Im Gespräch

"In den jüngeren Segmenten nimmt die Kundentreuespürbar ab"

Das Bankenjahr 2007 war ein schwieriges. Wie hat es die Sparkasse Nürnberg überstanden?

Abgesehen von "Subprime" war das Jahr 2007 geprägt vom heftigen Wettbewerb im Retailgeschäft. In diesem Umfeld haben wir uns als Marktführer in der Region behaupten können.

Wie hoch ist Ihr Marktanteil als Marktführer?

Einer Icon-Studie aus dem Jahr 2007 zufolge liegt unser Marktanteil im Privatkundengeschäft bei 47 Prozent, im Firmenkundengeschäft bei 37 Prozent.

Die Wettbewerbssituation in Nürnberg ist durch die trad itionell vielen Norisbank-Filialen sicher eine besondere. Wie sehr haben Sie den Marktstart der "neuen" Norisbank mit ihren aggressiven Konditionen gespürt?

Die Norisbank ist sicher ein Wettbewerber mehr, dessen Aktivitäten wir genau beobachten müssen, um notfalls entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Eine grundsätzlich neue Wettbewerbsqualität spüren wir aber nicht. Lockangebote hat es zuvor auch schon gegeben. Damit müssen wir immer umgehen und darauf reagieren.

Wie reagieren Sie auf Lockangebote der Wettbewerber?

Wir vermitteln unseren Kunden, dass die Leistungen der Sparkasse preis-wert, also ihren Preis wert sind. Da wir bei den im Markt gebotenen Konditionen nicht immer mithalten können und wollen, besteht hier sicher ein erhöhter Beratungsbedarf.

Denn: Auch wenn Banken sich durch oftmals zeitlich befristete Angebote für Neukunden oder durch Zugaben Kunden "kaufen", müssen sie irgendwann mit diesen Kundenbeziehungen Geld verdienen. Bezahlen muss der Kunde das alles letztlich doch in irgendeiner Form. Das ist nicht unsere Strategie. Wir wollen den Kunden mit fairen Preisen langfristig zufriedenstellen.

Natürlich müssen wir verstärkt mit unseren Kunden kommunizieren und dafür alle Vertriebskanäle nutzen - und wir müssen innovativ sein, um uns vom Wettbewerb abzuheben.

So erhalten zum Beispiel monatlich alle Haushalte den Prospekt "Sparkasse Nürnberg Spezial" mit aktuellen Informationen und Angeboten.

Und wir entwickeln neue Produkte mit regionalem Bezug. So spenden wir beim Eisbär-Zuwachssparen für jeden abgeschlossenen Vertrag zehn Euro an den Nürnberger Tiergarten. Für den Kunden gibt es zudem einen Plüsch-Eisbären gratis dazu.

Erfolgreich waren wir auch mit der Wiederbelebung des Weltspartags mit speziellen Angeboten und zum Beispiel einer Lebkuchen-Dose als kleine Dreingabe. Ganz ohne Zugaben geht es also auch bei Ihnen nicht mehr?

Bei uns handelt es sich nur um kleine Aufmerksamkeiten. Mit dem systematischen "Kundenkauf" der Wettbewerber ist das nicht zu vergleichen.

Können Sie netto Kunden gewinnen?

Wir können zumindest unseren Kundenstamm stabil halten. Angesichts der Tatsache, das alle Wettbewerber an uns als Marktführer nagen, ist das schon ein Grund, stolz zu sein.

Wie lang hält bei Ihnen eine durchschnittliche Kundenbeziehung?

Es gibt auch heute noch viele Kundenbeziehungen, die sozusagen von den Großeltern über die Eltern auf die Kinder vererbt werden. Trotzdem gilt auch bei uns: In den jüngeren Kundensegmenten nimmt die Kundentreue spürbar ab.

Lohnt sich vor diesem Hintergrund das Jugendmarketing überhaupt noch?

Man könnte natürlich überlegen, beim Jugendmarketing Gelder einzusparen, um diese dann später in den gezielten Einkauf von erwachsenen Kunden zu investieren.

Diesen Weg wollen wir aber nicht gehen. Ich bin davon überzeugt, dass gerade in einem Wettbewerbsumfeld, in dem wir uns derzeit bewegen, das Jugendmarketing unverzichtbar ist.

Welche Wettbewerber spüren Sie am stärksten?

Im Anlagebereich war das sicher die ING- Diba, die hier aber mittlerweile nicht mehr die Top-Konditionen bietet und die heute mehr im Baufinanzierungsgeschäft zu spüren ist.

In letzter Zeit merken wir vor allem die verstärkten Aktivitäten der Großbanken, die über ein kostenloses Girokonto neue Kunden von uns abwerben wollen. Wie haben Sie darauf reagiert?

Seit Oktober bieten wir verschiedene Kontomodelle an - vom Premium-Girokonto inklusive 1 000 Euro zinsfreiem Dispokredit bis hin zum gebührenfreien Online-Konto ohne Bedingungen. Der potenziellen Abwanderung preissensibler Kunden konnten wir damit vorbeugen.

Ihr Geschäftsgebiet umfasst nicht nur die Stadt, sondern auch den Kreis Nürnberger Land. Unterscheidet sich die Wettbewerbssituation im Kreis von der in der Stadt?

Während sich in der Stadt alle Wettbewerber konzentrieren, stehen wir im Kreis vor allem im Wettbewerb mit vier regionalen Raiffeisenbanken, die in der Stadt weniger Bedeutung haben. Aus diesem Grund halten wir unser flächendeckendes Geschäftsstellennetz aufrecht und dokumentieren damit auch in diesem Bereich unsere Kundennähe.

Können Sie sich Kooperationen mit den konkurrierenden Genossenschaftsbanken vorstellen - etwa beim Geldautomatennetz oder der gemeinsamen Zweigstellennutzung im ländlichen Raum?

Aus Kostengründen ist dies in der Zukunft sicher vorstellbar, konkrete Überlegungen gibt es derzeit aber noch nicht. Wie stark spüren Sie die Aktivitäten der Direktbanken innerhalb des S-Verbunds?

Weitaus weniger als bei anderen Direktbanken. Natürlich beobachten wir das Tun einer 1822 direkt oder einer DKB, aber problematisch sind diese Aktivitäten für uns derzeit nicht.

Brauchen die Sparkassen eine zentrale Direktbank?

Nein. Im Grunde sind die Sparkassen die wahren Direktbanken, denn wir sind in jeder Hinsicht direkt am Kunden. Und über das Onlinebanking sind wir in der Lage, auch den direktbankaffinen Kunden zu bedienen.

Schon heute bieten wir Online-Abschlussmöglichkeiten für einfache Produkte und standardisierte Beratungstools an. Und über unseren neuen Dienstleister Sparkassen Informatik gibt es sicher noch weiter gehende Möglichkeiten. Allerdings registrieren wir im Internet noch vergleichsweise wenige Produktabschlüsse, an einem Ausbau arbeiten wir gerade intensiv.

Direktbankaffine Kunden sind aber auch preissensibel. Brauchen Sie für diese Klientel nicht auch spezielle Online-Konditionen über das Girokonto hinaus? Und inwieweit kann eine Sparkasse hier bei den Direktbank-Konditionen mithalten?

Aus diesem Grund haben wir letztes Jahr unser S-Cash-Konto eingeführt, dessen Konditionen sogar besser als die der Diba bei ihrem Ex-tra-Konto sind. Dadurch konnten wir Abflüsse verhindern und sogar deutliche Zuwächse in diesem Bereich erzielen.

Wie stellen Sie sich die Zukunft der Netbank vor?

Die künftige Rolle der Netbank im Verbund bleibt abzuwarten. Ich wünsche mir aber, dass sie am Markt ein echtes Gegengewicht zu anderen Direktbanken darstellen kann.

Was bringt Ihnen die Existenz des S-Brokers?

Ich sehe wenig Sinn darin, neben unserem Beratungsangebot und unserem beratungsfreien Online-Brokerage noch eine dritte Schiene aufzumachen. Außerdem wollen wir die in Frage kommenden Kunden lieber weiter selbst betreuen.

Stichwort Beratung: Was halten Sie von Beratungshonoraren?

In einigen Jahren sind Beratungshonorare sicher in speziellen Bereichen vorstellbar. Zum jetzigen Zeitpunkt wären sie unseren Kunden aber wohl nicht zu vermitteln.

Natürlich gibt es das Phänomen der Schnäppchenjäger, die sich bei uns gut beraten lassen, um dann im Internet bei einer Direktbank zu vorteilhafteren Konditionen einen Abschluss zu tätigen. Das wird man nie ganz verhindern können. Aber wir versuchen den Kunden durch unsere qualifizierte Beratung zu überzeugen, bei uns abzuschließen. Ein überzeugter Kunde wechselt nicht wegen eines kleinen Zinsunterschiedes die Bank.

Welchen Abstand bei den Konditionen ist den Kunden die Beratung wert?

Das hängt natürlich immer von verschiedenen Faktoren ab. Bei der Baufinanzierung zum Beispiel gibt es Kunden, die sehr spitz rechnen müssen, weil das Geld knapp ist. Hier können die Angebote der Direktbanken dann schon sehr verlockend sein. Wir dagegen punkten mit maßgeschneiderten Finanzierungen, in die sich öffentliche Darlehen ebenso einbinden lassen wie Versicherungspakete rund ums Haus sowie flexible Tilgungsmöglichkeiten (zum Beispiel eine fällige Lebensversicherung oder gar eine erwartete Erbschaft).

Ganz grob würde ich sagen: Bei einem zufriedenen Kunden kann der Abstand bis zu einem Viertel-Prozent betragen. Was hat Ihnen die zentrale Sparkassen-Produktwerbung zu "Leuchtturmprodukten" gebracht?

Es ist gut, dass die Sparkassenorganisation sich jetzt auch bundesweit einheitlich über Produkte positioniert. Überlegungen, gemeinsam mit einem Preis zu werben, scheiterten an kartellrechtliche Bedenken.

Deshalb wurde darauf zunächst verzichtet. Eine zentrale Kampagne verleiht den Produkten deutlich mehr Durchschlagskraft und rückt die Sparkassenorganisation in einen gemeinsamen Fokus.

Neben der zentralen Produktwerbung muss man aber immer auch eigeninitiierte Kampagnen fahren. Eine solche war bei uns im letzten Jahr zum Beispiel die Riester-Kampagne, bei der einer unserer Geschäftsstellenleiter als Experte "Dr. Rente" aufgetreten ist. Die Kampagne war sehr erfolgreich und hat sogar eine Auszeichnung bekommen. Vor allem aber: Wir haben bayernweit die meisten Riester-Verträge verkauft. 2008 wollen wir die Aktion deshalb weiter fortsetzen. Die Diskussion vom Januar über die Sinnhaftigkeit von Riester-Verträgen für Geringverdiener hat übrigens zu deutlich spürbaren Neugeschäftsrückgängen geführt. Hier müssen wir kräftig nacharbeiten.

Eines der Leuchtturmprodukte war auch der Sparkassen-Autokredit in Kooperation mit der Deutschen Leasing. Hier mahnt Hans-Michael Heitmüller seitens der Sparkassen noch mehr Aktivität an. Zählt die Sparkasse Nürnberg zu den aktiven 20 Prozent?

Bei der Autofinanzierung arbeiten wir bisher mit dem Sparkassen-Privatkredit. In diesem Jahr wollen wir uns aber auch verstärkt mit dem Autokredit der Deutschen Leasing beschäftigen und eine Produkteinführung prüfen.

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