Blickpunkte

Social Media - Unberechenbares Internet

Eigentlich war der Zeitpunkt glücklich gewählt: Kaum hatte Dirk Nowitzki kurz vor Weihnachten 2011 den Titel als "Sportler des Jahres" eingeheimst, schon tauchte er in einem neuen TV-Spot der ING-Diba als Testimonial der Bank auf. In dem Werbefilm nimmt der Basketball-Star auf Heimaturlaub in der Metzgerei seines Vertrauens - in Gedenken an alte Zeiten - ein Stückchen Wurst in Empfang. Und genau an diesem Lebensmittel entzündete sich rund zwei Wochen lang eine heftig Diskussion im Internet. Ein sogenannter "Shitstorm" ging über die Facebook-Seite des Kreditinstituts nieder, in dessen Zuge zunächst Vegetarier und Veganer ihre Entrüstung ob der Darstellung kund taten, später dann die Fleischesser argumentativ zurückschlugen. Mit dem Leistungsspektrum der Bank hat das reichlich wenig zu tun und dabei wird ganz deutlich: Unternehmen haben immer weniger Einfluss auf ihre Darstellung im Netz und insbesondere auf den interaktiven Plattformen.

Die Direktbank zeigte in der Sache durchaus Format und verhielt sich absolut richtig. Sie versuchte zunächst nicht, die er hitzte Diskussion um Fleischkonsum und Massentierhaltung zu beeinflussen, bat lediglich um Sachlichkeit und den Verzicht auf Beleidigungen. Jeder weitere Eingriff von Seiten des Unternehmens wäre zu diesem Zeitpunkt von der Netzgemeinde zweifelsohne als Zensur gewertet worden.

Erst nach zwei Wochen, in denen die Diskussion zunehmend um sich selbst kreiste, und schließlich "alle denkbaren Meinungen und Argumente ausgetauscht" zu sein schienen, kündigte die Bank am 17. Januar freundlich, aber bestimmt an, neue Einträge zu den genannten Themen von ihrer Pinnwand zu entfernen. Die bis dahin eingestellten Beiträge bleiben erhalten und können auch weiterhin kommentiert werden - ein vorbildlicher Umgang mit Social Media. Eine Menge Aufmerksamkeit hat der ganze Vorgang dem Institut ohnehin eingebracht: insgesamt 1400 Posts und rund 15000 Kommentare sind auf ihrer Facebook-Seite zusammengekommen, der Werbespot wurde auf Youtube rund 65000 Mal angeschaut. Ob die Bank damit freilich neue Kunden gewonnen hat - man mag es ihr wünschen. hm

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