Leitartikel

Eigentum verpflichtet?

bs - Widersprechen freiwillige "moralische" Handlungen den Marktregeln? Werfen sie das ethisch orientierte Unternehmen aus dem Markt? Das Bejahen dieser Fragen galt unter Firmenlenkern lange Zeit als Credo. Einzelne Unternehmer wiederum sahen ein Engagement für gesellschaftliche Belange als ethische Schuld an, im Sinne des Diktums "Eigentum verpflichtet", das auch im Grundgesetz verankert ist. Mehr und mehr nähern sich diese beiden extremen Gegenpositionen derzeit an. Mit wachsendem Konkurrenzdruck auf dem deutschen Bankenmarkt hat auch der Rechtfertigungsdruck zugenom men. Vor allem die großen Institute stehen unter der gesteigerten Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit: Rekordgewinne und Massenentlassungen werden zeitgleich angekündigt? Überhöhte Managementvergütungen werden im Zusammenhang mit strategischen Fehlentscheidungen genannt? Die Bevölkerung nimmt es wahr und straft ab - mit dem schleichenden Entzug von Vertrauen. Und genau dieses Vertrauen ist doch der Faktor, über den sich das Bankprodukt so gut verkaufen lässt.

Dient neuerdings also das soziale Engagement eines Unternehmens der Sicherung sei ner Wettbewerbsfähigkeit? Es kommt drauf an, muss die Antwort lauten. Oder: Nur wenn es zur Bank passt. Die Ausprägungen der unternehmerischen Verantwortung von deut schen Kreditinstituten unterscheiden sich denn auch deutlich. In ihrer umfassendsten Variante ist Corporate Social Responsibility (CSR) dem Geschäftsmodell immanent zum Beispiel werden Girokonten für Jedermann geführt und günstige Kredite für Existenzgründer vergeben. Solcherlei tiefgehende Verantwortung schreiben sich die beiden Finanzverbünde auf die Fahnen. Eindeutige Gewinnorientierung treibt hingegen die Kre ditbanken an und dennoch werben sie ebenfalls mit ihrem Engagement: Unter CSR wird auch der Einsatz von Know-how und Geldern in externen Projekten zusammengefasst, sei es im Bereich Kultur, Bildung, Sport oder Umwelt. Die Argumentation dahinter: Nur wenn das Unternehmen wirtschaftlich arbeitet, kann Geld für soziale Zwecke ausgege ben werden. Und das tut Not: Schon längst sind deutsche Museen, Konzertveranstal tungen, Organisationen auf Mäzene angewiesen - Eintrittsgelder und allgemeine Spendenaufrufe langen nicht mehr. Und selbst bei der Renovierung eines Kindergartens oder der Errichtung eines Spielplatzes ist privatwirtschaftliches Engagement hochwillkommen. Die öffentliche Hand kann ihrer Aufgabe hier aufgrund leerer Kassen nicht immer zur Zufriedenheit aller nachkommen.

In der externen Förderung sind die Sparkassen Spitzenreiter - sie haben im vergangenen Jahr insgesamt 415 Millionen Euro für CSR-Projekte ausgegeben. Die Ausgaben der Deutschen Bank für CSR betrugen im gleichen Zeitraum etwa 85 Millionen Euro. Etwas weniger, nämlich etwa 80 Millionen Euro vergaben die Kreditgenossenschaften 2005 aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Im Vergleich zu den Investments angelsächsischer Unternehmen und sogar Privatpersonen sind das geringe Summen. Tom Hunter bei spielsweise, Schottlands reichster Mann, kündigte dieser Tage an, rund eine Milliarde Britische Pfund (etwa 1,5 Milliarden Euro) für wohltätige Zwecke spenden zu wollen. Und dann gibt es da noch die wenigen Sonderfälle - ethisch oder ökologisch motivierte Ban ken wie die katholische Steyler Bank (siehe Vor Ort, Seite 42). Sie umwerben Privatkun den, die für die garantiert korrekte Geldanlage auf den allerletzten Prozentpunkt Rendite gerne verzichten. Doch auch wenn es sich hierbei um eine wachsende Zielgruppe han delt, sie dürfte relativ klein sein. Und auch der Umkehrschluss ist zulässig: Der "normale Kunde" einer "normalen Bank" dürfte nur eingeschränkt dazu bereit sein, selbst für das allseits geforderte soziale Engagement zu zahlen. Es gilt also weiterhin: Das Misstrauen in den Business Case CSR bleibt bestehen. Die Effizienz der Maßnahmen lässt sich nur schwer nachweisen geschweige denn messen. Die langfristig ausgelegten Projekte sind schwer korrigierbar, ihre Wirkung tritt verzögert ein. Fest steht nur: Positiv auffallen wird immer schwerer, negativ auffallen immer einfacher.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X