Marktstrategie

Naspa: als "Komfortsparkasse" zu treueren Kunden?

Wie positioniert sich eine traditionsreiche Sparkasse erfolgreich am Markt, wenn das Umfeld von einem anhaltend heftigen Wettbewerb geprägt wird und eine Differenzierung über die früher üblichen Kriterien kaum noch möglich erscheint? Welche Strategie ist angemessen, um gleichermaßen auf den aggressiven Druck der Direktbanken und das veränderte Kundenverhalten zu reagieren? Die Nassauische Sparkasse (Naspa) hat ihre Antwort auf diese Fragen. Das Geldinstitut mit Hauptsitz in Wiesbaden möchte zur Komfortsparkasse Nummer eins in Deutschland werden.

Komfort-Bedürfnis bei Bankdienstleistungen?

Mit dem Begriff Komfort verbindet der Verbraucher zunächst andere Branchen. Er denkt an Top-Hotels, an den Service in den First-Class-Abteilen von Flugzeugen und Zügen, an eine bequeme Einrichtung oder teure Autos. Nur den wenigsten Menschen dürften Banken in den Sinn kommen, wenn sie über Komfort nachdenken. Und genau diese Tatsache sollte wiederum den Finanzdienstleistern zu denken geben, denn offenkundig ist die Komfort-Erwartung der Verbraucher gegenüber dieser Branche nur schwach ausgeprägt.

Automatisierte Standardleistungen von Direktbanken mögen zwar billig sein, doch Komfort lassen sie sicher nicht erwarten. So stellt sich vorab die Frage, ob die deutschen Bankkunden überhaupt ein Komfortbedürfnis haben oder ob sie größeren Wert darauf legen, ein paar Euro zu sparen und bei einem Finanzdiscounter zu kaufen. Ein Blick in andere Branchen zeigt, dass viele Verbraucher differenzierte Lösungen wünschen. Für einfache Produkte und Dienstleistungen ziehen sie den preisgünstigen, aber oft unpersönlichen Weg vor, für ihre anspruchsvollen Wünsche indessen bevorzugen sie qualifizierte Beratung, freundlichen Service in angenehmem Ambiente und vor allem Qualität.

Im Finanzdienstleistungssektor ist das kaum anders. Nur wenige Kunden dürften bereit sein, zum Beispiel ihre private Vorsorge per Internet oder mit einem Anruf in einem anonymen Callcenter zu regeln. Auch eine wirklich passende Vermögensanlage oder Finanzierung gibt es nicht als Massenware von der Stange, sondern nur als individuelle Lösung, die seitens des Beraters neben entsprechenden fachlichen Qualifikationen ein hohes Maß an Empathie voraussetzt.

Den Kunden überraschen

Er sollte den Kunden verstehen - sogar das, was er nicht sagt. Das ist Komfort-Banking. Kunden, deren Ansprüche stetig wachsen und eine Vielfalt an Finanzprodukten, die nicht eben zur Transparenz beiträgt, machen aus Sicht der Naspa persönliche Beratung und Nähe zu wichtigen Erfolgsbausteinen. Anders ausgedrückt: Komfort hat Zukunft.

Dauerhaft erfolgreich wird die Komfortstrategie jedoch nur dann sein, wenn es nicht bei einem griffigen Schlagwort und ein paar wohlfeilen Absichtserklärungen bleibt. Es gilt vielmehr, das Komfortversprechen zu halten und für den Kunden unmittelbar spürbar zu machen. Komfort ist dabei alles, was über den normalen Standard deutlich hinausgeht und Kunden nicht nur zufriedenstellt, sondern sie überrascht und begeistert.

Doch wann empfinden Menschen eine Dienstleistung als komfortabel und angenehm? Nach der klassischen Definition muss Komfort Behaglichkeit vermitteln und den Menschen Arbeit und oft auch Sorgen abnehmen. Komfort bedeutet, dass sich der Kunde "gut aufgehoben fühlt". Die Naspa macht ihre Komfortstrategie daher vor allem an vier Eckpunkten fest: Bequemlichkeit, Individualität, Qualität und Fairness. Alle diese Erfolgskriterien sind eng miteinander vernetzt, das heißt wirklicher Komfort stellt sich erst ein, wenn alle vier Ziele erreicht sind.

Attraktive Klientel Doch welche Kunden legen eigentlich Wert auf Komfort, Bequemlichkeit und persönliche Beratung?

Der klassische Onlinekunde, der seine Anlageentscheidungen selbstständig trifft und in seiner Bank in erster Linie einen Transaktionsdienstleister sieht, hat vermutlich kein ausgeprägtes Komfortbedürfnis. Er orientiert sich generell am Preis, meidet den Besuch in Filialen und wechselt häufig die Bank.

Der "Komfortsuchende" hingegen wünscht effiziente Betreuung, multimediale, aber einfache Zugangskanäle (online, telefonisch und über die nahe gelegene Filiale) und schätzt die gewachsene, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit seiner Bank. Allerdings achtet er auf ein faires Preis-/Leistungsverhältnis. Loyalität um jeden Preis ist von diesen Kunden nicht zu erwarten. Generell erscheint die Kundengruppe der "Komfortsuchenden" somit äußerst attraktiv, denn sie birgt großes Potenzial.

Kundenmanager und Dienstkleidung

Komfortorientierung zeigt sich nicht zuletzt an der Liebe zum Detail. So setzen wir sogenannte Kundenmanager ein. Dabei handelt es sich um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als zentrale Ansprechpartner die Kunden begrüßen, ihnen bei Bedarf aktiv helfen und sie an die richtigen Gesprächspartner leiten. Der Kundenmanager empfängt die Besucher wie ein freundlicher Gastgeber. Daneben treten die Naspa-Beschäftigten den Kunden in einheitlicher Dienstkleidung gegenüber. Diese beiden Komfortelemente wurden in den vergangenen Monaten in mehreren Finanz-Centern (also ehemaligen Geschäftsstellen) getestet. Das Ergebnis belegt, dass die Kunden diese scheinbaren Kleinigkeiten sehr zu schätzen wissen. Gleichzeitig wurden die Finanz-Center optisch aufgewertet und mit vielen kleinen Aufmerksamkeiten versehen.

Räumliche Nähe als Herzstück

All diese Annehmlichkeiten lassen sich jedoch nur umsetzen, wenn man den Kunden möglichst nahe ist. Einheitliche Dienstkleidung allein wird niemanden überzeugen, wenn er weite Fahrten bis zur nächsten Filiale auf sich nehmen muss. Die Kundennähe im direkten Sinne des Wortes ist für die Naspa daher nicht weniger als das Herzstück ihrer Komfortstrategie. Und Nähe bedeutet eben nicht nur Präsenz, sondern ebenso Kompetenz in der Region. Es gilt die Devise: So zentral wie nötig, aber so dezentral wie möglich.

Die Mitarbeiter/innen vor Ort haben weit reichende Entscheidungsbefugnisse. Sie

sind in der Regel regional verwurzelt und kennen die jeweiligen Märkte sehr gut. Ein beträchtlicher Vorteil gerade für eine Sparkasse, deren Geschäftsgebiet unterschiedlich strukturiert ist und sowohl Ballungsräume wie Frankfurt und Wiesbaden als auch ländliche Regionen umfasst. Nähe und Präsenz vor Ort sind daher nicht nur Kosten-, sondern vor allem Erfolgsfaktor. Immerhin belegte eine vor Kurzem vom Mannheimer Ipos-Institut veröffentlichte Studie, dass sogar für 60 Prozent der Direktbanken-Kunden der persönliche Kontakt zu ihrem Geldinstitut wichtig erscheint. Bei den Filialbank-Kunden liegt dieser Wert bei etwa 75 Prozent. Besonders dann, wenn es um höhere Summen und um langfristige Entscheidungen geht, legen die Kunden großen Wert auf das persönliche Gespräch.

Individualität in der Beratung

Diese Erkenntnis führt direkt zum zweiten Komfortkriterium, der Individualität. Bei anspruchsvollen Anlageentscheidungen, Finanzierungen oder bei der Zusammenstellung einer verlässlichen privaten Vorsorge können nur ganz gezielt auf die jeweiligen Kunden zugeschnittene Lösungen nachhaltig erfolgreich sein. Im Rahmen ihrer Neupositionierung als Komfortsparkasse optimiert die Naspa ihre Kundenberatung und deren Abläufe. Dazu werden die Beratungsprozesse im Privat- und Firmenkundengeschäft weiter systematisiert und noch stärker auf das Potenzial und den individuellen Bedarf des Kunden ausgerichtet. Ziel ist dabei auch ein weiterer Ausbau der Cross-Selling-Aktivitäten.

Das setzt unter anderem eine kontinuierliche Verbesserung der IT-Infrastruktur voraus. Denn diese Instrumente bilden sozusagen ein elektronisches Gedächtnis für die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kunden.

Individualität bedeutet ferner, den Kunden ganzheitlich zu betreuen. Was dies in der Praxis heißt soll folgendes Beispiel belegen: Als traditioneller Partner kleinerer und mittelständischer Betriebe arbeitet die Naspa naturgemäß eng mit Unternehmerpersönlichkeiten zusammen, bei denen geschäftliche und private Finanzentscheidungen in vielen Fällen nicht voneinander zu trennen sind.

Wir werden deshalb unsere Privat- und Firmenkundenbetreuung noch enger verzahnen. So stehen für Firmenkunden künftig Private-Banking-Berater zur Verfügung, die sich um die private Finanz- und Vorsorgeplanung der Firmeninhaber kümmern.

Darüber wird das Geschäft mit kleinen und mittelständischen Betrieben ganz gezielt intensiviert. So wird die Zahl der Firmenkundenregionen und die der Führungskräfte verdreifacht. Die Berater sind dadurch dezentral in der Region verortet. Außerdem werden spezielle Gewerbekundenberater eingesetzt.

Somit teilt sich das Firmenkundengeschäft fortan in zwei Segmente: Den Firmenkunden- und den Gewerbekundenbereich. Für beide ist Nähe von großer Bedeutung. Denn nur so lassen sich die vorhandenen Potenziale ausschöpfen.

Private Banking für breite Kundenschichten

Komfort verlangt überdies nach gleichbleibend hoher Qualität. Sie ist ebenfalls ein essenzieller Bestandteil der Naspa-Komfortphilosophie. Qualität bedeutet, sich auf die Güte der Produkte und das Know-how der Beraterinnen und Berater verlassen zu können. Zur dauerhaften Sicherung eines hohen Qualitätsniveaus wird die Kundenzufriedenheit ständig gemessen und auf ein kontinuierliches Kundenfeedback für die Berater geachtet.

Im Private Banking, das in unabhängigen Tests immer wieder Spitzenplätze belegt, befindet sich die Sparkasse auf gleicher Augenhöhe mit den großen Namen

der Vermögensverwaltungsbranche. Diese Qualität soll künftig nicht nur einem verhältnismäßig kleinen Kundenkreis vorbehalten bleiben. Hierzu wird die Zahl der Private-Banking-Center im Geschäftsgebiet der Naspa von bislang drei auf künftig 20 erhöht. Dieses Ziel wird die Sparkasse noch im Jahr 2008 erreichen. Dadurch werden zahlreiche Privat- und Firmenkunden in den Genuss einer im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichneten Beratung kommen.

Das Private Banking ist für die Naspa aufgrund ihres interessanten Geschäftsgebiets äußerst attraktiv, sodass die Ausdehnung dieser Leistungen erhebliches Potenzial verspricht.

Der Bedarf an ganzheitlicher Analyse und Beratung mit Blick auf die Kapitalanlage und die Vorsorge lässt sich schwerlich an einem bestimmten Vermögensvolumen festmachen. Mit der Ausweitung des Private-Banking-Angebots bieten wir den Kunden daher nicht nur einen echten Mehrwert, sondern setzen uns auch erkennbar vom Standard einer Direktbank ab. Auch hier stehen wiederum individuelle Lösungen statt Massenmanagement im Vordergrund.

Kein Preiskampf mit den Direktbanken

Fairness als weiterer der vier genannten Komfortfaktoren steht zum einen für ein ausgewogenes Preis-/Leistungsverhältnis. Natürlich muss eine Sparkasse gute Produkte und Serviceleistungen zu einem möglichst günstigen Preis anbieten. Doch angesichts ihrer spezifischen Kostenstrukturen können sie nicht dauerhaft in einen Wettstreit mit Direktbanken über die günstigsten Konditionen eintreten.

Schließlich bedeutet Fairness für ein regionales Kreditinstitut nicht zuletzt, sich aktiv für die Region zu engagieren, in der es zu Hause ist und sein Geld verdient. Die Naspa fördert daher zahlreiche kulturelle, gesellschaftliche und soziale Aktivitäten in ihrem Geschäftsgebiet.

Die Antwort auf die Frage, mit welcher Strategie die Naspa zur Nummer eins in Sachen Komfort aufsteigen möchte, lässt sich daher mit drei Maximen auf den Punkt bringen. Sie will

den Marktstandard bei Preisen und Produkten erfüllen, bei der Beratung den Marktstandard übertreffen, und Marktführer bei der Dienstleistung werden.

Die Weiterentwicklung zur Komfortsparkasse bildet den Kern des Prozesses "Naspa 2011", mit dem sich das Haus neu positionieren und die Weichen für künftige Erfolge in einem harten Wettbewerbsumfeld stellen wird. In den vergangenen Monaten haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkasse sehr viel Zeit und Energie investiert, um dieses Projekt erfolgreich umzusetzen. Im Herbst vergangenen Jahres wurde es dann in einigen Finanz-Centern in der Region Rheingau-Taunus-West gestartet, um in der Praxis zu testen, wie die Vorstellungen der Naspa in punkto Komfort bei den Kunden ankommen. Die Ergebnisse sind äußerst erfreulich.

Dienstkleidung kommt beim Kunden an

Sowohl die neuen Service leistungen als auch die optische Umgestaltung der Fi-nanz-Center wurden von den meisten Kunden begrüßt. Knapp 80 Prozent der Befragten äußerten sich zum Beispiel positiv über die einheitliche Dienstkleidung. Ebenfalls gut angenommen wurden auf den Testmärkten die Kundenmanager, die in den Finanz-Centern ihre Kunden begrüßen, ihnen weiterhelfen und zu den zuständigen Kollegen begleiten. Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Kundenmanager vor allem für größere und stark frequentierte Finanz-Center in Frage kommen.

Positive Kundenresonanz auf neues Beratungskonzept

Besonders erfreulich nimmt sich die Resonanz auf das neue Beratungskonzept aus. Die Kunden äußerten sich sehr zufrieden mit dem Ablauf der Terminvereinbarung, der Gesprächsführung und den Rahmenbedingungen. Die Qualität der Beratungsgespräche bezeichneten drei Viertel der Kunden als "ausgezeichnet" oder "sehr gut". Hier zeigt sich, wie alle erwähnten Komfortelemente zusammenwirken: Auf der einen Seite die gezielte Optimierung der Beratungsqualität, auf der anderen Seite die zahlreichen scheinbar marginalen "Wohlfühlelemente", die offenkundig ihre Wirkung nicht verfehlen.

Zu diesen vermeintlichen Kleinigkeiten gehört etwa die Mitarbeiterfotowand, die durchgängig auf sehr gute Reaktionen stieß. Darauf werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des betreffenden Finanz-Centers vorgestellt.

Auf der Grundlage der Ergebnisse wird entschieden, welche der getesteten Komfortelemente generell verwirklicht werden. Doch schon heute lässt sich feststellen: Mit der Strategie des Komfort-Banking hat die Naspa ein Thema besetzt, das in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen dürfte. Nicht im Wettbewerb um Standardlösungen liegt die Chance, sondern in der Komfortführerschaft. Wäre "billig" das Nonplusultra, gäbe es keine Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels mehr, sondern nur noch Herbergen mit kargen Zimmern. Es gäbe auch keine Linienfluggesellschaften mehr, sondern nur noch Billigflieger. Tatsächlich gibt es beides. Und dieser Trend macht vor der Finanzdienstleistungsbranche gewiss nicht halt. Aber: Wer Komfort verspricht, muss sein Versprechen halten und ein faires Preis-/Leistungsverhältnis bieten. Die Kunden werden dies mit Loyalität honorieren.

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