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Versicherungsvertrieb - Ergo-Versuchsballon: 48 Stunden Unfallschutz

Ein Viertel der Deutschen besitzt ein Smartphone - Tendenz steigend. Dass das Marketing per App an Bedeutung gewinnen wird, darüber sind sich die Werbeleute einig, auch wenn es derzeit noch keine große Rolle spielt. Zur Beantwortung der Frage, ob Finanzdienstleister noch einen Schritt weitergehen können und ob der standardmäßige Vertrieb von Verträgen über i-Phone und Co. funktioniert, starten derzeit mehrere Versuchsballons. Einer der interessanteren - weil abseits der üblichen einfachen Testprodukte Tages- und Festgeld - ist eine Anwendung der Ergo Direkt. Verbraucher können die App kostenlos herunterladen und darüber spontan eine Unfallversicherung abschließen. Deren Laufzeit beträgt 48 Stunden, der Preis 99 Cent. Der Unfall-Schutz-48 ist einfach konzipiert und weltweit gültig: Der Kunde erhält im Leistungsfall ein Krankenhaustagegeld von 50 Euro am Tag und Rettungskosten in Höhe von maximal 5 000 Euro, bei Unfalltod bekommen die Angehörigen 50 000 Euro. Angesichts des niedrigen Preises scheint das ein durchaus faires Angebot zu sein. Die Ausschlüsse entsprechen denen der "normalen" Unfallversicherung. Der Kunde kann diese vor dem Abschluss in den Versicherungsbedingungen und im Produktinformationsblatt auf seinem Smartphone einsehen. Der eigentliche Abschluss dauert etwa drei bis fünf Minuten.

Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) hat in einer reflexhaft anmutenden Kritik die Innovation des Versicherers als Nepp bezeichnet. Die Hauptkritikpunkte: Der Kunde könne schließlich auch bei Invalidität eine Leistung erwarten, was hier nicht geboten werde. Zudem seien die Summe von 50 000 Euro als Schutz für die Hinterbliebenen zu gering und die Laufzeit mit 48 Stunden zu kurz, denn "passieren kann immer etwas".

Zumindest Letzteres ist so trivial wie richtig. Sicherlich wäre es auch den Verantwortlichen bei der Ergo lieber, wenn mehr Leute eine langfristige Unfallversicherung abschlössen. Bei dieser wäre dann über entsprechende Konditionen in der Invaliditätsabsicherung und im Hinterbliebenenschutz zu sprechen - genauso wie über die Angemessenheit der Prämie.

Die Kritik wird bei Ergo mit einem Kopfschütteln aufgenommen und mit der Bemerkung, dass das Produkt vom BdV offenbar nicht verstanden wurde. Es sei ein Instrument für den Notfall und somit eine Kurzzeitversicherung mit dem nötigsten Kostenschutz für Kunden, die vergessen haben, eine klassische Unfallversicherung abzuschließen oder die eben keine langfristige Bindung wünschen. Für Kunden also, die eventuell Invalidität und Todesfall bereits abgesichert haben, etwa über eine Berufsunfähigkeits- beziehungsweise eine Risikolebensversicherung.

Dem lässt sich wenig hinzufügen: Für den Menschen, der samstags morgens auf einem Berg steht und als ungeübter Läufer eine anspruchsvolle Tour startet, der sich mithin in einer latent risikobehafteten Situation befindet, ist der kurzfristige Schutz sicher ein Gewinn, denn er ist günstig, schnell und besser als nichts. Wie die Risiken für den Versicherer aussehen und ob die Preisgestaltung so beibehalten werden kann, muss die Zeit zeigen. Doch dafür ist dieser Test ja da. hm

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