Leitartikel

Luftballons, Filialen und der "Buzz"

sb - In dem Maße, wie das Sparbuch aus der Mode gekommen ist, haben Banken und Sparkassen im letzten Jahrzehnt auch den Weltspartag nicht mehr vermarktet. Doch allmählich kehrt sich dieser Trend wieder um. Zumindest Volksbanken und Sparkassen haben das Thema wiederbelebt und locken vorwiegend junge Kunden mit Luftballons, Kinderschaltern und kleinen Geschenken in die Filialen. Auch in diesem Jahr war dies wieder verstärkt zu beobachten. Die Vermarktung in Kindergärten scheint sich auf den ersten Blick wenig zu lohnen, sind doch die Sparguthaben der allerjüngsten Kunden mehrheitlich sehr bescheiden und wiegen kaum den betriebenen Aufwand auf. Also außer Spesen nichts gewesen? Bei den kleinen Kunden gewiss. Und doch bietet die Aktion einen unschätzbaren Vorteil: Sie bringt nicht nur die Kinder, sondern auch deren Eltern, die sonst kaum je in die Filiale kommen (und vielleicht selbst ihre Bankgeschäfte anderswo abwickeln), in die Geschäftsstelle und schafft damit die Möglichkeit, auch sie auf Produkte anzusprechen, den einen oder anderen Neukunden zu gewinnen oder Zusatzgeschäft zu generieren, während sich die Kinder mit Schaukelpferd oder am Maltisch beschäftigen und Süßigkeiten futtern. Und ist der Einstieg erst einmal gemacht, kann sich weiteres im Lauf der Zeit auch ohne physische Präsenz ergeben. Dann hat die Geschäftsstelle ihren Zweck als "Saugnapf" für die Neukundengewinnung erfüllt, wie es einst Peter Scharpf, der frühere Vorstandsvorsitzende des Verbands der Sparda-Banken bezeichnete.

Ähnliche Saugnäpfe gilt es auch in den anderen Vertriebskanälen zu finden. Da gibt es klassische Print- und TV-Kampagnen, Direct Mailings, Kooperationen mit Vertriebspartnern wie Fußballclubs oder Tankstellenketten und natürlich das Internet. Die eigene Homepage reicht längst nicht mehr aus, sie muss auch ordentlich vernetzt beziehungsweise verlinkt sein - in Suchmaschinen, aber auch mit Vertriebsplattformen oder Verbraucherportalen und in den sozialen Netzwerken. Dass Finanzdienstleister etwa ihre TV-Spots bei You-Tube einstellen, gehört mittlerweile ebenso dazu wie zunehmende Aktivitäten auf Facebook und Co. Als Vertriebskanal taugen die Sozialen Medien (bislang) vergleichsweise wenig. Nur ein Prozent der Studenten würde laut einer Studie von MSR Consulting hier etwa eine Versicherung abschließen wollen (77 Prozent dagegen beim persönlichen Berater). Und bei einer repräsentativen TNS-Infratest-Umfrage im Auftrag der DZ-Bank vom Juli dieses Jahres gaben nur zehn Prozent der Befragten an, sich in sozialen Netzwerken über Finanzthemen zu informieren. Aber: 77 Prozent sind auch der Meinung, dass die Bedeutung solcher Plattformen, auf denen sich Nutzer in Sachen Finanzdienstleistungen austauschen, steigen wird. Wie "Social Media" dabei definiert wird, ob es sich also um Facebook, Twitter und Co. oder um Foren auf Finanzportalen handelt, ist hierfür irrelevant.

Welche Wellen der "Buzz", (also das gesamte sprachliche Aufkommen zu einem bestimmten Thema in Foren, Blogs und Communities) schlagen kann, zeigte unlängst der Fall der Sparda-Bank West, die es mit einer von Bloggern beanstandeten nachlässigen digitalen Bildveränderung bis in die überregionalen Tageszeitungen schaffte (siehe Blickpunkt auf Seite 6) . Der Fall macht deutlich: Entziehen kann sich dem Web 2.0 niemand mehr. Nicht jeder Anbieter wird sich hier so massiv engagieren wie etwa die Sparkassen mit ihrer Giro-sucht-Hero-Kampagne. An der Diskussion im Netz zumindest zu partizipieren wird aber immer wichtiger. Steuern lässt sie sich ohnehin nicht. Je nachdem, wie sich ein Anbieter hier präsentiert, ergibt sich daraus die Möglichkeit, in Imagekampagnen gegebene Markenversprechen mit Leben zu füllen oder als bloße Lippenbekenntnisse zu entlarven. Und damit schließt sich der Kreis zum Filialvertrieb. Denn auch hier messen die Kunden die Claims an ihren persönlichen Erlebnissen - und transportieren die Eindrücke dann wieder ins Netz.

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