Finanzdienstleister und Demografie

Frauenförderung ist Chefsache

Im April hatten die Sparkassenvorstände gleich zweimal Gelegenheit, sich mit dem Thema Frauenförderung zu befassen. Zum einen erregten die Auseinandersetzungen im Bundeskabinett und im Bundestag über die Frauenquote hohe Aufmerksamkeit, zum anderen ging der DSGV-Präsident Georg Fahrenschon auf dem Deutschen Sparkassentag in Dresden auf das Thema ein. Zwar hat die in der Bundespolitik diskutierte Frauenquote für Aufsichtsräte keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Sparkassen, aber die Auseinandersetzungen haben doch schlaglichtartig gezeigt, welcher Stellenwert dem Thema in der Politik derzeit beigemessen wird. Die Heftigkeit der Auseinandersetzung dürfte kaum jemanden in der Republik völlig kalt gelassen haben, und Personaldezernenten und die für Personal zuständigen Abteilungsleiter in den Unternehmen stellen natürlich Überlegungen an, wie sie ihre Unternehmen in Zukunft mit Blick auf diese Frage positionieren wollen.

Unmittelbar an die Sparkassenvorstände richtete sich der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, der das Thema in Dresden aufgriff und eine stärkere Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen anmahnte. Dabei waren durchaus auch kritische Stimmen zu hören, die das Thema zwar für wichtig halten, aber weniger den Deutschen Sparkassenund Giroverband in der Verantwortung sehen, sondern auf die Zuständigkeit der einzelnen Sparkassenvorstände verweisen.

Um es vorweg klar zu sagen: Es ist hohe Zeit für mehr Chancengerechtigkeit zwischen Mann und Frau im Beruf, die sich auch im Anteil der Frauen an den Führungspositionen niederschlagen muss. Frauenförderung liegt insofern im Trend. Darüber dürfte es im Grundsatz in der Wirtschaft im Allgemeinen und im Sparkassenlager im Besonderen einen breiten Konsens geben. Und es sind nicht nur Aspekte der längst überfälligen Gleichbehandlung, sondern handfeste wirtschaftliche Argumente, die ein Umsteuern dringend nahelegen. Insofern hat Fahrenschon es zutreffend angesprochen: "In modernen Gesellschaften bekommen Frauen eine immer wichtigere Rolle. Dabei geht es nicht nur um Gleichberechtigung, sondern es geht auch um harte ökonomische Faktoren. Wir alle wissen: Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitnehmer wird härter."

Berliner "Bärendienst" für die gute Sache

Gleichwohl haben die Auseinandersetzungen in Berlin den Frauen in zweierlei Hinsicht einen Bärendienst erwiesen. Zum einen ist das häufig angeführte Argument für Frauen in Führungspositionen die Erwartung, dass sich damit ein souveräner, menschlicherer, vielleicht auch ein weniger konfliktgeneigter Führungsstil in den Unternehmen durchsetzen könnte. Der Stil der politischen Auseinandersetzung gerade unter den beteiligten Politikerinnen ist mit dieser Erwartung allerdings nur schwer zu vereinbaren. Aber auch in der Sache selbst wird das Pferd von hinten aufgezäumt: Wenn man sich schon für mehr Frauen in Führungspositionen einsetzen will, kann man nicht mit einer gesetzlichen Quote am Ende der Karriereleiter beginnen. Über Qualifikation wächst der begabte Mitarbeiter zur Führungskraft heran, von dort führt der Weg in die Geschäftsführungs- oder Vorstandsposition, und hier kann man idealerweise die Erfahrungen sammeln, die es dem Aufsichtsratsmitglied ermöglichen, seinen Aufgaben und Pflichten gerecht zu werden.

Schon jetzt zeichnen sich die Probleme bei der Umsetzung der Quote in den Aufsichtsräten ab. Die vergleichsweise wenigen Bewerberinnen werden heiß umworben, mitunter wechselseitig abgeworben und zu Mehrfachmitgliedschaften animiert, obwohl dies unter Compliance-Gesichtspunkten nicht erwünscht ist. Oder der internationale Markt wird angezapft, was auch nur bedingt im Sinne des Erfinders sein kann. Und eine Absenkung der Qualitätsansprüche, nur um die Quote zu erfüllen, kommt keinesfalls in Betracht, im Gegenteil werden in der Wirtschaft die Ansprüche an Aufsichtsratsmitglieder in Zukunft eher weiter steigen.

Frauen in Verwaltungsräten von Sparkassen relativ gut repräsentiert

Ob der Weg über gesetzliche Quoten letztlich zum Ziel führt, darf aber bezweifelt werden. Im Vergleich zur geplanten Quote für Aufsichtsräte sind die Regelungen in einigen Landesgesetzen, die den unter das Gesetz fallenden Gemeinden, Körperschaften und Anstalten zum Beispiel regelmäßig detaillierte Frauenförderpläne vorschreiben, viel rigoroser und einschneidender. Doch außer erheblichem bürokratischem Aufwand haben auch diese Fördermaßnahmen keine nachhaltig positive Auswirkung auf den Frauenanteil in den Führungspositionen dieser Institutionen bewirkt, die beabsichtigte Wirkung hält sich in engen Grenzen.

Für die Sparkassen stellt sich die Frage nach der Einführung von Quoten in den Verwaltungsräten in dieser Form nicht.

Zum einen entzieht sich die Besetzung dieser mit den Aufsichtsräten der Aktiengesellschaften vergleichbaren Gremien einer Steuerung durch das Unternehmen selbst, die Zusammensetzung ist zum größeren Teil das Ergebnis kommunaler Entscheidungen, zum kleineren Teil von Wahlen der Arbeitnehmervertreter aus der Mitte der Belegschaften, und zwar entsprechend dem jeweiligen Landesrecht.

Zum anderen haben die Sparkassen in ihren Verwaltungsräten im Vergleich zu den Aktiengesellschaften bereits einen deutlich höheren Frauenanteil, der sich in den neuen Ländern auf schätzungsweise 30 Prozent aller Gremienmitglieder belaufen dürfte, und auch in den alten Bundesländern ist der Anteil beachtlich (bei den Sparkassen in Hessen dürfte der Frauenanteil deutlich über 20 Prozent liegen).

Angesichts dieser Proportionen dürfte es möglich sein, in Verwaltungsräten Mehrheiten für die Wahl weiblicher Vorstände zu finden. Das setzt voraus, dass entsprechende Bewerberinnen zur Wahl stehen, was leider allzu oft nicht der Fall ist. Denn unter den Kandidaten, die sich für Vorstandspositionen bewerben, finden sich auffallend wenig Frauen.

Viele weibliche Auszubildende, wenig Abteilungsleiterinnen

Darum muss Frauenförderung von der Basis her gedacht werden. In der Heranbildung und Qualifikation von Nachwuchs darf es keine Klippen geben, über die sich die Männer systematisch leichter hinwegsetzen können als Frauen.

Dies scheint aber bei den Sparkassen bisher der Fall zu sein, denn die Mehrzahl der Auszubildenden, auch noch der jungen Angestellten, ist weiblich. Irgendwann kehren sich die Verhältnisse um, und auf der Ebene der Abteilungsleiter kommen deutlich weniger Frauen als Männer an. Damit ist die Chance zum finalen Schritt von dort in den Vorstand bereits klar ungleich verteilt. Doch was sind diese Klippen, an denen sich das ursprüngliche weibliche Übergewicht in der Ausbildung umkehrt?

Vereinbarkeit von Karriere und Kindern

Natürlich denkt jeder in erster Linie an die Tatsache, dass die Frauen die Kinder bekommen. Die damit verbundene Unterbrechung in der beruflichen Entwicklung könnte eine entscheidende Klippe darstellen. Da aber im internationalen Vergleich teilweise andere Relationen zu beobachten sind, liegt der Gedanke nahe, dass nicht die Mutterschaft an sich, sondern der Umgang mit der Mutterschaft in den Unternehmen den Unterschied ausmacht.

Wenn sich eine Frau für Karriere entscheidet, sollte diese Klippe soweit wie möglich entschärft, überbrückt oder kompensiert werden, es muss der Grundsatz gelten, dass Kinder kein Karrierehindernis sein dürfen. Dazu gehört eine möglichst flexible Handhabung der Elternzeit, eine bessere Wiedereingliederung der Frauen nach der mutterschaftsbedingten Abwesenheit, flexible Teilzeitregelungen, die für die Frauen nicht zur irreversiblen "Falle" werden, gegebenenfalls auch teilweise oder phasenweise Home-Office, und nicht zuletzt eine bessere Betreuung von Kindern, angefangen vom Krabbelalter bis weit in die Schulzeit hinein. So sollte etwa die Möglichkeit zur Spätabholung von Kindern im Falle einer unvorhergesehenen beruflichen Inanspruchnahme kein Privileg exklusiver, privat finanzierter Kindergärten in wenigen Großstädten sein. Umgekehrt ist aber auch zu fragen, ob im beruflichen Alltag genügend Rücksicht auf die Bedürfnisse der Familien geübt wird.

Frauenförderung muss ganzheitlich erfolgen

Aber auch die Tendenz bei vielen berufstätigen Frauen, den Kinderwunsch zunächst aus Karrieregründen zurückzustellen, ist nicht unproblematisch. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Frauen heute im Durchschnitt später als in allen Generationen zuvor Kinder bekommen. Vielleicht ist der Nachwuchs in jüngeren Jahren vergleichsweise leichter mit beruflichen Ambitionen zu vereinbaren als gerade in der Zeit, in der die Führungskräfte üblicherweise in die Konkurrenz um freiwerdende Vorstandspositionen eintreten.

Die Heranbildung von mehr weiblichen Vorständen muss aber weit über das Thema "Kinder" hinaus auf allen Ebenen und in den verschiedenen Segmenten der Personalentwicklung ansetzen. Denn selbst wenn der Wettbewerb der Mütter mit den "kinderlosen" Konkurrenten in der Sparkasse - egal, ob Mann oder Frau - neutralisiert würde, wäre dies noch keine Garantie für einen höheren Anteil von Frauen in den Vorständen.

Erster Schritt ist und bleibt eine angemessene Gleichverteilung von männlichen und weiblichen Bewerbern auf der primären "Rekrutierungsebene", hier ist bei Sparkassen kein wesentlicher Umstellungsbedarf zu erkennen, denn traditionell werden eher mehr weibliche als männliche Bewerber für die Ausbildung gewonnen.

Ein zweiter Schritt ist nach der erfolgreichen Ausbildung die Übernahme in ein dauerhaftes Angestelltenverhältnis. Hier spielt nicht nur die "Gestattung" von Anstellungsverhältnissen für vielleicht nicht ganz so erfolgreiche Absolventen, sondern auch die aktive Anwerbung der Jahrgangsbesten eine entscheidende Rolle. Denn nur wenn eine Sparkasse konsequent auf Qualität setzt, kann sie später mit entsprechend qualifizierten Bewerbern aus den eigenen Reihen für Führungspositionen rechnen.

Ein durchgängig zu beobachtender Aspekt ist allerdings, inwieweit in der Ausbildung und später in allen folgenden Stufen der Personalentwicklung ein geschlechtsspezifischer Verhaltensunterschied vorliegt. Praktiker beobachten oft, dass junge Frauen sich abwartend und zurückhaltend geben, während Männer oft zu einer dominierenden Verhaltensweise tendieren, was dann als größeres Engagement, höhere Durchsetzungsfähigkeit und ausgeprägte Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung interpretiert wird. Hier könnte ein Ansatzpunkt für Vorgesetzte sein, einzugreifen und gegenzusteuern.

Sowohl bei der Übernahme in die Festanstellung als auch beim Quereinstieg von der Universität oder aus anderen Berufsfeldern in die Sparkassen sollte ein einigermaßen ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern gegeben sein. Zwar ist damit noch keine Verbesserung des Anteils weiblicher Führungskräfte verbunden, wenn das Verhältnis aber bereits auf diesen Stufen einseitig ist, rückt ein späteres Gleichgewicht in immer weitere Ferne.

Mentoren sind wichtig

Heranwachsende Führungskräfte im Allgemeinen und junge Frauen im Besonderen können durch gezielte Nachwuchsförderung wirkungsvoll auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereitet werden. Solange junge Frauen dabei in eine vorwiegend männlich dominierte Szene hineinwachsen sollen und sich dort behaupten müssen, ist eine Betreuung durch Mentoren doppelt wichtig. Allerdings darf es sich dabei nicht um ein "Rundum-Sorglos-Paket" mit Beförderungsgarantie handelt. Wenn eine junge Frau etwa sagt: "Wenn mir mehr Chancen geboten werden, würde ich mich vielleicht für die berufliche Weiterentwicklung engagieren", dann ist sie auf dem falschen Weg.

Grundsätzlich lernen Führungskräfte, um die Erweiterung ihres Aufgabenbereiches zu kämpfen, zu zeigen, was sie wollen und was sie können, und lernen dabei auch, Rückschläge zu bewältigen. Bei der Heranführung junger Frauen an die Führungsverantwortung kommt regelmäßigen Gesprächen mit Mentoren eine besondere Bedeutung zu. Deshalb darf diese Form der Betreuung nicht auf eine einmalige Anwendung beschränkt bleiben, sondern sollte über längere Zeiträume immer wieder eingesetzt und individuell angepasst werden. Wenn sich die Sparkassen der hier skizzierten Aufgabe stellen wollen, so fangen sie nicht bei Null an, schließlich gibt es schon eine Reihe von weiblichen Führungskräften, nicht zuletzt sind rund fünf Prozent der Vorstandsmitglieder Frauen, wie Fahrenschon in seiner Rede auf dem Sparkassentag feststellt. Diese Frauen verdanken ihre Positionen nicht einer Frauenquote, vielmehr haben sie sich trotz der geschilderten Hindernisse oder dank gezielter Unterstützung durchgesetzt.

Das Thema ist Chefsache - auch für Männer

Die Erfahrung dieser weiblichen Vorstände ist sehr wertvoll, sie können bei Pilotprojekten und in Mentorenprogrammen genutzt werden. Aber sich allein auf die Vorbildwirkung oder das Engagement der weiblichen Vorstände zu verlassen, würde zu kurz greifen. Vielmehr sollten gerade auch die männlichen Vorstände an der Aufgabe mitwirken, und zwar nicht nur passiv duldend, sondern aktiv gestaltend. Die Heranführung von qualifizierten Frauen an Führungsverantwortung ist eine strategische Aufgabe, sie muss Sache aller Chefs und Chefinnen sein.

Bei allem Einsatz für die Frauenförderung darf auch die Zukunft des männlichen Führungsnachwuchses nicht aus dem Blick geraten. Denn die Proklamation von Quoten und Zielen darf nicht zur Abwanderung einer Generation junger begabter und motivierter Männer aus der Sparkassenorganisation führen, weil sie mit einer einseitigen Bevorzugung der Frauen rechnen und für sich keine realistische Perspektive erkennen. Egal von welcher Seite man es betrachtet, mit Quoten und Zielen alleine ist das Problem nicht zu lösen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil dies die betroffenen Frauen diskreditiert, egal, ob sie schon in entsprechenden Positionen sind oder sich zukünftig bewerben. Maß aller Dinge sollte vorrangig die Qualität der Mitarbeiter sein, und die kann und muss man systematisch entdecken und entwickeln.

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