Blickpunkte

Zahlungsverkehr - Déjà-vu

Das Thema ist nicht neu: Als freiwillige Selbstverpflichtung der Banken definierte bereits 1996 der frühere Zentrale Kreditausschuss das "Jedermann-Konto". Dabei handelte es sich um ein Girokonto auf Guthabenbasis, bei dem keine Überziehung zugelassen war. Zweck der Selbstverpflichtung war es, ein damals vom Gesetzgeber geplantes allgemeines Recht auf ein Girokonto zu verhindern, indem die Banken dafür eine Regelung in Selbstverwaltung einrichteten. Trotz dieser Selbstverpflichtung der Banken auf Einrichtung des Jedermann-Kontos wird in der Praxis einigen Kunden nach wie vor ein Konto verweigert. Lediglich in acht Bundesländern sind Sparkassen landesgesetzlich verpflichtet, neuen Bankkunden ein Girokonto auf Guthabenbasis zur Verfügung zu stellen.

Gut 15 Jahre später ist dieses Thema wiederum Gegenstand der Diskussionen zwischen Politik und Banken. Bereits im Juli 2011 hatte die Europäische Kommission ihren Mitgliedstaaten empfohlen, allen Bürgern einen Zugang zu einem günstigen Konto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen zu ermöglichen, um die finanzielle und soziale Eingliederung der Verbraucher in ganz Europa zu fördern. Erneut ist die Interessenvertretung der fünf kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände - die "Deutsche Kreditwirtschaft" - allerdings zurückhaltend und will einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf für ein solches "Basiskonto" auf nationaler Ebene gegenwärtig nicht erkennen. Regulative Maßnahmen werden als nicht zielführend angesehen.

Das Déjà-vu scheint 2012 allerdings nicht komplett. Da auch in anderen EU-Ländern eine Selbstregulierung offenbar nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat, hat sich das EU-Parlament nun dieser Thematik angenommen und mit überwältigender Mehrheit für eine gesetzliche Verpflichtung votiert. Der Zugang zu einem Bankkonto sei für den Bürger unerlässlich geworden, wenn er am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben einer modernen Gesellschaft teilhaben wolle. Der EU-Kommission dürfte es nun schwer fallen, auf einen gesetzlichen Vorschlag zu verzichten. Aber den hatte Michel Barnier ohnehin bereits ins Auge gefasst. Der Parlamentsbeschluss ist für die Kommission somit eine Bestätigung.

In jedem Fall stellt ein solches Basiskonto für Banken und Sparkassen eine weitere Belastung dar: Die Institute müssen nicht nur die ohnehin bereits zahlreichen Produkte im Girokontobereich um ein weiteres ergänzen, sondern werden sicherlich auch auf kostendeckende Provisionen verzichten müssen, nachdem ihnen durch höchstrichterliche Entscheidungen bei Pfändungsschutzkonten und Zwangsauszügen zusätzliche Gebühren für den Mehraufwand bereits versagt wurden. In zahlreichen Instituten stellt sich allerdings noch ein ganz anderes Problem: Nicht selten wird der Begriff "Basiskonto" werblich genutzt, da es sich um ein reguläres Kontomodell mit Individualabrechnung handelt. Namensänderungen und neue Verkaufshilfen sind bei diesen Häusern damit vorprogrammiert. KD

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