Blickpunkte

Vergütungsfragen - Gutes Timing bei der Commerzbank

"Gottes Werk tun" - darunter verstehen wir üblicherweise soziale Dienste, die in uneigennütziger Weise verrichtet werden: die Armen speisen und die Kranken pflegen. Selten schaffen es Menschen, die man so beschreiben würde, ins Blickfeld der Öffentlichkeit - und keineswegs pflegen sie sich dieses Attribut selbst zuzuschreiben. Dass es Lloyd Blankfein, der CEO von Goldman Sachs mit seinem Ausspruch gegenüber der Sunday Times, er sei ein Banker, der nur Gottes Werk tue, in die internationalen Schlagzeilen schaffte und im günstigsten Fall Unverständnis erntete, ist insofern keineswegs überraschend.

Indem man Unternehmen bei der Kapitalbeschaffung unterstütze, so Blankfein, helfe man ihnen beim Wachstum. Dies wiederum schaffe Arbeitsplätze, damit Konsum und über diesen wieder neue Arbeitsplätze, mehre somit den allgemeinen Wohlstand. Ganz falsch ist diese Darstellung sicher nicht. Aus keinem anderen Grund wird schließlich hierzulande so heftig um die Frage nach dem Bestehen oder Aufkommen einer Kreditklemme gestritten. Daraus jedoch abzuleiten, dass die US-Investmentbank geradezu einen sozialen Ansatz habe und Gottes Werk tue, ist aber natürlich grotesk selbst wenn da nicht die Diskussion über wieder ausufernde Bonuszahlungen wäre.

Als Kulisse für die Vorstellung des neuen Vergütungsmodells der Commerzbank, das nicht nur Boni, sondern auch die Streichung derselben vorsieht, ist der "Gau" für die Öffentlichkeitsarbeit von Goldman Sachs und die neu entflammte allgemeine Empörung über die Gier der Banker geradezu ideal. Der Zeitpunkt für die Verlautbarungen hätte kaum besser sein können. Hier bietet sich der Bank die Chance, sich wohltuend von einer in Verruf geratenen Branche abzuheben.

Dass die Neuregelung der Vergütungsstrukturen nicht ganz freiwillig erfolgte - ihre Überprüfung war Teil der Vereinbarungen mit dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) - und das "Malus-System" nicht ganz so aussieht, wie es der Ausdruck nahe legen würde, sind dabei nur Schönheitsfehler, die einem Teil der Öffentlichkeit vermutlich kaum auffallen werden.

Abzüge gibt es für die Mitarbeiter im Management und im kapitalmarktnahen Geschäft nämlich auch bei schlechter Geschäfts- beziehungsweise Ertragsentwicklung der Bank künftig nicht. "Malus" bedeutet lediglich, dass Boni, die zu zwei Dritteln erst mit zeitlicher Verzögerung ausgezahlt werden, gekürzt oder auch gestrichen werden können. Dies betrifft nur dasjenige Drittel der Boni, das auf eine sogenannte Bonusbank eingezahlt wird. Ein Anreiz, stärker auf den langfristigen als nur den schnellen Erfolg hin zu arbeiten, ist das System sicher dennoch. sb

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