Leitartikel

Marketing mit der Angst

P. O. "Werbung wird als die Vermittlung von persuasiven Botschaften mit Hilfe von Massenmedien definiert. Diese Botschaften wollen einerseits überzeugen, bestimmte Einstellungen zu übernehmen und in einer bestimmten Weise zu handeln und anderer seits Gefühle erzeugen, welche gegenüber dem beworbenen Produkt sehr günstig sind." Wie wahr, wie wahr. Wessen Herz erwärmt sich nicht, wenn ein niedlicher Hundewelpe über den Bildschirm krabbelt, wer wird nicht traurig, wenn ihn große, tiefe, dunkle Kinderaugen bittend anschauen, wer kommt nicht auf besondere Gedanken, wenn sich eine knapp bekleidete Schönheit elegant auf dem übergroßen Plakat räkelt? War das jetzt Autowerbung oder eine Versicherung? Egal, Hauptsache emotional.

Banken haben derzeit ein völlig neues Feld der Werbung entdeckt: das Marketing mit der Angst. Spätestens seit der sicherlich anzweifelbaren Medienkampagne über den Verkauf von Krediten stehen die Kunden in den Filialen Schlange und wollen wissen, ob ihr Kredit bei der Bank X, der Sparkasse Y oder der Volksbank Z noch sicher sei? Warum? Weil den Bundesdeutschen suggeriert wird, sie stünden bald ohne ihr Heim da, wenn gewissen- und verantwortungslose Banker die Forderungen an herzlose Investorengruppen veräußern, die die Eigenheimbesitzer dann ohne Rücksicht aus dem Häuschen drängen, um zu verwerten. Seitdem vergeht keine Pressekonferenz, auf der nicht betont wird: Kreditverkäufe - nicht mit uns. "Sparkassen verkaufen grundsätzlich keine ordnungsgemäß bedienten Kredite. Ihnen liegt daran, die Kunden über die gesamte Vertragslaufzeit eines Kredites zu begleiten", sagte beispielsweise der Vizepräsident des Sparkassenverbandes Bayern. Die Commerzbank bietet gar einen Verkaufsschutz für Kredite öffentlich(keitswirksam) an. Die Taunus-Sparkasse reagierte prompt auf diese Kampagne mit der Anzeige des Vorstandsvorsitzenden Hans-Dieter Homberg: "Wir verkaufen unsere Kunden nicht! " Der Zweck all dieser Versuche ist klar. Die Betonung der Bedeutung der Langfristigkeit für die Geschäftsbeziehung soll zum Wettbewerbsvorteil werden. Banken und Sparkassen wollen nützlich sein, über den bloßen Profit hinaus. Wie schön!

Wenn nun diskutiert wird, im Rahmen des "Risikobegrenzungsgesetzes" ein Sonderkündigungsrecht für Darlehensnehmer im Falle des Weiterverkaufs der Forderung gesetzlich zu verankern, kann das nicht richtig sein. Zum einen würde es kontraproduktiv wirken, wenn Kreditverkäufe aufgrund der Unwägbarkeit der Zustimmung tausender von Kunden als Steuerungsinstrument ausfallen würden. Damit würde die Effizienz des Kreditgeschäfts erheblich beeinflusst, die Preise für Kunden würden steigen, da Banken sich das zusätzliche Risiko in den eigenen Büchern bezahlen lassen müssen. Das kann weder im Interesse von Verbraucherschützern, Politikern, der Wohnungswirtschaft noch der Kunden sein. Zum anderen muss bei allem in richtigen Dosen notwendigen Verbraucher schutz darauf geachtet werden, dass solche Gesetzesvorhaben keinen Freibrief für säumige Schuldner darstellen, die sich so ihren Verpflichtungen entziehen. Denn nicht nur Banken und Investoren verstehen es, Gesetzeslücken zu ihren Gunsten auszulegen.

Banken und Sparkassen ist vorzuwerfen, dass sie nun mittels gut gemeinter Äußerungen und Anzeigen einen Schaden beheben wollen, den sie selbst verursacht haben. Nicht durch den Verkauf per se, aber durch mangelnde Offenheit im Umgang mit den Kunden. So wurde Vertrauen verspielt und die Politik erst auf den Plan gerufen. Warum wird den Erwerbern der Forderungen die Einhaltung der Sicherungszweckerklärung nicht deutlich klarer abgenommen? Warum wird nicht besser kommuniziert, dass sich an der grundsätzlichen Rechtsposition nichts ändert und der Schuldner gegen ungerechtfertigte Zwangsmaßnahmen Rechtsmittel, beispielsweise den einstweiligen Rechtsschutz, einlegen kann? Transparenz würde schon ausreichen, einen Großteil der Angst zu nehmen. Besser und nachhaltiger als das jede Werbung kann, durch die richtig gemacht "viele kleine Dinge erst groß gemacht werden", wie schon Mark Twain feststellte.

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