Blickpunkte

Vertriebspolitik I - Abschied von "Ropo"?

Lange Jahre war die Bankenbranche davon ausgegangen, dass auf absehbare Zeit rund 20 Prozent der Bankkunden allein auf den Online-Kanal setzen, weitere 20 allein auf die Filiale und 60 Prozent beide Zugangswege nutzen - etwa, um sich im Internet zu informieren, für den Abschluss jedoch eine Filiale aufsuchen. Dieser sogenannte "Ropo"-Effekt - hergeleitet aus den Anfangsbuchstaben des englischen "Research online, Purchase offline" - könnte jedoch eine Übergangserscheinung sein, die schon relativ bald an Bedeutung verliert. Das legt zumindest die Kundenbankstudie 2013 "Zurück in die Zukunft" der Eurogroup Consulting AG, Frankfurt am Main, nahe.

Demnach rechnen 41 der Bankkunden damit, im Jahr 2020 alle Bankangelegenheiten nur noch im Internet zu erledigen. Damit wächst diese Gruppe gegenüber dem jetzigen Stand um 14 Prozentpunkte. 48 Prozent wollen 2020 nur noch die Filiale aufsuchen. Auch der Anteil der Filialkunden nähme damit zu - und zwar um acht Prozentpunkte. Der Anteil der Ropo-Kunden dagegen schrumpft der Studie zufolge von heute einem Drittel auf nur noch ein gutes Zehntel im Jahr 2020.

Dass die Filiale also offenbar wieder an Bedeutung gewinnt, ist jedoch nicht nur eine gute Nachricht: Denn es sind vor allem die Geringverdiener, die dazu tendieren, das persönliche Gespräch zu suchen: 88 Prozent für den Abschluss von Vorsorgeprodukten oder Baufinanzierungen, 84 Prozent zum Thema Wertpapiere und 81 Prozent zu Krediten. Die attraktiveren Kundensegmente aus den oberen Einkommensgruppen dagegen wenden sich verstärkt dem Internet zu -und werden dort vermutlich auch bessere Konditionen erwarten.

Das Ertragspotenzial des Filialgeschäfts wird sich also an den überschaubaren Volumina festmachen, um die es bei den Geringverdienern gehen wird. Je nachdem, wie sich der Gesetzgeber beim Thema Provisions- versus Honorarberatung festlegen wird, könnten sich daraus neue Schwierigkeiten ergeben. Denn alle bisherigen Studien haben gezeigt, dass das Honorarmodell umso weniger Akzeptanz findet, je geringer das Einkommen ist.

Was die Vertriebsstrategie der Filialbanken angeht, bleibt es also trotz des möglichen Abschmelzens der Sowohl-als-auch-Kunden bei der bisherigen Herausforderung, beide Standbeine - Internet und Filiale - weiter auszubauen und zu verzahnen.

Ein (weiterer) Rückzug aus der Fläche ist mit Vorsicht zu genießen. Obacht ist vielleicht auch bei abgestuften Filialmodellen geboten, wie sie derzeit im Trend liegen: Wenn es vor allem die "Standard-Kunden" sind, die die Geschäftsstelle aufsuchen, braucht es vielleicht mehr "Allround-Berater" vor Ort als Experten mit umfangreichem Spezialwissen, die in sogenannten Kompetenzcentern oder Flaggschiff-Filialen zusammengezogen werden. Und doch muss auch das Knowhow für gehobene Ansprüche vorgehalten werden, damit es gelingt, auch die reinen Online-Nutzer für beratungsintensive Dienstleistungen zu einem Gespräch in der Filiale zu gewinnen, um dadurch die Kundenbeziehung zu festigen. Der Spagat wird nicht einfacher. Red.

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