Titel: Wettbewerb im Retail

Die Wiederentdeckung des Privatkunden

Selten war sich die Bankenbranche so einig: Gestärkt durch die Konsolidierungserfolge der letzten Jahre und ermutigt durch die Anzeichen eines sich verstärkenden Wirtschaftsaufschwungs entdecken die deutschen Finanzdienstleister wieder die Wachstumspotenziale des heimischen Privatkundengeschäfts.

Gewinnwachstum aus sinkenden operativen Kosten

Ein Blick in die Tages- und Fachpresse macht allerdings deutlich: Inzwischen sind es nicht mehr nur deutsche Universalbanken, sondern auch internationale Anbieter sowie reine Direktbanken, die mit großen Erwartungen und zum Teil beachtlichen Einzelerfolgen in das traditionell von Sparkassen und Genossenschaftsbanken dominierte Retailbanking vorzudringen suchen. Mit einem Ertragsvolumen von 74,6 Milliarden Euro und Vorsteuergewinnen von 14,5 Milliarden Euro in 2005 ist der deutsche Retailmarkt der zweitgrößte in Europa - nur noch übertroffen vom britischen - und mit vier Prozent jährlichem Gewinnwachstum über den Zeitraum 2001 bis 2005 auch deutlich attraktiver als etwa die Märkte in Frankreich und den Niederlanden.

Spareinlagen und Konsumentenkredite in Deutschland besonders profitabel

Anders als zum Beispiel in Westeuropa stagniert bisher jedoch das Volumenwachstum in Deutschland nahezu völlig. Als Folge bewegt sich auch das Ertragsvolumen seit 2001 in einem relativ engen Band zwischen etwa 74 und 77 Milliarden Euro; das Gewinnwachstum resultiert im Wesentlichen aus sinkenden operativen Kosten.

Zwar litt auch der deutsche Markt im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise nach 2001 an spürbaren Margenrückgängen im Einlagengeschäft (minus sieben Prozent) sowie im Kreditgeschäft (minus zwei Prozent), doch weist er Einzelsegmente auf, die erheblich profitabler sind als etwa in Österreich und der Schweiz oder im EU-Raum insgesamt. Dies gilt insbesondere fürs traditionelle Kerngeschäft mit Spareinlagen. Im Kreditgeschäft haben sich zudem Konsumentenkredite als relativ margenstark erwiesen.

Für die nächsten Jahre ist die gesamte Branche ausgesprochen optimistisch gestimmt. Erwartet werden im Zuge der wirtschaftlichen Erholung deutliche Gewinnzuwächse im Privatkundengeschäft. Auf Kundenseite besteht, wie Umfrageergebnisse belegen, eine erfreulich hohe Bereitschaft, neue Bankbeziehungen einzugehen. Aus Bankensicht sollten die deutlichen Produktivitätssteigerungen der letzten Jahre, vor allem im Kreditgeschäft, jetzt verstärkt zu Buche schlagen.

Preisaggressive Wettbewerber bestimmen die Spielregeln

Berücksichtigt man die wachsende Attraktivität des Marktes, aber auch die verbesserte operative Schlagkraft auf Anbieterseite, so spricht vieles dafür, dass sich der Wettbewerb um den Privatkunden in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird.

Zu erwarten ist, dass vor allem preisaggressive Anbieter weiter vordringen und die Spielregeln des Wettbewerbs zunehmend bestimmen werden. Bei Baufinanzierungen zum Beispiel hat der Wettbewerb für einige Marktteilnehmer bereits ruinöse Züge angenommen.

Deutsche Großbanken weiten Filialnetze aus

Schon in der Vergangenheit konnten Autobanken, aber auch ausländische Anbieter mit einfachen Produktpaletten, zum Teil kombiniert mit kostengünstigen Outlet-Formaten, sowie insbesondere Direktbanken erhebliche Zuwächse erzielen. Inzwischen haben auch die traditionellen Geschäftsbanken die Restrukturierung ihrer Filialnetze weitgehend abgeschlossen.

Gestützt auf deutlich verbesserte Kostenstrukturen haben auch deutsche Großbanken begonnen, ihre Filialnetze auszuweiten, um ihre Marktpräsenz zu stärken, attraktive Kundensegmente gezielter anzusprechen und Cross-Selling-Chancen konsequenter zu nutzen. Wettbewerb findet heute über alle Vertriebskanäle statt: Filiale, Außendienst-Finanzberater vor Ort sowie direkt über Telefon und Internet. Das kostenlose Girokonto - ob nun online oder in der Filiale geführt - wird zusehends zum Standardangebot preisaggressiver Wettbewerber.

Günstige Kostenentwicklung bei der Postbank

Die Postbank als führender nationaler Einzelanbieter mit bundesweit einheitlichem Marktauftritt und Produkt-/Serviceangebot hat sich frühzeitig auf den neuen Wettbewerb um den Privatkunden eingestellt. Lohn der Anstrengungen sind ein Kundenstamm von 14,6 Millionen Kunden, mehr als jedes andere Institut in Deutschland.

Hinzu kommt eine seit Jahren sehr günstige Kostenwicklung sowie eine starke Position nicht nur im Einlagen-, sondern auch im Geschäft mit Konsumentenkrediten. Täglich besucht eine Million Kunden die Filialen der Postbank - eine Kundenfrequenz, wie sie bundesweit kein anderer Einzelanbieter auch nur annähernd erreicht.

Als erster Anbieter hat sich die Postbank für eine gesamtheitliche Privatkundenstrategie entschieden, die heute allgemein Best-Practice-Status beanspruchen kann. Sie umfasst fünf Elemente:

überlegene Value Proposition,

umfassenden Kundenzugang,

eine Multikanalstrategie,

innovative Produktgestaltung sowie

hohe Kosteneffizienz in den Backoffice-Funktionen.

Bei ihrer Realisierung setzt die Postbank bewusst auf Evolution und Kontinuität. In einer ersten Stufe wurden die Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum im Retailgeschäft geschaffen: Ausgehend vom Leistungsversprechen "einfach, schnell, günstig und gut" wurde ein stark fokussiertes Produktangebot entwickelt mit Schwerpunkt auf transaktionsbezogenem Geschäft. Es umfasst vor allem Giro-, Spar- und Altersvorsorgeprodukte; besonders großen Anklang fand das innovative Dax-Sparbuch.

Dienstleister im Zahlungsverkehr für Deutsche Bank, Dresdner und HVB

Parallel dazu erfolgte der Ausbau des bundesweit flächendeckenden Filialnetzes. Zu diesem Zweck hat die Postbank 850 Filialen von der Deutschen Post erworben, vorzugsweise in wachstumsstarken Regionen mit hoher Kundennachfrage. Ausgangspunkt für eine hocheffiziente Kundenbetreuung über alle Kanäle war die Etablierung einer durchgängigen "State of the Art"-IT-Plattform, die die Postbank gemeinsam mit SAP realisiert hat.

Aufgrund der damit realisierbaren Skaleneffekte konnte das Institut - als Service-Provider - in der Folgezeit auch Zahlungsverkehrsdienstleistungen für die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Hypovereinsbank übernehmen.

Vorläufiger Schlusspunkt bei der Vervollständigung des Produkt- und Serviceangebots war der Erwerb des BHW. Damit gelang nicht nur ein gewaltiger Sprung im Bauspar- und Baufinanzierungsgeschäft. Als strategisch nicht weniger bedeutsam erwies sich die Übernahme des mobilen BHW-Vertriebs. 4 400 mobile Berater betreuen inzwischen Kunden der Postbank auch zu Hause in allen Fragen der Finanzplanung und Vermögensanlage.

In der anstehenden zweiten Stufe muss es für die Postbank nunmehr vor allem darum gehen, die erzielten First-Mover-Vorteile auszuschöpfen sowie nach Möglichkeit weiter auszubauen. Hauptstoßrichtungen liegen in der Produktgestaltung, um eine stärkere Abgrenzung von den "me-too"-Produkten der Konkurrenz zu erreichen, sowie im forcierten Ausbau des Finanzberatungsgeschäfts, gestützt auf die Möglichkeiten des mobilen Vertriebs.

Finanzplanung und Anlageberatung erscheinen vor allem aus zwei Gründen vielversprechend: Zum einen gibt es eine rapide steigende Nachfrage nach hochwertiger Beratung auf Seite der zunehmend anspruchsvolleren und kritischeren Kunden. Zum andern eröffnen sich hier vielfältige Chancen zu Produktbündelung und Cross-Selling.

Starke Stellung im Retail eröffnet Chancen im Firmenkundengeschäft

Auch unter den Bedingungen eines zunehmend verschärften Wettbewerbs kann die Postbank ausgesprochen zuversichtlich in die Zukunft blicken: Die Skalenvorteile in Vertrieb und Back-Office ermöglichen eine deutliche Verbesserung der Profitabilität je Kunde. Marktstellung, Image, Innovationsgeschwindigkeit und IT-Systemkompetenz gestatten künftig eine sehr viel stärker personalisierte Kundenansprache mit hochattraktiven, zeitgemäßen Produkten.

Ein Beispiel dafür ist das Wachstumsgeschäft Altersvorsorge. Ein anderes Beispiel ist das Bausparen, das für viele Immobilienbesitzer die Chance bietet, sich aktiv am Klimaschutz zu beteiligen. Und nicht zu vergessen: Auf längere Sicht schafft eine starke Marktposition im Retailgeschäft auch günstige Perspektiven für ausgewählte Aktivitäten im Firmenkundengeschäft!

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