Spannungsfeld Beratung

" Provisionen und unabhängige Beratung sind kein Widerspruch"

Die Frauenvermögensverwaltung AG wurde vor zehn Jahren gegründet - damals noch mit der Idee, eine Frauenbank zu gründen. Was haben Sie bis heute erreicht?

Die Idee, eine Frauenbank zu gründen, geht bereits zurück auf das Jahr 2001. Im Jahr 2002 erfolgte die Gründung der Aktiengesellschaft. Die Aufnahme der Geschäftstätigkeit folgte 2004, allerdings nicht mit Banklizenz, sondern eine Nummer kleiner mit dem Schwerpunkt auf der Vermögensverwaltung. Im Kern dessen was wir tun, steht die unabhängige Beratung. Die Unabhängigkeit von Produktgebern ist heute wichtiger denn je. Was die Unternehmensgröße angeht: Momentan haben wir rund 20 Millionen Euro in der Verwaltung und etwa 800 Kundinnen und Kunden.

Weshalb haben Sie sich vom Ziel einer Banklizenz verabschiedet?

Das nötige Eigenkapital für die Banklizenz betrug damals fünf Millionen Euro, aber im Grunde genommen sind zehn Millionen Euro Eigenkapital notwendig, um sinnvoll starten zu können. Das hat in der Gründungsphase nicht so schnell geklappt, zumal das Umfeld damals recht schwierig war.

Das Ziel einer Banklizenz haben wir nicht völlig ad acta gelegt, es hat jedoch momentan keine oberste Priorität. Derzeit bauen wir das Unternehmen schrittweise aus, um die Geschäftsfelder breit zu halten und über den Kundenstamm zu wachsen.

An welche Geschäftsfelder denken Sie?

Wir sind schon immer sehr gut aufgestellt bei den nachhaltigen Anlagen. Verstärkt hinzugekommen ist der Bereich der Sachwerte. Aus der Finanzkrise (durch die wir wohlgemerkt extrem gut hindurchgekommen sind) haben wir die Lehre gezogen, dass wir uns noch breiter aufstellen müssen, über die normalen Produkte im Bereich Fonds und Anleihen hinaus. So sind wir stark in Investments wie Mikrofinanzierungen, Wechselkoffer, Beteiligungen im Bereich regenerativer Energien oder europäisches Edelholz. Neu dazugekommen ist der Bereich Stiftungen. Neben der eigenen Frauen-Vermögen-Stiftung betreuen und begleiten wir Stiftungen und Stiftungsgelder.

Was machen Sie anders als andere Anlageberater und Banken?

Wir nehmen uns sehr viel Zeit für die Beratungsgespräche. So dauert die kostenfreie Erstberatung im Schnitt eineinhalb bis zwei Stunden. Danach folgt ein Zweitberatungsgespräch von nochmals rund eineinhalb Stunden, in dem wir Vorschläge präsentieren. Zu einem Produktabschluss kommt es oft erst bei einem dritten Termin mit noch einmal dem gleichen zeitlichen Umfang.

Darüber hinaus ist unser Beratungsansatz ein ganzheitlicher. Die Kundin kommt nicht mit dem Anliegen, 10 000 Euro anzulegen, sondern wir prüfen bestehende Kapitalanlagen, Altersvorsorge oder sonstige Absicherungen und versuchen so, Geldpläne mit Lebensplänen zu verbinden.

Vor- und Nachteile der jeweiligen Produkte versuchen wir so transparent wie möglich zu erklären, in einer Sprache, die die Kundin versteht. Und dazu gehören auch die Kosten, die wir als eine Eigenschaft der Produkte sehen und deshalb mit den Kunden genau durchgehen.

Lassen sich denn alle Kunden auf den ganzheitlichen Beratungsansatz ein?

Normalerweise schon. Denn um einen vernünftigen Vorschlag machen zu können, und sei es nur für die Geldanlage eines überschaubaren Betrages, sind die Ziele und Wünsche für dieses Kapital und die Rahmenbedingungen wichtig. Natürlich gibt es Fälle, in denen eine Kundin eine aus ihrer Sicht zu weitgehende Beratung abblockt. Aber das ist extrem selten.

Wie häufig kommt es vor, dass Kunden nur die kostenfreie Erstberatung in Anspruch nehmen, ohne dass es später zu einem Abschluss oder zumindest einem Beratungshonorar kommt?

Natürlich haben wir Fälle, in denen es nur eine Erstberatung ohne Anschlusstermine gibt. Aber deren Anteil liegt deutlich unter zehn Prozent, vermutlich eher bei fünf Prozent.

Finanzdienstleistungen von Frauen für Frauen ist Ihr Motto. Beraten Sie auch Männer?

Es ist uns ein großes Anliegen, dass Frauen ihr Geld aktiv selbst in die Hand nehmen. Und unser Name legt natürlich nahe, dass viele Frauen zu uns kommen. Aber wir betreiben kein Ausschließlichkeitsprinzip.

So beraten wir viele Paare, die zu uns kommen, und auch einzelne Herren. Die meisten unserer neuen Kundinnen und Kunden - über 90 Prozent - kommen über Empfehlungen zu uns. Auf diesem Weg finden auch einzelne Herren den Weg zu uns.

Und wie sieht es beraterseitig aus?

Als Berater haben wir nur Frauen. Sicher gibt es auch gute männliche Berater. Aber für uns passen Beraterinnen einfach besser.

Wie stark ist der Wettbewerb um gute Beraterinnen?

Die Finanzwelt, wie wir sie heute vorfinden, ist immer noch eine männlich dominierte Welt. Insofern gibt es auch vergleichsweise wenige Beraterinnen. Wir haben jedoch keine Schwierigkeiten, Frauen für unser Beraterteam zu finden.

Was machen Frauen bei der Beratung anders als Männer?

Frauen können sich sehr gut auf ihr Gegenüber einstellen, während es vielen Männern überspitzt ausgedrückt eher darum geht, ihr Wissen zu präsentieren. Hinzu kommt die eigene Lebenserfahrung: Die Lebensläufe, die Kundinnen in die Beratung mitbringen, sind für uns nichts Neues, die kennen wir von uns selbst. Deshalb fällt es Beraterinnen leichter, die richtigen Fragen zu stellen beziehungsweise auf die Fragen der Kundinnen zu antworten.

Legen Frauen ihr Geld anders an als Männer?

Das Thema Sicherheit steht bei den Frauen ganz oben an. Das ist oft auch durch die Lebensläufe geprägt: Frauen verdienen meist weniger Geld und haben eine geringere Altersvorsorge - da müssen sie ihr Risiko einfach reduzieren.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist Flexibilität, weil die Lebensläufe von Frauen selten geradlinig sind und sich oft nicht vorhersagen lässt, was die nächsten Jahre bringen.

Der dritte Punkt ist das Thema Nachhaltigkeit. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Männern, die sich mit nachhaltigen Geldanlagen beschäftigen, vor fünf oder sechs Jahren war das jedoch noch ein Frauenthema.

Wie würden Sie Ihre Zielgruppe beschreiben? Der Namensbestandteil "Vermögen" lässt ja eher an eine gehobene Klientel denken ...

Ein Mindestanlagevermögen gibt es bei uns bewusst nicht. Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass Frauen mit weniger Geld nicht so häufig zu unseren Workshops kommen oder unsere Website besuchen. Aber wir haben durchaus auch Kundinnen mit wenig Geld. Und für diese ist eine gute Beratung ja auch besonders wichtig.

Weil wir von der Kostenstruktur her sehr günstig aufgestellt sind, können wir es uns leisten, auch solche Kundinnen zu beraten, bei denen wir von vornherein wissen, dass wir zum Beispiel nur einen kleinen Sparplan werden abschließen können. Ich weiß auch, dass wir einige Kundinnen mit großen Vermögen nur deshalb haben, weil wir uns auch um andere kümmern.

Sie beraten auf Provisionsbasis wie auch gegen Honorar. Welches Modell wird häufiger gewählt?

Grundsätzlich können wir auf Honorarbasis beraten, und wir tun es auch hin und wieder. Es kommt jedoch ziemlich selten vor, obwohl wir es bei jedem Beratungsgespräch zur Auswahl stellen. Die meis ten Kundinnen entscheiden sich für die Provisionsberatung.

Letztlich fahren die Kunden bei der Provisionsberatung auch gar nicht so schlecht. Wenn man für 30 000 Euro ein Depot mit ganz normalen Ausgabeaufschlägen - normalerweise nicht über drei Prozent - so aufstellt, dass es unter normalen Umständen dauerhaft so bleiben kann, fährt die Kundin mit diesem Modell auch gar nicht so schlecht. Wenn bei einem Depot jährlich eine Verwaltungsgebühr von einem oder eineinhalb Prozent berechnet wird, zahlt der Kunde unter dem Strich deutlich mehr als mit einem niedrigen Ausgabeaufschlag am Anfang. Insofern wird mit dem Thema Honorar häufig auch Schindluder getrieben.

In welchen Fällen entscheiden sich die Kundinnen üblicherweise für ein Beratungshonorar?

Das ist vor allem bei umfangreichen Beratungen der Fall, die fast schon in Richtung Unternehmensberatung gehen, oder auch, wenn es nur um eine zweite Meinung geht. Insgesamt finden aber nur rund fünf Prozent der Beratungen auf Honorarbasis statt. Denn häufig ergibt sich auch aus einer zweiten Meinung letztlich eine dauerhafte Kundenbeziehung, bei der die Kundin ins Provisionsmodell überwechselt. Dann erstatten wir auch die Honorare zurück.

Welches Modell nutzen Sie bei der Honorarberatung?

Beratungshonorare berechnen wir nach Zeitaufwand und liegen hier mit 80 Euro pro Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer relativ günstig.

Verbraucherschützer sehen einen grundlegenden Widerspruch zwischen dem provisionsbasierten Modell und einer wirklich unabhängigen Beratung. Dem stimmen Sie nicht zu?

Nein. Der Schlüssel ist in jedem Fall die Transparenz. Wenn Provisionen intransparent sind, dann stimme ich dieser Position zu. Werden die Kosten allerdings transparent dargestellt und aktiv angesprochen werden, dann widersprechen sich Provisionen und unabhängige Beratung nicht. Es kann dann durchaus vorkommen, dass die Kundin sich für ein Produkt entscheidet, bei dem die Anfangskosten etwas höher sind, bei dem aber ein deutlich besserer Verlauf zu erwarten ist.

Wie bewerten Sie die auf ein Provisionsverbot abzielenden Initiativen in einigen europäischen Staaten sowie auf europäischer Ebene?

Die derzeitige Stoßrichtung, auf europäischer Ebene die Beratung auf Provisionsbasis nur für die unabhängigen Vermittler zu verbieten, kann natürlich kein Modell sein. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass es letztlich dazu kommt. Wir brauchen gleiche Regeln für alle. Momentan werden Beratungshonorare in Deutschland relativ wenig akzeptiert. Ich bin aber ganz zuversichtlich, dass unsere Kundinnen auch dann nicht auf Beratung verzichten würden, wenn es zu einem Provisionsverbot kommt. Denn das ist sicher keine Lösung.

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