Sepa

Werbung bei den Auftraggebern?

Dass der Stichtag für ein Jahr Sepa kein Jubeltag wird, ist nicht allein die Schuld der Finanzkrise, die auf die Stimmung drückt. Es liegt auch daran, dass der einheitliche europäische Zahlungsraum mehr politisch gewollt als von Marktbedürfnissen vorangetrieben wird. Hier müssen von den Banken Investitionskosten geschultert werden, denen nach Einschätzung der Autoren in diesem Heft nur ein äußerst fraglicher Business Case gegenübersteht. Zweifellos sind die dafür noch erforderlichen Mittel längst in die Budgets eingeplant. Wie es Gertrude Tumpel-Gugerell im Interview sagt, besteht mithin keine Gefahr, dass Sepa durch die Finanzkrise ausgehebelt wird. Dass so manche Bank die entsprechenden Summen derzeit gut an anderer Stelle brauchen könnte, ist dennoch nahe liegend.

Sicher liegt es nicht allein an der Liquiditätskrise, dass sich in der Diskussion um eine Interchange für die Sepa-Lastschrift die Fronten dermaßen verhärtet haben, dass eine Einführung zum 1. November 2009 in Frage gestellt wird. Doch in schwierigen Zeiten ist die Bereitschaft, der Politik Paroli zu bieten, wo es um weitere Eingriffe in die Ertragsbasis geht, vielleicht höher. In Sachen Kartengeschäft standen hierfür die Chancen schlechter, sei es nun, was das Auslandseinsatzentgelt für Kreditkartentransaktionen im Euro-Raum betraf, das der EU-Preisverordnung zum Opfer fiel, seien es Entscheidungen in Sachen Interchange, die zwar nicht in unmittelbarem Zusammenhang zur Sepa stehen, die Europa-Begeisterung aber nicht unbedingt steigern. Handelte es sich dort um Eingriffe in bestehendes Geschäft, mit dessen Einstellung eher nicht zu rechnen sein dürfte, so geht es nun um die Einführung eines neuen Produkts. Und dabei hat die Kreditwirtschaft zumindest das Druckmittel bei der Hand, das politisch gewollte Konzept mangels Ertragschancen nicht umzusetzen. Möglich, dass diese unterschiedliche Ausgangslage die Kompromissbereitschaft der Kommission erhöht.

Neben dem Beharren auf einer Interchange für die Sepa-Lastschrift - und zwar nicht nur temporär und für grenzüberschreitende Zahlungen - sind sich die Vertreter der Kreditwirtschaft noch in einem anderen Punkt einig: Dem Verdruss über die Politik. Da Sepa nun einmal in erster Linie politisch gewollt ist und weniger einem Marktbedürfnis entspringt, sieht man die öffentliche Hand nun auch bei der Umsetzung am Zug. Nutzen Regierungsstellen und Behörden die Sepa-Produkte nicht, fehlt die kritische Masse. Dass die Migration hier bislang sehr schleppend vorangegangen ist, sieht auch EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy ein. Wenn er den Ball an die Banken zurückspielt und mehr Sepa-Marketing gegenüber Kunden aus dem öffentlichen Bereich fordert, scheint dies zumindest bizarr: Nun sollen also diejenigen, die nur den Willen der Politik nachvollziehen, gewissermaßen bei den Auftraggebern für die Nutzung des Geforderten werben. Kann man sich da noch über die von McCreevy festgestellte Sepa-Müdigkeit wundern? sb

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