Hausbank im Wandel

Die Mehrheit der Kunden ist bereit, einen fairen Preis zu zahlen

Als Hausbank bezeichnet man in Deutschland das Institut, mit dem ein Kunde den größeren Teil seiner finanziellen Transaktionen abwickelt. Einen zweiten wesentlichen Aspekt stellt dabei die mit dem Hausbankprinzip einhergehende langjährige Kundenbeziehung dar. Es ist daher nicht abwegig, von einer Geschäftsbeziehung häufig über Generationen hinaus zu sprechen.

Das Hausbankprinzip, das von gegenseitigem Vertrauen geprägt ist, bewährt sich gerade in schwierigen Zeiten. So ist es kein Phänomen, dass vor dem Hintergrund der Finanzkrise spontane Medienumfragen ein nahezu unerschütterliches Vertrauen deutscher Kunden in ihre Hausbanken offenbarten. Einen Vertrauenskredit "erwirbt" man nicht durch Werbung, sondern zuallererst durch langjährige positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit. Gerade die Sparkassen in Deutschland können in diesen turbulenten Tagen mit ihrem Vertrauenskapital Kundenbeziehungen festigen und sich neue Kundenkreise erschließen - nämlich jene, die in der Rückbesinnung auf bewährte Tugenden ein neues Fundament für die Zukunft anstreben.

Der Hang zum Bankhopping ist latent gegeben

Die Hausbank erhält aus der täglichen Zusammenarbeit ein Höchstmaß an Infor mationen und besitzt dadurch eine bessere Entscheidungsgrundlage, um die Kunden bedarfsbezogen - nicht produktbeziehungsweise transaktionsbezogen zu beraten. Die Vorteile aus Kundensicht sind eine stabile Finanzierungssituation auch bei zusätzlichem Kreditbedarf sowie kurze Entscheidungswege, räumliche Nähe und Erreichbarkeit sowie die bereits angesprochene umfassende Beratung und der persönliche Service. Ob diese Vorzüge Spielräume in der Konditionengestaltung eröffnen, beleuchten die nachfolgenden Ausführungen.

Inwieweit wird eine solide Erstbankbeziehung von den Kunden auch durch eine gewisse Konditionentoleranz honoriert?

Die Globalisierung sorgt weltweit für offene Märkte und neue Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnik bieten hohe Markttransparenz für die Verbraucher und die Unternehmen. So lockten ausländische Banken jahrelang heimische Unternehmen mit Traumkonditionen, und Deutschlands Banken setzten beziehungsweise setzen im Kampf um den Kunden vor allem auf reizvolle Preise. Bankkunden sind auch heute noch loyal, doch eben nicht mehr um jeden Preis. Tatsächliche oder vermeintliche Schnäppchenangebote verleiten gerade unzufriedene Bankkunden zum schnellen Institutswechsel. Der Hang der Verbraucher zum "Bankhopping" ist latent gegeben.

Die Geiz-ist-Geil-Kultur überlebt sich sukzessive

So gibt es sicher Kunden, für die die Präsenz der Sparkasse vor Ort und das starke Engagement in der Region ohne große Bedeutung zu sein scheint und die sich bei ihrer Entscheidung für einen Finanzpartner nur am Preis orientieren und keine feste lokale Hausbankbeziehung anstreben. Ob dies eine Entscheidung mit der notwendigen Weitsicht darstellt, die sich nachhaltig bewährt, sei an dieser Stelle offen gelassen.

Die Motivation mancher Kunden, nur preisgetrieben zu entscheiden, entzaubert sich in dem Maße, wie sich auch die "Geiz-ist- Geil-Kultur" sukzessive überlebt. Gerade Sparkassen stehen für die wieder aktuellen Werte wie Sicherheit und Vertrauen und für faire, marktgerechte Konditionen. Solidität und Nachhaltigkeit in der kommunizierten Geschäftspolitik machen die Sparkassen zu einem verlässlichen Finanzpartner.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob beispielsweise das gebührenfreie Konto in Zukunft dominieren wird und sich die damit verbundenen Cross-Selling-Erwartungen, die den Gebührenverzicht kompensieren sollen, aus Bankensicht erfüllen. Diejenigen Kunden, die beim Girokonto sehr preissensibel sind, sind das auch bei anderen Produkten.

Hochdruckverkauf ist dem Kunden zunehmend lästig

Im Übrigen wird der Hochdruckverkauf auch vom Gesetzgeber in vielfältiger Weise eingeschränkt, und er ist dem Verbraucher zunehmend lästig. Wegfallende Erträge lassen sich dann nur auf der Kostenseite durch Einschränkungen beim Service ausgleichen und ein "Zurück" kann hohe Glaubwürdigkeitsverluste bringen.

Viel wichtiger ist es, mit allen Produkten und Dienstleistungen permanent als Anbieter mit einer konstant guten Leistung wahrgenommen zu werden. Diese Verlässlichkeit zahlt sich aus, weil sie zu einem nachhaltigen Kundenvertrauen führt. Können die Werte einer vertrauensvollen Bankbeziehung plausibel vermittelt werden, wird die Mehrzahl der Kunden bereit sein, einen fairen Preis zu zahlen.

Sparkassenkunden erwarten nicht den "billigen Jakob"

Der öffentliche Auftrag entbindet die Sparkassen keineswegs von der Notwendigkeit, erfolgreich zu wirtschaften. Vielmehr ist eine angemessene Ertragskraft die Grundlage dafür, den satzungsgemäßen öffentlichen Auftrag ausfüllen zu können. Als Wettbewerbsunternehmen in einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung muss sich auch die regionale Sparkasse an den Gesetzmäßigkeiten der Märkte orientieren.

Die Sparkasse als Hausbank wird gerade im Bereich der Preise für Dienstleistungen nicht dergestalt mitbieten, dass man sich über einen Preiskampf gegenseitig unterbietet und damit seine individuelle Beratungs- und Serviceleistung abqualifiziert. Das Gegenteil muss der Fall sein. Sie muss ihre Kunden von ihrer Leistung überzeugen und damit die Wertigkeit der Marke "Sparkasse" nachhaltig absichern. Wer Kunde beim Marktführer ist, erwartet nicht unbedingt den "billigen Jakob", sondern ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Im Bereich der zinsgetriebenen langfristigen Produkte (beispielsweise bei der privaten Baufinanzierung) spielt der Preiswettbewerb eine besondere Rolle. Signifikante Zinsabstände zu seriösen und vergleichbaren Wettbewerbsprodukten sind aufgrund der hohen Volumina verbunden mit entsprechenden Zinskosten nicht realisierbar. Gleichwohl muss dem Kunden oder Interessenten auch in diesem exemplarisch ausgewählten Bereich der Baufinanzierung verdeutlicht werden, welche Servicevorteile eine Sparkassen-Baufinanzierung hat, um darüber eine Margenverbesserung zu erreichen. Statistiken besagen, dass in einer normalen Vertragslaufzeit von zehn Jahren ein Darlehen etwa zwei- bis dreimal individuell in "die Hand" genommen werden muss, da sich Sicherheiten verändern oder die Lebenssituation individuelle Lösungen erforderlich macht. Dies kann das preisgetriebene Geschäftsmodell einer Direktbank ohne die persönliche Präsenz nicht leisten.

Im Bereich der Geldanlagen verhält es sich ganz ähnlich. Manchmal könnte man glauben, dass es für viele Banken ein sportliches Wettrennen ist, wer den höchsten Tagesgeld-Zinssatz bietet. Im Nachhinein war dieses Springen von einem Anbieter zum nächsten bei nunmehr drei bis vier Jahren Niedrig-Zinsphase für die Kunden eine schlechte Strategie. Es kann sich jeder ausrechnen, auf welche Zinsen er über die Jahre verzichtet hat. Hier zeigt sich, dass eine ganzheitliche Beratung, die bei vielen preisgetriebenen Nischenanbietern nicht stattfindet, dem Kunden einen deutlichen Mehrwert bringt.

Konditionenabstand als Service- und Qualitätsäquivalent

Ein faires Angebot ohne viele "Sternchen" unterstützt die Positionierung als preiswürdiger und leistungsstarker Anbieter. Wie groß der Konditionenabstand sein darf, kann man pauschal nicht sagen. Sparkassen haben es mit einer Vielzahl von Mitbewerbern zu tun, die temporär unterschiedlich stark auftreten und unterschiedlich wahrgenommen werden.

Zudem spielen in den einzelnen Geschäftsfeldern verschiedene Wettbewerbsstrukturen eine Rolle. Lapidar gesagt: maximal so groß, dass der Kunde ihn akzeptiert, und zwar als Service- und Qualitäts-Äquivalent.

Es geht keinesfalls darum, lediglich mit dabei zu sein ("Me-too"-Strategie), sondern darum, die typischen Merkmale der Marke Sparkasse "Nähe, persönliche Beratung, hohe Beratungs- und Servicequalität" beim Kunden zu festigen. So können sich die Sparkassen sowohl bei preissensiblen als auch bei betreuungsaffinen Kundengruppen als attraktiver und werthaltiger Bankpartner positionieren und dem Wettbewerb der Privat- und Direktbanken erfolgreich entgegentreten.

Ein großes Ärgernis sind im Zusammenhang mit dem Margenwettbewerb nach wie vor die staatlich durch Kapital oder Bürgschaften gestützten Banken. Zwar hat die offensive Werbung mit Lockvogelangeboten bei den betroffenen Banken

etwas nachgelassen. Jedoch verschenkt die in Deutschland am stärksten gestützte Bank weiterhin bis zu 100 Euro pro neuem Konto. An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, wie hoch man seine eigene Leistung einschätzt, wenn Kunden bei deren Inanspruchnahme Geld bekommen. Darüber hinaus ist hierin eine nicht akzeptable Wettbewerbsverzerrung zu sehen.

Preisblitze sind notwendig

Trotzdem ist es notwendig, dass sich auch Sparkassen über das Werbejahr verteilt bestimmter Preisblitze für ausgewählte Produkte bedienen, um die Wahrnehmung beim Kunden zu verstärken und auch mit besonders preisorientierten Verbrauchern ins Gespräch zu kommen. Gerade diese preissensiblen Verbraucher, die von der Finanzbranche gerne mal flapsig als "Zinsnomaden" beschrieben werden, sind die Adressaten solcher Aktivitäten.

Diese Kundengruppe gilt es mit einer zielgruppengerechten Preis- und Produktstrategie vertriebskanalübergreifend anzusprechen. Die hier beschriebenen "Preisentscheider" sind oftmals Kunden mit überdurchschnittlichem Potenzial. Wenn es gelingt, dieses auszuschöpfen, steht das auch nicht im Widerspruch zur grundsätzlichen Preisstrategie.

Als Fazit lässt sich festhalten: Eine Sparkasse - gerade als Hausbank - kann nicht die Preisführerschaft anstreben, sondern muss sich konsequent auf die Qualitäts- und Serviceführerschaft konzentrieren. In der externen Kommunikation muss die Sparkassenorganisation eine konsequente Markenpflege betreiben, um damit die Werthaltigkeit der Marke in der öffentlichen Wahrnehmung nachhaltig abzusichern. Sparkassen sind der Wettbewerbsteilnehmer, bei dem Verantwortung für Gesellschaft und Region lebendiger und gesetzlich verankerter Teil der Geschäftspolitik ist. Ein solches Selbstverständnis als regionales, öffentlich-rechtliches und kommunal getragenes Kreditinstitut mit einer hohen Geschäftsstellendichte schließt das Ziel Preisführerschaft aus.

Marke nicht durch "marktschreierisches Gehabe" beschädigen

Ziel ist die Qualitätsführerschaft. Ohne Zweifel ist es ein hoher Anspruch, Qualität jeden Tag erlebbar zu machen. Dafür genügt es allein auch nicht, ein Qualitätsmanagementsystem zu installieren, sondern Qualität muss gelebt werden und die gesamte Struktur der Sparkasse durchdringen vom Auszubildenden bis zum Vorstand. Kunden machen Qualität in erster Linie fest an: Vertrauen, Kompetenz und fairen Leistungen, verbunden mit der Gewissheit, dass der Berater mit einem hohen Maß an Empathie das Interesse des Kunden in den Fokus seiner Beratung rückt.

Nicht der günstigste Preis gibt den Ausschlag zum Geschäftsabschluss, sondern das Gesamtpaket der Leistung ist für den Kunden entscheidend. Dies gilt in gleicher Weise für den Privatkunden wie den Unternehmerkunden. Im Übrigen gilt: Eine Marke darf man nicht durch "marktschreierisches Gehabe" beschädigen. Manche Marktteilnehmer unterschätzen völlig, wie sehr preispolitische Aktionen - wie etwa Sonderkonditionen nur für Neukunden - Vertrauen zerstören und der Marke dauerhaft schaden können.

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