Mittelstandsgeschäft

Der Finanzierungsmix wird breiter - neue Konzepte im Factoring

Die Sicherstellung von Liquidität gehört zu den Kernaufgaben eines jeden Unternehmens. Schließlich kann ein Unternehmen nur dann seine operativen Aufgaben erfüllen, wenn die eigene Finanzierung nachhaltig gesichert ist. Historisch gewachsen stellt auch heute noch der klassische Betriebsmittelkredit der Hausbank das am meisten genutzte Finanzierungsinstrument dar.

Allerdings haben die letzten Jahre der Lehman- und Euro-Krise zum wiederholten Mal gezeigt, dass es in einem von Unsicherheiten geprägten wirtschaftlichen Umfeld eine risikoreiche Strategie ist, auf ein einziges oder einige wenige Finanzierungsinstrumente zu setzen.

Nicht zuletzt beschränken strengere Auflagen für die Erteilung eines Kredits die unternehmerische Flexibilität immer stärker. Vor allem Unternehmen ohne signifikante Sachanlagen fällt es schwer, ihre Finanzierung nachhaltig sicherzustellen.

Finanzierungsmix wird breiter

Umso wichtiger wird vor diesem Hintergrund, dass Unternehmen eine flexible und finanziell tragbare Finanzierungsstrategie ohne einschränkende Auflagen implementieren. Nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit hat der deutsche Mittelstand realisiert, wie ein diversifizierter Finanzierungsmix das Risiko streut. In der Konsequenz lässt sich ein Umdenken hin zu alternativen Finanzierungsformen beobachten, welche es den Unternehmen erlauben, ihre Abhängigkeit von traditionellen Kapitalgebern zu reduzieren.

Vor diesem Hintergrund scheint es nicht weiter verwunderlich, dass sich auch das sogenannte Factoring in Deutschland immer größerer Beliebtheit erfreut. Bei dieser Finanzierungsform unterzeichnet ein Unternehmen einen Rahmenvertrag mit einem Factor und tritt seine Forderungen gegenüber den eigenen Kunden im Augenblick der Rechnungsstellung an den Factor ab. Im Gegenzug erhält das Unternehmen etwa 80 bis 90 Prozent des Forderungsbetrags sofort ausbezahlt. Die verbleibenden zehn bis 20 Prozent des Forderungsbetrags fließen bei Zahlungseingang des Kunden beim Factor.

Factoring verbessert das Rating

Factoring-Verträge haben typischerweise eine Laufzeit von mindestens einem Jahr. Nach Prüf- und Einrichtungsgebühr des Factors liegen die Kosten für das laufende Factoring-Geschäft, die auf den gesamten Factoring-Umsatz berechnet werden, in der Regel zwischen zwei und drei Prozent. Darüber hinaus werden marktübliche Zinsen für den Zeitraum fällig, während dessen der Factor dem Unternehmen den Umsatz vorfinanziert. Unternehmen haben zusätzlich die Möglichkeit, gegen eine Gebühr das Debitorenmanagement und weitere Services an den Factor auszulagern.

Für das Unternehmen, das seine Forderungen über das Factoring abtritt, ergeben sich verschiedene Vorteile: An oberster Stelle steht dabei die Liquiditätssicherung.

Aber auch die Übernahme des Ausfallrisikos innerhalb vertraglich vereinbarter Grenzen durch den Factor spielt eine wichtige Rolle. Die Abgabe von Forderungen führt zudem zu einer Bilanzverkür zung, die in der Folge das Rating bei Banken verbessert und somit in einer Senkung der Fremdkapitalkosten resultiert. Daher sind auch Banken selbst dankbar, wenn durch Factoring die Liquiditätsposition eines Unternehmens gestärkt werden kann.

Jährliches Wachstum um 20 Prozent

Heute nutzen rund 15 000 deutsche Unternehmen auch Factoring als alternatives Finanzierungsinstrument. Noch vor fünf Jahren war es nur ein knappes Drittel dieser Zahl. Das Volumen der durch Factoring finanzierten Forderungen erreichte gemäß dem Deutschen Factoring-Verband im Jahr 2011 insgesamt 157,26 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr wuchs der deutsche Factoring-Markt damit um 18,89 Prozent.

Gleichzeitig wurde im vergangenen Jahr zum ersten Mal eine Factoring-Quote von über sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht. Joachim Secker, Sprecher des Vorstandes des Deutschen Factoring-Verbandes, weist in Anbetracht dieser Zahlen auf die imposante Entwicklung des Factoring in den letzten Jahren hin. Im Durchschnitt wuchs das Factoring-Volumen in den vergangenen zehn Jahren jährlich um fast 20 Prozent.

Nachholbedarf in Deutschland

Allerdings zeigt sich im Vergleich der vier größten europäischen Volkswirtschaften Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien, dass Deutschland bei der Forderungsfinanzierung über Factoring das Schlusslicht ist. So repräsentieren die 15 000 Unternehmen, die in Deutschland Factoring nutzen, gemäß einer Studie von GE Capital als größtem deutschen Facto-ring-Dienstleister nur 1,25 Prozent der insgesamt knapp 1,2 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs), während es in Frankreich 35200 Unternehmen oder drei Prozent der KMUs, in Großbritannien 42 000 Unternehmen oder knapp über vier Prozent der dortigen kleinen und mittelgroßen Unternehmen und in Italien 37000 Unternehmen oder knapp zwei Prozent sind.

In Deutschland herrscht zudem eine besondere Konzentration der Nutzung von Forderungsfinanzierung vor, da vom Gesamtvolumen des Forderungsverkaufs 44,5 Prozent auf das Gewerbe und weitere 40,9 Prozent auf den Einzelhandel und Vertrieb entfallen. Dabei haben Befragungen der Factoring-Verbände in den vier untersuchten Ländern übereinstimmend ergeben, dass auf sämtlichen Märkten sechs bis zehn Prozent der aktuell ohne Forderungsfinanzierung agierenden Unternehmen geeignete Kandidaten wären.

Basel III mit gegenläufigen Effekten für das Factoring

Die erwähnten Zahlen zeigen, dass Factoring in Deutschland nicht nur rasant wächst, sondern auch weiterhin erhebliches Potenzial für eine anhaltend erfreuliche Entwicklung besteht.

Als weiterer positiver Impuls für die Factoring-Branche kommt hinzu, dass der Mittelstand aufgrund der strengeren Eigenkapitalvorschriften für Banken durch Basel III auch Auswirkungen auf die eigenen Finanzierungsoptionen erwartet.

Im Rahmen ihrer Mittelstandsinitiative "Unternehmerperspektiven" befragte die Commerzbank 4 000 mittelständische Unter nehmen bezüglich ihrer Erwartungen bei der Kreditvergabe. Das Ergebnis zeigt, dass die Skepsis überwiegt:

So erwarten lediglich 37 Prozent der befragten Mittelständler, dass Banken durch die Einführung der Finanzmarktrichtlinie solider aufgestellt sein werden.

Gleichzeitig gehen 80 Prozent der Unternehmer von einem schwereren Zugang zu Krediten aus,

während 77 Prozent auch schlechtere Kreditkonditionen erwarten.

Daher verwundert es nicht, wenn fast ein Drittel der mittelständischen Unternehmer sagt, sie machten sich Sorgen um Zinsen und Tilgung von Krediten.

Allerdings bedeutet dies auch für die Factorings-Unternehmen, dass die Refinanzierung schwieriger werden wird. Schließlich müssen Banken strenger auf ihr Kreditportfolio und die Bonität ihrer Kunden achten. Eine Konsequenz für Factoring-Anbieter wäre, selbst strengere Anforderungen an die Bonität der eigenen Kunden zu stellen. Letzten Endes wird sich dieses Risiko in der Preisgestaltung reflektieren und Factoring gerade für Unternehmen mit relativ geringerer Bonität verteuern.

Neue Konzepte zwischen Crowdfunding und Factoring

Aus dem Angelsächsischen kommend haben sich in den vergangenen zwei bis drei Jahren auch in Deutschland das "Peer-to-Peer-Lending" im Konsumentenbereich sowie das "Crowdfunding" meist zur Finanzierung einzelner Projekte etabliert. Prinzip ist hier, dass eine Vielzahl privater Geldgeber individuelle Projekte mit Fremdkapital unterstützen kann. Trotz der theoretisch hohen Anzahl an Geldgebern bleiben die Summen in diesem Bereich meist überschaubar.

Aber auch im unternehmerischen Umfeld etablieren sich neue Konzepte. Im operativen Alltag ergeben sich nämlich immer wieder Situationen, die zu einem vorher nicht absehbaren Bedarf an Liquidität führen. Auch die detaillierteste Liquiditätsplanung kann diese Fälle nicht immer antizipieren. Unternehmen stehen dann vor der großen Herausforderung, sich in kürzester Zeit mit frischem Kapital zu versorgen. Gerade dann sind die meisten Finanzierungsoptionen besonders teuer oder mit hohen Auflagen versehen.

Die Debitos GmbH adressiert die Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe durch eine Kombination der Ideen von Factoring und "Peer-to-Peer-Lending". So ermöglicht der Online-Marktplatz Unternehmen den Verkauf ihrer offenen Forderungen. Verkaufende Unternehmen bewahren stets die vollständige Kontrolle über ihre Angebote, da sie sowohl den Mindestpreis als auch die Laufzeit ihrer Auktionen frei bestimmen können.

Außerdem profitieren sie von maximaler Flexibilität, da sie ohne jegliche Bindung an Rahmenverträge spontan entscheiden können, ob, wann und welche Forderung verkauft werden soll. Im Gegensatz zum Factoring ermöglicht Debitos erstmalig auch den regresslosen Verkauf bereits ausgefallener Forderungen.

Auf der anderen Seite gewinnt der Käufer mit dem höchsten Gebot den Wettbewerb zwischen den über 80 registrierten Investoren. Er übernimmt mit dem Kauf auch das Ausfallrisiko vollständig. Im Gegenzug erhalten die Käufer aber auch sämtliche Ertragschancen der Forderung.

Da die im Auktionsverfahren abgegebenen Gebote sämtliche Risiken der Käufer reflektieren, entsteht vollständige Transparenz in der Preisfindung, die sämtlichen Marktteilnehmern zugutekommt. Gleichzeitig stellt der standardisierte Kauf- und Abtretungsvertrag von nur sechs Seiten Länge eine effiziente Abwicklung der Transaktion sicher.

Ganz im Sinne der Maxime, eine Lösung für Unternehmer zu schaffen, sind die Registrierung und das Einstellen der Angebote jederzeit kostenlos möglich. Gebühren fallen daher auch ausschließlich bei Erreichen des individuell gesetzten Mindestpreises und Zustandekommen einer Transaktion an.

Datenschutz und Professionalität genießen oberste Priorität

Da es sich um sensible Forderungsdaten handelt, genießen Datenschutz, Sicherheit und Professionalität der zugelassenen Forderungskäufer oberste Priorität. So wurde nach der Gründung von Debitos im Jahr 2009 das gesamte Jahr 2010 mit der intensiven Koordination mit Datenschutzbehörden und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verbracht.

Selbstverständlich werden sämtliche Daten auf technisch höchstem Niveau gesichert. Darüber hinaus müssen sämtliche Unternehmen zur Registrierung auf dem Marktplatz eine strenge Compliance-Prüfung durchlaufen. Zur weiteren Sicherstellung der Professionalität wurde darüber hinaus die Entscheidung getroffen, als Käufer ausschließlich Banken, spezialisierte Fonds, Factoringgesellschaften, Rechtsanwälte und Inkasso-Unternehmen zuzulassen.

Auch Banken profitieren

Die jüngsten Entwicklungen an den Finanzmärkten sowie die regulatorischen Antworten darauf lassen erwarten, dass alternative Finanzierungsformen auch in den kommenden Jahren verstärkten Zulauf erhalten werden. Allerdings bleibt abzuwarten, wie viele weitere innovative Finanzierungsmodelle sich auch im unternehmerischen Bereich als Ergänzung zu Banken und Eigenkapitalgebern etablieren können.

Vor allem der Zugriff auf das in Forderungen gebundene Kapital dürfte aber weiterhin starke Wachstumsraten verzeichnen. Am Ende des Tages werden auch die traditionellen Kapitalgeber von dieser Entwicklung profitieren, da ihre Kunden aufgrund eines diversifizierteren Finanzierungsmixes die eigene Bonität verbessern.

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