Regulierung

Steuerflucht: Fatca ist nur der Anfang

Weltweit wollen immer mehr Staaten der Steuerflucht einen Riegel vorschieben. Die USA haben dabei mit Fatca, dem "Foreign Account Tax Compliance Act", im März 2012 den Startschuss gesetzt. Die Umsetzung über das bilaterale Abkommen entschärfte die Anforderungen, woraufhin bei den deutschen Banken zunächst Entspannung einkehrte. Doch nicht zuletzt als Reaktion auf den Offshore-Leaks-Skandal wird Fatca mit seinen Meldeanforderungen nun zur Blaupause für G20 und OECD.

Auch innerhalb der EU wird der Informationsaustausch verschärft. Dabei fehlt den meisten Instituten allerdings das Bewusstsein für Flexibilität. So wäre es sinnvoll, die jetzt umzusetzenden Fatca-Prozesse an die weiteren Meldeanforderungen anpassen zu können.

Mit Fatca haben die USA einen Präzedenzfall geschaffen. Seither überlegen immer mehr Länder, ebenfalls derartige Meldungen über ihre Steuern hinterziehenden Bürger zu erhalten. Stolz vermeldete die Bundesregierung nach der Unterzeichnung des Fatca-Abkommens zwischen den USA und Deutschland, sie setze damit ein weiteres deutliches Signal im Rahmen ihrer internationalen Initiativen hin zu mehr Transparenz und Steuerehrlichkeit. Die Informations- und Meldepflichten gehen in beide Richtungen.

Grundlage dafür ist das Musterabkommen, das Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien zusammen mit den Vereinigten Staaten erarbeitet und im vergangenen Sommer veröffentlicht haben. Die Finanzminister und Notenbankgouverneure der G20-Staaten sprachen sich zudem bereits auf ihrem Frühjahrs-Treffen in Washington klar für eine Weiterentwicklung des gegenwärtigen OECD-Standards aus. Dieser soll nun einen automatischen Informationsaustausch vorsehen statt wie bisher den Zugang zu Bankinformationen nur auf ausdrückliches Ersuchen. Sie haben die OECD gebeten, dementsprechende Vorschläge zu machen.

Mit Verweis auf die Dynamik, den der automatisierte Austausch von steuerlich relevanten Informationen durch Fatca bekommen hat, hat die europäische Kommission im Juni einen Richtlinien-Vorschlag vorgelegt. Dieser Vorschlag erweitert den bereits bestehenden Informationsaustausch innerhalb der EU auf Basis der EU-Zinsrichtlinie. Mit dem Inkrafttreten des Vorschlags ist zum 1. Januar 2015 zu rechnen.

Regelungen sind gemeinsam zu betrachten

Für die Banken jedoch bedeuten all diese staatlichen Aktivitäten, dass es nicht ausreicht, sich nur mit den Änderungen der EU-Zinsrichtlinie und der Umsetzung von Fatca zu beschäftigen, sondern sie haben weitere internationale Abkommen mit den unterschiedlichsten Beteiligten zu berücksichtigen. Von daher wäre es kurzsichtig, jetzt ausschließlich die Umsetzung der Fatca-Bestimmungen anzugehen. Vielmehr ist es gerade angesichts dieser Vielzahl an möglichen Regelungen sinnvoll, die Themen EU-Zinsrichtlinie, Fatca und eventuelle weitere bilaterale Meldeabkommen im Rahmen des OECD-Standards gemeinsam zu betrachten.

Um den neuen von der Politik formulierten Anforderungen gerecht zu werden, müssen die Geldhäuser nun massiv personelle und finanzielle Ressourcen auf steuerliche Themen umschichten. Hier wäre es empfehlenswert, alle steuerlichen Themen im Haus zu bündeln.

Der mit den politischen Entscheidungen ausgelöste technische und organisatorische Aufwand wird die Etats der Banken spürbar belasten. Experten hatten einst die Kosten der Fatca-Einführung mit bis zu 15 Millionen Euro pro Bank beziffert.

Fass ohne Boden droht

Die Verpflichtung der Banken, als "Erfüllungsgehilfen der Finanzbehörden" zu agieren, erzeugt Kosten, ohne auch nur einen Euro zum Ertrag beizusteuern. Daher tendieren viele Institute dazu, eine Minimallösung anzustreben. Doch es ist bereits absehbar, dass es nicht bei den derzeitigen zwischenstaatlichen Abkommen bleiben wird. Vermutlich folgt bald ein Abkommen zwischen der EU und Drittstaaten wie der Schweiz. Durch die Anpassung der EU-Zinsrichtlinie und die stufenweise Meldeanforderungen von Fatca werden künftig weitere Ertragsarten meldepflichtig sein.

Welche Personengruppen und Ertragsarten von weiteren bilateralen Abkommen betroffen sein werden, bleibt abzuwarten. Vor dem Hintergrund der absehbaren Erweiterungen und Nachbesserungen im Berichtsund Meldesystem empfiehlt es sich, durch eine intelligente und leicht anpassbare Lösung ständige Folgekosten zu vermeiden. Fatca und Co. werden sonst zu einem Fass ohne Boden.

Fest steht: Die Komplexität der Meldepflichten wird stark zunehmen. Allein die zu erwartende Verschärfung der EU-Zinsrichtlinie sowie deren Ausweitung auf Drittstaaten haben zur Folge, dass jeweils Unterschiedliches gemeldet werden muss. Der Kreis der betroffenen Kunden, die Zahl der relevanten Einkünfte sowie die weiteren Rahmenbedingungen der einzelnen steuerlichen Meldungen variieren stark.

Kundenstamm muss regelmäßig überprüft werden

Die Banken sind verpflichtet, die Prüfmechanismen, welche Kunden aus ihrem Kundenstamm betroffen sind, nicht nur einmalig umzusetzen, sondern regelmäßig anzupassen und zu pflegen. Allein für die Kundenprüfung wird der Aufwand im Rahmen von Fatca um den Faktor fünf bis zehn steigen, denn im Vergleich zur EU-Zinsrichtlinie erfordert es einen deutlich höheren Aufwand für die Kundenidentifikation. Das liegt einerseits daran, dass sich die EU-Zinsrichtlinie derzeit nur auf natürliche Personen bezieht. Der Prüfprozess für juristische Personen wird sich dagegen deutlich aufwendiger gestalten.

Zum anderen gibt es in Zukunft für die natürlichen Personen eine höhere Anzahl zu prüfender Kriterien. Außerdem ist zwischen "low-value-" und "high-value"-Konten zu unterscheiden. Zusätzlich können Banken optional noch eine Bagatellgrenze berücksichtigen.

Datenmenge wird sich verdreifachen

Hinzu kommt: Die Menge der Daten, die es künftig aufzubereiten und an die nationalen Steuerbehörden zu melden gilt, wird enorm anwachsen. Banken mussten bisher im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie nur Zinsen und zinsähnliche Einkünfte wie Zerobonds melden. Künftig werden sowohl für Fatca als auch im Rahmen des Kommissionsvorschlags viele weitere Ertragsarten meldepflichtig sein, beispielsweise Veräußerungsgewinne aus Aktien und Dividenden. Daher ist das komplette Wertpapiergeschäft an die Berichtssysteme anzuschließen. Dadurch wird sich die Menge der meldepflichtigen Daten im Vergleich zu heute in etwa verdreifachen.

Für die klassische regionale Privatkundenbank, bei der die meisten Kunden kaum etwas anderes als Giro- und Sparkonten sowie Festzinsanlagen besitzen, wird sich vermutlich bei der Datenmenge nicht allzu viel ändern. Doch in brokerlastigen Häusern werden deutlich mehr Daten erhoben, ausgewertet und gemeldet werden.

Die Unterschiede liegen im Detail

Obwohl die Meldeprozesse für US-Fatca, die neue EU-Zinsrichtlinie sowie mögliche Drittstaatenabkommen auf den ersten Blick recht identisch aussehen, sind es genau die kleinen Unterschiede, die in der Umsetzung zu erhöhter Komplexität führen.

Die Banken müssen parallel für jede Meldung die einzelnen Prozessschritte unterschiedlich definieren. Die zu erwartenden ständigen Änderungen innerhalb der verschiedenen Steuerabkommen erfordern von den hinter den Meldeprozessen liegenden IT-Systemen darüber hinaus eine zusätzliche Flexibilität.

Das beginnt mit den Meldezeitpunkten. Bisher müssen die Banken die Daten im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie bis zum 31. Mai des Folgejahres melden. Für Fatca steht der 30. September als letztmöglicher Meldetermin. Ob die Meldezeitpunkte angeglichen werden, bleibt abzuwarten.

Innerhalb des Meldeprozesses sollten die Prüf- und Identifikationsschritte leicht anpassbar sein, da sich genau in diesen die einzelnen Meldungen unterscheiden. Deshalb ist es sinnvoll, dass diese Prozessschritte durch Fachanwender änderbar sind (beispielsweise über Business Rules). Neben den Ländern, an die eine Meldung erstellt werden soll, sind dies vor allem die Identifikation der betroffenen Kunden sowie die Ermittlung der melderelevanten Einkünfte.

Gefahr von "Doppelstandards" erkannt

Auch die Politik hat die Gefahr von "Doppelstandards" zwischen Fatca und dem EU-Informationsaustausch erkannt. So forderte der Bundesrat am 20. September 2013 im Hinblick auf den Kommissionsvorschlag "die Kompatibilität mit den Fatca-Regelungen zum automatischen Informationsaustausch" sicherzustellen.

Inwieweit eine Vereinheitlichung in die Praxis umgesetzt werden kann, ist noch nicht abzusehen. Selbst wenn die Forderung des Bundesrates nach Kompatibilität umgesetzt werden kann, führt das bestenfalls zu einem einheitlichen Meldeformat zwischen den unterschiedlichen Meldungen, die die Bank erstellen muss. Die vorgelagerten Prüf- und Identifikationsschritte innerhalb des Meldeprozesses werden sich durch unterschiedliche zwischenstaatliche Verträge auch in Zukunft unterscheiden.

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