Im Gespräch

"Wir wollen uns in der Direktbank stärker auf Mobilität konzentrieren" / Interview mit Torsten Zibell

Wie ist die Volkswagen Bank im Konzern positioniert?

Die Volkswagen Financial Services ist die Holding Gesellschaft, in der die Finanzdienstleistungsaktivitäten des Volkswagen-Konzerns weltweit gebündelt sind. Im deutschen Markt treten die operativen Einheiten der Volkswagen Bank, der Volkswagen Leasing, des Volkswagen Versicherungsdienstes und der Volkswagen Autoversicherung als Produktgeber auf.

Die Bank ist in drei Geschäftsbereichen tätig:

- dem Retail-Einzelkundengeschäft mit der Vermittlung der Finanzierungen über die Händler,

- dem Firmenkundengeschäft mit den Händlern (mit Themen wie Lagerwagenfinanzierung, Investitionskredite oder Girokonten)

- und dem Direktbankgeschäft, bei dem es aus der Produktsicht nicht unmittelbar um die Produkte geht, die einen Bezug zum Auto haben, sondern um das universelle Bank- und Versicherungsgeschäft.

Für die Direktbank gibt es im Kontext der Volkswagen Financial Services drei strategische Stoßrichtungen: das moderne Direktbanking, das Thema Mobilität, auf das wir uns künftig stärker konzentrieren wollen. Und der dritte strategische Ansatz ist, dass wir den Direktbankkunden auch unsere automobilen Leistungen anbieten wollen - und das stets bedarfsgerecht.

Die Verzahnung des Themas Kfz und Finanzdienstleistungen soll also auch bei der Direktbank stärker in den Fokus rücken? Wie gut funktioniert denn die Überleitung zwischen den beiden Bereichen?

Natürlich gewinnen wir sehr viele Kunden durch Finanzierungs-, Leasing- oder Versicherungsprodukte über den Händlerkanal. Und natürlich sprechen wir die Kunden dann gezielt darauf an, dass unser Haus eine weitaus größere Produktpalette - auch außerhalb des Automobilbereichs zur Verfügung stellt. Umgekehrt wollen wir die Kundenbeziehungen mit den Direktbankkunden nicht nur im reinen Direktbankgeschäft nutzen, sondern auch im automobilen Umfeld, insbesondere im Bereich von Dienstleistungen. Dort haben wir gelernt, dass Kunden durchaus bereit sind, uns Informationen zu ihrem Fahrzeug zu geben und Interesse an Angeboten in diesem Umfeld haben. Das ist etwas, woran wir in Zukunft gezielt weiterarbeiten werden.

Welcher Anteil Ihrer Kunden fährt denn ein Fahrzeug einer Konzernmarke?

Exakte Zahlen liegen uns dazu nicht vor, weil wir nicht gezielt - etwa bei Kontoeröffnung - abfragen, welches Fahrzeug die Kunden fahren.

Wie passen Angebote im Bereich Mobilität zum Direktbankgeschäft?

Mobilitätsangebote im Direktbankgeschäft sind für uns ein wichtiges Thema. Im Fokus steht dabei die Kreditkarte, die ja aus dem Gedanken finanzieller Mobilität heraus entstand. Nun geht es darum, diesen Mobilitätsgedanken weiter zu ergänzen, unter anderem, indem wir bei der Visa Card mobil mobilitätsgetriebene Umsätze bonifizieren. Wir haben aber auch noch viel Phantasie, wie wir das Thema Mobilität im Sinne von Mehrwerten bei Karten intensivieren können.

Wie viele Kunden haben Sie aktuell in der Bank, wie viele davon in der Direktbank?

Die Volkswagen Bank hat insgesamt über drei Millionen Kunden, davon rund 1,15 Millionen in der Direktbank. Unter Cross-Selling-Aspekten ist interessant, dass von den Direktbankkunden etwa 0,98 Millionen Kunden ausschließlich Direktbank-Produkte haben, die anderen nutzen bereits mindestens ein Leasing-, Finanzierungs- oder Versicherungsprodukt.

Seit 2001 bieten Sie ein Girokonto an. Für wie viele Kunden ist die Volkswagen Bank mittlerweile Erstbank?

Die Anzahl der Girokonten bewegt sich im Augenblick im höheren fünfstelligen Bereich. Wie viele davon reine Erstbankkunden sind, können wir nur schätzen. Denn heute ist es durchaus üblich, dass auch Privatkunden mehr als ein Girokonto haben.

Das Girokonto ist bei Ihnen ohnehin nicht typischerweise das Einstiegsprodukt?

Das ist richtig. Das Girokonto ist für uns deshalb nicht das klassische Einstiegsprodukt, weil wir bei seiner Einführung 2001 den Fokus auf die Werksangehörigen gelenkt haben, um ihnen vollumfänglich zur Verfügung zu stehen. Das war einer der Hauptgründe zur Einführung des Girokontos. Natürlich kann auch jeder externe Kunde ein Girokonto eröffnen. Aber werblich als Ersteinstiegsprodukt in der Direktbank steht nach wie vor das Tagesgeldkonto vorn.

Und damit spielt die Direktbank für die Refinanzierung über Einlagen eine bedeutende Rolle ...

Kapitalmarktunabhängige Refinanzierung war vor über 20 Jahren ein Stück weit unser strategischer Ursprung. Entsprechend liegt hier der Fokus neben Kundenbindung und Kundenloyalität auch auf der Generierung von Einlagenvolumen. Das ist uns bis heute sehr gut gelungen. Wir stehen heute mit über 21 Milliarden Euro Einlagen sehr stabil am Markt. Das bindet sich ein in den Refinanzierungsmix, den wir auf der Ebene der Volkswagen Financial Services anstreben: ein Drittel Kundeneinlagen, ein Drittel ABS und ein Drittel Kapitalmarkt. Auf der Ebene der Bank ist das Verhältnis der Kundeneinlagen bereits bei 60 Prozent.

Wie sieht Ihre Preispolitik im Wettbewerb um die Einlagen aus?

Eine auskömmliche Marge sollte unter dem Strich natürlich übrig bleiben, was in der heutigen Situation aber sehr schwierig ist. Für uns ist es wichtig, ein Preisniveau zu halten, mit dem wir Kunden langfristig binden. Das setzt nicht zwangsläufig voraus, sehr aggressiv im Markt agieren zu müssen. Ziel ist es, dass wir uns im Ranking im oberen Drittel befinden, aber keinesfalls immer an der Spitze. Viel wichtiger ist es, dass man sich in einer Konditionsbandbreite bewegt, bei der der Kunde sich darauf verlassen kann, je nach Zinssituation einen angemessenen Guthabenzins zu erhalten. Ich denke, das ist uns in der Vergangenheit gelungen. Schließlich haben wir ein sehr stabiles Portfolio an Kunden und sind mit unserem Einlagevolumen zufrieden.

Selbstverständlich schauen wir auch auf den Wettbewerb, aber wir möchten nicht mit Lockvogelangeboten am Markt sein, denn das führt dazu, dass die Kunden sich kurzfristig von einem zum anderen Anbieter bewegen. Uns ist jedoch an einer dauerhaften Kundenbeziehung gelegen.

Wie lang dauert eine durchschnittliche Kundenbeziehung bei Ihnen?

Rein auf die Direktbank bezogen, sind das mehr als zehn Jahre.

Täuscht der Eindruck, dass das Zinshopping stark nachgelassen hat?

Das Zinshopping hat in der Tat nachgelassen. Das liegt sicher auch daran, dass die Kunden angesichts des niedrigen Zinsniveaus einmal mehr überlegen, ob sie dafür den Aufwand eines Wechsels in Kauf nehmen.

Wie das Girokonto richten sich auch die Filialen in erster Linie an die Mitarbeiter?

Genau. Wenn wir ein Girokonto anbieten, ist es durchaus sinnvoll, an den Werksstandorten auch eine Filialpräsenz zu haben (die natürlich auch allen externen Kunden offen steht). Das ist selbst in der heutigen Zeit wichtig. Das Thema Online und Direktbank ist zwar prosperierend und wächst. Aber rund 50 Prozent der deutschen Kunden bevorzugen weiterhin die Filiale. Das hat weniger mit dem Produktangebot zu tun, sondern ist tatsächlich eine Kanalaffinität, weil man seinem Berater von Angesicht zu Angesicht gegenüber sitzen möchte.

Ein bundesweites Filialnetz würde sich für Sie dennoch nicht lohnen?

Nein. Ein bundesweites Filialnetz ist für uns im Augenblick kein Diskussionspunkt. Das Thema Filiale ist generell im Markt kein leicht zu beantwortendes. Vor vielen Jahren war davon die Rede, dass die Filialen aussterben. Das hat sich auch nach der Finanzkrise nicht bewahrheitet. Und ich denke, auch in Zukunft spielen Filialen durchaus eine Rolle, die Frage ist jedoch, wie und mit welchen Leistungsangeboten. Denn viele Themen verlagern sich eben doch, wenn es sich um einfache Sachverhalte handelt, in den Online- oder den telefonischen Kanal, bis hin zum Video-Conferencing. Insofern ist es für Filialbanken eine herausfordernde Frage, wie man sich zukunftsorientiert richtig aufstellt.

In welchem Umfang bieten Sie Beratung an - nur in den Filialen oder auch telefonisch oder per Video?

Im Augenblick bieten wir Beratung über die Filialen und am Telefon an. Videoberatung haben wir derzeit nur in Testfällen im Einsatz. Für die Zukunft kann ich mir jedoch durchaus vorstellen, dass Videoberatung sich im Sinne einer Nische herausbilden kann. Wir beschäftigen uns mit dem Thema, gehen aber davon aus, dass sich das erst in den nächsten Jahren entwickeln wird.

Ist es nicht so, dass heute auch Direktbankkunden von ihrer Bank in größerem Umfang ein Beratungsangebot erwarten als noch vor einigen Jahren?

Vom Grundsatz her gibt es zwei mögliche Ausprägungen: Eine Bank kann die ganze Welt sehr komplex darstellen, sodass sich daraus ein Beratungsbedarf ergibt. Der andere Ansatz, den wir im Direktbanking verfolgen, ist der, dem Kunden einfache Dinge möglichst transparent zu vermitteln, sodass sie weitestgehend selbsterklärend sind und die Kunden in der Lage sind, allein zu entscheiden. Natürlich spielt das Thema Beratung für Filialbanken, aber auch für Direktbanken weiterhin eine gewisse Rolle. Aber das hängt immer von der individuellen Lebensplanung des Kunden und seinem konkreten Bedarf ab.

Welche technischen Innovationen haben Sie derzeit am stärksten im Fokus?

Digitalisierung und das Zusammenwachsen von Online und Offline werden immer wichtiger. In diesem Kontext konzentrieren wir uns ganz konkret auf Mobile Devices. Denn das Smartphone wird hinsichtlich seiner Funktionalität zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Dazu gehört auch das Mobile Payment, das in Deutschland ganz sicher Fuß fassen wird. Hier sind wir im letzten Jahr in einen Test gegangen und planen in diesem Jahr die nächsten Schritte. Dabei geht es um eine einfache Transaktionsabwicklung, wobei die technischen Verfahren genauso sicher sind wie im Kreditkartengeschäft.

Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit dem kontaktlosen Zahlen?

Bisher haben wir nur einen eingeschränkten Nutzerkreis angesprochen. Der Rollout ist im Juli gestartet. Die Nutzung wird jetzt sehr stark von den Einsatzmöglichkeiten abhängen.

Die wichtigste Erkenntnis bisher: Das kontaktlose Zahlen ist sicher, und die technische Infrastruktur funktioniert einwandfrei. Der nächste Schritt muss sein, dass beide Seiten wachsen: Auf der einen Seite muss die Anzahl der Nutzer steigen, die diese Funktionalität auf ihrem Smartphone haben, auf der anderen Seite müssen natürlich auch die Möglichkeiten zunehmen, diese einsetzen zu können. Das ist die Henne-Ei-Problematik, die wir ja auch aus dem Kreditkartengeschäft kennen.

Für welche der konkurrierenden Technologien sehen Sie die größte Zukunft?

Am sichersten und am einfachsten im Handling ist aus meiner Sicht die NFC-Technologie. Mit dieser sind wir im Test.

In der Direktbank hat die Volkswagen Bank auch ein Wertpapierangebot. Welche Bedeutung hat dieses Geschäftsfeld für Sie?

Das Wertpapiergeschäft ist sicher kein strategischer Schwerpunkt unserer Geschäftsausrichtung. Aber wenn man Kunden ein Girokonto anbietet und eine vollumfängliche Produktpalette vorhalten will, gehört ein Wertpapierangebot einfach dazu.

Zwar sind nur etwa zehn Prozent der Deutschen im Wertpapiergeschäft tätig. Aber wenn man auf ein Angebot im Wertpapierbereich verzichtet, überlässt man diese Kunden automatisch einer anderen Bank. Das wollten wir nicht. Insofern ist das Wertpapiergeschäft eine Arrondierung unseres Angebots. Deshalb haben wir auch entschieden, nicht selbst als vollumfänglicher Anbieter aufzutreten, sondern im Rahmen einer Kooperation mit der DAB Bank zusammenzuarbeiten.

Wie viele Produkte nutzen Ihre Kunden im Schnitt?

Das Bild einer durchschnittlichen Produktnutzungsquote hat für mich immer nur eine begrenzte Aussagekraft. Das hängt zum einen davon ab, wie man es zählt. Zum anderen spielt die Niedrigzinsphase eine Rolle. Allein dadurch gibt es heute eine Konzentration auf die Tagesgeldkonten, und das verwässert eine Produktnutzungsquote.

Ich will aber dennoch eine Bandbreite geben. Die Produktnutzungsquote reicht in etwa von 1,6 bis 4,5, wenn ein Girokonto mit im Spiel ist.

Und welcher Anteil der Händler arbeitet auch als Firmenkunde mit Ihnen zusammen?

In allen Fragen zur Unternehmensfinanzierung sind wir der erste Ansprechpartner und sind darin sehr erfolgreich; ein sehr großer Anteil der Handelspartner arbeitet mit uns zusammen.

Der Autohandel ist ja ein ganz wichtiger Vertriebsweg. An welcher Stelle müssen Sie hier Zugeständnisse machen - etwa indem Sie auf den Online-Abschluss von Kfz-Finanzierungen verzichten?

Der Handel ist mit seinen primären Aufgaben, dem Thema Fahrzeug und allen ergänzenden Produkten aus den Bereichen Finanzierung, Versicherung und Dienstleistung, sehr ausgelastet. Deshalb sind wir an dieser Stelle mit weiteren Produkten sehr zurückhaltend. Natürlich wollen wir keine Kannibalisierung im Markt vornehmen. Auf den Direktvertriebswegen bieten wir deshalb keine Fahrzeugfinanzierung an. Bei uns kann der Kunde zwar einen Konsumentenkredit mit offener Verwendung abschließen. Ich denke aber, diese Kredite werden nur zu einem verschwindend geringen Teil zur Fahrzeugfinanzierung verwendet. Denn gerade in der Kfz-Finanzierung gibt es über den Point of Sale sehr attraktive Angebote.

Der Bankenfachverband hat die Befürchtung geäußert, dass der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie in nationales Recht weit über die Baufinanzierung hinausgehen und jegliche Kreditvermittlung über einen Kamm scheren könnte. Im schlimmsten Fall müsste sich ein Autohändler, der einen Kredit vermitteln will, dann auch mit Baufinanzierungen auskennen. Was hieße das für die Vermittlung von Finanzierungen im Autohaus? Wäre das der Todesstoß?

Die Gefahr sehen wir so derzeit nicht. Generell ist uns wichtig, dass die Angemessenheit solcher Regularien im Vordergrund steht. Ich fände es schon recht unangemessen, Baufinanzierungen mit der Fahrzeugfinanzierung zu vergleichen, zumal die Verbraucherkreditrichtlinie ohnehin schon eine recht umfängliche Beratung und Aufklärung des Kunden vorsieht. Wir tun ja schon heute sehr viel für den Handel in Sachen Schulung und Fortbildung des Verkaufspersonals. Hier vertrauen wir darauf, dass in den Diskussionen klar wird, dass im Augenblick kein Handlungsbedarf besteht.

Grundsätzlich versuchen wir, dem Kunden gegenüber einfach und transparent zu sein. So haben wir zum Beispiel den erhöhten Zins für geduldete Überziehungen beim Girokonto abgeschafft.

Hat das BGH-Urteil bezüglich der Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten für Sie Relevanz? Oder haben die Mühlen der Justiz hier so langsam gemahlen, dass der Markt das Thema längst zu einem historischen gemacht hat?

Für viele Banken ist das sicher ein historisches Thema. Das gilt auch für die Volkswagen Bank. Wir erheben schon seit langer Zeit keine Bearbeitungsgebühren mehr. Deshalb hat das Urteil kaum Relevanz für uns.

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