Vorsorgesparen

Aktienfonds als Langfristanlage besser kommunizieren

Die Wirtschaft hierzulande brummt, die Unternehmen freuen sich über volle Auftragsbücher. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet für 2014 mittlerweile mit 1,8 Prozent Wachstum, das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) mit 1,9 Prozent. Für 2015 erwarten beide Institute nach ihren jüngst veröffentlichten Prognosen, dass das Bruttoinlandsprodukt der größten europäischen Volkswirtschaft sogar um mehr als zwei Prozent anzieht.

Profitieren wird die deutsche Wirtschaft den Prognosen zufolge vor allem von zwei Faktoren: der Lage am Arbeitsmarkt und steigenden Investitionen der Unternehmen, die über reichlich Cash verfügen. Soweit die gute Nachricht. Doch die schlechte lautet: Der Vorsorgestandort Deutschland kann mit dem Wirtschaftsstandort Deutschland nicht mithalten. Denn während die Unternehmen hierzulande im globalen Vergleich bestens aufgestellt sind und über solide Bilanzen mit viel Liquidität verfügen, gehört der Durchschnittsdeutsche zu den Ärmsten in Europa - denn er verlässt sich auf Arbeitseinkommen und staatliche Rente statt Vermögen durch Immobilien- und Aktienbesitz aufzubauen.

Das ist gefährlich. Schließlich wird die staatliche Rente den heutigen Lebensstandard der Menschen im Alter nicht annähernd decken. Ohne private Altersvorsorge ist eine Versorgungslücke im Alter unvermeidlich. Einer Untersuchung der Ruhr-Universität Bochum zufolge sollte bei Eintritt in den Ruhestand, um den gewohnten Lebensstandard zu halten, ein Rentenbezug in Höhe von rund 85 Prozent des letzten Nettoeinkommens erreicht werden. Bislang ging man von 70 Prozent benötigter Einkommensersatzquote aus. Schon 2030 wird das Nettoleistungsniveau der gesetzlichen Rente aber bei nur noch knapp über 40 Prozent liegen. Der Boden ist dann noch lange nicht erreicht.

Demografische Entwicklung als Problemverstärker

In anderen Ländern wie zum Beispiel in England kommen gerade einmal 25 Prozent des Einkommens im Alter aus der staatlichen Altersversorgung. Wir reden hier also nicht von leichten Abstrichen, die man vielleicht im Alter beim verfügbaren Einkommen hinnehmen könnte. Vielmehr geht es um eine weit auseinander klaffende Lücke. Und die ist für ein Land, in dem derzeit immer noch 90 Prozent der Altersbezüge aus der ersten Säule der Altersvorsorge, also den staatlichen Altersbezügen, stammen, ein massives Problem.

Die Notwendigkeit, die finanzielle Lücke, die die gesetzliche Rente lässt, zu stopfen, wird immer größer, nicht nur weil das gesetzliche Rentenniveau stetig sinkt. Ein entscheidender Verstärker des Problems ist die demografische Entwicklung. Sie ist gleich von zwei Seiten problematisch:

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung liegt die natürliche Wachstumsrate hierzulande bei minus 0,2 Prozent. Die Bevölkerung schrumpft also. Bis zum Jahr 2050 soll die Bevölkerung, ohne Berücksichtigung möglicher Migration, von rund 82 auf 72 Millionen Menschen zurückgehen. Die Zahl der potenziellen Beitragszahler wird dramatisch sinken.

Dazu kommt die Empfängerseite. Heute leben 4,4 Millionen Menschen, die älter als achtzig sind, in Deutschland. In dreißig Jahren werden es über zehn Millionen sein. Allein seit 1960 hat sich die Lebenserwartung der Menschen in den Industrienationen laut OECD um eine gesamte Dekade verlängert. Und nach Angaben des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIW) hat sich die Zahl der Rentner seit 1993 um fünf Millionen auf über 20 Millionen erhöht. Tendenz weiter steigend.

Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kommen derzeit auf zehn Beitragszahler sechs Rentenempfänger. Im Jahr 2030 wird dieses Verhältnis schon bei eins zu eins liegen. Allein vor diesem Hintergrund sollten die Deutschen ins Grübeln geraten, ob sie nicht besser privates Vermögen als Polster für das Alter aufbauen sollten.

Teilhabe am Produktivkapital ist die einzige Lösung

Erschwerend hinzu kommt die viel diskutierte und in der Praxis doch oft ignorierte "finanzielle Repression". Durch dieses künstliche Niedrighalten der Kapitalmarktrenditen durch die Notenbanken der Industriestaaten bringen als sicher geltende Rentenpapiere wie Bundesanleihen nicht einmal mehr einen Ausgleich für die Inflation. Für Anleger ist es deshalb gerade in dieser Phase besonders wichtig, ihr Geld für das Alter so anzulegen, dass die Kaufkraft mindestens erhalten bleibt. Wer heute weiß, dass er in 20 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gehen und dann zum Beispiel 2 000 Euro Rente erhalten wird, muss die Teuerungsrate bis dahin mit einkalkulieren. Bei einer Geldentwertung von nur zwei Prozent pro Jahr im Schnitt sinkt die Kaufkraft um rund ein Drittel. Die Rente wird dann nur noch einen realen Wert von etwas mehr als 1300 Euro haben.

Aus unserer Sicht ist langfristig die einzige Lösung für Vorsorgesparer eine Teilhabe am Produktivkapital. Denn nur durch Anlagen in Aktiva ist über sehr lange Zeiträume von mehreren Jahrzehnten, mit denen wir es in der Altersvorsorge zu tun haben, ein realer Gewinn nach Inflation zu erzielen.

Nettozuflüsse in Aktienfonds machen Hoffnung

Gute Unternehmen sind die Quelle von Wachstum. Nur wer Aktien besitzt, hat nachhaltig daran teil. Denn Aktienbesitzer sind mit ihren Anteilscheinen am realen Vermögenswert eines Unternehmens beteiligt, also an Maschinen, Gebäuden, und Know-how. Viele Menschen hierzulande halten aber keine Anteile am Produktivvermögen, weil sie aus Verlass auf die gesetzliche Rente den privaten Vermögensaufbau nicht für unbedingt nötig oder erstrebenswert halten - oder weil sie die Risiken scheuen.

Stattdessen steckt ein Großteil des Geldvermögens der Deutschen in niedrig verzinsten Anlagen. Etwa 40 Prozent liegt auf Sparbüchern, Festgeldkonten und Girokonten, weitere 30 Prozent stecken in Versicherungsverträgen. Rund 70 Prozent dieses riesigen volkswirtschaftlichen Aktivpostens sind somit nicht optimal angelegt.

Etwas Hoffnung machen die Nettozuflüsse in europäische Aktienfonds, die laut Zahlen des Datenanbieters Lipper seit gut einem Jahr zu beobachten sind. Dennoch werden vor allem die Börsen Europas von vielen Investoren kritisch beäugt. Die vielen Negativschlagzeilen zu Schuldenkrise, Sparzwängen und wirtschaftlichen Rückschlägen, die kurzfristig auch die Aktienkurse bewegen, überdecken nachhaltig die fundamentalen Fakten. Wer genauer auf den Zustand der europäischen Unternehmen schaut, stellt fest, dass viele Aktiengesellschaften sehr gutes Wachstum vorweisen können, trotz eines nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in ihren Heimatmärkten.

Auf Unternehmen setzen, nicht auf Staaten

Viele Anleger konzentrieren sich jedoch zu sehr auf die Entwicklung der Staaten. Dabei übersehen sie: Eine Anlage in Unternehmen ist etwas anderes als ein Investment in Volkswirtschaften. Betrachtet man den Zeitraum von 1980 bis heute, hinkt Europa zwar beim Wirtschaftswachstum dem Rest der Welt hinterher, bei der Gewinnentwicklung der Unternehmen ist Europa jedoch spitze.

Anleger sollten sich zudem klar machen, dass eine Investition in Unternehmen wie beispielsweise BASF oder Nestlé bedeutet, dass das Depot damit auch global aufgestellt ist. Denn solche Konzerne sind längst nicht nur im Euroraum, sondern in allen wichtigen Währungsräumen vertreten, also auch den aufstrebenden Emerging Markets. Beispiel Volkswagen: Der Wolfsburger Autobauer verkauft inzwischen etwa jedes zweite Auto in den Wachstumsmärkten der Welt. Das zeigt eindrucksvoll: Der Sitz des Unternehmens, ist heute oft zweitrangig. Die Regionen, in denen das Unternehmen seine Umsätze und Gewinne erwirtschaftet, spielen vor allem bei global tätigen Unternehmen die wichtigere Rolle.

Bei japanischen Verhältnissen helfen nur Aktien

Was passiert, wenn Altersvorsorge nur in Schulden investiert, zeigt das Beispiel Japan. Das Land befand sich jahrzehntelang in einer Deflationsspirale, auch weil die Vorsorgeportfolios traditionell hauptsächlich aus heimischen Staatstiteln bestehen. Jetzt erst deutet sich ein Umdenken an: Laut Plänen der japanischen Regierung sollen die öffentlichen Pensionsfonds weniger in Staatsanleihen des hoch verschuldeten Landes investieren, sondern mehr in Unternehmen, um das Zinsrisiko zu verringern und die Erträge zu steigern.

Die demografische Entwicklung in Europa und die japanische Erfahrung legen nahe, dass sich Europa - im Gegensatz zu den üblichen Marktzyklen - in einer von besonders hoher Staatsverschuldung geprägten längeren Übergangsphase befindet. Erstmals seit langem existiert kein "risikofreier" Zins oberhalb der Inflationsrate. Dies hat zur Folge, dass eine sicherheitsorientierte Anlagepolitik fast zwingend zu realen Vermögens einbußen führt. Nur ein höherer Anteil an weltweit diversifizierten Risikoaktiva kann in der Altersvorsorge zu guten Ergebnissen führen.

Bei dieser Betrachtung lohnt auch ein Blick über die Grenzen auf die Gestaltung der Kapitalanlage für die Altersvorsorge. Holländische Pensionsfonds oder auch der Norwegische Staatsfonds investieren mit einem sehr hohen Aktienanteil und fahren damit gut. Auch eine Langzeituntersuchung von Elroy Dimson und Paul Marsh für den Zeitraum 1900 bis 2011 beweist die Überlegenheit der Aktienanlage. Demnach haben zwar in 16 von 22 betrachteten Staaten nicht nur Aktien, sondern auch langfristige Staatsanleihen (Bonds) und geldmarktähnliche Staatspapiere (Bills) über den Gesamtzeitraum eine positive Realrendite (Nominalrendite minus Inflation) erzielt.

Schaut man sich jedoch die sechs Staaten an, die im 20. Jahrhundert durch zwei Weltkriege besondere Umbruchsituationen durchlaufen haben, ergibt sich ein anderes Bild. Neben Deutschland sind dies Belgien, Finnland, Frankreich, Italien und Japan. In diesen Ländern konnte im Gesamtzeitraum nur mit Aktien eine positive Real-Rendite erreicht werden.

Mit deutschen Aktien konnte von 1900 bis 2011 eine Realrendite von knapp drei Prozent pro Jahr erreicht werden, deutsche Staatsanleihen erzielten dagegen eine negative Realrendite von jährlich knapp minus zwei Prozent. Im weltweiten Durchschnitt aller betrachteten 22 Länder erzielten Aktien eine positive Realrendite von 5,4 Prozent pro Jahr im Vergleich zu 1,7 Prozent bei Bonds und 0,9 Prozent bei Bills. Die Risikoprämie für Aktien im Vergleich zu Staatsanleihen lag somit im langjährigen weltweiten Durchschnitt bei gut 3,5 Prozent. Daraus kann man ableiten: Wer als Treuhänder für Vorsorgevermögen Umbruchsituationen erwartet, die auch demografisch bedingt sein können - zum Beispiel drohende "japanische Verhältnisse" in Deutschland, muss diese Erkenntnisse besonders ernst nehmen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen.

Aktien sind sicherer als ihr Ruf

Dass Aktien sicherer sind als es ihr Ruf vermuten lässt, geht auch aus einer aktuellen Studie von Allianz Global Investors hervor. Über alle 30-Jahres-Zeiträume seit dem Jahr 1800 haben Aktien demnach im Gegensatz zu Staatsanleihen und Geldmarkttiteln real, also nach Abzug der Inflation, nie an Wert verloren. Aktionäre erhielten mindestens eine durchschnittliche reale Rendite von 2,81 Prozent pro Jahr (im Zeitraum von 1903 bis 1933). Im Schnitt über alle 30-Jahres-Zeiträume konnten Anleger demnach real sogar 6,94 Prozent jährlich mit Aktien verdienen.

Die Begründung für das gute langfristige Abschneiden liegt auf der Hand: Unternehmen, die über einen soliden Cashflow, eine gute Marktposition und ein starkes Geschäftsmodell verfügen, sind in fast jeder Marktphase gefragt.

Dabei sind insbesondere Aktien erstklassiger Unternehmen mit attraktiven und sicheren Dividendenrenditen zu bevorzugen. Sie bieten im Vergleich zu Anleihen bester Bonität nicht nur deutlich höhere und vor allem steigende laufende Erträge, sondern auch ein sehr attraktives Chance-/Risikoverhältnis. Im Gegensatz zu besonders konjunktursensitiven Unternehmen bleiben sie auch in der Rezession profitabel und weisen deshalb ein geringeres Kursrisiko als der Gesamtmarkt auf. Stabile regelmäßige Ausschüttungen sind zudem ein Hauptindikator für die Zuversicht der Unternehmen in ihre künftigen Erträge.

Vorteile von Aktienfonds ins Bewusstsein der Anleger bringen

Aber natürlich gibt es innerhalb der Assetklasse große Unterschiede bei den Aussichten einzelner Aktien. Die Unterscheidung zwischen Gewinnern und Verlierern macht deshalb eine aktive Titelauswahl unbedingt erforderlich. Anlageentscheidungen sollten immer auf solider Analyse und auf zukunftsgerichtetem Research basieren und nicht anhand des Börsenwerts oder der darauf zurückführenden Gewichtung eines Unternehmens in einem Index erfolgen.

Es gilt daher, die investmenttypischen Vorteile von Aktienfonds wieder stärker in das Bewusstsein der Anleger zu bringen:

- Durch diese Produkte kann jeder sich schon mit geringen Sparsummen breit gestreut am Produktivkapital der Wirtschaft und an deren Erträgen beteiligen.

- Aktienfonds sind als Langfristanlage konzipiert und daher ein ideales Instrument zum Vermögensaufbau für das Alter. Kurzfristige Schwankungen der Märkte können dem langfristig orientierten Altersvorsorgesparer wenig anhaben. Denn auf längere Sicht können zwischenzeitliche Kursschwächen wieder ausgeglichen werden.

- Mit Hilfe von Sparplänen, bei denen regelmäßig ein fester Betrag angelegt wird, kann der Anleger das Risiko eines ungünstigen Einstiegszeitpunktes zudem deutlich reduzieren.

Potenzial für Asset Manager und ihre Vertriebspartner

Die Assetklasse Aktien ist somit als Vorsorgebaustein unverzichtbar. Wer in Aktien beziehungsweise Aktienfonds investiert, muss aber Schwankungen aushalten können. Ganz essenziell ist daher das Verständnis für die nötigen Anlagezeiträume. Anleger sollten bereit sein, für die Dauer von mindestens einem Wirtschaftszyklus - also für wenigstens sechs bis sieben Jahre - zu investieren. Sie können schließlich nicht erwarten, dass die Unternehmen, an denen sie Anteile halten, für sie als Aktionäre schneller Gewinne generieren als in der Realität. Denn für die Unternehmen gilt ebenso, dass sich Investitionen in die Zukunft oft erst nach vielen Jahren auszahlen.

Langfristig werfen Aktien-Investments aber höhere Renditen ab als vermeintlich risikolose Anlagen. Aktien sind somit für die typischerweise sehr langen Zeithorizonte in der Altersvorsorge ein ideales Instrument. Und es kann aus volkswirtschaftlicher Sicht auch nicht verkehrt sein, wenn sich die Bürger in großem Stil am Produktivkapital beteiligen - und davon profitieren.

Den Banken und natürlich der Fondsbranche fällt jetzt die wichtige Rolle zu, das Thema Aktien und Altersvorsorge in das Bewusstsein der Bürger zu rücken - und zwar nachhaltig und unabhängig vom aktuellen Dax-Stand. Wie groß hierzulande der Nachholbedarf ist zeigt die folgende Zahl: Rund 80 Prozent des von der amerikanischen Fidelity Investments in den USA verwalteten Vermögens sind private oder betriebliche Vorsorgemittel. Davon ist unsere Branche in Deutschland noch weit entfernt. Das zeigt aber auch das Potenzial für Asset Manager und ihre Vertriebspartner im Bereich Vorsorgesparen.

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