Blickpunkte

Insolvenzstatistik - Risiken im Privatkundengeschäft

Die von der Creditreform Wirtschaftsforschung vorgestellte Insolvenzstatistik für das Jahr 2010 wartet mit einer positiven und einer negativen Überraschung auf. Zuerst die gute: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist 2010 entgegen der Prognose - erstmals seit 2007 wieder gesunken. Mit 32 100 unternehmerischen Insolvenzen ist die Zahl der Konkurse gegenüber dem Vorjahr um 830 Fälle oder 2,5 Prozent zurückgegangen. Im Vorjahr war die Zahl noch um 11,3 Prozent angestiegen.

Dass somit das Anziehen der wirtschaftlichen Entwicklung erstmals direkt auf das Insolvenzgeschehen durchzuschlagen scheint, erklärt Vorstand Prof. Dr. Wilhelm Rödl mit einem gestiegenen Bewusstsein der Unternehmen für das Eigenkapital, wodurch die Unternehmen die Krise leichter stemmen konnten. Der Anteil der Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote unter zehn Prozent liegt 2010 "nur" noch bei 31,0 (Vorjahr 33,1) Prozent. 27,1 (nach 24,5) Prozent kommen auf eine Eigenkapitalquote von über 30 Prozent.

Rödl rechnet deshalb auch nicht mit einer Bugwelle an Insolvenzen, die in den kommenden Jahren auf die Wirtschaft zurollen wird. Entgegen der These, dass den Unternehmen oft gerade im Aufschwung das Geld ausgeht, rechnet Creditreform auch für 2011 mit einem weiteren Wachstum der Firmenzusammenbrüche.

Freilich weist Rödl auch auf weiter bestehende Risiken hin. Hier hat das Zahlungsverhalten der Kunden an Bedeutung verloren. Auch die vom Ifo-Institut ermittelte Kredithürde war im Oktober so niedrig wie seit drei Jahren nicht mehr. Zum Problem könnte für größere Mittelständler dagegen die Mezza-nine-Finanzierung werden, dann nämlich wenn die Rückzahlung der Investitionsbeträge ansteht.

Das Privatkundengeschäft birgt die schlechte Nachricht. Anders als erwartet, ist die 2008 kräftig gesunkene und 2009 nur leicht gestiegene Zahl der Verbraucherinsolvenzen 2010 wieder kräftig in die Höhe geschnellt (plus 6,7 Prozent). Mit 111 800 Fällen wurde der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2007 (105 300 Fälle) klar übertroffen.

Insgesamt haben seit der Einführung der Restschuldbefreiung weit mehr als 700000 Personen ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt - das ist etwa ein Prozent der Erwachsenen in Deutschland. Und die Zahl der überschuldeten Personen hat dem Creditreform Schuldneratlas 2010 zufolge gegenüber 2009 um rund 300 000 zugenommen. Damit weist fast jeder zehnte Erwachsene nachhaltige Zahlungsstörungen auf.

Die Ursachen dafür liegen nicht nur bei der gestiegenen Arbeitslosigkeit im Krisenjahr 2009, die sich zeitverzögert auswirkt. Daneben schlägt die zunehmende Zahl sogenannter prekärer Arbeitsverhältnisse, aber auch das wieder gelockerte Ausgabeverhalten der Konsumenten negativ zu Buche.

Bedenklich stimmt mit Blick auf die Verbraucherinsolvenzen vor allem die Tatsache, dass die Zahl der "Wiederholungstäter" deutlich zuzunehmen scheint. Ende August 2010 wiesen in der Creditreform Consumer Datenbank bereits 7,2 Prozent aller Privatpersonen, die schon einmal ein Entschuldungsverfahren durchlaufen haben, nach Ablauf der "Wohlverhaltensphase" wieder neue Negativeinträge auf. Diese Quote hat im Jahresverlauf kontinuierlich zugenommen. Zu Jahresbeginn hatte sie noch bei 5,1 Prozent gelegen. Eine grundsätzliche Aussage lässt sich aus diesen Daten noch nicht ableiten. Dafür ist die Datenbasis noch zu gering. Eben darum aber kommen aktuelle Bestrebungen des Gesetzgebers, die Wohlverhaltensphase von sechs auf drei Jahre zu verkürzen, wohl auch zu früh. sb

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