Wertpapiergeschäft

Energiewende mit Bürgerbeteiligung: VR Bürger Energiepark eG

Geldanlage erlebbar zu machen ist die Idee der von vier Genossenschaftsbanken im Oldenburger Münsterland gegründeten VR Bürger Energiepark eG. Investoren nur aus der Region können hier in die Finanzierung von Photovoltaikanlagen investieren und können die Entwicklung ihrer Geldanlage vor Ort direkt mitverfolgen. Für die beteiligten Banken ist dies ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem Neukunden gewonnen und zusätzliches Geschäft generiert werden konnte. Gleichzeitig wird der Genossenschaftsgedanke gestärkt. Die Entwicklung des Projekts ist derzeit besser als prognostiziert, für weitere interessierte Bürger wurde eine Warteliste ausgelegt. Red.Schon vor über einhundert Jahren erkannte der norddeutsche Schriftsteller Wilhelm Busch treffend: "Wer leben will, der muss was tun! ". Diesem Motto folgend stehen die Gründungsmitglieder der VR Bürger Energiepark eG - die Volksbank Cloppenburg eG, die Volksbank Essen-Cappeln eG, die Volksbank Emstek eG sowie die Raiffeisenbank Garrel eG - im ständigen Wettbewerb um die Gunst der Kunden. Sie sind stetig bestrebt, durch neue Ideen oder Aktionen einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber den Mitwettbewerbern zu erreichen, um dauerhaft die Existenz der Bank zu sichern. Die vorgenannten Banken haben ihren Sitz im Landkreis Cloppenburg, welcher zusammen mit dem Landkreis Vechta die Region "Oldenburger Münsterland" bildet. Die regionale Wirtschaft und somit auch die Kundenstruktur ist gekennzeichnet durch eine intensive Landwirtschaft mit Mastbetrieben sowie Unternehmen der Ernährungsindustrie und aus dem verarbeitenden Gewerbe. In den letzten Jahren entwickelte sich in der Region die Bestrebung, die traditionellen Branchenzweige mit der wirtschaftlichen Nutzung regenerativer Energien - mit den Schwerpunktfeldern Windenergie, Biogas und nicht zuletzt Photovoltaik, der Stromerzeugung aus der Sonnenkraft - abzurunden und zu kombinieren. Initiative des Genossenschaftsverbands Weser-Ems Die vier Banken haben diese regionale Entwicklung aufgegriffen und sich somit immer mehr zu einem Spezialisten für Finanzierungen von Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien entwickelt. So war es nur konsequent, dass die auf Initiative des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems e. V. entstandenen Überlegungen über den Aufbau von Bürger-Pho-tovoltaik-Genossenschaften auch in den beteiligten Häusern auf reges Interesse stießen. Dabei war von zentraler Bedeutung, dass durch die Verknüpfung des Zukunftsmarktes erneuerbare Energien mit der Rechtsform der Genossenschaft nunmehr der Gedankengang aufgegriffen wurde, neue Potenziale mit altbewährten Strukturen zu verbinden und somit den Bürgern und Kunden in der Region die Möglichkeit gegeben wurde, sich aktiv an innovativen und rentablen Projekten zu beteiligen. Zu diesem Zweck wurde per August 2008 die VR Bürger Energiepark eG, federführend durch die oben genannten Banken, gegründet. Als weitere Gründungsmitglieder konnten die Repräsentanten der sechs beteiligten Kommunen, in denen die Banken jeweils ihren Sitz haben, gewonnen werden. Die beteiligten Kommunen - die Stadt Cloppenburg sowie die Gemeinden Cappeln, Emstek, Essen, Garrel und Molbergen - verfügen über eine Anzahl von öffentlichen Gebäuden, deren Dächer für die neue eG zum Teil genutzt werden konnten. Dabei konnte die Pacht für die Überlassung der Dachflächen den Etat der Kommunen kaum verbessern. Vielmehr profitierten die kommunalen Gründungsmitglieder jedoch davon, dass sie sich mittelfristig ein "Öko-Image" aufbauen können, welches Bürger und Unternehmen gleichermaßen begeistert, indem sie sich aktiv am Klimaschutz beteiligen. Mit ihrer Beteiligung tragen sie ferner dazu bei, das "Wir-Gefühl" in der Bevölkerung zu stärken und die Identifikation aller Bürger mit der VR Bürger Energiepark eG zu fördern. Wettbewerbsvorsprung gegenüber regionalen Mitbewerbern Im Rahmen der Kundenbindung und der weiteren Stärkung der Kundenloyalität sahen die vier Banken ihre Aufgabe als Initiator, Organisator, Motivator, Finanzierer, Verhandlungsführer und treibende Kraft beim Aufbau der neuen Genossenschaft. Sie übernahmen die Projektführung, indem sie beispielsweise die notwendigen Gespräche mit allen Ansprechpartnern führten, Angebote einholten, Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchführten und federführend die Vorbereitung von Informationsveranstaltungen planten. Ferner erklärten sich zwei Vorstände der beteiligten Banken dazu bereit, den ehrenamtlichen Vorsitz in der neuen eG unentgeltlich zu übernehmen. Dabei sind die Beweggründe und Vorteile für diese Initiative seitens der Bank vielseitig, zeigen sie doch durch ihre Kompetenz der Öffentlichkeit gegenüber ihre ökologische Vorreiter- und Vorbildfunktion sowie ihr gesellschaftliches Engagement in der Region auf. Indem die beteiligten Volksbanken und Raiffeisenbanken das Zukunftsthema Energie, was alle Menschen betrifft, durch die Gründung der eG aufgegriffen haben, zeigten sie als erste Bankengruppe ihre Grundkompetenz auf diesem noch neuen Markt in der Region und generierten somit gegenüber den regionalen Mitbewerbern einen Wettbewerbvorsprung, der sich nach etwa eineinhalb Jahren bereits in ertragreichen Geschäften widerspiegelt. Primär waren dies Einmaleffekte durch die Vermittlung der Genossenschaftsanteile und die Beteiligung an Fremdfinanzierung der einzelnen Projekte. Sekundär ergab sich eine Vielzahl von Folgegeschäften mit Kunden und Nichtkunden, die erkannten, dass sie ihre Finanzierungsfragen in artverwandten Geschäftsfeldern wie beispielsweise den Bau von eigenen Photovoltaik-Anlagen am besten mit den vier Initiatorbanken lösen konnten, da diese durch die vorzeitige Belegung des Themas Energie/Ökologie als regionale Finanzdienstleister ein Image mit Kompetenz, Vertrauen und Know-how aufgebaut hatten. Dieses differenzierte die beteiligten Volksbanken und Raiffeisenbanken deutlich von den regionalen Mitbewerbern und vermied dadurch gleichzeitig auch Preis- und Konditionsdiskussionen mit den Kunden. Neukunden konnten so gewonnen werden beziehungsweise vorhandene Mitglieder konnten durch die erlebbare Mitgliederförderung von Seiten der Volks- und Raiffeisenbanken ein Mehrnutzen verspüren. Allein die Raiffeisenbank Garrel eG konnte im Zeitraum von 2008 bis 2009 für den Bereich "erneuerbare Energien" einen signifikanten Anstieg der Kreditausweitung feststellen. So stieg der Anteil dieser Branche am gesamten Kreditportfolio der Bank von 8,4 Prozent in 2008 auf 18,8 Prozent in 2009 an (plus 20 Millionen Euro). Regionale Beschränkung Gegenstand der VR Bürger Energiepark eG ist vorrangig der Einkauf, die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, insbesondere von Photovoltaikanlagen auf Dächern im Landkreis Cloppenburg. Dazu wurden und werden auf geeigneten Dachflächen Photovoltaikanlagen installiert. Neben dem Absatz der gewonnenen Energie in Form von Strom steht dabei für die neue Genossenschaft auch die Unterstützung und Beratung der Mitglieder in Fragen der regenerativen Energiegewinnung im Vordergrund. Anders als etwa bei geschlossenen Fondsstrukturen hat die Genossenschaft das Ziel, ein "lebendiges Unternehmen" zu sein, das den Bürgern und Unternehmen aus dem Landkreis Cloppenburg, die selber nicht über geeignete Dachflächen verfügen oder keinen größeren finanziellen Spielraum für eine eigene Investition haben, die Möglichkeit gibt, in Photovoltaik zu investieren. Geldanlage wird zum Erlebnis Durch die Satzung ist geregelt, dass nur die Bürger und Unternehmen aus dem Landkreis Cloppenburg beziehungsweise Kunden der beteiligten Banken Mitglieder der VR Bürger Energiepark eG werden können. Durch diese Einschränkung wurde sichergestellt, dass die Interessen aller Mitglieder einen gemeinsamen regionalen Ursprung haben und somit das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt wird. Alle Beteiligten wurden somit nicht nur reine Profiteure einer ethisch-ökologischen Kapitalanlage, sondern sie identifizieren sich gleichsam mit ihrer Genossenschaft, deren Entwicklung sie direkt verfolgen und beispielsweise durch Anträge in der Generalversammlung beeinflussen können. Ihre Geldanlage wird nunmehr für sie zu einem Erlebnis, das sie direkt vor ihrer eigenen Haustür verfolgen können. Unter dem Motto "Energiewende mit Bürgerbeteiligung" leistet der Bürger einen spürbaren aktiven Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Es kann also eine Kundenbegeisterung entfacht werden, die de facto auch gleichzeitig eine Verstärkung der Kundenloyalität gegenüber der begleitenden Hausbank erzeugt. In der Satzung wurden folgende Eckpunkte festgelegt: Der Geschäftsanteil beträgt 100 Euro. Die Mindestbeteiligung beträgt 1 000 Euro. Die Höchstbeteiligung beträgt 30 000 Euro. Die Anteile sind sofort einzuzahlen. Ein Mitglied kann sein Geschäftsguthaben auch teilweise übertragen. Das Mindestkapital, das durch Rückzahlung an ausgeschiedene Mitglieder nicht unterschritten werden darf, beträgt 25 Prozent des Anlagevermögens. Es wird eine gesetzliche Rücklage, die nur der Verlustdeckung dienen darf, mit mindestens ein Prozent des Jahresüberschusses gebildet. Jedes Mitglied kann sich aktiv mit seiner Stimme in der Generalversammlung einbringen. Die Haftung wird auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Eine Rückzahlung von Geschäftsguthaben führt nicht zum Wiederaufleben der Haftung. Es besteht keine fünfjährige Nachhaftungsfrist bei Ausscheiden aus der Gesellschaft, sondern nur eine 18-monatige Frist, soweit die Geschäftsguthaben der verbleibenden Mitglieder nicht ausreichen (§ 115 b GenG). Kündigungsfrist fünf Jahre zum Schluss eines Geschäftsjahres, damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Investitionsmittel allesamt langfristig finanziert wurden. Durchschnittliche Rendite von sechs Prozent prognostiziert Im Rahmen einer betriebswirtschaftlich sinnvollen Finanzierung war das Ziel, im Rahmen der Gesamtfinanzierung, die bis Mitte 2010 etwa ein Volumen von 3,9 Millionen Euro umfasst, einen Eigenkapital-Anteil von 30 Prozent durch die Mitgliederbeteiligung zu generieren. Neben einer attraktiven Rendite kann die Beteiligung an der VR Bürger Energiepark eG aber auch Mitgliedern, die eine eigene Photovoltaik-Anlage auf ihren Immobilien planen, durch Erfahrungen der Genossenschaft einen Mehrwert zur Verfügung stellen. Dabei kann das einzelne Mitglied davon profitieren, dass die Einkaufspreise für die notwendigen Anlagen und Module mit zunehmenden Investitionsvolumen der Genossenschaft sinken. Großeinkäufe mit anderen gleichartigen Bürger-Photovoltaik-Genossenschaften aus der Region verstärken diese Einsparungen. Ein günstiger Einkauf verbunden mit über einen Zeitraum von mindestens zwanzig Jahren, gut kalkulierbaren Einnahmen - das ist ein langfristiges Investment, das auch als "Sonnenrente" bezeichnet wird. Zurzeit sind zehn Anlagen in Betrieb und weitere drei Projekte für das erste Quartal 2010 geplant, sodass den Mitgliedern zu diesem Zeitpunkt dann bei einer installierten Leistung von etwa 1 300 kWp im Landkreis eine durchschnittliche Rendite von rund sechs Prozent vor Steuern für einen Zeitraum von 20 Jahren prognostiziert werden kann. Dabei wird durch die Streuung der Investitionen in Anlagen ver schiedener Größenordnungen und diverser Standorte innerhalb des Landkreises Cloppenburg ein tendenziell geringeres Betriebs- und Ertragsrisiko als bei ein- zel-nen Investments, die sich beispielsweise nur auf einen Standort konzentrieren, ausgewiesen. Die Bürger können auch ihre eigenen Dächer für die Genossenschaft zur Verfügung stellen, sofern diese den Standortanforderungen entsprechen. Durch die Verpachtung des Daches kann der einzelne Bürger sich somit eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen. Einbindung der Mitarbeiter Neben den internen Organen der eigenen Organisation wie beispielsweise den Mitgliedern der Aufsichtsräte, waren vor allem die Mitarbeiter der beteiligten Volksbanken und Raiffeisenbanken für den Aufbau der VR Bürger Energiepark eG schnell zu begeistern. Sie trugen die Ziele der Genossenschaft an die Kunden und Bürger weiter und vermittelten erfolgreich die Geschäftsanteile. Gleichzeitig halfen sie aufgrund ihrer guten Kunden- und Ortskenntnisse, geeignete Dächer für die Genossenschaft zu finden. Da die meisten Mitarbeiter bereits über Kernkompetenzen und Hintergrundwissen im Bereich der Photovoltaiktechnologie verfügten, wurden im Rahmen einer Mitarbeiterveranstaltung lediglich noch einmal die Vorteile der neuen eG für alle Beteiligten aufgezeigt. Um die Motivation bei den Mitarbeitern weiter zu verstärken, wurden sie im Rahmen ihrer Zielvereinbarungen aktiv an den Erlösen aus den Vermittlungsentgelten für den Verkauf der Geschäftsanteile beteiligt. Frühzeitige Kundenansprache Für die Vermittlung der Genossenschaftsanteile erfolgte die direkte Kundenansprache bereits frühzeitig. Eine Fragebogenaktion weckte das Interesse an dem Thema so stark, dass zum Start der VR Bürger Energiepark eG potenzielle Interessenten bekannt waren und gezielt angesprochen werden konnten. Bereits zu Beginn der Aufbauplanungen wurde die Öffentlichkeit mit Hilfe der regionalen Presse über das Vorhaben unterrichtet. Kundenansprachen erfolgten dann in erster Linie durch Kundeninformationsveranstaltungen, aber auch auf Gewerbeschauen. Hierfür wurden Broschüren und Handzettel produziert, die wichtige Punkte wie die Ausgestaltung der Beteiligung, die Projektbeschreibung aber auch die Chancen und Risiken für den interessierten Kunden enthalten. In den Kundenveranstaltungen wurden weitere Mitglieder unter den Bürger gesucht, die den ökologischen Ansatz zum Erhalt der Natur stark gewichten, einen spürbaren Beitrag zum Ziel eines langfristigen Aufbaus einer autarken Energieversorgung frei von Abhängigkeit von Dritten fördern möchten, eine Rückführung der Emission schädlicher Klimagase unterstützen wollen, den Aufbau einer leistungsstarken Photovoltaik-Industrie mit Spitzen-Technologie in Deutschland positiv begleiten möchten, in Zeiten niedriger Zinsen eine ethischökologische und sichere Kapitalanlage mit kalkulierbarer Rendite suchen. Dabei wurden Risiken den Chancen gegenübergestellt und den Kunden erläutert (siehe Tabelle). Eine enge Zusammenarbeit mit renommierten Projektplanern, die jeweils in den Kundenveranstaltungen auch für alle technischen Fragen zur Verfügung standen, war dabei unerlässlich. Zukünftig ist geplant, dass sich jeder Interessierte mittels repräsentativer Stromzähler, die im Foyer der Banken aufgebaut werden, über die erbrachten Leistungen der Anlagen zeitnah informieren kann. Dem Mitglied kann so seine Beteiligung noch greifbarer dargestellt werden. Organisierte Besichtigungen der Anlagen mit fachkundigem Personal sollen dann für die Mitglieder und Interessierte das Erlebnis seiner Geldanlage abrunden. Warteliste für weitere Investoren Bis zu diesem Zeitpunkt konnten bei einem Investitionsvolumen von 3,9 Millionen Euro nunmehr 140 Mitglieder mit einem Gesamteigenkapitaleinsatz von 1,17 Millionen Euro gewonnen werden. Da zurzeit nicht mehr Dächer zur Anpachtung im Landkreis zur Verfügung stehen, wurde für weitere interessierte Bürger eine Warteliste eingerichtet. Sie können dann erst wieder als Mitglieder aufgenommen werden, wenn weitere Projekte verwirklicht werden können. Die bisher in Betrieb genommenen Anlagen produzieren mehr Strom als geplant, sodass entgegen der avisierten Wirtschaftlichkeitsberechnungen bereits in den ersten Jahren eine adäquate Ausschüttung an die Mitglieder vorgenommen werden kann. Diese Ausführungen zeigen, dass sich die Beteiligung am Aufbau einer Bürger-Photovoltaik-Genossenschaft sowohl für die beteiligten Banken als auch für die neuen Mitglieder vorteilhaft entwickelt hat. Gerade die beteiligten Volksbanken und Raiffeisenbanken konnten mit ihrer Vorreiterrolle beim Aufbau der Genossenschaft von einer Imageverbesserung bei gleichzeitiger Wahrnehmung als moderne und vorausschauende Organisation profitieren und sich somit positiv vom Markt absetzen beziehungsweise diesem gegenüber einen Wettbewerbsvorsprung erzielen. Durch die Aufnahme des Zukunftsthemas Energie und Umwelt werden dabei alle Kundengruppen angesprochen, denen ein konkreter Nutzen vermittelt wird. Daraus können weitere Kundenbindungen mit zusätzlichem Mehrwert in Form von Volumen und Ertrag für die beteiligten Banken generiert werden.

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