IT im Vertrieb

Suchmaschinenmarketing: mit spitzer Feder rechnen

Immer noch glauben viele Entscheider, dass die vor rund 100 Jahren gemachte Aussage von John Wanamaker: "Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte", sei heute immer noch gültig. Ein Irrtum, denn immer häufiger kann Werbewirkung, vor allem im Onlinemarketing, sehr gut gemessen werden. Besonders Suchmaschinenmarketing, das derzeit erfolgreichste Onlinemarketing-Instrument, erlaubt Unternehmen, die Wirtschaftlichkeit ihrer Ausgaben sehr genau zu messen.

Im Jahr 2010 wurden für das Suchmaschinenmarketing in Deutschland über 1,86 Milliarden Euro und somit rund 50 Prozent der Online-Werbebudgets ausgegeben. Der deutsche Markt wird derzeit von einem Suchmaschinenanbieter dominiert: 90 Prozent aller Suchanfragen wurden im Jahr 2011 an Google gestellt. Damit lässt Google seine größten Mitbewerber Yahoo! und Bing mit 2,4 Prozent und 2,1 Prozent aller Suchanfragen klar hinter sich.

Suchmaschinenmarketing ist vor allem deswegen attraktiv, da ein Unternehmen Konsumenten erreichen kann, die nach Informationen zu einem bestimmten Produkt suchen, und damit Kaufinteresse signalisieren. Werbetreibende kaufen dabei Plätze in der Anzeigenliste (auch "bezahlte Suchergebnisse" in Abbildung 1) oberhalb und rechts neben den eigentlichen Suchergebnissen ("organische Suchergebnisse"). Die Plätze oberhalb (Ränge 1 bis 3) werden am stärksten wahrgenommen, gefolgt von den Anzeigenplätzen auf der rechten Seite (Ränge 4 bis 11 in Abbildung 1). Klickt nun ein potenzieller Kunde auf die Textanzeige, so wird er auf eine "Landing Page", vielfach die Webseite des werbenden Unternehmens, weitergeleitet, wo er das mit dem Suchbegriff verbundene Produkt erwerben kann.

Das Layout der nicht mehr als vierzeiligen Anzeigen ist einheitlich, weicht nur geringfügig von dem der Suchergebnisse ab und besteht aus drei Teilen: einer Überschrift, die mit einem sogenannten "Deep Link" (einer bestimmten Stelle auf einer Webseite, auch "Landing Page" oder "Einsprungstelle" genannt) verlinkt ist, einem höchstens zweizeiligen Werbetext und der URL der Webseite des werbenden Unternehmens.

Für das werbende Unternehmen ist es aufgrund der Digitalität des Mediums Internet einfach möglich, das Verhalten der Konsumenten und damit den Erfolg der eigenen Kampagne zu messen: Die Anzahl der Einblendungen der Textanzeige und das Klickverhalten werden von den Suchmaschinenanbietern ebenso zur Verfügung gestellt wie die Anzahl der Käufer beziehungsweise Kunden, sofern das werbende Unternehmen für Letzteres sogenannte "Zählpixel" oder "Checkpoints" auf der eigenen Webseite einfügt.

Finanzdienstleister mit den höchsten Preisen pro Klick

Im Gegensatz zu traditioneller Werbung erfolgt im Suchmaschinenmarketing die Bepreisung für Werbung nicht über den in der Offlinewerbung gängigen Tausender-Kontakt-Preis, sondern pro Klick. Der Preis pro Klick und auch der Rang der Textanzeige in der Anzeigenliste (siehe Abbildung 1) werden durch die sogenannte Keyword-Auktion bestimmt. Werbende Unternehmen geben Gebote über den Preis pro Klick ab, den sie maximal zu zahlen bereit sind. Allerdings wird nur der Preis berechnet, welcher für das Überbieten des Wettbewerbers auf dem nächst niedrigeren Rang um einen Cent notwendig ist.

Derzeit weist die Finanzdienstleistungsbranche nach einer Studie von Lilienthal und Skiera (2011) in Deutschland mit durchschnittlich 5,37 Euro für populäre Suchbegriffe und Anzeigenplätze die höchsten Preise pro Klick aller Branchen auf. Bei einer durchschnittlichen Konversionsrate (= Anzahl an Klicks / Anzahl an Kunden) von einem Prozent (laut einer Studie von Google), die bedeutet, dass 100 Klicks für das Gewinnen eines Kunden verantwortlich sind, führt das zu Akquisitionskosten pro Kunde von 537 Euro, einem Wert, der sicherlich für einige, aber nicht alle Kunden gerechtfertigt ist.

Unübersichtliche regelbasierte Systeme

Viele Werbetreibende verlassen sich beim Festlegen der Gebote im Suchmaschinenmarketing immer noch auf regelbasierte Systeme. Dabei sehen die in der Praxis häufig zum Einsatz kommenden Regeln üblicherweise wie folgt aus:

Wenn der Gewinn nach Akquisitionskosten eines Suchbegriffs höher ist als zehn Euro, dann erhöhe das Gebot um 30 Prozent,

wenn der Rang schlechter ist als Rang 5, dann erhöhe das Gebot um 20 Prozent,

wenn der Gewinn nach Akquisitionskosten eines Suchbegriffs negativ ist und die Anzahl an Klicks größer ist als 100 Klicks und der Rang besser ist als Rang 3, dann senke das Gebot um 20 Prozent.

Nachteil einer solchen Vorgehensweise ist jedoch, dass die Anzahl an Regeln sehr schnell steigt und mitunter sogar mehr als 50 Regeln pro Kampagne umfassen kann. Dies wird schnell unübersichtlich und kann zu Inkonsistenzen führen, wenn verschiedene Regeln zu unterschiedlichen Gebotsempfehlungen kommen. Letztlich ist auch die Festlegung der Regel schwierig. So ist es vielfach schwierig zu entscheiden, ob das Gebot etwa um zehn Prozent oder 30 Prozent gesenkt werden oder der Gewinn eine Grenze von zehn Euro, 20 Euro oder vielleicht 70 Euro überschreiten soll.

Gewinn nach Akquisitionskosten maximieren

Mit Hilfe des softwaregestützten Entscheidungsunterstützungssystems Prosad (Profit Optimizing Search Engine Advertising), welches in Zusammenarbeit der Universität Frankfurt und der Performance Marketing Agentur Soquero, entwickelt wurde, ist es allerdings möglich, optimale Gebote im Suchmaschinenmarketing abzugeben, welche den Gewinn nach Akquisitionskosten maximieren. Das softwaregestützte Entscheidungsunterstützungssystem Prosad wurde Ende 2011 im weltweiten Wettbewerb für den "Gary L. Lilien ISMS-MSI Practice Prize" gemeinsam mit einem australischen und einem amerikanischen Projekt als eine der drei weltweit besten wissenschaftlich geprägten Anwendungen in der Praxis ausgewählt.

Der dabei berücksichtigte Zusammenhang zwischen Gebot und Gewinn nach Akquisitionskosten ist schematisch in Abbildung 2 dargestellt. Der Gewinn nach Akquisitionskosten ergibt sich aus der Differenz von Gewinn und Akquisitionskosten pro Kunde, multipliziert mit der Anzahl der Kunden. Die Akquisitionskosten pro Kunde ergeben sich aus dem Preis pro Klick (in Abbildung 2 dem Gebot gleichgesetzt) dividiert durch die Konversionsrate. Wenn also fünf Euro pro Klick bezahlt werden und die Konversionsrate ein Prozent beträgt, dann müssen 100 Klicks à fünf Euro bezahlt werden um einen Kunden zu akquirieren. Die Akquisitionskosten sind demnach 500 Euro.

Die Abbildung zeigt, dass die Gebote den Rang und die Klickrate beeinflussen. Hohe Gebote führen zu oberen Rängen, welche für werbende Unternehmen einerseits zu einer höheren Anzahl an Klicks führen. Andererseits sind aber auch die pro Klick zu bezahlenden Preise auf oberen Rängen und damit die Akquisitionskosten pro Kunde höher. Deswegen muss zwischen den Akquisitionskosten pro Kunde und der Anzahl der Kunden genau abgewogen werden. Die Anzahl der Kunden ergibt sich aus der Anzahl der Suchanfragen bei der die Werbung eingeblendet multipliziert wird, mit der Klickrate und der Konversionsrate. Der Gewinn nach Akquisitionskosten ergibt sich dann durch die Multiplikation der Anzahl der Kunden mit der Differenz aus erwartetem Gewinn pro Kunde und Akquisitionskosten pro Kunde.

Abbildung 3 verdeutlicht dabei, wie unterschiedlich das Gewinnmaximum für verschiedene Suchbegriffe ausfallen kann (Suchbegriff 1: Rang 4 ist gewinnmaximierend; Suchbegriff 2: Rang 1 ist gewinnmaximierend). Aus diesem Grund sollte die Erfolgsgröße "Gewinn nach Akquisitionskosten" stets auf der Ebene einzelner Suchbegriffe betrachtet werden, da eine aggregierte Betrachtung leicht deutliche Verluste für einzelne Suchbegriffe kaschiert.

Zwanzigwöchiges Feldexperiment

Nachfolgend wird ein Beispiel für optimales Suchmaschinenmarketing dargestellt, das mit Hilfe des Entscheidungsunterstützungssystems Prosad (www.prosad.de) durchgeführt wurde. Die Software setzt dabei die Gebote so, dass der Gewinn nach Akquisitionskosten maximiert wird, sofern gewünscht sogar vollautomatisch. Dabei werden auf Basis von historischen Kam-pagnen-Daten die zu schätzenden Zusammenhänge zwischen Geboten und Rängen sowie Rängen und Klickraten kalibriert. Auf dieser Basis wird dann ein optimales Gebot berechnet. Unter www.sem-experts.com ist auch eine einfache Form des Entscheidungsunterstützungssystems dargestellt, mit dem für einzelne Suchbegriffe auch optimale Gebote ermittelt werden können.

Prosad wird von Soquero mittlerweile in vielen Projekten zum Suchmaschinenmarketing eingesetzt. Um die Verbesserungspotenziale einmal detailliert zu ermitteln, wurde es einem zwanzigwöchigen Feldexperiment unterworfen, in dem die Ergebnisse vor (die ersten zehn Wochen) und nach dem Einsatz der Software (zweiten zehn Wochen) gegenübergestellt wurden (siehe Tabelle).

Hierbei zeigt sich, dass der Werbetreibende ohne den Einsatz von Prosad deutlich zu hoch geboten hat. Das Programm hat daher die Gebote gesenkt. Dies führt zwar zu einer niedrigeren Anzahl an Klicks, Kunden und auch gesunkenen Gewinnen vor Akquisitionskosten. Allerdings konnten die Akquisitionskosten so stark gesenkt werden, dass der Gewinn nach Akquisitionskosten mit dem Einsatz von Prosad deutlich höher lag als vorher. Insgesamt konnte der Return on Investment um 19 Prozentpunkte gesteigert werden.

Entscheider für Suchmaschinenmarketing sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Erfolg relativ genau gemessen werden kann. Dabei sollte der Gewinn nach Akquisitionskosten als zentrale Größe verwendent werden. Dessen Maximierung kann durch den Einsatz von Entscheidungsunterstützungssystemen erleichtert werden. Und dabei sollte wiederum der Gewinn nach Akquisitionskosten für jeden Suchbegriff separat gemessen werden, da eine Gesamtbetrachtung leicht den Blick auf einzelne unprofitable Suchbegriffe verdecken und somit deutliche Verbesserungen verhindern kann. Vom Befolgen einfacher Gebotsregeln ist grundsätzlich abzuraten, da sich die Wettbewerbssituation und die Anzahl an Suchanfragen, Klick- und Konversionsraten zwischen Suchbegriffen erheblich unterscheiden können und die oft hohe Anzahl an Regeln schnell zu inkonsistenten Gebotsvorschlägen führen kann.

Zudem sollten sich gerade Finanzdienstleister darüber im Klaren sein, dass die Preise pro Klick für gute Positionen in den Suchergebnissen aufgrund der hohen Konkurrenz in Keyword-Auktionen mittlerweile so hoch sind, dass schnell Akquisitionskosten von 500 Euro pro Kunde erreicht werden. Derartigen Kosten können, müssen aber zweifelsohne nicht immer gerechtfertigt sein. Mit einer Betrachtung des Gewinns nach Akquisitionskosten können solche Investitionen aber sinnvoll beurteilt werden.

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