Modethema Gold

Gold in der Altersvorsorgeals Beimischung zu empfehlen

Wenn die Bankenbetreuer der Reisebank in diesen Tagen ihre Kunden besuchen, dann führen sie gerne zur Ansicht einen Satz Dummys mit sich: Goldbarren-Imitate in Stückelungen vom 1-Gramm-Kinebarren bis zum 1-Kilo-Barren. Sie sehen täuschend echt aus und sind nicht nur deshalb schnell als Fälschung zu entlarven, weil das Eigengewicht dem des echten Goldes bei Weitem nicht entspricht. Bei den Gesprächspartnern ist das "haptische Element" aber trotzdem gern gesehen. Denn in den Bankhäusern der Republik haben die Vermögensberater dank dieser Dummysätze die Chance, ihren Kunden Gold zu präsentieren - wenn sie es denn möchten.

Gold feiert eine Renaissance

Allzu lange war das Edelmetall als Wertanlage verpönt. Jetzt, in den Nachwehen der Finanzkrise, feiert das goldene Metall eine vermeintlich ungeahnte Renaissance. So waren die Edelmetall-Umsätze der Reisebank im Mai 2010 viermal so hoch wie im Krisenjahr 2008 während der Lehman-Pleite.

Die "safe haven"-Funktion des Goldes führt dazu, dass viele verängstigte Anleger Gold als sicheren Hafen ansteuern und Teile ihres Vermögens so vor dem Zugriff der Inflation schützen wollen. Dabei ist die Nachfrage wesentlich vom Verbraucher, vom Kunden, vom Anleger gesteuert. Schließlich sind viele Vermögensberater (noch nicht) goldaffin.

Kein Wunder, denn schließlich stellt Gold für sie kein Anschlussgeschäft dar, 80 Prozent des gekauften Goldes kommen nicht zurück und bleiben in den Tresoren. Zudem ist das Gold nur mit geringen Aufschlägen versehen, sodass auch die Provisionsseite für den Berater gering ist - für die Bank bei Provisionserträgen von bis zu drei Prozent im Einmalgeschäft aber durchaus nennenswert sein kann.

Demgegenüber steht aber auf jeden Fall der Wunsch des Kunden. Auf der Nachfrageseite können derzeit zwei Arten von Kundentypen unterschieden werden:

Zum einen gibt es den Anleger, der derzeit zwar nicht mehr der Währung, aber nach wie vor der Institution Bank traut. Dieser Kundentypus ist ein typischer ETF-Investor. Er sucht ETFs, die zwar physisch mit Gold hinterlegt sind, aber trotzdem eine Anlage mit Fondscharakter dar stellen.

Der zweite Kundentyp misstraut allem: sowohl der Währung als auch den Banken. Er investiert am liebsten in physisches Gold, das er zudem noch in den heimischen Tresor legt. Somit hat er immer den Zugriff auf den Wert.

Schreckgespenst Inflation

Diese zwei sehr klischeehaft gezeichneten Kundentypen gibt es durchaus in Reinkultur. In der Regel ist aber ein Stück weit von beiden Einstellungen in jedem Kunden zu finden. Das ist nicht zuletzt historisch bedingt.

Die Deutschen sind besonders erfahren beim Thema Geldentwertung. Angefangen bei dem Erlebnis der vollständigen Geldentwertung inklusive Hyperinflation bei der Reichsmark über schleichende Kaufkraftverluste, spricht jede Geldwährung der Vergangenheit eine klare Sprache: Inflation. Durch die Euro-Krise bekommt das Schreckgespenst der Inflation wieder neue Nahrung. Die Menschen haben europaweit Sorge, dass sich die erwirtschafteten und ersparten Anlagen in Luft auflösen oder doch zumindest deutlich im Wert reduzieren könnten. Was hilft es, wenn die Lebensversicherung ausgezahlt wird, das Papiergeld aber über eine deutlich geringere Kaufkraft verfügt?

Diese Sorge treibt viele Anleger in das Invest von physischen Werten: Immobilien und der zu verpachtende Acker sind genauso wie das Waldstück plötzlich von starkem Interesse. Neben den Edelmetallen erfreuen sich auch Oldtimer und andere Sammlerstücke ungeahnter Nachfrageschübe.

Gold ist genauso ein Sachwert wie ein Waldstück oder eine Produktionsanlage. Im Gegensatz zu den genannten Werten hat Gold indes den Vorteil, dass es klein, handlich und teilbar ist. Es kann leicht von A nach B transportiert werden, viel Wert vereinigt sich auf wenig Fläche und Gewicht. Man muss sich vor Augen halten, dass eine 1-Unzen-Goldmünze, wie zum Beispiel die kanadische Maple Leaf, einen Durchmesser von 30 Millimeter, eine Dicke von 2,87 Millimeter sowie ein Gewicht von 31,10 Gramm hat. Ihr Wert indes entsprach - je nach Kurs in den ersten sieben Monaten des Jahres 2010 - Schwankungsbreiten von 1060 bis 1260 US-Dollar.

Jetzt könnte man sagen, die zwei 500-Eu-ro-Scheine als Äquivalent hierzu bräuchten auch nicht mehr Platz. Die Goldmünze bietet gegenüber dem 500-Euro-Schein aber ganz wesentliche Vorteile: Sie ist nahezu unzerstörbar, beinahe weltweit als Währung anerkannt, und ihr Marktpreis richtet sich immer nach dem, was man für den aktuellen Goldgehalt bekommt. Und das wird in inflationären Zeiten immer mehr werden, während die Kaufkraft des 500-Euro-Scheines im Gegenzug bei einer Inflation dramatisch an Wert verliert. Das liegt in der Geschichte des Geldes und des Goldes begründet.

Geld ist eine Währung, die ursprünglich auf einem Versprechen basierte: Nämlich, dass es zum Beispiel über den Silber- oder Goldstandard mit einem Sachwert abgesichert sei. Diese Limitierung wurde aber dem Wunsch nach mehr Wachstum geopfert. Mittlerweile lässt sich Geld beliebig vermehren - aber eben nicht unbedingt seine damit verbundene Kaufkraft.

Gold ist im Gegensatz dazu nicht beliebig vermehrbar. Die Menge an Gold, die Jahr für Jahr aus dem Erdinneren geholt werden kann, ist begrenzt: Es sind rund 2 500 Tonnen jährlich. Dabei besteht ein natürliches Verhältnis zwischen dem Goldkurs und den Förderkosten. Wenn der Goldkurs unter den Beschaffungskurs sinken würde, müsste die Goldförderung eingestellt werden, weil sie sich nicht mehr lohnen würde. So rentiert sich zum Beispiel der Abbau am südafrikanischen Goldfeld Witwatersrand nur so lange, wie der Goldkurs sehr hoch steht, da das Gold in rund 4 000 Metern Tiefe schlummert. Würde der Kurs deutlich sinken, würden zahlreiche Minen unrentabel. Und damit würde der Kurs für das Gold, das sich bereits an der Oberfläche befindet, wieder steigen.

Ähnlich spekulativ wie Immobilien

Bleibt man noch etwas beim Gedanken des Sachwertes, so ist Gold im Vergleich zu Immobilien ähnlich spekulativ. Gold ist werterhaltend, denn dass der Wert des Goldes gegen Null geht, ist nicht vorstellbar. Gleichwohl unterliegt der Kurs unbestritten deutlichen Schwankungen, die für den Anleger das Risiko des Kursverlustes darstellen können. Zwischen 1975 und heute liegt eine Schwankungsbreite von etwa 100 zu knapp 1 000 Euro. Der historische Höchstkurs wurde 1980 erreicht, als der Goldkurs auf 850 US-Dollar sprang, um rund zwei Jahre später auf etwa 300 US-Dollar abzurutschen. In der Folge der amerikanischen Immobilienkrise wurde erstmals der historische Höchststand von 1980 übertroffen, und die Euro-Krise hat dem Goldkurs neue Höchststände beschert.

Da der Anleger zudem einen Ausgabeaufschlag zahlen muss, den er erst wieder durch steigende Kurse wettmachen kann, ist seine Anlage dem Kursrisiko ausgesetzt. Damit ist Gold per se eine spekulative Anlage, deren Risiko indes überschaubar bleibt. Ein Totalverlust der Wertanlage ist praktisch nicht vorstellbar - mithin der Grund, weshalb viele Anleger das Gold ihrem Portfolio als Wertsicherungsinstrument beifügen. Hier wird zu Recht und oft genug das Bild vom "sicheren Hafen" bemüht.

Werterhalt statt Wertzuwachs

Ein anderes Bild mag das noch besser verdeutlichen: Der Goldsucher der vergangenen Jahrhunderte wollte reich werden. Er war auf der Suche nach seinem persönlichen Eldorado und wusch das Gold unter Mühen und Gefahren aus Flüssen oder sprengte es aus dem Berg. Der Goldanleger von heute möchte sein vorhandenes Eigentum schützen. Er "rettet" Teile des Vermögens in Gold, damit es so vor Totalverlust geschützt ist. Folglich ist die Motivation eine andere als beim Aktienkauf oder dem Invest in Immobilien. Beim Gold zählt nicht primär der Wertzuwachs, sondern der Werterhalt. Der oft zitierte Nachteil des Gold-Invests, es werfe keine Rendite ab, kann somit ausgehebelt werden. Ganz abgesehen davon, dass Anleger, die 2009 in Gold eingestiegen wären, in 2010 eine Rendite von rund 30 Prozent hätten erzielen können.

Ideales Stabilisationselement im Portfolio Gold wird weiterhin nachgefragt. So kann der Goldbestand im Wesentlichen auf drei verschiedene Bedürfnisse aufgeteilt werden. Das Gold, das von der Industrie benötigt wird, dann die Masse des Goldes, das in die Schmuckindustrie abwandert und schließlich das Gold, das in den Tresoren der Anleger und der Zentralbanken verschwindet. Gerade Letztere horten derzeit wieder verstärkt Gold, während die Schmuckindustrie aufgrund der hohen Preise im Sommer 2010 eine natürliche Kaufzurückhaltung an den Tag gelegt hat, die sie bei sinkenden Kursen wieder aufgeben dürfte.

An diesen Bedürfnisschemata wird sich wenig ändern. Sowohl die industrielle Nachfrage als auch der Bedarf der Schmuckindustrie wird hoch bleiben. Deshalb ist nach Auffassung vieler Experten langfristig nicht mit radikalen Kurskorrekturen nach unten zu rechnen. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass bei der nächsten Krisenmeldung aus dem Euro-Raum der Goldkurs wieder anzieht.

Gold wird deshalb von vielen Großanlegern als guter Hedge gegen Inflation genutzt. Man versucht den Kaufkraftverlust der Anleihen abzusichern. So sind es auch Pensionskassen, die beim Investment in Gold einerseits beweisen, dass sie risikoscheuer werden und andererseits Inflationsabsicherung betreiben wollen. Die Logik ist so simpel wie überzeugend: Wenn alle anderen Portfoliobestandteile sich schlecht entwickeln, steigt der Goldkurs. Deshalb ist es ein ideales Stabilisationselement.

Vier bis zehn Prozent im Portfolio

Die Ergebnisse einer Studie ("Gold as a Strategic Asset Class for UK Investors"), die für den britischen Markt durchgeführt wurde, zeigten, dass es je nach gewünschtem Risikograd zweckmäßig sei, eine Portfolio-Beimischung von vier bis zehn Prozent zu betreiben.

Die Studie zeigte auch, dass Gold gegenüber anderen Rohstoffen mehr Qualitäten bietet. Gold habe ideales Diversifikationspotenzial, so die Studie, die hinsichtlich der Aussagen über die Qualität des Goldes problemlos auf den deutschen Markt übertragen werden kann. Auch der Privatanleger kann sie als Anlageschema übernehmen.

Steuerliche Vorteile

Daneben bietet Gold für den Anleger auch steuerliche Vorteile. Zwar fällt beim Erwerb der zum Teil nicht unerhebliche Ausgabeaufschlag an. Aber Gold ist mehrwertsteuerbefreit, da es sich um ein gesetzliches Zahlungsmittel handelt. Eventuelle Gewinne sind nach einem Jahr Haltefrist abgeltungssteuerfrei. Das macht Gold auch unter spekulativen Gesichtspunkten interessant sollte aber nicht im Fokus stehen. Wichtiger ist und bleibt der Aspekt des Wertsicherungsinstruments.

Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers hat in Deutschland rund 50000 Anleger betroffen. Weitaus größer als der individuelle materielle Schaden war wahr scheinlich der damit einhergehende Imageverlust, den die Bankenwelt dabei genommen hat. Dies gilt vor allem in den Fällen, in denen älteren Menschen die risikobehafteten Papiere zur Altersabsicherung angeboten wurden. Gerade aber der ältere Mensch wird in der Regel zugunsten des geringeren Risikos in seinem Altersvorsorge-Portfolio auf höhere Renditen verzichten. Und wenn er den Totalver lust ausschließen möchte, ist eine Edelmetallbeimischung in Mengen von fünf bis zehn Prozent zu überlegen.

Auch für die Altersvorsorge

Beim Thema Altersvorsorge muss natürlich immer die individuelle Situation des Kunden berücksichtigt werden. Wenn der Kunde in seinem Portfolio eine ausgewogene Mischung aus Immobilien, Aktien und Venture Capital hat, ist eine Beimischung eines physischen Sachwertes wie Gold durchaus sinnvoll. Wie schon das angeführte Beispiel der Pensionskassen zeigte, geht es darum, eine Risikoabsicherung für den Fall der Inflation zu haben.

Entscheidend ist dabei auch, welche Einstellung der Kunde mitbringt. Wenn der Glaube an die Finanzmärkte, an die finanzpolitischen Stabilisatoren erschüttert ist, ist die Empfehlung, einen kleinen Teil des Portfolios mittels physischen Edelmetallen abzusichern, nahezu eine logische Konsequenz. Innerhalb eines Risikospektrums nehmen die Edelmetalle von allen Anlageformen praktisch eine Position am unteren Ende ein - keine hohe Renditeerwartung, kein totaler Wertverlust, auch wenn das Risiko des Kursverlustes besteht. Beides bedingt sich gegenseitig.

Damit ist Gold als Altersvorsorge nicht nur für ältere Menschen geeignet, in deren Gedächtnis Worte wie Währungsreform oder Hyperinflation noch eine Rolle spielen. Auch bei jungen Menschen kann Gold als physische Beimischung durchaus Sinn machen, wenn das Portfolio die Positionen Rentenversicherung, Aktien und Immobilien bereits ausreichend abdeckt.

Waren in den vergangenen 24 Monaten bei vielen Goldankäufern die Motive vor allem kurzfristiger Natur - man wollte schnell bestehendes Vermögen absichern -, wird Gold auch für langfristig orientierte Käufer interessant werden. Der Schutz, den die Panikkäufer gesucht haben, sollte jederzeit gewährleistet sein. Ein Investor - und das ist jeder, der in seine Altersabsicherung investiert - sollte immer auf das Unerwartete vorbereitet sein. Und wenn wieder einmal (wie Anfang Oktober 2008) eine Kanzlerin und ein Finanzminister sonntagsabends vor die Kamera treten und versichern, dass die Spareinlagen sicher sind, dann wäre es doch beruhigend zu wissen, dass ein kleiner Teil des Vermögens wirklich sicher im Safe liegt.

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