für den Austausch von Kunden und Interessierten geschaffen werden. Die Verbraucher wenden sich dann oft mit kritischen Stimmen oder Nachfragen direkt an das Unternehmen. Auf ihrer Facebook-Fanpage erlebt die Netbank dies mehrfach im Monat. Allerdings profitiert sie dann gleich in zweierlei Weise: Zum einen können wir direkt deeskalierend eingreifen und helfen. Und zum anderen ein Effekt, der immer öfter zu beobachten ist - springen der Bank andere Kunden zur Seite, die sich ebenfalls unterstützend beteiligen. Das ist Beschwerdemanagement 2.0. Kunden als Fürsprecher gewinnen Der Betrieb einer eigenen Plattform im Social Web bietet nicht nur die Möglichkeit, eventuelle Kritik bestmöglich zu managen. Vielmehr bietet ein entsprechendes Angebot auch Platz für Lob. Und auch das ist zunehmend zu beobachten: Der selbstbestimmte, mündige Onliner spart nicht nur mit Kritik, sondern äußert im Vergleich zur weiteren Kundenbasis deutlich aktiver seine positive Meinung. Und was soll einem Unternehmen Besseres passieren, als den eigenen Kunden als Fürsprecher zu gewinnen?! Schließlich informiert sich der potenzielle neue Kunde heutzutage im Vorfeld eines Produktabschlusses zunehmend auch über die sozialen Medien. Eine Facebook-Seite, auf der Lob von bestehenden Kunden zu finden ist und zusätzlich auch noch beurteilt werden kann, dass der Anbieter äußerst offen und konstruktiv auf Kritik reagiert, kann im Abschlussprozess der entscheidende Verstärker sein. Allerdings: So groß und vielfältig das Potenzial des Social Web auch sein mag, es gibt einige Spielregeln zu beachten. Dieser neue Weg in der Kommunikation will sorgfältig vorbereitet sein, um erfolgreich beschritten zu werden. Um dies zu gewährleisten, sollten die folgenden fünf Punkte beachtet werden. Ein Monitoring ist unerlässlich Selbst für Anbieter, die (noch) nicht aktiv im Web eingreifen wollen, ist ein Social-Media-Monitoring das absolute Minimum an Aktivität: Nur dies gewährleistet den ständigen Überblick über die Beiträge und Dialoge rund um das eigene Unternehmen und dessen Produkte. Dieser kontinuier liche Prozess kann in unterschiedlicher Intensität betrieben werden. Nicht jedes Unternehmen kann und muss direkt für einige Hundert oder Tausend Euro pro Monat einen Monitoring-Anbieter beauftragen. Über Alertfunktionen und hinterlegbare Suchprofile in den gewählten Umfeldern ist bereits ein vernünftiges Grundmonitoring leistbar. Dieses dient dann als Frühwarnsystem, um aufziehende Kritik oder sogar Krisen frühzeitig auffangen zu können. Die Netbank beispielsweise geht auf Kunden, die sich im Netz über sie beschweren, in der Regel aktiv mit einem Hilfsangebot zu. Im Idealfall breitet sich das Thema nicht zu weit aus und zudem sieht die Community das Engagement. Und wer bereits im Social Web aktiv ist, benötigt das Monitoring, um die eigenen Anstrengungen regelmäßig zu überprüfen und immer wieder aktuell auszurichten. Neben der Identifikation und Reaktion auf kritische Stimmen ist ein Monitoring zugleich jedoch auch die nötige Basis für die richtige Strategie. Ohne Strategie kein Erfolg Was und wen will ich eigentlich erreichen? Welche Erwartungen hat meine Zielgruppe? Wo im Netz finde ich meine potenziellen Kunden? Viele vernachlässigen die Beantwortung dieser Fragen und stürzen sich blindlings in die Welt des Social Web. Das muss nicht, kann aber die Reputation eines Unternehmens nachhaltig schädigen. Daher ist eine durchdachte Kommunikationsstrategie für die Social-Media-Aktivitäten von enormer Wichtigkeit. Aber nur wer die Antworten auf die einleitenden Fragen kennt, ist in der Lage, die Social-Media-Bemühungen entsprechend in die bestehenden Unternehmens- und Kommunikationsstrategien einzubetten. Und die Antworten auf die einleitenden Fragen sind für eine Direktbank mit großer Wahrscheinlichkeit ganz andere als für einen Konsumgüterhersteller. Zusätzlich steht der Finanzsektor aufgrund der Entwicklungen der vergangenen Jahre besonders unter Beobachtung. Damit ist für Banken die Gefahr, ins Kreuzfeuer der Kritik zu geraten, besonders groß. Social-Media-Guidelines geben einen Rahmen Ob mit persönlichen Markenbotschaftern oder wie bei der Netbank mit einem Team, viele Unternehmen finden es äußerst riskant, ihre Angestellten relativ selbstbestimmt - und nur das funktioniert im Web - mit der Öffentlichkeit kommunizieren zu lassen. Immerhin muss der einzelne Mitarbeiter genauso geschützt werden, wie der Datenschutz der Kunden zu wahren ist. Für diese Problematik sind Social-Media-Guidelines klar zu empfehlen: Sie bieten jedem Einzelnen gewisse Tipps für das Verhalten im Social Web, definieren im Gegenzug aber vielleicht auch Dinge, über die öffentlich nicht gesprochen werden darf. Übergreifend sollten die Guidelines aber nicht ausschließlich als harte Vorschriften formuliert werden. Es geht um das Abstecken eines individuell nutzbaren Rahmens, der Orientierung und Sicherheit spendet nicht um ein starres Korsett. Keine verdeckten Aktionen Es kann der richtige Weg sein, als Unternehmen genau dort hinzugehen, wo sich Bankkunden und Interessierte informieren - zum Beispiel auf die zahlreichen Finanzportale und -foren, um sich dort in Diskussionen einzubringen oder bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Doch hier ist Transparenz das höchste Gebot: Egal ob das Unternehmen direkt oder ob ein Mitarbeiter als Markenbotschafter agiert - im Social Web muss sich der Absender klar zu erkennen geben. So gehört es zum guten Ton, deutlich zu machen, für wen gearbeitet wird und was die Intention ist. Eine Nichtbeachtung dieser "Regel" kann die Glaubwürdigkeit des Unternehmens ernsthaft schädigen. Kundenbewertungen nicht fälschen oder kaufen Nicht nur für Direktbanken, für jedes Unternehmen ist es höchst riskant, vermeintliche Kundenmeinungen zu fälschen oder positive Bewertungen "einzukaufen". Die Chance, dass diese Fake-Rezensionen durch die Netzgemeinde aufgedeckt werden, ist äußerst groß - mit entsprechenden Folgen für die eigene Glaubwürdigkeit. Ein Beispiel: Ein früherer WeTab-Geschäftsführer und seine Frau hatten unter falschen Namen positive Bewertungen für den eigenen Tablet-PC abgegeben. Ein Blogger deckte dies auf und dem Geschäftsführer blieb nur der Rücktritt. Das Social Web bietet gerade für Direktbanken enorme Potenziale, da ihnen im Vergleich zur Filialbank die persönliche Nähe zum Kunden fehlt. Allerdings scheuen viele Anbieter noch den Weg in diese vermeintlich neue Welt. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Vielleicht ist es die Angst vor möglicher Kritik. Allerdings muss an dieser Stelle ganz klar festgestellt werden, dass sich niemand verstecken kann. Der Verbraucher wird immer selbstbestimmter, äußert seine Meinung, empfiehlt und kritisiert. Egal, ob man als Unternehmen mitmacht oder nicht. Dabei sein ist daher ein klares Muss - vor allem für all diejenigen, die aktiv im Internet vertreiben. Kein eigenes Geschäftsmodell Natürlich ist gleichzeitig zu konstatieren, dass bis dato kein eigenes Geschäftsmodell beziehungsweise eine Erweiterung für dieses neue Kommunikationsumfeld gefunden ist. Auch die Netbank hat zwar das eine oder andere bereits ausprobiert - beispielsweise eine Kreditaktion auf Facebook gespielt - ist aber bislang noch nicht fündig geworden. Allerdings kann ohne die entsprechenden Gehversuche eben auch kein tragfähiges Modell gefunden werden. Jedoch auch ohne direkten Vertriebsansatz sind eigene Social-Media-Aktivitäten immens wertvoll. Sie bieten nicht nur entscheidende Vorteile als Responsekanal für Kundenmeinung und -wünsche, sondern liefern darüber hinaus eben auch ein deutliches Abbild der Unternehmenskultur, des Umgangs mit Kritik und der grundsätzlichen Kundenorientierung. Gerade für potenzielle Kunden auf der Suche nach einer neuen Bank kann dieses Abbild das entscheidende Argument sein.

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