Energiewende im Bankgeschäft

Eckpunkte für die Energiewende aus genossenschaftlicher Sicht

Im Genossenschaftsverband Bayern sind derzeit 240 Energiegenossenschaften organisiert. Gemeinsam mit 287 Volks- und Raiffeisenbanken im Freistaat sind sie an Rahmenbedingungen interessiert, die eine erfolgreiche, kosteneffiziente, umweltschonende und bürgernahe Gestaltung der Energiewende ermöglichen.

Zur Erinnerung: Die Energiewende basiert auf einem gesellschaftlichen Konsens. Ihr übergeordnetes Ziel ist es, die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit für nachfolgende Generationen zu erhalten. Die Nutzung erneuerbarer Energien und nachwachsender Rohstoffe trägt dazu bei, die natürlichen Ressourcen zu bewahren. Die Energiewende ist somit kein Selbstzweck. Jedoch wird das gemeinsame Ziel zunehmend aus den Augen verloren und durch starke Partikularinteressen überlagert. Es ist deshalb dringend notwendig, gesellschaftliche Klarheit und Verbindlichkeit zu zentralen Eckpunkten für eine erfolgreiche Energiewende herzustellen.

Zudem ist mit Blick auf gesetzte Rahmenbedingungen ein Maß an politischer Verlässlichkeit notwendig, das in seiner Dauer zumindest unternehmerischen und privaten Investitionszyklen entspricht.

Eine erfolgreiche Energiewende muss gleichermaßen ökologische, ökonomische und technische Zielsetzungen verfolgen. Geeignete Rahmenordnung für ihre Realisierung ist die soziale Marktwirtschaft, denn sie ist per definitionem eine nachhaltige und auf den Erhalt der Wertschöpfung in unserem Land ausgerichtete Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.

Im Rahmen der Energiewende ist die Versorgungssicherheit von Unternehmen und Privathaushalten ein hohes Gut. Ihre Garantie setzt vor allem eine innovative technische Infrastruktur voraus. Dazu zählen ganz wesentlich integrierte und zuverlässige Energienetze und -speicher. Zu ihrer Realisierung müssen entsprechende Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen verstärkt werden. Als Zukunftstechnologie kann die Energie- und Wärmetechnik maßgeblich zur Sicherung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Zwölf Punkte sind dabei aus meiner Sicht besonders wichtig.

Langfristige Ziele gemeinsam verfolgen

Unser heutiger Umgang mit Energie hat Konsequenzen weit über unsere Lebenszeit hinaus. Klimaschutz sowie die Abwendung von Atomkraft als Form der Energieerzeugung in Deutschland geben die Ziele der Energiewende vor. Vor diesem Hintergrund gehen CO2 -Reduktion sowie die Erschließung erneuerbarer Energiequellen Hand in Hand und bedingen sich gegenseitig. Das hat zwei Konsequenzen: Zum einen sollte der Handel mit CO2-Emissionszertifikaten zu einer integrierten europäischen und globalen Klimapolitik weiterentwickelt werden. Insbesondere sollten die Emissionsgrenzen über das Jahr 2020 hinaus fortgeschrieben werden. Zum anderen sind Ersatzinvestitionen im Energiesektor notwendig, um bisher aus Atomkraft gewonnene Strommengen zu kompensieren und den Rückgriff auf CO2 -schädliche fossile Energieträger zu vermeiden. Dabei muss auch die Reduktion der geostrategischen Abhängigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland von Energieimporten zum Kalkulationsfaktor werden. Diese Ziele und den Ausbau erneuerbarer Energien gilt es im Rahmen eines koordinierten nationalen und europäischen Energieplans zu realisieren.

Nachhaltige Investitionsanreize schaffen

Die Förderung erneuerbarer Energien beinhaltet von der Politik festgelegte Vergütungssätze, die in der Anfangsphase des Ausbaus erneuerbarer Energiequellen helfen, Lernkurveneffekte zu realisieren. Mit der Weiterentwicklung und dem Ausbau erneuerbarer Energiequellen muss aber die staatliche Förderpolitik nachhaltig ausgerichtet werden. Dadurch werden übermäßige Renditen oder eine Überhitzung des Marktes für einzelne Energieträger sowie Konflikte mit dem Europarecht vermieden. Um das Ziel Energiewende langfristig volkswirtschaftlich effektiv und effizient zu erreichen, ist Technologieneutralität in der Förderung notwendig.

Marktintegration vorantreiben und Bestandsschutz gewährleisten

Bei Investitionen in erneuerbare Energien und Energienetze ist auf volkswirtschaftlichen Nutzen und betriebswirtschaftliche Rentabilität zu achten. Notwendige staatliche Anschubhilfen für erneuerbare Energien müssen zeitlich befristet und sukzessive als effiziente und marktgerechte Vergütungssystematik ausgestaltet werden. Dabei gilt, dass Instrumente wie temporäre garantierte Vergütungssätze und Einspeisevorrang die Marktintegration regenerativer Energien auf der Basis innovativer Technologien befördern können. Grundsätzlich sollen jedoch erneuerbare Energien ohne Förderung am Markt bestehen können. Daher ist es wichtig, die Produzenten erneuerbarer Energien sukzessive an den Markt heranzuführen. Dazu gehört insbesondere der verstärkte Einsatz von Direktvermarktungsinstrumenten sowie die intelligente Integration in die Stromnetze, unter anderem durch die Verpflichtung der Ansteuerbarkeit von größeren EE-Anlagen zur Vermeidung von Netzüberlastungen zu Spitzenzeiten.

Für bestehende Investitionen in bereits genehmigte und in ihrem Planungsstand fortgeschrittene Projekte müssen gesetzliche Vergütungszusagen weiterhin garantiert bleiben. Es darf keine nachträgliche Kürzung oder Besteuerung bereits zugesagter Förderungen geben. Der Bestandsschutz ist Grundvoraussetzung für das Vertrauen von Bürgern, Unternehmen und Investoren in die Energiewende. Deshalb müssen staatliche Zusagen für bestehende EE-Anlagen unbedingt eingehalten werden.

Kosten und Nutzen gleichmäßig verteilen

Der gesamtwirtschaftliche Nutzen der erneuerbaren Energien ist langfristig deutlich höher als die verursachten Mehrkosten. Um die gesellschaftliche und wirtschaftliche Akzeptanz der Energiewende nicht zu gefährden, sollten Kosten und Nutzen angemessen auf die Beteiligten verteilt werden. Das gilt sowohl für die Produzenten- als auch die Verbraucherseite.

Zudem müssen Nutzungskonkurrenzen zwischen den Agrar- und Energiesektoren sowie einseitige Technologieförderungen auf Dauer vermieden werden.

Zukunftstechnologien entwickeln und Wettbewerbsfähigkeit stärken

Technischer Fortschritt bei der Speicherung überschüssigen Stroms und ungenutzter Wärme ist für die Energiewende unabdingbar. Hierzu müssen Forschung und Entwicklung im Energiebereich intensiviert werden. Gleichzeitig müssen intelligente Netze aufgebaut werden, die eine Nachfrageanpassung an die volatile regenerative Energieerzeugung ermöglichen. Dadurch kann die deutsche Technologieführerschaft im Bereich der erneuerbaren Energien gesichert und der Wirtschaftsstandort gestärkt werden.

Dezentrale Strukturen für stabile Stromeinspeisung erhalten und fördern

Eine wesentliche Herausforderung bei der Energiewende ist es, die Auswirkungen volatiler Stromerzeugung auf die Versorgungslage zu begrenzen. Technologie- und wetterbedingt unterliegen Erneuerbare-Energie-Anlagen teils starken Schwankungen in der Erzeugungsleistung.

Diese Schwankungen können jedoch durch dezentrale Erzeugungsstrukturen minimiert werden. Mit einer geografischen Verteilung der Stromerzeugung auf viele Standorte lassen sich lokal auftretende Leistungsschwankungen kompensieren. Die dezentralisierte Stromerzeugung und ihre Integration in ein übergeordnetes Energietransfersystem muss deshalb ein Ankerpunkt des koordinierten nationalen und europäischen Energieplans sein.

Regionale Wertschöpfung fördern und Versorgungssicherheit gewährleisten

Dezentrale Erzeugungsstrukturen ermöglichen es, die regionale Wertschöpfung um den energiewirtschaftlichen Leistungserstellungsprozess zu erweitern. Regionen können profitieren, indem sie bisher importierte Energie durch heimische, er neuerbare Energiequellen ersetzen. Im Rahmen von Maßnahmen der Landesentwicklung sind dezentrale Erzeugungsstrukturen deshalb gezielt zu integrieren.

Der Ausbau von Netzinfrastruktur und Erzeugungskapazitäten sollte durch eine netzkompatible Gesamtplanung erfolgen. Hierbei sind nationale und europäische Planungen zu verzahnen. Bei der Integration der erneuerbaren Energien in bestehende Netze sind Versorgungssicherheit und Systemstabilität als vorrangige Kriterien zu berücksichtigen.

Mehr Anstrengungen für Energieeffizienz

Ein wesentlicher Beitrag zur Energiewende ist die Senkung des Primärenergieverbrauchs. Zentrale Stellschrauben hierfür bieten der Verkehrssektor und der Raumwärmebedarf. Entsprechend gilt es, eine wesentlich höhere Primärenergieeffizienz zu realisieren, als dies bislang der Fall ist.

Hier sind ambitionierte Ziele zu definieren und ihre Erreichung durch steuerliche Anreize und ein stringentes, mit dem Ordnungsrahmen der sozialen Marktwirtschaft kompatibles Förderangebot zu unterstützen.

Solar- und Abwärme in den Energiekreislauf integrieren

Die Weiterverwendung und Speicherung von Solar- und Abwärme mit Hilfe der Kraft-Wärme-Kopplung birgt Möglichkeiten, ungenutzte Energie effizient in den Energiekreislauf zu integrieren. Dadurch lässt sich der Primärenergieverbrauch erheblich reduzieren. In Deutschland muss deswegen die Kraft-Wärme-Kopplung weiter ausgebaut werden, um noch nicht realisierte Effizienzpotenziale zu nutzen.

Bürgerbeteiligung fördern und transparente Prozesse gestalten

Die Energiewende kann nur mit einer aktiven Teilhabe breiter Bevölkerungsschichten gelingen. Insbesondere ein beschleunigter Netzausbau bedarf der breiten gesellschaftlichen Unterstützung und Akzeptanz. Bürgerenergieprojekte ermöglichen eine aktive Beteiligung der Menschen an der erneuerbaren Energieerzeugung sowie ihrer Distribution und damit an der regionalen Wertschöpfung. Für sie gilt es weiter zu werben.

Zudem muss die Bildung genossenschaftlicher Netzwerkstrukturen forciert werden. Sie bieten die Möglichkeit, Bürgerenergieprojekte und dezentrale Energieerzeugung durch Unternehmen zum volkswirtschaftlichen Nutzen zusammenzuführen.

Wichtigste Voraussetzung für die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende sind transparente Prozesse auf allen Ebenen. Die Erteilung von Genehmigungen und die Zusammenarbeit der Bundesländer im Bereich Netzinfrastruktur müssen deshalb nachvollziehbar sein und die Anliegen der Bürger einbinden.

Planungssicherheit für Kreditgeber

Ein Energiekonzept, das sich an diesen Punkten orientiert, schafft nicht nur eine Grundlage für eine erfolgreiche Fortsetzung der Energiewende in Deutschland. Vielmehr gibt es auch Kreditgebern Planungs- und damit Investitionssicherheit. Das ist insbesondere aus Sicht der bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken ein wichtiger Gesichtspunkt. Denn sie waren in der Vergangenheit ein bedeutsamer Partner bei der Finanzierung regenerativer Energieprojekte - und wollen das auch in Zukunft sein.

Vor diesem Hintergrund ist es uns wichtig, dass die Bundesregierung zumindest bei ihrer im Koalitionsvertrag festgelegten Position bleibt, dass es für Bestandsanlagen eine Garantie der Förderzusagen gibt.

Energiepolitische Korrektur in Bayern fragwürdig

Umso mehr hat mich die Entscheidung des bayerischen Kabinetts vom Januar 2014 verwundert, die bisherigen Windausbauziele im Freistaat zu kassieren. Ich bedauere diese energiepolitische Korrektur in Bayern. Denn damit entzieht die Staatsregierung engagierten Bürgern einen Teil an Möglichkeiten, energiepolitische Verantwortung für ihre Heimatregion zu übernehmen.

Angesichts dieser neuen Unsicherheit betone ich auch im Interesse der Kreditgeber, dass dort, wo Verantwortung in der Vergangenheit schon übernommen wurde, auch auf gegebene Zusagen vertraut werden kann. Im Sinne des Koalitionsvertrages, den auch die CSU mit unterschrieben hat, erwarte ich mit Blick auf gesetzliche Vergütungszusagen einen Bestandsschutz für Investitionen in bereits genehmigte und in projektierte Anlagen.

Entwicklung von Speichermedien nicht bremsen

Ganz grundsätzlich befürchte ich allerdings, dass der faktische Windenergie-Stopp im Freistaat Innovationsdruck vermindert. Dabei ist es für den Wirtschafts- und Technologiestandort Bayern aber von erheblicher Bedeutung, dass auch künftig Entwicklungs- und Forschungsleistung rund um die Windenergie engagiert fortgeführt wird. Insbesondere darf die dringende Weiterentwicklung von Speichermedien für regenerative Energien nicht gebremst werden. Deshalb erwarte ich vielmehr, dass mit Nachdruck politische Rahmenbedingungen gesetzt werden, die dazu beitragen, den technischen Fortschritt bei der Speicherung regenerativer Energie zu beschleunigen. Denn damit werden Voraussetzung geschaffen, die Marktfähigkeit erneuerbarer Energien zu steigern - und ihre Attraktivität als Investitionsobjekt zu erhöhen.

Die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken jedenfalls werden ihr in den letzten Jahren erworbenes Finanzierungs-Know-how rund um die regenerativen Energieerzeugung dann gerne weiter einbringen.

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