Mobile Banking

Revolutionin der Kundenkommunikation: verschenkte Potenziale

Blackberry, i-Phone, Palm und Co. haben die Kommunikation in den letzten Jahren nahezu revolutioniert. Mobile, internetfähige Endgeräte der neuesten Generation sind der ständige Begleiter einer zunehmend mobilen und individualisierten Gesellschaft. Mit dieser Entwicklung geht auch ein neuer Typus Mensch und damit ein neuer Typus Kunde für Finanzdienstleistungsunternehmen einher. So geht die sogenannte Generation Y, auch als Millennials bekannt, nahezu selbstverständlich mit der sich ständig verändernden Informationstechnologie und neuen Kommunikationslösungen um. Dank der nutzerfreundlichen Technologie trifft dies inzwischen aber auch auf ältere Generationen zu.

Diese veränderten Nutzergruppen erwarten Gleiches, nämlich Technologiekompetenz und angepasste Dienstleistungsangebote, nun auch von ihrer Bank. Eine der ältesten Branchen der Welt steht damit vor komplexen Herausforderungen.

Outperformance beim Mobile Banking wird zum Erfolgsfaktor für Banken

Nach den Forschungserkenntnissen von Accenture ist eine Outperformance der Kreditinstitute im Segment des mobilen Banking (M-Banking) ein erfolgskritischer Faktor für das erfolgreiche Bestehen am Markt.

Schon im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es zu einer Entwicklung gekommen, die sich als "Vertrauenskrise" zwischen Kreditinstituten und Kunden subsumieren lässt. Die Wiederherstellung dieses beschädigten Vertrauens zum Endkunden ist wohl eine der größten Herausforderungen für Banken weltweit. Ein Wiederherstellungsprozess impliziert die notwendige Abkehr von bislang gängigen Geschäftsmodellen, deren Fokus auf das "Push"-Prinzip und damit in erster Linie auf den Produktabsatz gelegt war, und einer stärkeren Hinwendung zum "Pull"-Prinzip, das eine intensivere Kundenbindung zum Ziel hat. In dieser notwendigen Shift-Bewegung hin zum Pull sehen Marktbeobachter einen Schlüsselfaktor für die Steigerung der Eigenkapitalrendite von Banken.

Damit es jedoch zu einem verstärkten Pull-Effekt bei Banken kommt, sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Dazu gehören für Kreditinstitute die notwendige Entwicklung und der Einsatz von kundenrelevanten digitalen Services. So würden einer Accenture-Befragung (2009) zufolge 61 Prozent der europäischen Handynutzer heute bereits Mobile Banking in Anspruch nehmen, wenn die Banken entsprechende Angebote und Infrastrukturen vorhielten. Vor diesem Hintergrund stellt das Kundenmanagement und damit einhergehend die Ansprache der relevanten neuen Kundensegmente eine umso wichtigere Komponente des Geschäftsmodells von Banken dar.

Potenzial bleibt unausgeschöpft

So zeichnen sich schon jetzt die für digitale Technologien hochaffinen Kundengruppen "Generation Y" und "Millennials" als äußerst wichtige Zielgruppen im Bankensektor ab. Zudem ist die neue und zunehmend einfacher handhabbare Technologie inzwischen auch in den ertragsstarken Kundensegmenten der "Midager" angekommen. Bis zum Jahr 2012 dürften sich das Mobile Banking und mobile Zahlungskanäle damit als bedeutende, aber noch zu erschließende Innovationsbereiche herausstellen, die es von Bankenseite als Optionen für Ertragswachstum noch zu identifizieren gilt.

Viele Banken haben bereits mobile Applikationen für Dienstleistungen wie mobile Kontoführung (Mobile Accounting), mobile Depotführung (Mobile Brokerage) und mobile Finanzinformationen (Mobile Financial Information) entwickelt und am Markt platziert.

So ist bei der Deutschen Bank bereits seit November 2009 ein Kooperationsmodell mit Vodafone verfügbar.

Die Postbank ist ebenfalls mit ihrem mobilen Onlineangebot am Markt,

und die Hamburger Sparkasse arbeitet gerade daran, die vorhandene Applikation für den Platzhirsch i-Phone auf andere Smartphones auszuweiten.

Auch sogenannte Multibankenportale, in denen Endnutzer über einen Zugriff sämtliche Konten unterschiedlicher Banken verwalten können, sind inzwischen verfügbar. Doch reicht all das tatsächlich aus? Gerade durch die innovativen Endgeräte könnten die Finanzdienstleister gänzlich neue Wege der Kundenkommunikation erschließen und damit in einen echten Dialog treten.

Banken versus Mobilfunkanbieter

Trotz der vereinzelten Initiativen haben viele Bankhäuser die Notwendigkeit der Nutzung von neuen Technologien noch nicht erkannt. Das liegt auch daran, dass zahlreiche Banken in den M-Banking-Markt gestartet sind, als dieser noch nicht hinreichend etabliert und technologische Entwicklungspotenziale noch nicht absehbar waren. In dieser Phase wurden durch die Kreditinstitute mobile Portale früher Generationen (zum Beispiel WAP-Standard) bereitgestellt, welche aufgrund ihres statischen Ansatzes und der Ermangelung an Convenience durch die Nutzer kaum angenommen wurden. Dies war für etliche Unternehmen eine abschreckende Erfahrung.

Ein weiteres Hemmnis resultiert daraus, dass in den Bankhäusern teilweise Entscheider einer Generation angehören, die alles andere als technologieaffin ist. Das Ergebnis ist eine abwartende Haltung gegenüber der neuen und inzwischen ausgereifteren Technologie, deren Erfolg in mehr Interaktion, Kommunikation und spielerischen Applikationen liegt.

Dieses Zögern wird sich als fataler Fehler entpuppen. Schließlich konkurrieren die Bankhäuser im Segment mobiler Finanztransaktionen längst nicht mehr nur untereinander. So hat der Telefonhersteller Nokia inzwischen einen eigenen Bezahldienst angekündigt und Fahrkartenkauf per SMS oder MMS-Service gehört in nahezu jedem deutschen Verkehrsnetz zum selbstverständlichen Repertoire der ÖPNV-Anbieter.

Sonderfall Kenia

Ein ganz besonderes Szenario hinsichtlich des Wettbewerbs bietet aber der Blick auf Kenia. Das ostafrikanische Land erlebt gerade eine Art Handy-Wirtschaftswunder. Durch preiswerte Endgeräte, günstige Tarife sowie vielfältige Einsatzmöglichkeiten der Telefone haben sich dort hochinnovative mobile Dienstleistungen entwickelt. So führte der Mobilfunk-Marktführer Safaricom zusammen mit Vodafone im März 2007 das System M-Pesa ein, was so viel bedeutet wie mobiles Geld.

Seitdem können Geldtransfers über das Mobiltelefon abgewickelt werden, und das eben in einem Land, wo weniger als 20 Prozent der Bevölkerung ein Bankkonto ihr Eigen nennen. Inzwischen können die Kenianer ihre Wasser- und Stromrechnung ebenso per Telefon bezahlen, wie den Einkauf, Eintrittskarten, Flugtickets und Schulgebühren. Ähnliche Services finden sich mittlerweile auch in Afghanistan und Tansania.

Zukunftsmarkt Mobile Payments

Das Beispiel zeigt, dass gerade in den schnell wachsenden Mobilfunkmärkten die Banken, Kreditkartenunternehmen und Bargeldtransferdienstleister der Innovationskraft der Mobilfunkbranche nicht viel entgegenzusetzen haben. Bei vier Milliarden Menschen auf der Welt mit Mobiltelefonen, aber ohne Bankkonten müssen die Finanzdienstleister handeln und kundenorientierte Lösungen anbieten, um nicht langfristig ins Hintertreffen zu geraten.

Mobiles Banking muss somit eigentlich in einem erweiterten Kontext gesehen wer den. Diese Sichtweise betrifft aber längst nicht nur Schwellen- und Entwicklungsländer. Neben den reinen Bankleistungen wie die mobile Kontoführung, die mobile Depotführung und mobile Finanzinformationen müssen auch Mobile Payments, also mobile Bezahlungen oder Geldtransfers, in die Betrachtung integriert werden. Hier liegen für die Banken enorme Potenziale.

Mobiles Cross-Selling und andere Ertragsquellen

Die mobilen Endgeräte sind heute längst zu einer Art "Ermöglicher" weitreichender Konsumentenaktivitäten geworden. Banken können durch ein Angebot entsprechender mobiler Applikationen Erträge aus dem wachsenden Volumen mobiler Transaktionen generieren. Durch die wachsende Zahl vor allem junger Kunden ermöglicht der neue Kommunikations- und Vertriebskanal aber auch das Cross-Selling weiterer Dienstleistungen wie zum Beispiel das Angebot von Sparkonten, Asset-Management-Services und Versicherungen.

Erträge können aber auch aus vermeintlich bankfernen Transaktionen wie der Bezahlung von Karten für Kinobesuche, Benzin an der Tankstelle oder Nahverkehrstickets im Micro-Payment-Bereich resultieren. Dies ist ein wesentlicher Konsumsektor, sind doch Studien zufolge 85 Prozent aller Konsum-Transaktionen mit Bargeld in Europa Zahlungen im Segment unter zehn Euro.

Ebenso wichtig werden zudem Zahlungen per Mobiltelefon in größeren Volumensklassen. Das Spektrum der Finanztransaktionen ist somit ein wesentlicher Ansatzpunkt für die neue Technologie, denn bis 2014 ist nach Schätzungen mit einem Gesamtnutzerpotenzial im Bereich finanzieller Transaktionen von weltweit 500 Millionen Kunden zu rechnen. Insgesamt bieten Mobile Payments damit mittel- bis langfristig im Bereich der Transaktionen eine starke Alternative für das Portemonnaie oder die Kreditkarte. In Europa sind dahingehend schon erste ausgereifte Ansätze ersichtlich. So hat der italienische Anbieter Poste Mobile seine Mobilfunkangebote erfolgreich mit Bank- und Transaktionsleistungen verknüpft. Die Kunden können bei ihren mobilen Endgeräten inzwischen unter anderem Kreditkarten-, Überweisungs-, Zahlungs- und Kontoführungsfunktionen nutzen.

Rolle der Banken im Umfeld mobiler Transaktionen

Neben quantifizierbaren Ertragspotenzialen für Banken sind aber bei mobilen Bankleistungen und Transaktionen vor allem auch Kundenbindung und Kundenakquisition herausragende Werttreiber. Hintergrund: Unter den Telefonnutzern befinden sich zahlreiche Kundensegmente, die durch die Banken bislang nicht avisiert wurden. So beginnen beispielsweise gerade die Zielgruppen der Kinder und Jugendlichen deutlich eher mit der Nutzung von Mobiltelefonie als mit der Beziehung zu einem Kreditinstitut. Über die Stellschraube der Micro- und Macro-Payments werden diese zukünftigen Kundengruppen schon in diesem frühen Konsumentenstadium für die Banken erreichbar. Schon in dieser Phase sind eine Schaffung solider und langfristiger Kundenbeziehungen und das Erreichen von Kundenloyalität möglich.

Das Marktfeld mobiler Finanztransaktionen wird bestimmt durch zahlreiche beeinflussende Marktteilnehmer. Neben Banken prägen die Betreiber jeweiliger Mobil- und Datennetze, beteiligte Händler, Dienstleister und Produzenten das Bild. Zentraler Bestandteil sind jedoch die Anbieter des mobilen Zahlungsservice.

Diese Aufteilung macht auch die Risiken für die Kreditinstitute im Zuge der wachsenden Nutzung mobiler Zahlungsservices deutlich. Was wäre beispielsweise, wenn zukünftig Zahlungen und Gehälter nicht mehr auf das Bankkonto der Nutzer erfolgen, sondern an einen neuartigen Mo-bile-Money-Service transferiert würden? Ebenso kritisch sind denkbare direkte Zahlungsströme zwischen Händler und Käufer, unter Umgehung klassischer Bankkonten zu bewerten.

Ein grundlegendes Risiko stellt auch die Marktmacht anderer Teilnehmer, auf Basis der bestehenden Kundenverbindungen im Marktfeld mobiler Transaktionen dar.

So verfügen die größten privaten Kreditinstitute in Deutschland über eine Kundenbasis, die teilweise deutlich unterhalb 20 Millionen liegt, während die größten Mobilfunkanbieter T-Mobile und Vodafone mit jeweils mehr als 30 Millionen Endkunden deutlich darüber rangieren.

Ebenso um ein Vielfaches höher ist die Kundenbasis der führenden Handelskonzerne wie Rewe und Metro Group.

Für die Banken besteht daher insbesondere ein Risiko darin, durch derart starke dritte Marktteilnehmer im mobilen Transaktionsgeschäft von ihrer eigentlichen Kundenbasis und auch von potenziellen Kunden abgeschirmt zu werden. Dies hätte neben Markenanonymität auch Erfahrungslücken der Kunden und eine Verhinderung direkter Kommunikation zur Folge.

Wichtige Kooperationen

Für Bankunternehmen stellt das M-Banking eine Chance dar, ihre Stärken als professioneller Anbieter von Services im Geldtransfer zu nutzen und für eigenes geschäftliches Wachstum in diesem noch relativ jungen Markt mobilen Bankings und mobiler Zahlungen auszuspielen. Dazu gehören beispielsweise Aspekte wie Expertise in der Abwicklung von Finanztransaktionen, Datensicherheit und fundierte Erfahrungen im Asset Management. Dafür müssen sie jedoch bereit sein, Kooperationen innerhalb des Marktumfelds mobiler Transaktionen (M-Banking Eco- System) einzugehen und ihr Geschäftsmodell auf neue, nicht rein auf das Banking bezogene Geschäftsfelder zu erschließen und zu nutzen. Hierzu gehört die Zusammenarbeit mit Mobilfunkanbietern für den Ausbau von Bezahldienstleistungen oder die Ausdehnung ihrer Services auf das Geschäft in Marktsegmenten wie Handel, Touristik, Gastronomie/Hotelgewerbe und Verkehr.

Accenture hat als Anbieter mobiler Bezahlungssysteme eine Plattform entwickelt, die den Aufbau des Eco-Systems zugunsten der Bank sicherstellt. Die Vorteile dieser Plattform mit der Bezeichnung Accenture Mobility Operated Services (AMOS) sind vielfältig, stellen sie doch im Kern sicher, dass sämtliche Transaktionsszenarien zwischen Kreditinstituten und Mobilfunkanbietern unterstützt werden und die Gestaltungssouveränität für das Transaktionsgeschäft letztlich bei der Bank bleibt und nicht alleinig dem Mobilfunkanbieter preisgegeben wird.

Damit das Eco-System für das Geschäft einer Bank langfristig von Nutzen bleibt, sind einige notwendige Eigenschaften einer Plattform zu berücksichtigen, um auch nachhaltigen wirtschaftlichen Nutzen für das Institut zu sichern. Zuallererst gilt für Plattformen im M-Banking-Segment, die Rasanz der technologischen Entwicklung in der Mobilfunktelefonie ständig zu berücksichtigen und Prozesse im Mobile Banking dahingehend anzupassen.

Ein weiterer Punkt ist die Markenstabilität: Einige im Markt bestehende Mobile-Ban-king-Optionen machen es für Banken notwendig, den Namen des kooperierenden Mobilfunk-Anbieters in den Service sichtbar zu integrieren. Für die Markenstabilität und Glaubwürdigkeit der Bank ist dies mit Risiken verbunden.

Ein weiterer Punkt sind regulatorische Auflagen des Gesetzgebers, die besonders für Services im Banking-Segment zu beachten sind. Denn speziell Finanzdienstleistungen wie das Banking-Geschäft sind in der Regel mit einer Reihe regulatorischer Vorgaben verbunden. Nicht zu vergessen sind regional bedingte Unterschiede bei den regulatorischen Vorgaben insbesondere für global agierende Unternehmen. Ein zusätzlicher Aspekt, den Banken bei Plattformen im M-Banking berücksichtigen müssen, sind die virtuellen Kapazitäten für ein Massengeschäft wie Micro-Payments. So garantiert die Accenture-Lösung ausreichend virtuellen Speicherraum nach dem Cloud-Prinzip, um plötzliche Transaktionsspitzen durch Nutzer problemlos bewältigen zu können.

Für Banken, die mobiles Banking und vor allem mobile Transaktionen für sich als Feld der Zukunft erkennen, werden sich in den nächsten Jahren nicht nur innovative Möglichkeiten in der Kundenkommunikation und Kundenbindung ergeben. Das Feld mobiler Transaktionen offenbart vielmehr auch gänzlich neue Erlösmodelle und Kundengruppen. Banken sollten bei der Begegnung mit den Herausforderungen nicht zögern. Es gilt, die gegebenen Stärken der Branche frühzeitig im neuen, dynamischen Marktumfeld anzuwenden. Nur so werden sich die Institute zukünftig eine nachhaltig erfolgreiche Position im Wettbewerb sichern können.

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