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Nachholbedarf in Personalisierung und Barrierefreiheit

In der Online-Abwicklung ihrer Bankgeschäfte geben sich Kunden mit einfachen Transaktionen auf dem Girokonto oder im Depot schon längst nicht mehr zufrieden. Mit dem deutlich gewandelten Einkaufsverhalten der Deutschen hat sich auch bei Bankkunden die Bereitschaft, komplexere Bankprodukte online zu erwerben und zu verwalten, zu einer Selbstverständlichkeit entwickelt. Banken kommen dem Kundenwunsch für Produkte jenseits des Girokontos jedoch nur langsam nach.

Schon längst gehört Online-Shopping zum Standard in allen Bevölkerungsgruppen. Egal, ob es sich um die neue Kaffeemaschine, eine Digitalkamera oder die nächste Urlaubsreise handelt - das Web als Informationsquelle ist nicht mehr wegzudenken, und der transparente Preisvergleich führt immer häufiger auch zu einer Bestellung im Web. Der starke Ausbau der Breitbandanschlüsse wie DSL und erschwingliche Pauschaltarife für unbegrenztes Surfen lassen 61 Prozent der Bundesbürger das Internet täglich oder fast täglich nutzen, und das nicht nur in der mit dem Internet aufgewachsenen Bevölkerungsgruppe der Unter-20-Jährigen.

Vier Fünftel der Online-Kunden wollen den Abschluss im Netz

Vor allem die Generation über 50, die sogenannten "Silver-Surfer", hat hier stark aufgeholt. 2007 bewegten sich laut ARD/ZDF-Online-Studie erstmals mehr Nutzer jenseits der 60 als Unter-20-Jährige im Netz: Eine attraktive Zielgruppe, vor allem für Banken, wenn man bedenkt, dass diese Bevölkerungsgruppe in den alten Bundesländern über ein Vermögen von rund 160 Prozent des gesamtdeutschen Mittelwertes verfügt. Welche Bedeutung messen denn nun Onlinebanking-Kunden einem Produktabschluss über ihr Bankportal zu, der keinerlei Papier mehr erfordert? Sind sie wirklich bereit, Finanzprodukte online zu erwerben?

Die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage im Rahmen der Pass Onlinebanking-Studie 2008 unter mehr als 22 000 Onlinebanking-Kunden beantworten diese Fragen eindeutig: 78 Prozent der Online-banking-Kunden sind ein Online-Abschluss und die Verfolgung des Bearbeitungsstatus wichtig oder sehr wichtig. Auch durchgängige Online-Workflows ohne Medienbrüche, zum Beispiel das Versenden von Papierformularen, haben bei 66 Prozent der Befragten eine hohe Priorität.

Im Rahmen einer Portalanalyse von 42 Privatkundenportalen in Deutschland, Österreich und der Schweiz kommt die Untersuchung zu erstaunlichen Ergebnissen.

Bestandskunden durchlaufen die gleiche Prozedur wie Neukunden

Ein Girokonto oder ein Depot lässt sich bei fast allen untersuchten Banken in Deutschland, Österreich und der Schweiz via Internet eröffnen und führen. Aber schon bei einfachen Ratenkrediten hat der Kunde Mühe, ein Bankportal zu finden, das eine Online-Kreditzusage anbietet. Neukunden können bei nur 59 Prozent der untersuchten Banken übers Netz einen Kreditvertrag abschließen und nur ganze zwölf Banken bieten eine Sofortzusage an. Bestandskunden können bei 74 Prozent der untersuchten Banken online abschließen, müssen allerdings meist die gleiche Prozedur durchlaufen wie Neukunden, obwohl die meisten Daten dem Anbieter bereits bekannt sind. Eine Datenübernahme durch Eingabe der Kontonummer und Be stätigung durch PIN und TAN stellt einen echten Mehrwert für den Kunden dar, wird aber nur bei sieben Banken angeboten.

Im Vergleich zur Suche nach einem Anbieter mit Sofortkreditzusage gestaltet sich die Suche nach der Online-Abschlussmöglichkeit für eine einfache Sachversicherung als noch schwieriger. Nur 34 der 42 untersuchten Banken bieten überhaupt Versicherungsprodukte an und beschränken sich dabei auf wenig beratungsintensive Sach- und Personenversicherungen. Eine konkrete Angebotsberechnung bieten von den 34 nur elf Portale an, und hier ist dann immerhin ein direkter Online-Abschluss möglich.

Lediglich ein Drittel erfüllt Kundenwunsch

Kundenwunsch und Wirklichkeit sind hier weit voneinander entfernt: 78 Prozent der Onlinebanking-Kunden ist ein Online-Abschluss wichtig oder sehr wichtig, und im Bereich der Versicherungen erfüllen nur 32 Prozent der Banken diesen Wunsch.

Wie wird der Kunde sich also verhalten, wenn er mal eben schnell, nachdem er ein paar Überweisungen getätigt hat, vor dem Urlaub eine Auslandsreisekrankenversicherung abschließen will, und sein Bankportal hierzu nur ein Kontaktformular anbietet? Richtig - er sucht sich mit ein paar Mausklicks einen Anbieter im Web, der seinen Wunsch nach dem Online-Erwerb von Versicherungsprodukten erfüllen kann.

Generell hat der Bankkunde eine hohe Wechselbereitschaft, wie die Umfrage zur Studie zeigt: Neben Konditionen (79 Prozent) sind der Funktionalitätsumfang (59 Prozent) und auch Online-Abschlussmöglichkeiten (46 Prozent) wichtige Gründe für die Wahl einer neuen Bankverbindung. Ein fehlender Online-Abschluss fördert also potenziell die Wechselbereitschaft der Kunden erheblich.

Oft geben Konditionen und Preise den Ausschlag

Für 79 Prozent der Befragten sind die Höhe der Preise und die Konditionen der Grund für die Wahl einer neuen Bankverbindung - sei es auch nur für einzelne Produkte. Mit einem kostenlosen Girokonto kann der Kunde leicht einige Hundert Euro im Jahr sparen, Guthabenverzinsung auf dem Girokonto kann das zusätzliche Tagesgeldkonto ersparen, und kostenlose Depots sowie rabattierte Ausgabeaufschläge können Trader locken.

Bei allen untersuchten Direktbanken ist ein kostenloses Girokonto selbstverständlich, bei 13 Banken gibt es das kostenlose Girokonto ab einem Geldeingang von monatlich 1 250 Euro. Immerhin 13 untersuchte Banken bieten auch Guthabenverzinsung des Girokontos an - diese liegt im Schnitt allerdings nur bei mageren 0,78 Prozent, wobei der Durchschnitt in Österreich und der Schweiz noch 0,65 Prozent unter diesem Wert liegt. Die besten Banken bieten hier jedoch drei Prozent für einen Höchstbetrag von 1 500 Euro beziehungsweise 2,5 Prozent ohne Betragsbegrenzung (Stand Februar 2009).

Bei Konditionen für Tagesgeldkonten locken Banken häufig mit hohen Zinssätzen, die oft jedoch zeitlich und betragsmäßig begrenzt sind. Doch den Bestandskunden dieser Institute bleiben derart attraktive Konditionen meist verwehrt; bei 22 Prozent der Banken müssen sie sich mit einer niedrigeren Verzinsung begnügen.

Dynamische Personalisierung ist nirgendwo umgesetzt

Die Mehrheit der befragten Bankkunden (53 Prozent) empfindet die Personalisierung als wichtiges Online-Leistungsmerkmal, das von den Anbietern aber noch nicht hinreichend umgesetzt wird, denn 38 Prozent der Kunden gefällt die Form der Personalisierung allein im Login-Bereich überhaupt nicht beziehungsweise weniger gut. Welche Leistungsdefizite weisen Bankportale hier noch auf und welche könnten die Kundenzufriedenheit merklich erhöhen? Dieser Frage wurde ebenfalls in der Portalanalyse nachgegangen.

90 Prozent der untersuchten Portale bieten zwar eine Form der Personalisierung an, Personalisierungsmöglichkeiten der Startseite oder des Login-Bereichs, wie zum Beispiel individuelle Zusammenstellung der Inhalte, findet sich jedoch nur bei 56 Prozent der Portale. Die restlichen 34 Prozent bescheiden sich mit einfachsten Funktionen wie persönliche Ansprache im Anmelde- oder Transaktionsbereich. Eine dynamische Personalisierung, die sich anhand häufig genutzter Funktionen oder Produkte selbstständig anpasst, wird bisher noch von keinem Institut angeboten. Im Bereich der Barrierefreiheit wurde untersucht wie Bankportale mit den Wünschen und Bedürfnissen körperlich beeinträchtigter Menschen umgehen. Eine Einstellung der Schriftgröße leisten nur 26 Prozent der untersuchten Banken - bei 74 Prozent werden also sehbehinderte Kunden oder Interessenten einfach ausgeschlossen, da die Seite nicht lesbar ist. Eine Steuerung per Tastatur ist erfreulicherweise bei 82 Prozent möglich. Insgesamt verschenken die Banken aber noch zu viel Potenzial beim Thema Barrierefreiheit.

Kunden vertrauen der i-TAN

Wer kennt sie nicht - die betrügerischen Mails, in denen vermeintliche Banken und Sparkassen zur Preisgabe von Banking-Zugangsdaten auffordern? Phishing-Mails erfreuen sich unter den Kriminellen immer noch hoher Beliebtheit, werden aber langsam von weitaus raffinierteren Methoden wie dem Verbreiten von Trojanern abgelöst. Dies bestätigt auch die Pass-Endkundenumfrage: Dennoch ist das Vertrauen in Sicherheitsverfahren bei den Onlineban-king-Kunden sehr hoch. PIN/TAN beziehungsweise die Weiterentwicklung i-TAN wird noch immer für das sicherste Verfahren (79 Prozent) gehalten. Biometrische Verfahren gewinnen aber seit Jahren stetig an Vertrauen. Sie haben das Potenzial, bei entsprechender Weiterentwicklung PIN/TAN den Rang abzulaufen.

Wenn es um aktuelle Sicherheitsprobleme wie das Auftreten von Schadprogrammen geht, können Banken durch das Bereitstellen aktueller Sicherheitssoftware wie zum Beispiel Antivirenprogramme zum Download weitaus mehr leisten und erzeugen so einen Mehrwert für Kunden und Bank. Dies beweisen 62 Prozent der untersuchten Portale. Die 6. Auflage der Pass Online-banking-Studie ist ein Beleg für die stetige Weiterentwicklung des Onlinebanking der letzten Jahre. Sie zeigt allerdings auch die großen Potenziale, die Banken noch heben können. In der Studie wird so für einzelne Bereiche ein Verbesserungspotenzial von bis zu 40 Prozent ermittelt. Die Bereitschaft und die Anforderungen der Kunden sind oft deutlich höher als die Angebote der Banken.

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