Mittelstandsgeschäft

Forderungsmanagement für Sparkassen: nur selten wird verkauft

80 Prozent der mittelständischen Unternehmen haben den Konjunktureinbruch im Jahr 2009 gut überstanden, so die Diagnose Mittelstand 2012, herausgegeben vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Sie sind robust aufgestellt und die deutsche Wirtschaft steht im europäischen Vergleich sehr gut da. Lediglich 20 Prozent der mittelständischen Unternehmen, vorwiegend aus exportorientierten Branchen, haben spürbar auf die Finanzmarktturbulenzen reagiert.

Im Jahr 2011 haben die Sparkassen 66,7 Milliarden Euro an Krediten für Unternehmen und wirtschaftlich Selbstständige zugesagt und damit ein Plus von knapp vier Prozent zum Vorjahr erreicht. Auch die Eigenkapitalausstattung der mittelständischen Unternehmen hat sich sehr positiv entwickelt: Ende der neunziger Jahre lag sie im Durchschnitt noch unter drei Prozent, 2009 bei 15,1 Prozent und konnte im Jahr 2010 auf 18,3 Prozent gesteigert werden. Eine gute und optimistische Ausgangsposition, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass Stabilität und langfristiger Erfolg keine Selbstverständlichkeit sind.

Liquiditätsreserven werden nur unzureichend genutzt

Kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland verfügen über erhebliche ungenutzte Liquiditätsreserven. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die das Beratungsunternehmen Roland Berger gemeinsam mit der Creditreform veröffentlicht hat. Sie basiert auf den Daten über das Liquiditätsmanagement von über 500 Unternehmen aus den Jahren 2008 bis 2011. Dieser Studie zufolge könnten mittelständische Unternehmen durch ein optimiertes Management des Umlaufvermögens (Working Capital Management) rund 115 Milliarden Euro Liquidität freisetzen. Demgegenüber wird ein zusätzlicher Kapitalbedarf von insgesamt 50 Milliarden Euro für die Jahre 2010 bis 2013 prognostiziert, damit die Unternehmen am wirtschaftlichen Aufschwung partizipieren können. Mit der Freisetzung des vorhandenen Liquiditätspotenzials könnte der Finanzierungsbedarf ohne fremde Finanzierungsmittel abgedeckt werden.

Nach Auffassung der Experten kann die lange Kapitalbindungsdauer in mittelständischen Unternehmen, die im Jahr 2010 bei 54 Tagen lag, durch ein optimiertes Forderungsmanagement erheblich reduziert werden: Automatisierung der Rechnungs- und Mahnungsstellung, das Eintreiben von Altforderungen, Vorauszahlungen sowie die Vermeidung von Zahlungszielverlängerungen.

Die Praxis zeigt, dass mittelständische Unternehmen nach wie vor mit einer schlechten Zahlungsmoral zu kämpfen haben und bislang die Instrumente eines professionellen Forderungsmanagements nur unzureichend nutzen. Neue Technologien und eine Vielzahl dynamischer Einflussfaktoren wie demografischer Wandel, verändertes Kundenverhalten und verschärfter Wettbewerbsdruck, erfordern die Konzentration auf Kernkompetenzen, mit denen Erträge erwirtschaftet werden. Das gilt für mittelständische Unternehmen wie für Bankinstitute gleichermaßen.

Synergiepotenziale werden durch Arbeitsteilung im Verbund gewonnen

Das dezentrale Geschäftsmodell der Sparkassen-Finanzgruppe setzt traditionell auf die Arbeitsteilung im Verbund. Die Sparkassen sind in ihrer Geschäftsregion als "Vertriebseinheit" sehr nahe am Kunden und konzentrieren sich auf den persönlichen Kontakt und den Ausbau der Geschäftsbeziehungen. Viele Back-Office-Funktionen und Serviceleistungen hingegen werden an spezialisierte Verbundunternehmen ausgelagert. Das ermöglicht enorme Synergiepotenziale durch Mengenbündelung, da nicht jede einzelne Sparkasse das Know-how und die Infrastruktur zur Bereitstellung dieser Leistungen selbst vorhalten muss.

Im bundesweiten Vergleich mit Kreditinstituten ist die Sparkassen-Finanzgruppe führend bei der Bündelung und Auslagerung von Funktionsbereichen. Im Rahmen der Geschäftsstrategie der Sparkas-sen-Finanzgruppe ist das Outsourcing von Back-Office- und sonstigen Stabsfunktionen ein zentrales Instrument, um nicht nur Kosten zu senken, sondern auch die Qualität der Leistungen und die Betriebssicherheit weiter zu steigern. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband sieht auch für die Zukunft noch erhebliche Synergiepotenziale, die mit weiteren Outsourcing-Maßnahmen innerhalb der Organisation umgesetzt werden können.

Spezialisierung und Mengenbündelung notleidender Kredite

Bereits vor über zehn Jahren begannen die ersten Sparkassen, ihre notleidenden Kredite an spezialisierte Verbundunternehmen auszulagern. Forderungsmanagement ist ein hoch sensibler und gleichzeitig erfolgsentscheidender Geschäftsprozess, bei dem die Reputation und das Image der Marke Sparkasse an oberster Stelle steht.

Die Abwicklung notleidender Forderungen sowie die Vermarktung der Sicherheiten sind sehr zeit- und kostenintensiv. Zu dem eigentlichen Ausfall der Forderung summieren sich hohe Kosten für die Abwicklung: Personal- und Sachkosten sowie weitere Fremdkosten für Anschriftenermittlungen oder das Mahn- und Vollstreckungsverfahren. Umfassendes Know-how sowie standardisierte und automatisierte Geschäftsprozesse sind deshalb die wesentlichen Voraussetzungen für eine betriebswirtschaftlich effiziente und professionelle Bearbeitung von Forderungen. Sie sind gleichzeitig Garanten für eine dauerhaft hohe Bearbeitungsqualität, da die "industriell" ausgestalteten Geschäftsprozesse einem konsequenten Qualitätsmanagement unterzogen werden.

Bei Eigenbearbeitung des Forderungsmanagements stehen Unternehmen und Kreditinstitute stets in dem Spannungsfeld, möglichst viel Geld in kurzer Zeit beizutreiben. Denn je länger der Bearbeitungsprozess dauert, desto höher sind die Kosten und desto unrentabler ist am Ende das Ergebnis. Ein auf Forderungsmanagement spezialisiertes Unternehmen kennt dieses Spannungsfeld kaum, da die Bearbeitungsdauer unter Kostengesichtspunkten nur eine untergeordnete Rolle spielt. Voraussetzung dafür sind standardisierte und automatisierte Geschäftsprozesse und eine leistungsfähige und intelligente Systemarchitektur.

Ein reibungsloses Zusammenspiel all dieser Komponenten ermöglicht eine effiziente und effektive Bearbeitung. Die Geschäftsprozesse müssen den gesamten Lebenszyklus einer Forderung berücksichtigen: von der Entstehung der Forderung über die Vermarktung vorhandener Sicherheiten bis hin zur endgültigen Erledigung und Archivierung. Eine solch umfassende Spezialisierung, die hohe Investitionen erfordert, lohnt sich nur dann, wenn Mengen gebündelt werden.

Outsourcing mit Kosten- und Erlösvorteilen

Rund 260 Sparkassen und Verbundunternehmen gehören zu den Kunden der Bad Homburger Inkasso (BHI) und übertragen ihre gekündigten Kreditengagements an die Spezialisten in Bad Homburg. Das Angebot wird in unterschiedlichem Umfang genutzt: Von der vollständigen Auslagerung des Abwicklungsgeschäfts bis hin zur selektiven Auslagerung von Teilbereichen. Entscheidend hierbei ist, dass die BHI alle Leistungen aus einer Hand liefert und Sparkassen jederzeit die Option haben, den Umfang der Auslagerung auszuweiten.

Der Mehrwert des Outsourcings ergibt sich für die Auftraggeber im Wesentlichen aus den nachfolgenden Gründen und ist abhängig vom Umfang des Outsourcings. Dabei ergeben sich zum einen Kostenvorteile:

Fixkosten werden im Rahmen des Outsourcings durch variable Kosten ersetzt.

Personalkosten für die Eigenabwicklung werden erheblich reduziert.

Sachkosten für die Arbeitsplätze der Eigenabwicklung wie Softwarelizenzen, Räumlichkeiten, Infrastruktur und PC-Kapazitäten werden reduziert.

Investitionskosten in Technik und Prozesse für die Eigenabwicklung entfallen.

Das Fremdkostenrisiko im Nichterfolgsfall wird teilweise auf den Outsourcing-Partner übertragen.

Hinzu kommen folgende Erlösvorteile für das beauftragende Kreditinstitut:

Steigerung der Bearbeitungsintensität durch standardisierte und automatisierte Prozesse.

Durch eine höhere Schuldnerkontaktquote können mehr Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen werden.

Auch langfristige Bearbeitungs- und Überwachungsprozesse können mit standardisierten und automatisierten Bearbeitungsprozessen wirtschaftlich sinnvoll umgesetzt werden.

Sowohl Altfälle als auch Kleinstforderungen können wirtschaftlich sinnvoll bearbeitet werden.

Zu den weiteren Vorteilen zählt ein umfangreiches Reporting und damit höhere Transparenz für den Auftraggeber. Die Inkassophilosophie des Spezialisten ist auf die Geschäftsphilosophie der Sparkassen-Finanzgruppe ausgerichtet. Zudem gewähren vertraglich vereinbarte Qualitäts- und Sicherheitsstandards eine hohe Rechtssicherheit.

Um ein Drittel günstiger als Eigenbearbeitung

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hat die Einsparpotenziale für Sparkassen durch Auslagerung verschiedenster Back-Office- und Servicefunktionen untersucht. Diese liegen je nach Umfang und Funktion der Auslagerung für eine Sparkasse bei 30 bis 40 Prozent gegenüber der Eigenbearbeitung. Die Werte decken sich auch mit den Erfahrungen der BHI, wenn Sparkassen ihre Abwicklungsprozesse vollständig auslagern.

Pro Milliarde Durchschnittsbilanzsumme (DBS) wenden Sparkassen im Durchschnitt 1,5 Mitarbeiterkapazitäten (MAK) für die Abwicklung und Vollstreckung auf. Blickt man auf die Bilanzsumme der Sparkassen, die im Jahr 2010 bei rund 1084 Milliarden Euro lag, wird die Kostendimension und auch das damit verbundene Einsparpotenzial deutlich. Zu den Personalkosten addieren sich hohe Sachkosten für die Bereitstellung der Arbeitsplätze und darüber hinaus Fremdkosten, die beispielsweise für Anschriftenermittlungen aufgewendet werden müssen. Im Rahmen des Outsourcings werden diese Kosten eingespart und der Auftraggeber zahlt nur noch eine erfolgsabhängige Vergütung.

Langer Atem zahlt sich aus

Aufgrund der langjährigen Bearbeitungszeit von notleidenden Forderungen wird der volle Nutzen und Mehrwert erst nach mehreren Jahren erreicht. Aber gerade darin liegt der Vorteil der Spezialisten: Sie sind aufgrund ihrer schlanken und effizienten Prozesse in der Lage, den vorübergehend zahlungsunfähigen Kunden ausreichend Zeit einzuräumen, die Forderungen entsprechend ihrer finanziellen Möglichkeiten langfristig zurückzuzahlen. Dabei wird stets das Ziel einer vollen Rückführung der Forderung verfolgt.

Für Sparkassen hingegen ist es oftmals wirtschaftlicher, sich möglichst frühzeitig auf eine Vergleichszahlung mit dem Kunden zu einigen, um die hohen internen Prozess- und Überwachungskosten langfristig einzusparen. Sie verzichten damit jedoch auf einen erheblichen Teil ihrer Forderung.

Die überwiegende Mehrzahl der Kunden arbeitet aus den vorgenannten Gründen auf Basis des Treuhand-Inkassos mit der BHI zusammen. Sie partizipieren damit an den langfristigen Zahlungsrückflüssen und verzichten nicht frühzeitig auf die Erfüllung der Forderung, wie es beispielsweise beim Forderungskauf der Fall ist.

Nachfrage nach Forderungsverkauf nicht gestiegen

Aus strategischen Erwägungen heraus gibt es einige wenige Sparkassen, die sich für den Forderungsverkauf entscheiden, wobei die Liquidität durch sofortige Kaufpreiszahlung hierbei nicht die entscheidende Rolle spielt. Vielmehr sind es strategisch motivierte Entscheidungen, sich komplett aus dem Abwicklungsgeschäft zurückzuziehen und die Rechte an der Forderung komplett an den Verbundpartner zu übertragen.

Weder die Finanz- und Wirtschaftskrise noch die bevorstehenden regulatorischen Änderungen durch Basel III haben die Nachfrage nach dem Forderungsverkauf verstärkt. Damit ist auch zukünftig nicht zu rechnen. Forderungsverkäufe außerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe stellen ohnehin keine Handlungsoption dar. Hierzu haben sich der Deutsche Sparkassen- und Giroverband sowie die regionalen Sparkassenverbände bereits im Jahr 2008 in einem Eckpunktepapier ausdrücklich distanziert.

Forderungsmanagement für Kommunal- und Mittelstandskunden

Vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise vor zwei Jahren haben Sparkassen den erhöhten Bedarf an professionellen Lösungen im Forderungsmanagement bei ihren Kommunal- und Mittelstandskunden registriert und dafür Lösungen geschaffen. Seitdem steht das bis dahin exklusiv für Sparkassen und Verbundunternehmen entwickelte Angebot im Forderungsmanagement auch den Kommunal- und Mittelstandskunden bei Bedarf zur Verfügung. Es ist heute fester Bestandteil des Sparkassen-Finanzkonzeptes. Bei Bedarf werden interessierte Kunden der Sparkassen von dem Firmenkundenberater an die Bad Homburger Inkasso vermittelt.

Insbesondere Kommunen und kommunalnahe Unternehmen haben aufgrund ihrer regionalen Versorgungsfunktion und aufgrund der vielerorts angespannten Haushaltssituation einen hohen Bedarf an professionellen Lösungen, um ihre Forderungsbestände zu reduzieren und die Liquidität zu verbessern. Mehr als 120 Kommunal- und Mittelstandskunden vertrauen heute auf die Kompetenzen des Verbundunternehmens und gehen neue Wege, um ihr Forderungsmanagement zu verbessern.

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