Zukunft des Vertriebs

Die Zukunftdes Vertriebs - Wünsche an den Gesetzgeber

DSGV: Vertrieb von Finanzprodukten darf nicht in einer Regulierungsflut ersticken

Von Heinrich Haasis - Der Vertrieb von Finanzdienstleistungen ist in den vergangenen Jahren für die kreditwirtschaftlichen Institute nicht einfacher geworden. Zum einen hat sich die Produktpalette erheblich erweitert. Gesundheit, Alter oder Bildung: Dort, wo das soziale Netz des Staates löchriger geworden ist, hat die Kreditwirtschaft die Aufgabe übernommen, ihren Kunden entsprechende Angebote zu machen. Gerade die Sparkassen haben als einziger Allfinanzanbieter in den vergangenen Jahren viele neue Produkte für die unterschiedlichsten Vorsorgebedarfe ihrer Kunden entwickelt.

Zum anderen haben die zahlreichen neuen regulatorischen Anforderungen für den Vertrieb von Finanzdienstleistungen der jüngsten Zeit die Institute vor große Herausforderungen gestellt. Umfangreiche Richtlinien aus Brüssel mussten von den Instituten umgesetzt werden: Genannt seien nur die für Institute besonders relevanten Vorgaben: die Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG), die Zahlungsdiensterichtlinie (2007/64/EG) und die Finanzmarktrichtlinie (2004/39/EG). Neben der Förderung des europäischen Binnenmarkts im Bereich der Finanzdienstleistungen stand bei der Schaffung dieser Richtlinien explizit auch der Verbraucherschutz im Vordergrund.

Vor dem Angehen neuer weitergehender Regulierungsmaßnahmen gilt es daher, zunächst ein Blick auf die Erfahrungen mit den neuen Vorschriften zu werfen und die gewonnenen Erkenntnisse zu berücksichtigen: Was haben diese Richtlinien bewirkt? War der Regulierungsansatz richtig?

Vernünftiges Verhältnis von Kosten und Nutzen?

Eine abschließende Bewertung ist derzeit noch nicht möglich, da einige Gesetze gerade erst in Kraft getreten sind oder noch in Kraft treten werden. Erst nach gewisser Zeit und gefestigten Auslegungen der neuen Vorschriften kann belastbar festgestellt werden, wie neue Gesetze wirken. In einer ersten Einschätzung erscheint aber eine gewisse Skepsis angebracht, ob Aufwand und Nutzen der in letzter Zeit erlassenen Vorschriften immer in einem vernünftigen Verhältnis stehen.

Dies gilt beispielsweise auch bei der nunmehr vorgeschriebenen Pflicht zur Dokumentation der Gespräche über die Anlageberatung in Finanzinstrumenten, mit der der Gesetzgeber auf die Kritik an der Anlageberatung der Banken - hervorgerufen durch Verluste aufgrund der Finanzkrise - reagierte. In einem "Hau-Ruck"-Gesetzgebungsverfahren beschlossen, werden hier nicht einmal zwei Jahre nach der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie neue Vorgaben mit Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes geschaffen. Das macht zunächst einmal deutlich: Die "Halbwertzeit" der Gesetzgebung wird offenbar immer kürzer.

Obwohl das Gesetz unter der Etikettierung "Verbraucherschutz" verabschiedet wurde, ist zu befürchten, dass dieses Ansinnen eher konterkariert wurde. Banken und Sparkassen müssen demnächst mit großen Aufwand Protokolle für alle Anlageberatungen erstellen - unabhängig davon, ob der Kunde diese wirklich wünscht. Dies verlängert die Kundengespräche, erschwert den Vertrieb und erhöht die Kosten - die letztlich über die Preise der Dienstleistungen vom Kunden mitgetragen werden müssen.

Besonders schwierig wird es, wenn bestimmte Vertriebswege zusätzlichen Risiken ausgesetzt werden, so wie es bei dem jetzt ebenfalls eingeführten Rücktrittsrecht bei telefonischer Beratung im Falle unzutreffender Protokollierung der Fall ist. Immerhin: Von der völlig praxisfernen Pflicht zur Sprachaufzeichnung wurde Abstand genommen.

Abschaffung von Regelungen, die sich nicht bewährt haben

Auch für den Vertrieb von Finanzdienstleistungen muss daher gelten: Die Wirkungen der Gesetzgebung sollten abgewartet und evaluiert werden, bevor neue Maßnahmen ergriffen werden. Nationale Sonderwege - die über europäische Regelungen hinausgehen - sind regelmäßig wenig zielführend. Noch weitergehend ist die Erkenntnis, dass offenbar intensivere Regulierung nicht zwangsläufig zu besserem Anlegerschutz führt. Zu viele Vorschriften oder Erschwernisse bei der Beratung können dazu führen, dass schlicht weniger Beratung, gerade in der Fläche, angeboten wird - und damit der Anleger allein gelassen wird. Deshalb müssen Zweifel erlaubt sein, ob der bestehende Ansatz mit einer immer größeren Dichte an Vorschriften für den Vertrieb von Finanzdienstleistungen Kunden und Instituten gerecht wird. Dies schließt nicht aus, einzelne Felder zu identifizieren, in denen weitere Maßnahmen sinnvoll sein können. So beklagen sowohl Kreditwirtschaft als auch Kunden, die "Papierfluten", mit denen die Kreditinstitute ihre Kunden überschütten - die aber doch von den jüngst umzusetzenden Gesetzen vorgeschrieben werden. So sollte nicht die vollständige umfängliche, sondern die kurze, prägnante und verständliche Information des Anlegers im Vordergrund stehen. Hier könnte es - die ersten Vorarbeiten in Brüssel laufen bereits sinnvoll sein, durch eine gesetzliche Grundlage Standards für Kurzinformationen zu bestimmten Produktgruppen zu schaffen. Dafür sollte dann aber auch eine klare Basis gelegt werden. Regelungen, die sich nicht bewährt haben, sollten schnellstmöglich wieder abgeschafft werden.

Nicht jeder Missstand muss gesetzlich geregelt werden

Anstatt das Regulierungsnetz noch enger zu weben, sollte sich der Gesetzgeber vielmehr - und hier besteht erfreulicherweise jetzt offenbar weitgehender Konsens - auf die "Reichweite" der Regulierung fokussieren, das heißt Lücken, die noch bestehen (zum Beispiel im Bereich des "Grauen Kapitalmarktes"), schließen und zum Schutz der Anleger alle Marktteilnehmer einer angemessenen Aufsicht unterziehen.

Eine gemeinsame Aufgabe von Politik und Kreditwirtschaft ist es ferner, die finanziellen Kenntnisse der Bürger weiter auszubauen. Nicht alle problematischen Einzelfälle kann der Gesetzgeber lösen: Er muss einen angemessenen Rahmen schaffen. Er kann aber nicht jeden als Missstand wahrgenommenen Sachverhalt zum Anlass nehmen, für den gesamten Markt neue Regelungen zu schaffen. Der Kunde kann zudem unter einer Vielzahl von Angeboten am Markt wählen, wenn er mit seinem Institut nicht zufrieden ist. Das für eine gute Kunden-Bank-Beziehung notwendige Vertrauen kann aber nicht durch den Gesetzgeber geschaffen werden.

Guter Vertrieb zeichnet sich dabei nicht durch kurzfristigen "Verkauf", sondern durch eine nachhaltige Orientierung an den Kundenbedürfnissen aus. Diesen Grundsatz haben die Sparkassen in ihrer jüngst beschlossenen Geschäftsstrategie abermals bekräftigt: Die Kundenzufriedenheit steht im Vordergrund - hinter dieser zentralen Zielsetzung stehen betriebswirtschaftliche Überlegungen zurück. Diese Verankerung ist die beste Voraussetzung für Dienstleistungen im Interesse der Kunden.

Heinrich Haasis ist Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e. V., Berlin.

BdB: Standardisierte Kurzinformationen sind zu begrüßen

Von Hans-Joachim Massenberg - Die privaten Banken verstehen sich als aktive Gestalter der Verbraucherpolitik. Sie wissen, dass an die Geschäftsbeziehung mit Privatkunden besondere Anforderungen gestellt werden. Deshalb verfolgen die privaten Banken seit Jahren ein verbraucherpolitisches Gesamtkonzept, mit dem das Verhältnis zum Privatkunden auf eine tragfähige Basis gestellt wird. Die zentralen Bausteine dieses Konzepts sind Kundeninformation, transparente Vertragsgestaltung, ein außergerichtliches Schlichtungssystem und last but not least Verbraucherbildung. Es gründet auf dem Leitbild des mündigen Verbrauchers, der seine Entscheidungen eigenverantwortlich trifft.

Eine aussagekräftige Kundeninformation schafft die Basis für eigenverantwortliches Handeln. Hierzu stellen die privaten Banken unabhängig vom Anbieter Informationen zur Verfügung - auch ohne bestehende Geschäftsbeziehung. Bei Vertragsabschluss wird der Kunde detailliert über Produkte, Produktbedingungen und deren Risiken informiert. Zudem achten die privaten Banken darauf, ihre Verträge transparent und nachvollziehbar auszugestalten. Sollte es trotzdem einmal zu Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Kunden und seiner Bank kommen, stehen die Ombudsleute der privaten Banken bereit, um diese unbürokratisch, schnell und für den Kunden kostenfrei auszuräumen.

Schließlich trägt das langjährige Engagement des Bankenverbandes mit dem eigenen Schul/Bank-Programm dazu bei, die Allgemeinbildung in Wirtschafts- und Finanzfragen zu verbessern. Die "Ausbildung zum mündigen Verbraucher" sollte bereits in der Schule beginnen. Daher fordert der Bankenverband ein eigenständiges Schulfach Wirtschaft. Das allein reicht jedoch nicht aus, die gegenwärtige Krise zu bewältigen. So sind insbesondere bessere Information und erhöhte Transparenz notwendig, um das Kundenvertrauen zurückzugewinnen. Welche Rolle kommt den Banken und welche kommt der Politik dabei zu?

Der Kunde muss die Entscheidung selbst treffen

Eine erste Lehre, die die privaten Banken aus den Fehlern der vergangenen zwei Jahre gezogen haben, sind die zehn "Leitlinien zur Stärkung des Anlegervertrauens im Retail-Geschäft". Es geht darum, dass die Banken künftig noch stärker den Kunden in den Blick nehmen - und das in einer verlässlichen und transparenten Art und Weise. Verlässlich durch eine langfris tige, an seinen Bedürfnissen ausgerichtete Anlagestrategie; transparent auch dadurch, dass immer wieder geprüft wird, ob bestimmte Produkte tatsächlich und in jedem Einzelfall empfohlen werden sollt en.

Der Bankenverband hat diese Leitlinien für seine Mitglieder Mitte des Jahres 2009 vorgelegt, um die geltenden Standards im Umgang mit privaten Kunden bei der Geldanlage und vor allem in der Beratung zusammenzufassen. Diese sind bei vielen Instituten längst gelebte Praxis. Wo dies noch nicht vollständig so ist, werden entsprechende Veränderungsprozesse auf den Weg gebracht. Im Kern heißt das: Der Kunde steht im Mittelpunkt. Er muss die Produkte und ihre Risiken verstehen, bevor er - als mündiger Verbraucher - seine Anlageentscheidung trifft. Er muss diese allerdings weiterhin selbst treffen, frei und eigenverantwortlich.

Finanz-TÜV ist nicht notwendig

In der Öffentlichkeit werden gegenwärtig verschiedenste Vorschläge diskutiert, um das Kundenvertrauen zu stärken, beispielsweise die Etablierung eines sogenannten Finanz-TÜV. Dieser soll jedes neue Produkt und jede Produktvariante vor der Markteinführung bewerten und prüfen. Einmal auf dem Markt, müsste er jedoch die se Bewertung laufend aktualisieren, denn das Risikoprofil einer Anlage kann sich jederzeit verändern, je nachdem in welche Richtung die Märkte sich entwickeln. Allein für die knapp 10 000 in Deutschland zugelassenen Investmentfonds und zirka 300 000 Zertifikate wäre dies eine Herkulesaufgabe.

Zudem müsste der Finanz-TÜV für seine Produktzertifizierung auch im etwaigen Streitfall einstehen, das heißt auch die zivilrechtliche Verantwortung hierfür übernehmen. Ob eine Institution dazu bereit und in der Lage wäre, erscheint zweifelhaft. Ein solcher TÜV ist auch gar nicht notwendig, da die Banken ihre angebotenen Anlageprodukte vor der Markteinführung selbst intensiv prüfen, ob sie überhaupt für Privatkunden geeignet sind, und wenn ja, für welche Gruppe von Privatkunden. Sie haften sogar dafür, ob eine konkrete Produktempfehlung für einen bestimmten Kundenkreis stimmig ist.

Grundsätzlich zu begrüßen ist hingegen der Vorschlag des Bundesverbraucherschutzministeriums für ein standardisiertes Produktinformationsblatt. Dieser sollte jedoch mit den Aktivitäten der EU-Kommission zu Produktinformationen für Investmentfonds und vergleichbare Produkte in Einklang gebracht werden. Standardisierte Kurzinformationen können dem Kunden helfen, einen ersten Vergleich verschiedener Angebote vorzunehmen. Zusätzliche Kenntnisse über typische Eigenschaften und Risiken des jeweiligen Produkts können jedoch in dieser Kürze nicht vermittelt werden. Hierzu hat sich die anbieterunabhängige, vom Bankenverband redaktionell betreute Broschüre "Basisinformationen über die Vermögensanlage in Wertpapieren" bewährt.

Ziel aller Überlegungen muss es ein, dass der Kunde die ihm angebotenen Produkte und ihre Risiken versteht, bevor er seine "informierte Anlageentscheidung" trifft. Als mündiger Verbraucher tut er dies frei und eigenverantwortlich.

Hans-Joachim Massenberg ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken e. V., Berlin.

BVR: Für Finanzprodukte ist keine Marktwächterfunktion erforderlich

Von Yvonne Zimmermann - Der Verbraucherschutz und die damit einhergehenden jüngsten gesetzlichen Neuregelungen führen in der Finanzdienstleistungsbranche zu erheblichen Veränderungen, die unmittelbaren Einfluss auf den Vertrieb der Banken haben. Anhand der folgenden Beispiele sei dies deutlich gemacht. Das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung - mit der Verschärfung der Sanktionen bei einer Telefonwerbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Angerufenen - hat für Unruhe bei unseren Banken gesorgt.

Denn im Sinne des genossenschaftlichen Geschäftsmodells liegt es unseren Mitgliedsbanken am Herzen, ihre Kunden bestmöglich zu betreuen. Im Genossenschaftsgesetz ist die Mitgliederförderung sogar als Unternehmenszweck verankert. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, ist unter anderem die telefonische Kontaktaufnahme erforderlich. Wir hätten uns vom Gesetzgeber gewünscht, die Gelegenheit zu nutzen, um klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen die erforderliche Einwilligung im Massengeschäft wirksam eingeholt werden kann.

Informationen auf wesentliche Details beschränken

Auch die neue Verbraucherkreditrichtlinie hat Auswirkungen auf viele Prozesse in der Bank. Mit der vorvertraglichen Information und Erläuterung bezweckt der Gesetzgeber mehr Markttransparenz für den Verbraucher. Die sehr umfangreichen Anforderungen an die Werbung mit Zinssätzen sollen in Zukunft Lockvogelangebote vermeiden.

Es darf allerdings zu Recht die Frage gestellt werden, ob die dem Verbraucher aufgezwängte Informationsflut im Ergebnis nicht mehr Verwirrung als Aufklärung bewirkt. Beispielsweise enthält die vorvertragliche Information Details zu über 30 Einzelaspekten. Wesentlich sinnvoller für den Verbraucher wäre es gewesen - und dies entspricht auch der politischen Forderung im aktuellen Diskurs - die Information auf wesentliche Daten zu beschränken.

Vorteile der Telefonberatung werden eingeschränkt

Ein weiteres Feld stellen die neuen Anforderungen bei der Anlageberatung dar. Obwohl die Wertpapierberatung einiger Institute im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise und den erlittenen Verlusten vieler Anleger in Verruf geraten ist, konnten die Genossenschaftsbanken im Kundenvertrauen zulegen. Umso bedauerlicher ist es, dass die Maßnahmen zum Verbraucherschutz wenig differenziert auch bei den Volksbanken Raiffeisenbanken umgesetzt werden müssen, wo Mitglieder- und Kundeninteressen auch ohne Verbraucherschutzgesetze schon immer im Mittelpunkt standen.

Die verabschiedeten Regelungen sind noch nicht unbedingt zu Ende gedacht, obwohl von Auswüchsen wie beispielsweise der Sprachaufzeichnung bei telefonischer Beratung Abstand genommen wurde.

Über den generellen Mehraufwand für die Banken hinaus werden durch die nun geforderte Protokollierung des Beratungsgesprächs die Vorteile der Telefonberatung wie zum Beispiel die schnelle Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Geschäfte über telefonische Beratung können grundsätzlich erst nach Zusendung des Beratungsprotokolls mit den Kunden abgeschlossen werden.

Einwöchiges Rücktrittsrecht ist keine Alternative

Die Möglichkeit, bei Einräumung eines einwöchigen Rücktrittsrechts auch vor Zusendung des Beratungsprotokolls Geschäfte tätigen zu können, ist keine wirkliche Alternative, da sie für die Banken ein unkalkulierbares Haftungsrisiko bedeutet. Mögliche Rechtsstreitigkeiten, ob Kunden zu Recht vom Geschäft zurückgetreten sind, können unter Umständen über Jahre dauern.

Viele der gesetzlichen Regelungen zum Verbraucherschutz wären überflüssig, wenn sich alle Finanzdienstleister gegenüber Verbrauchern und Marktpartnern fair verhalten würden. Für die genossenschaftlichen Banken ergibt sich dies automatisch aus ihrem Geschäftsmodell. Aufgrund ihrer Tradition stellen Genossenschaftsbanken die Interessen ihrer Mitglieder und Kunden in den Mittelpunkt. Sie sind gesetzlich verpflichtet, ihre Geschäftstätigkeit in den Dienst der Förderung der wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder zu stellen. Die Ziele und Wünsche der Mitglieder und Kunden sind deshalb auch Ausgangspunkt jeder Beratung. Die Zielsetzungen der gesetzlichen Neuregelungen zum Verbraucherschutz waren also schon immer genossenschaftliche Maxime.

Belange des Anlegerschutzes sind bereits sichergestellt

Kritisch sehen wir auch das Bestreben der Regierungskoalition, eine weitere Stiftung für Finanzprodukte, eine Art Finanz-TÜV, zu errichten. Zum einen gibt es bereits heute die sehr erfolgreich arbeitende Stiftung Warentest, die gerade auch Finanzdienstleistungsprodukte bewertet. Zum anderen kann ein Finanzprodukt für einen Kunden sinnvoll, für den anderen Kunden weniger sinnvoll sein. Die Belange des Anlegerschutzes sind bisher zudem bereits durch die geltenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften und die zivilrechtliche Haftung der Institute für ihre Beratungspraxis sichergestellt, sodass keine Marktwächterfunktion für Finanzprodukte erforderlich ist.

Bei allen Initiativen rund um den Verbraucherschutz ist unser genereller Wunsch an den Gesetzgeber, überflüssige Bürokratie zu vermeiden. Vermehrter Aufwand durch umfangreiche Dokumentation, Information oder Programmierung bedeutet zusätzliche Kosten, die letztendlich Auswirkung auf die Konditionen-Gestaltung haben. Verbraucherschutz sollte deshalb immer so gestaltet werden, dass er letztlich nicht zur Intransparenz und damit zum Gegenteil von Verbraucherschutz führt. Wichtiger als alle neuen Regulierungserfindungen ist eine frühzeitige Information und Aufklärung über Finanzthemen. Der sachkundige und aufgeklärte Verbraucher sollte weiter Ziel staatlicher Bemühungen sein.

Yvonne Zimmermann ist Leiterin der Abteilung Markt beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V., Berlin.

Bankenfachverband: Verwirrungen beim Verbraucher vermeiden

Von Peter Wacket - Am 11. Juni 2010 stehen gleich zwei Großereignisse ins Haus: In Südafrika erfolgt der Anpfiff der Fußball-Weltmeisterschaft, und in Europa wird die Vergabe von Verbraucherkrediten neu geregelt. Dann muss die EU-Verbraucherkreditrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt sein.

Das erste Ereignis wird die Gemüter der Bundesbürger einen Monat lang aufheizen und die Krisenstimmung auf Eis legen. Das zweite wird zwar auch für Erregung sorgen, aber eher im negativen Sinne, spätestens dann, wenn es zu folgender Situation kommt: Am Nachmittag des 11. Juni entscheidet sich ein Verbraucher beim Gang durchs Warenhaus spontan dazu, die WM auf einem neuen Flachbild-Fernseher verfolgen zu wollen. In Ermangelung von Barmitteln möchte er dazu ein günstiges Finanzierungsangebot nutzen. "Kein Problem", spricht ein versierter Verkäufer, nimmt die Daten des Kunden auf und druckt ihm 20 Seiten mit individuellen vorvertraglichen Informationen und den vorgeschriebenen Erläuterungen aus. Daraufhin weist er den Kunden - wie es dann Pflicht sein wird - in einen separaten Raum, in dem er sich alles in Ruhe durchlesen möge.

Versorgung mit Krediten unnötig erschwert

Das Konvolut enthält unter anderem Erläuterungen, was ein Kredit ist, und dass dieser zurückgezahlt werden muss. In Johannesburg laufen inzwischen die Mannschaften ins Stadion ein. Hat sich unser Verbraucher durchs Papier gekämpft, erhält er vom Verkäufer erneut etwa zehn Seiten Kreditvertrag - mit zum Teil denselben Informationen wie vorher. Bis der Verbraucher seinen neuen Fernseher mit nach Hause nehmen darf, ist womöglich das erste Tor schon gefallen.

An dieser leidigen Situation lässt sich jetzt nichts mehr ändern, da das Gesetz bereits verabschiedet wurde. Indes gibt es aus Sicht des Bankenfachverbandes drei Bereiche, die der Gesetzgeber noch verbessern sollte, um die Versorgung von Verbrauchern mit Krediten nicht unnötig zu erschweren.

Erläuterungspflichten auf eine Seite begrenzen: Gesetzlich geregelt ist, dass der Kreditgeber dem Kreditnehmer die vorvertraglichen Informationen und den Kreditvertrag erläutern muss. Nicht geregelt ist, wie detailliert diese Erläuterungen zu sein haben. Das könnte spätestens dann relevant werden, wenn ein Verbraucheranwalt auf die Aufhebung eines Kreditvertrages klagt, weil die Bank versäumt hat, dem Verbraucher mitzuteilen, dass er den Kredit zurückzahlen muss. In der Konsequenz könnte dies dazu führen, dass die Banken sich gezwungen sehen, den Verbraucher mit noch mehr Papier zu belasten. Mehr Verbraucherschutz bedeutet dies keineswegs, denn in einem Aktenordner von Daten gehen die relevanten Informationen eher unter als auf einer DIN A4-Seite.

Muster für Widerrufsbelehrung erstellen:

Dem Verbraucher steht nach wie vor ein 14-tägiges Widerrufsrecht für seinen Kreditvertrag zu, über das ihn die Banken bei Vertragsschluss belehren müssen. Ein noch so geringfügiger Fehler in der Belehrung hat zur Folge, dass der Kreditvertrag unbefristet widerrufen werden kann. Die Bank müsste also auch nach mehreren Jahren damit rechnen, dass ihr Kunde von heute auf morgen den Kreditvertrag widerruft - mit Folgen für die Refinanzierung der Bank. Auch hier tut Klarstellung not, und ein gesetzliches Muster für die Widerrufsbelehrung würde für Rechtssicherheit sorgen.

Effektivzins als Vergleichsmaßstab beibehalten: Der effektive Jahreszins ist ein bewährtes Mittel, mit dem Verbraucher Kreditpreise vergleichen können. Künftig könnte dieser Maßstab Konkurrenz erhalten, und zwar von der Angabe, ob der Kredit "mit" oder "ohne Provision" vermittelt wurde. Darlehensvermittler wie Einzelhändler, welche die Finanzierung eines Fernsehers anbieten, könnten ihre Kunden künftig darüber informieren müssen, ob sie für die Vermittlung der Finanzierung ein Entgelt von der Bank erhalten, und wie hoch dieses Entgelt ist.

Das Gesetz ließe sich so interpretieren, auch wenn gute Gründe dagegensprechen: Im Gegensatz zum Bankkunden, der sich über die Rendite eines Fonds beraten lässt, geht unser Beispielkunde nämlich nicht deshalb ins Warenhaus, um einen Kredit zu erhalten, sondern um einen Fernseher zu kaufen.

Die Offenlegung von Händlerprovisionen bei der Kreditvermittlung wäre nicht nur ein Novum in Europa, sondern für den Endkunden wenig aussagekräftig. Wählt unser Beispielkunde ein Angebot für drei Prozent effektiven Jahreszins "mit Provision" oder eines für vier Prozent Effektivzins "ohne Provision"? Im Zweifel sollte er einen Finanzierungspartner mit dem günstigsten Effektivzins bevorzugen, unabhängig davon, ob - und falls ja, welche - Provision der Händler von der Bank erhält.

Der Bankenfachverband fordert den Gesetzgeber daher auf, Verwirrungen beim Verbraucher zu vermeiden und klarzustellen, dass interne Preiskalkulationen zwischen zwei Vertragsparteien nicht Dritten gegenüber offengelegt werden müssen. Kein anderes Wirtschaftsunternehmen auch kein Fußballclub - ist dazu verpflichtet, interne Vertriebskosten gegenüber Endkunden mitzuteilen. Was zählt, sind die Leistungen, und darüber entscheiden allein die Verbraucher im Warenhaus beziehungsweise die Zuschauer an den Bildschirmen.

Peter Wacket ist Geschäftsführer des Bankenfachverbandes e. V., Berlin.

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