Blickpunkte

Statistik Geldvermögen: noch keine akuten Bremsspuren

Wenn sich an den Kapitalmärkten wirklich anhaltende Verwerfungen zeigten, hatte das in den beiden vergangenen Jahrzehnten stets rasch nachhaltige Effekte auf die Entwicklung des Geldvermögens der privaten Haushalte. So wirkte sich das vielzitierte Platzen der Internetblase mit dem relativen Dax-Höchststand Anfang März des Jahres 2000 unmittelbar, nämlich schon im zweiten Quartal selbigen Jahres, negativ auf die Entwicklung des Geldvermögen von seinerzeit 3 519 Milliarden Euro aus. Nicht nur im unmittelbar folgenden Frühjahrsquartal 2000 registrierte die Bundesbankstatistik einen rückläufigen Gesamtwert, sondern es dauerte gleich sechs Perioden, bis im Herbst 2001 der Ausgangswert mit 3 607 Milliarden Euro wieder spürbar übertroffen werden konnte. Vom Frühjahr 2002 an gerechnet konnte der Rückgang ebenfalls erst nach gut einem Jahr wieder aufgeholt werden. Und die dritte länger andauernde Schwächephase fällt schon in die jüngste Finanzkrise. Die 4 469 Milliarden Euro an Geldvermögen der privaten Haushalte aus dem vierten Quartal 2007 wurden nach dem gleichermaßen abrupten wie anhaltenden Einbruch im Zuge der Lehman-Pleite mit 4 471 Milliarden Euro erst im Herbst 2009 wieder erreicht (siehe Tabelle).

Diesen Erfahrungen nach schlägt sich die in den beiden vergangenen Jahren mehr und mehr in den Vordergrund gerückte Euro- beziehungsweise allgemeine Staatsverschuldungskrise bisher noch nicht in einer abrupten Verlangsamung der Geldvermögensbildung der Privaten nieder. Im Gegenteil: Seitdem die zähe Lehman-Delle Ende 2009 überwunden war, hat sich das Geldvermögen in den darauffolgenden neun Quartalen mit Ausnahme von Q3-2011 permanent erhöht, in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres sogar vergleichsweise kräftig auf 4 805 Milliarden Euro. Maßgeblich getragen wurde das Wachstum im ersten Quartal 2012 freilich durch die Bewertungseffekte, die von der Bundesbank auf rund 39 Milliarden Euro veranschlagt werden.

Rechnet man diesen Einfluss heraus, beläuft sich die Geldvermögensbildung der privaten Haushalte in den ersten drei Monaten 2012 auf rund 52 Milliarden Euro. Den mit Abstand stärksten Nettoanstieg verzeichnen die Bankeinlagen einschließlich Bargeldhaltung mit rund 21 Milliarden Euro sowie die Ansprüche gegenüber den Versicherungen mit einem Plus von gut 17 Milliarden Euro. Abflüsse von knapp drei Milliarden Euro meldet die Bundesbank hingegen bei den Festverzinslichen Wertpapieren (einschließlich der Geldmarktpapiere) und schreibt diese Entwicklung nicht zuletzt den sinkenden Renditen inländischer Staatspapiere zu. Auch die Investmentzertifikate und die Aktien verdanken ihre Gesamtentwicklung maßgeblich den Bewertungseffekten. Während Erstere per saldo unter Abflüssen von rund 1,6 Milliarden Euro litten, ist der Aktienerwerb mit 0,72 Milliarden Euro netto vergleichsweise spärlich ausgefallen.

Neben diesen aktuellen Nettoeffekten gibt es einen eher schleichenden Prozess an Strukturveränderungen. Eine klare, schon seit Anfang der neunziger Jahre beobachtbare Tendenz ist die Verlagerung auf fungible, kurzfristige Anlageformen. So haben Bargeld und Sichteinlagen von 161,7 Milliarden Euro Anfang 1991 auf 966,1 Milliarden Euro zugenommen. Investmentzertifikate haben sich immer noch nicht von dem Einbruch nach Lehman erholt. Und Aktien spielen trotz des zuletzt wieder verstärkt geäußerten Bekenntnisses zu realen Werten eher eine geringere Rolle als vor knapp fünf Jahren. Die Renaissance der Spareinlagen jedoch hat sich im Zuge der Eurokrise eher noch verfestigt. Das wird übrigens im Monatsbericht August 2012 der Deutschen Bundesbank auch für das gesamte erste Halbjahr untermauert. Mo.

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