Blickpunkte

Zielgruppen - Kein Patentrezept für Frauen

Im Kampf um Marktanteile sollten Banken und Versicherungen ihr Angebot stärker auf Frauen ausrichten, empfiehlt die Unternehmensberatung AT Kearney. Diese Botschaft ist nicht neu, ebenso wenig wie die ihr zugrunde liegenden Fakten. Frauen investieren weniger in Aktien, Anleihen und Fonds als Männer. In Deutschland nutzen nur 16 Prozent der Frauen Investmentprodukte, unter den Männern sind es 24 Prozent. Bei der betrieblichen Altersvorsorge beträgt die Schere fünf Prozentpunkte, bei Kreditkarten sind es elf Prozentpunkte Unterschied. Ins gesamt verfügen Frauen im Schnitt über 4,4 Bankprodukte, bei den Männern sind es 4,7. Bei den Versicherungsprodukten sind es 4,7 Produkte bei Frauen gegenüber 5,1 Produkte bei Männern.

Ist aber deshalb die Schlussfolgerung richtig, dass die Finanzdienstleister das Potenzial bei Frauen nicht richtig ausschöpfen? Beispiel Betriebsrente: Hier ist das Potenzial schon durch die gesellschaftliche Entwicklung begrenzt. Frauen, die nicht erwerbstätig oder nur geringfügig beschäftigt sind, lässt sich beim besten Willen keine Betriebsrente verkaufen.

Bei Versicherungen laufen viele Verträge als Familienpolice, bei der nach einer Heirat der Partner mit eingeschlossen wird. Auch dort sind die zusätzlichen Absatzpotenziale also begrenzt. Gleiches gilt für Kreditkarten, wo die Partnerkarte im Hinblick auf die Jahresgebühr günstiger sein kann als wenn jeder Partner eine eigene Karte beantragt.

Dass viele Frauen ihre Finanzangelegenheiten auf ihren Partner delegieren, wie es AT Kearney als Ursache für die Differenz bei der Nutzung von Finanzprodukten ausmacht, mag dabei durchaus richtig sein. Schließlich übernehmen viele Männer lieber die Regelung der Familienfinanzen als die Hausarbeit. Für die Anbieter bleibt es sich jedoch unter dem Strich gleich, ob eine Versicherungspolice oder Kreditkarte auf den Mann oder die Frau läuft.

Auch beim Thema Wertpapiere spielt die klassische Rollenverteilung sicher eine gewisse Rolle. Wer sich neben dem Beruf noch um Familie und Haushalt zu kümmern hat, der hat schlicht weniger Zeit, auch noch die Entwicklungen am Kapitalmarkt zu beobachten. Dass damit die Skepsis gegenüber Wertpapieranlagen wächst ist nur natürlich. Hinzu kommt das grundsätzlich höhere Sicherheitsbedürfnis von Frauen, das zahlreiche Studien immer wieder belegen. Im Zweifels fall ist vielen Anlegerinnen die Lebensversicherung eben doch lieber als das Wertpapierdepot.

Dass Frauen damit in Sachen Altersvorsorge im Schnitt schlechter dastehen - keine Frage. Ein Patentrezept zur Lösung dieses Problems ist aber noch nicht gefunden. Weibliche Berater mögen die Situation und Sichtweise ihrer Geschlechtsgenossinnen besser verstehen - sie dürfen sie in ihrer Anlagestrategie aber auch nicht "gegen den Strich bürsten, sondern müssen die Risikopräferenzen ihrer Kundinnen berücksichtigen. Einen wichtigen Ansatzpunkt haben die Consultants indessen geliefert: Kundinnen, die sich nach einer Trennung oder dem Verlust ihres Partners plötzlich selbst um ihre Finanzen kümmern müssen, sind vermutlich besonders beratungsaffin. Red.

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